Protocol of the Session on August 29, 2018

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Wer entschei- det das denn?)

und genau darum gibt es die unabhängigen Gremien. Die Staatsferne, ein Wort, das bisher noch nicht in der Debatte vorkam, die Staatsferne beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk spielt auch eine Rolle. Für die Fraktion der CDU kann ich sagen und für die Fraktion der SPD kann ist es gleich mit sagen, da hat es in der Vergangenheit auch andere Situation gegeben, dort hat es jetzt Veränderungen gegeben.

Auch die Vielfalt der gesellschaftlichen Gruppierungen spielt in der Besetzung der Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine entsprechende Rolle. Was wir brauchen, ist mehr als einen reinen Nachrichtensender, meine Damen und Herren! Was wir brauchen ist eine adäquate Gegenleistung, eine regionale Gegenleistung, eine kulturelle Gegenleistung und auch eine Unterhaltung beinhaltende Gegenleistung, die die Menschen für die Rundfunkbeiträge, die übrigens unabhängig und nicht politisch festgesetzt werden, dann auch erhalten.

Von daher, Sie haben einige richtige Punkte in ihrem Antrag, meine Redezeit lässt jetzt nicht zu, dass ich bis in das kleinste Detail gehe. Sie kennen die Unterschiede, die wir haben. Wir werden uns bei Ihrem Antrag enthalten.

(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist aber schade!)

Dem Entwurf des zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, in den jetzt endlich Einzug hält, dass auch im Tele-Medienbereich etwas unternommen wird, werden wir zustimmen. Wir werden uns auch weiterhin damit im Medienausschuss der Bremischen Bürgerschaft beschäftigten. Wir werden den dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag jetzt schon in Angriff nehmen. Meine Damen und Herren, eines ist völlig klar: Die Medienpolitik muss darauf achten, dass genau das, was dieser Antrag der Fraktion der FDP – zumindest indirekt – impliziert, nämlich, dass man sich da doch irgendwie einmischt, dass man dieser Versuchung nicht erliegt.

(Unruhe FDP – Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Unterstellung, Unverschämtheit!)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die freie Medienlandschaft sollten sich nicht von der Politik so beeinflussen lassen, wie Sie es hier in Teilen versuchen zu implizieren. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine freie unabhängige Presse, ein freier unabhängiger Rundfunk sind nicht nur eine Säule der Demokratie, sondern ein Merkmal der Demokratie. Man nennt es auch die vierte Gewalt. Wenn wir uns nicht so sehr

auskennen, wie es in anderen Ländern funktioniert, dann ist es häufig der Rundfunk, der uns zeigt, dass da etwas nicht stimmt. Wir haben es damals in der DDR gesehen mit der Aktuellen Kamera, die einfach Staatspropaganda ausgestrahlt hat. Demzufolge war es sinnvollerweise auch verboten, westliche Fernsehsender zu empfangen. Wir sehen es heute beispielsweise in der Türkei, wenn wir dort in entsprechenden Zeitungen Berichte sehen, die lediglich der Regierung huldigen, aber nicht hinterfragen, was passiert ist.

Wir lernen dabei, dass ein Merkmal unabhängiger und freier Presse ist, die aktuelle Regierungspolitik zu hinterfragen, kritisch zu sein, unbequem zu sein und zum Teil auch ein bisschen die Position der Opposition einzunehmen. Immer zu fordern, dass erklärt wird, was macht ihr da eigentlich und ist das alles richtig, die Bedenken aufnimmt, die die Leute haben. Eine Demokratie ist im Wesentlichen ein Bottom-up-Projekt und keine Top-down-Regierungsform.

Jetzt können wir uns darüber beklagen, dass die öffentlichen Rundfunkanstalten in Europa in einer Vertrauenskrise sind. Da kann man natürlich sagen, das sind die Populisten, die sind schuld mit ihrer Gegenpropaganda, mit ihren Fake News und ihren sozialen Netzwerken. Wie das aber immer so ist, wenn man mit seinem Auto auf der Autobahn unterwegs ist, und es kommen einem ganz viele Leute auf der eigenen Spur entgegen, vielleicht ist man ja selbst nicht ganz auf der richtigen Spur unterwegs und das ist der Grund, warum man auf so viel Gegenverkehr trifft.

