Sie, ich kann mich gut mit den Argumenten des Kollegen Hinners und des Kollegen Zenner auseinandersetzen. Ich finde, dass die Argumente, die vonseiten der CDU und der FDP genannt worden sind, auch nicht einfach von der Hand zu weisen sind, sondern in einer Diskussion abgewogen werden müssen. Ich komme in der Abwägung zu einem anderen Ergebnis als die Kollegen in den Fraktionen. Ich finde aber, dass Sie sich mit Ihrem Redebeitrag noch einmal sehr deutlich und sehr weit außerhalb des demokratischen Diskurses dieses Parlaments gestellt haben.
Die Gefahr ist ja immer, dass wir glauben, dass wir es einfach nur mit geistig verwirrten Menschen zu tun haben. Im Kern merken wir aber nicht, welche Gefahr von ihnen ausgeht. Insofern, glaube ich, macht es Sinn, Ihnen auch noch einmal sehr deutlich zu sagen, dass Ihre Rede inhaltlich wirklich nicht zu bewerten war. Ich würde jetzt einmal sagen, alles andere außerhalb dieses Parlaments müsste eigentlich beobachtet und gesichtet werden.
Jetzt zu den anderen Redebeiträgen. Ich fand vieles von dem, was Sie gesagt, Herr Kollege Hinners, richtig, denn Sie haben vollkommen korrekt beschrieben, welchem Leid die Menschen auf ihrer Fluchtroute begegnen. Sie haben auch geschildert, wie Menschen, wenn sie hier angekommen sind, in Flüchtlingsheimen in die Situation kommen, auf einmal auf einen illegalen Weg zu geraten. Entweder, indem sie ausgenutzt werden, zu Zwangsprostitution gezwungen werden, aber wir haben auch Fälle, in denen in den Flüchtlingsheimen Drogendealer akquiriert worden sind. Auch das ist nichts Unbekanntes. Was das allerdings mit der Antragstellung zu tun hat, das sind Sie schuldig geblieben. Es geht in diesem Antrag nicht darum, Menschen davor zu schützen, auf die illegale Bahn zu kommen. Uns geht es darum, die Opfer, die hier von menschenverachtenden Straftaten Opfer geworden sind, zu schützen und ihnen zu sagen: Dieses Land, in das ihr gekommen seid, um Schutz vor den ganzen Grausamkeiten zu suchen, die Sie geschildert haben, dieses Land lässt euch in diesem Moment nicht allein. Wenn ihr hier Opfer werdet, weil ihr Ausländer seid, weil ihr eine andere Religion habt, dann lässt euch dieses Land nicht allein, dann erhaltet ihr einen Aufenthaltsstatus. Darum
Ich möchte auch noch einmal sehr deutlich sagen, diese Debatte über Opfer erster und zweiter Klasse, ich finde es immer gut, wenn wir über Opfer diskutieren, weil wir sehr häufig nur über Täter diskutieren. Bei den Opfern erster und zweiter Klasse gehört aber zur Ehrlichkeit auch dazu, dass deutsche Opfer rechtsextremer Gewalt relativ selten aus diesem Land abgeschoben werden.
Ich will an der Stelle noch einmal sagen, warum wir eigentlich diesen Antrag auf eine Bundesratsinitiative gestellt haben. Es kann aus unserer Sicht nicht an der Ermessensentscheidung liegen, sondern wir brauchen eine bundesweit einheitliche Linie, die von diesem humanitären Gedanken getragen wird und nicht der politischen Farbe der Landesregierung, der Ausländerbehörde oder sonstigen Färbungen oder dass Gedankenspiele das entscheiden, sondern dass der Gesetzgeber von seiner Kompetenz Gebrauch macht, eine einheitliche und klare Linie zu formulieren.