Wenn ich sage, dass es ein Zeichen dafür ist, dass ein Rundfunk unabhängig und frei ist, dass er sich kritisch gegenüber der Regierung verhält und ich schaue mir an, wie das bei uns eigentlich aussieht, dann stelle ich fest, dass unser öffentlicher Rundfunk sich vor allen Dingen kritisch gegenüber der Opposition verhält. Unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist nicht nur damit befasst, Fakten und Nachrichten zu verteilen, die natürlich auch nach subjektiven Auswahlkriterien geteilt werden können, sondern über das Mittel von Spielfilmen und Wissenschaftsbeiträgen wird auch belehrt und wird auch Meinung transportiert. Da fragt man sich in einer Demokratie, in der man sagen kann, ich mag die Alternative für Deutschland nicht, es ist eine ganz furchtbare Partei, aber immerhin, in den östlichen Bundesländern wählt bald jeder Fünfte diese Partei. Wie kann es denn sein, dass wir versuchen, wir haben das ja zu Anfang dieser Legislaturperi

ode versucht, diese Partei mit Tricks aus dem Rundfunkrat rauszuhalten, weil wir nicht wollen, dass diese Leute Einfluss auf unsere Medien haben.

Die virtuelle Allparteienkoalition im sozialdemokratischen Einverständnis sagt aber, wir sind natürlich die Guten, wir müssen dafür sorgen, dass wir diesen Einfluss behalten, dass wir den Leuten erklären, was richtig und was falsch ist. So kommt das bei den Leuten an. Das ist der Vertrauensverlust. Das ist nicht nur, dass sie in den Nachrichten eine Nachricht nicht sehen, die sie vielleicht gern gesehen hätten, es ist nicht nur, dass sie eine Nachricht sehen, bei der sie sagen, na, hat die Kamera das wirklich so aufgenommen wie es wirklich war.

Sondern es sind eben auch die Beiträge wie Tatort, in den uns immer wieder erklärt wird, wer eigentlich die Bösen und wer die Guten sind. Das stimmt für viele von uns überhaupt nicht überein mit dem, was wir im alltäglichen Leben erleben. Dieser Verdacht, den wir da erzeugen, indem wir dieses Instrument der freien Presse im Falle des öffentlichen Rundfunks als ein Instrument benutzen. Das ist falsch, wir dürfen das nicht benutzen. Wir müssen da ganz deutlich reformieren, zurückgehen. Wir müssen diesen Rundfunk unabhängiger sein lassen. Wir müssen darauf verzichten, unsere Sicht von dem, was richtig und was falsch ist, über die Medien den Leuten mitzuteilen und den Leuten das beizubringen, denn Demokratie ist Bottom-up, es ist niemals Top-down. Weil wir das immer wieder vergessen, werden wir mit unserem Rundfunk scheitern. Ich sage Ihnen das. Dieser Rundfunk erfährt einen Vertrauensverlust, diese 17 Euro irgendetwas, das ist doch ein Spaß, das interessiert doch keinen wirklich, ohne eine Reaktion holen sich die Leute ein Netflix-Abo oder Amazon-Abo für zehn Euro.

Der Punkt ist, diese Leute vertrauen diesem öffentlichen Rundfunk nicht mehr. Dann fangen sie an, eine eigene Öffentlichkeit zu nutzen, zum Beispiel über die sozialen Medien und Facebook, da sind natürlich keine Journalisten, keine Profis, sie bringen ihre Meinung da zutage. Und was erfahren Sie? Sie erfahren Widerstand aufseiten der Politik, aufseiten des offiziellen Rundfunks, die sagen, ihr sagt doch die Unwahrheit, ihr hetzt, ihr seid Hassredner. Das erzeugt noch mehr Widerstand. Das wird dafür sorgen, dass die – wie Sie sie nennen – populistischen Parteien immer stärker werden. Sie machen genau das, was dazu führt, dass diese Parteien immer stärker werden. Sie sind auf dem falschen Weg. Deswegen ist der Antrag der Fraktion

der FDP ein erster Ansatz. Wenn wir das nicht wollen, dass dieses System kippt und dass irgendwann die Akzeptanz für diesen Rundfunk völlig fällt, dann müssen wir diesen Rundfunk reformieren, verschlanken und wir müssen uns darauf besinnen, wofür er wirklich da ist.

Wir müssen uns auch überlegen, wie kann es eigentlich sein, dass in einer freien Presse, wenn eine Umfrage, ich habe das eben bei „Statista“ nachgelesen, eine Umfrage bei den Journalisten erfolgte, wen würden sie wählen, wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, doppelt so viele Journalisten sagen, wir wählen die Grünen und die SPD wie alle anderen Parteien zusammengenommen. Ich glaube die Grünen sind mit 27 Prozent bei den Journalisten auf Platz Nummer eins. Nichts gegen die Grünen, nichts gegen Journalisten. Worauf ich hinaus will, ist, wenn diejenigen, die öffentliche Meinung machen, in ihrem Meinungsspektrum nicht das abbilden, was in der Gesellschaft an Meinungsspektrum vorhanden ist, dann ist das nicht gut. Das ist auch ein Vertrauensverlust und deswegen bitte ich um Selbstkritik und wir werden den Antrag der Fraktion der FDP unterstützen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tassis.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch einmal konnten Sie es nicht lassen, Chemnitz zu erwähnen.

(Zwischenruf)

Das macht ja nichts, ich bin ja da, um dem zu widersprechen. Der sächsische Ministerpräsident sagte gestern, was in Chemnitz passiert, sei ein Angriff auf die Wahrheitssysteme. Das wird sehr kritisiert in den sozialen Medien. Ich finde, da hat er endlich einmal etwas Richtiges gesagt. In der Tat, ich kann dem Kollegen Schäfer nur beipflichten, dass die Berichterstattung, jetzt gerade aktuell, aber auch sonst, über Regierungsentscheidungen und ihre Folgen merkwürdig ist.

(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Genau, die Ausländer sind da – –, sie sind nicht weggelaufen!)

Der Antrag der Fraktion der FDP, und auch da teile ich die Analyse vom Kollegen Schäfer, ist so etwas wie die letzte Rettung noch in Ihrem Sinne, rotgrün-schwarz, der rosaroten Sinne, noch zu einem

Dialog zu kommen, überhaupt noch zu den Bürgern, die höchste Bedenken haben, diesen Zwangsrundfunkbeitrag zu entrichten. Das ist doch selbstverständlich. Wie kann man da Alternative für Deutschland-Nähe hineinlesen, was Sie hier tun, um die Fraktion der FDP nun wirklich mit dem Totschlagargument, um Gotteswillen, da würde die Alternative für Deutschland die Hand führen, zu beleidigen, zu drangsalieren. Die Fraktion der FDP in eine Ecke zu stellen in die sie nicht gehört. Selbstverständlich ist der Antrag nicht Alternative für Deutschland-Linie, –

(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Ihre Unterstüt- zung brauchen wir auch nicht!)

sondern eine mittlere Linie einer liberalen Partei, das Rundfunksystem noch einmal in irgendeiner Weise zu reformieren. Der Zwangsrundfunkbeitrag hingegen gehört nach Meinung der Alternative für Deutschland abgeschafft. Es bedarf einer politischen Debatte und keiner finanziellen Debatte über das Verhalten der Medien. Claas Rohmeyer erwähnte die Filterblase. Ich habe gerade vor einigen Tagen gepostet, die Geschichte ist der Siegeslauf derjenigen, die die Filterblase der Mächtigen zum Platzen gebracht haben.

In der Tat, vielleicht überlegen Sie einmal, wer in der Filterblase steckt? Sind es die vielen freien Blogs von der libertären Bewegung bis zu den Nationalkonservativen, die allein in der intellektuellen Hoheit, in der Sprachgewandtheit, die diese Menschen anwenden, um ihre Kritik am System, auch des Rundfunks zu äußern, bei Weitem das übertrifft, was diese ganzen unerträglichen Tagesschau- und anderen Sender zur aktuellen Politik von sich geben.

(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat doch alles gar nicht stattgefunden, das war ein lustiges Fest in Chemnitz!)