Ich habe gerade gesagt, wie Thüringen das gemacht hat, ich glaube, die Kollegen dort haben sich sehr viele Gedanken gemacht. Ich will dann noch einen Satz zu dem sagen, was angekommen ist: Die staatlichen Institutionen arbeiten doch schon zusammen. Ja, das tun sie in den meisten Fällen, aber erlauben Sie mir auch dort den Hinweis, es gab schon Abschiebungen aus diesem Land, obwohl Gerichte diese Abschiebungen untersagt haben. Auch das sind Fälle, bei denen wir aus meiner Sicht auch noch eine relativ klare Rechtsgrundlage brauchen. Aus meiner Sicht macht es Sinn, eine bundeseinheitliche Regelung in diesem Sinne zu fassen. Ich glaube, dass wir dieses Signal brauchen und dass wir dann gemeinsam schauen, dass wir auf Bundesebene die dafür notwendigen Mehrheiten erzielen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch einmal zu dem Begriff Rechtsstaatlichkeit: Ich vermisse
das und wiederhole das. Wenn man eine gesetzliche Regelung will, dann muss sie allgemein für alle Gewalttaten gelten und dann kann man keine rechts- oder links- oder sonstige politische Zuordnung tätigen, sondern es kommt immer darauf an, dass wir das Opfer schützen und alle anderen politischen Aspekte unberücksichtigt lassen.
Das Zweite ist: Sie haben nicht hinreichend gewürdigt, dass die Staatsanwaltschaften oder dass dieses Recht, das wir bisher haben, dazu dient, die Ermittlungs- und die Strafverfahren zum Abschluss zu bringen, alles aufzuklären und wenn das die Vertreter dieses Rechtsstaates, Staatsanwaltschaft und Gericht, für notwendig erachten, dass dann die entsprechenden Duldungen ausgesprochen oder verlängert werden können.
Dritte Bemerkung: Ich habe auch ein wenig Probleme mit der Gleichsetzung. Sie wollen die gesetzliche Gleichsetzung für Personen einführen, die durch Menschenhandel, Prostitution, Ausbeutung ihrer Arbeitskraft nach Deutschland gekommen sind. Die sind in der Regel nicht freiwillig hier hergekommen, die sind schon von ihren Herkunftsländern gewaltsam durch Täuschung oder auf welche Arten auch immer in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und verfügen häufig nicht über einen Aufenthaltsstatus. Diese Personen, wenn sie sich aus diesen Bindungen gelöst haben und bereit sind, im Ermittlungs- und Strafverfahren mitzuwirken, die bekommen dann auch diese Duldung, um die Verfahren abzuschließen.
Wir dürfen viertens nicht den Fehler machen, zu vergessen, dass es darum geht zu prüfen: Gibt es Asylgründe, gibt es Gründe für sonstigen Aufenthalt. Das ist das Primäre, worum es geht. Und bei Ihnen und Ihren Debattenbeiträgen geht es immer darum, als würden Sie aufgrund der Opferrolle hier einen neuen Aufenthaltsstatus schaffen. Das geht meines Erachtens nicht, dann stürzen wir die Struktur unseres Aufenthaltsrechtes um.
Ich bin ganz Ihrer Meinung, wenn wir dafür Sorge tragen, dass die Opfer in Deutschland alle zivilrechtlichen Möglichkeiten haben, dass sie klagen können auf Schadensersatz, auf Schmerzensgeld, dass sie Prozesskostenhilfe dafür bekommen, dass sie vielleicht auch an dem Verfahren selber teilnehmen können und müssen, dass sie im Strafverfahren als Nebenkläger auftreten können. Das finde
ich alles in Ordnung. Ich halte es auch für vertretbar, zu sagen, eine Therapie nach einem traumatischen Erlebnis können die in der Bundesrepublik Deutschland machen. Das halte ich auch noch für vertretbar. Und für vertretbar halte ich es auch, dass man vielleicht Leuten, die permanent angegriffen werden, die Möglichkeit einräumt, den Wohnsitz zu wechseln. Darüber kann man reden. Aber in der Struktur der Debatte kann ich Ihnen nicht folgen, das Gesetz ist nicht allgemein ausgerichtet und hat einen populistischen, politischen Touch. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Fecker, Sie haben eben, entweder haben wir Sie missverstanden oder Sie haben etwas behauptet, das so nicht richtig ist. Sie haben von deutschen Tatverdächtigen gesprochen. Ich habe nicht von deutschen Tatverdächtigen gesprochen, ich habe von Opfern gesprochen –
von ausländischen Opfern und dass wir unter ausländischen Opfern nicht Opfer erster und zweiter Klasse bekommen, je nachdem welche Straftaten diese Opfer erleiden mussten. Ich habe auch nicht gesagt, dass es nur deutsche Täter sein müssen, sondern ich habe auch gesagt, es können natürlich auch ausländische Täter sein, beispielsweise in einem Flüchtlingsheim. Insofern habe ich Sie entweder falsch verstanden – –.