Das sind die freien Medien, die Blogs. Diese von Ihnen sogenannte Filterblase ist vielleicht, das ist doch einmal des Nachdenkens wert, das Erwachen eines neuen Bewusstseins in diesem Staat. Während Ihre Filterblase, meine Damen und Herren, der Vergangenheit angehört. – Vielen Dank! Ich werde den Antrag der Fraktion der SPD und der anderen Parteien ablehnen und mich dem Antrag der Fraktion der FDP enthalten. Wir lehnen selbstverständlich die Art des Rundfunkstaatsvertrages ab. – Vielen Dank, die Alternative für Deutschland!

Meine Damen und Herren, bevor ich der nächsten Abgeordneten das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Haupt- und Ehrenamtliche in der Gewerkschaftsjugend. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Strunge.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tassis, genau weil wir uns gegen das Erwachen eines neuen Bewusstseins in Ihrer Filterblase stellen, kämpfen wir für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte aber eigentlich hier nicht über den Unsinn der Alternative für Deutschland reden, sondern ich möchte mit einer guten Nachricht beginnen. 83 Prozent der Befragten geben in einer aktuellen Umfrage von Infratest dimap Gesellschaft für Trend- und Wahlforschung mbH an, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für sie unverzichtbar ist. Diese klare Mehrheit zieht sich übrigens durch alle Altersgruppen. In der gleichen Umfrage schneiden die öffentlich-rechtlichen Sender im Radio und im Fernsehen auch bei der Glaubwürdigkeit erheblich besser ab, als die privaten Anbieter.

Eine weitere wichtige Erkenntnis, auch wenn andere das nicht glauben mögen, wie vielleicht auch Herr Schäfer nicht, das Medienvertrauen insgesamt wächst seit einigen Jahren wieder. Trotzdem stehen natürlich die öffentlich-rechtlichen Sender europaweit vor großen Herausforderungen. In der Schweiz wurde eine Volksabstimmung von der rechten Partei SVP über die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur relativ knapp abgelehnt. In Dänemark findet ein drastischer Umbau mit erheblichen Einschnitten statt und in vielen osteuropäischen Ländern versuchen gerade Regierungen öffentlich-rechtliche Sender zur autoritären Propagandaplattform umzubauen.

Auch in Deutschland gibt es politische Angriffe auf ARD, ZDF und Deutschlandfunk. Daran ist fast immer die so genannte Alternative für Deutschland beteiligt, die das Gegenteil einer freien Berichterstattung will. Umso irritierender finde ich als Beitragszahlerin, wenn bei buten un binnen jetzt ein Landesvorstandsmitglied der Alternative für Deutschland redaktionelle Beiträge liefert.

(Beifall DIE LINKE)

Ich würde das übrigens bei allen Landesvorstandsmitglieder aller Parteien schwierig finden. Aber bei den rechtsradikalen Journalismusfeinden der Alternative für Deutschland gilt das umso mehr.

(Beifall DIE LINKE)

Dass die Alternative für Deutschland die Pressefreiheit angreift, sieht man leider auch ständig in Bremen, wenn die Parteitage unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten werden oder wenn sogar Pressevertreterinnen körperlich angegangen und genötigt werden. Wir finden diesen Angriff auf die Pressefreiheit skandalös.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb ist ein Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk umso wichtiger und wir als Fraktion DIE LINKE unterstützen das gern.

(Beifall DIE LINKE)

Wir glauben nicht, wie die Fraktion der FDP, dass die privaten Sender von sich aus auf dem Markt zum Beispiel lokale und regionale Fernsehformate anbieten würden. Denn wie die privaten Sender beispielsweise mit Nachrichtenformaten umgehen, das zeigt sich aktuell bei RTL2. Da wurden die Abendnachrichten von 20.00 Uhr auf 17.00 Uhr verlegt und die Redaktion komplett outgesourct. Wir setzen uns deshalb für den Erhalt der föderalen Struktur der ARD und insbesondere für eine auskömmliche Finanzierung von Radio Bremen ein.

(Beifall DIE LINKE)

Würde man nun der FDP folgen, die auf ihrem Bundesparteitag eine Halbierung des Rundfunkbeitrags gefordert hat, dann würde wahrscheinlich Radio Bremen als kleinste Anstalt als erstes geschlossen. Das liegt für uns auf der Hand und deshalb ist diese Position unverantwortlich.