(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Deutsche Opfer werden in der Regel nicht abge- schoben!)
Gut, ja, aber anlasslos, genau. Ich habe diesbezüglich keinen Hinweis gegeben und Sie haben mich mit diesem Hinweis zitiert, das war falsch. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ging jetzt doch noch etwas durcheinander. Als Erstes möchte ich einmal meine Bestürzung darüber loswerden, dass hier aus diesem Hause ein Gruß an diejenigen geschickt wird, die Hetzjagden verüben, die Gewalt verüben und die Gewalt androhen.
Ich finde, es ist eine Beleidigung für die Würde dieses Hauses, dass hier anscheinend solche Grüße an solche Täter hinausgehen. Seien Sie einfach einmal still.
Jetzt noch einmal zu den Äußerungen von Herrn Hinners und Herrn Zenner. Herr Zenner, ich habe ein bisschen ein Problem damit, wenn Sie das so hinstellen, als wäre das halblegal, was wir hier tun. Sie sind ja Jurist und wenn Sie sich das Aufenthaltsgesetz anschauen und in § 25 Absatz 5 schauen, dann steht dort, dass eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Genau das tun wir hier, das ist vollkommen rechtsstaatlich, das ist vollkommen legal und vollkommen zulässig.
Also tun Sie nicht so, als ob das irgendeine ideologische Handlung oder so etwas wäre. Das ist im Rechtsstaat zulässig und genau diese Möglichkeit wenden wir hiermit an.
Hören Sie auf, so zu tun, als wäre das irgendwie gesetzwidrig oder anrüchig oder sonst irgendetwas. Es kann ja sein, dass Sie das nicht wollen, aber kommen Sie nicht mit solchen angeberischen-legalistischen Argumenten daher.
Herr Hinners, Sie haben die Statistik der rechtsextremen Gewalttaten oder der rechtsextremen Straftaten angeführt. Sie sind eigentlich bewanderter in diesem Metier, aber ich habe mir die angeschaut und die Gesamtzahl der Straftaten der politischen Kriminalität rechts ist im Jahr 2016 über 22 000 gewesen. Die 1 600 sind die Gewalttaten. Wir sind uns doch darüber einig, dass die Gewalttaten, die
von rechts verübt werden, in der Regel geflüchtete Migrantinnen und Migranten betreffen und eher selten, sage ich einmal, danach ein deutsches Opfer abgeschoben wird.
(Abgeordneter Hinners [CDU]: Da habe ich nie von gesprochen!] Insofern ist diese Debatte irgendwie auch eine Scheindebatte. Wenn dann gesagt wird, es gibt keinen gesetzge- berischen Handlungsbedarf. Ich glaube, das was hier zitiert, was hier an Zahlen angebracht wurde, aber auch das, was der Kollege Herr Fecker gesagt hat, worüber wir hier eigentlich reden, da gibt es sehr wohl einen Handlungsbedarf und es gibt auch einen Bedarf – (Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Eben haben Sie noch gesagt, es sei unmöglich!)
Haltung einzunehmen und das finde ich auch das Richtige an diesem Antrag, dass man diese Haltung einnimmt, dass man sich vor die Opfer stellt –
und dieses klare Signal ist notwendig, auch damit zukünftige Opfer wissen, sie können sich an die Polizei wenden und dass sie dann nicht abgeschoben und obendrein bestraft werden, weil sie rechtsstaatliche Mittel in Anspruch nehmen. Wir wollen, dass der Rechtsstaat gestärkt wird, weil die Verfolgung von Straftaten dadurch besser ermöglicht wird. Hier so ein Bild zu malen, das sei nicht rechtsstaatlich oder entspricht nicht dem rechtsstaatlichen Gedanken, genau das Gegenteil ist der Fall und deswegen ist dieser Antrag so notwendig.