Protocol of the Session on August 29, 2018

und dieses klare Signal ist notwendig, auch damit zukünftige Opfer wissen, sie können sich an die Polizei wenden und dass sie dann nicht abgeschoben und obendrein bestraft werden, weil sie rechtsstaatliche Mittel in Anspruch nehmen. Wir wollen, dass der Rechtsstaat gestärkt wird, weil die Verfolgung von Straftaten dadurch besser ermöglicht wird. Hier so ein Bild zu malen, das sei nicht rechtsstaatlich oder entspricht nicht dem rechtsstaatlichen Gedanken, genau das Gegenteil ist der Fall und deswegen ist dieser Antrag so notwendig.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Hinners, eine letzte Anmerkung: Wenn Sie sagen, wir schaffen hier Opfer erster und zweiter Klasse – –. Herr Hinners, Sie können sich sehr gern mit mir gemeinsam dafür einsetzen, dass diejenigen, die abgeschoben wurden und nicht mehr an einem Prozess wegen Ausbeutung und Zwangsarbeit teilnehmen können, dass sie wieder hierherkommen und vor Gericht in einem rechtsstaatlichen Prozess aussagen. Dafür können Sie sich gern mit mir gemeinsam einsetzen, ich habe kein Problem damit. Ich habe auch kein Problem damit, wenn Sie sich dafür einsetzen, dass Opfer von Zwangsprostitution nicht abgeschoben werden bevor ein Prozess stattfindet. Denn dieses Problem

gibt es, das habe ich eben gesagt. Im Gleichstellungsausschuss wurde dieses Thema angesprochen, es wurde problematisiert und wir haben deswegen auch eine Anfrage gestellt.

(Zuruf Abgeordneter Hinners [CDU])

Sie können sich gern mit uns gemeinsam dafür einsetzen, dass das Sexualstrafrecht verbessert wird und dass die Opfer von Zwangsprostitution nicht abgeschoben, sondern geschützt werden. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Ehmke.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Laufe der Debatte kam die Frage auf, ob gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um die Ziele dieses Antrages zu verwirklichen oder ob nicht auch die Ausländerbehörden eine hinreichende Handlungsmöglichkeit hätten ohne eine Veränderung der Rechtslage.

Wenn wir hier nur über Bremen reden würden, dann, glaube ich, könnte man die Frage durchaus anders beantworten, als würden wir in die gesamte Republik schauen. Ja, ich bin auch der Auffassung, dass die Ausländerbehörden hinreichende Spielräume haben, um einer Vielzahl dieser Fälle gerecht zu werden. Das heißt allerdings natürlich nicht zwangsläufig, dass sie sie auch nutzen. Ich glaube, dass wir in Bremen das Unsrige dafür tun können, dass sie sie nutzen. Ich habe im Hinblick auf die bremischen Ausländerbehörden dahingehend auch wenige Zweifel, aber wir haben in Deutschland 600 Ausländerbehörden und ob dort überall und mit der gleichen Ermessensausübung an dieses Thema herangegangen wird, dahinter kann man, glaube ich, ein gewisses Fragezeichen setzen. Deshalb ist es so, wenn man als Gesetzgeber möchte, dass nicht nur in Bremen und nicht nur vielleicht in Berlin, sondern in der gesamten Bundesrepublik Deutschland auf einen solchen Sachverhalt in gleicher Weise reagiert wird, dann ist es richtig, das Aufenthaltsgesetz an dieser Stelle zu verändern.

Es ist darüber hinaus natürlich auch, das will ich ganz offen sagen, eine Verbesserung der hier handelnden Akteure, weil sie ein höheres Maß an Rechtssicherheit haben und weil auch der Informationsfluss zwischen den Behörden dadurch noch

einmal verbessert wird. Richtig ist, dass schon heute die Ausländerbehörden die Möglichkeit haben, mit einem humanitären Aufenthaltsrecht zu reagieren, wenn wir einen Vorfall haben, in dem jemand Opfer einer rassistisch motivierten Straftat wird.

Fakt ist aber auch, dass die Ausländerbehörden gar nicht zwingend davon erfahren, wenn ein Ausländer, eine Ausländerin Opfer einer rechtsextremistischen Straftat wird. Im Moment haben wir gesetzlich nur die Weitergabe der Informationen im Aufenthaltsverfahren bei Tätern geregelt. Das heißt, wenn jemand Täter einer Straftat ist und als Beschuldigter vor Gericht steht, dann wird die Ausländerbehörde darüber informiert. Wenn jemand als Zeuge in einem Strafverfahren benötigt wird, dann wird die Ausländerbehörde darüber auch informiert.

Wenn jemand aber „nur“ Geschädigter in einer Straftat ist, aber, weil zum Beispiel eine geständige Einlassung vorliegt, als Zeuge nicht gebraucht wird, dann ist durchaus nicht gesichert, dass die Ausländerbehörde von diesem Vorfall Kenntnis erlangt. Wenn sozusagen regelhaft auf ein solches Delikt mit einer Aufenthaltsgewährung reagiert wird, dann müsste folgerichtig auch eine Informationsübermittlung von den Sicherheitsbehörden an die Ausländerbehörden folgen. Das zeigt nur, dass es durchaus auch sachliche Argumente gibt, eine solche Regelung vorzunehmen, die dem Ziel, das hier im Antrag beschrieben wird, gerecht wird.

Ich will noch einmal sagen, ich glaube nicht, dass man tatsächlich mit dem Argument, es gibt aber doch auch noch andere Opfer und noch andere Straftaten, einer solchen Regelung wirkungsvoll entgegentreten kann. Richtig ist, man kann über alles Mögliche reden und auch für andere Sachverhalte Regelungen finden. Richtig ist aber auch, dass wir hier eine Sonderkonstellation haben, mit der man sich auseinandersetzen muss. Es geht auch darum, und das beschreiben die antragstellenden Länder Berlin und Thüringen ganz deutlich, es geht am Ende darum, das Zeichen zu setzen, dass der Staat am Ende nicht das zum Abschluss bringt, was dem Straftäter möglicherweise noch nicht gelungen ist. Das heißt, dass nicht der Erfolg der beabsichtigten Straftat durch eine rassistische Gewalttat dann am Ende durch den Staat umgesetzt wird, indem die Person außer Landes gebracht wird. Das ist nicht nur so eine abstrakte Fragestellung, dass man sich dort nicht zum Verbündeten machen darf, sondern ich will einen ganz konkreten Zusammenhang aufzeigen.

Vielfach hängt die Aufenthaltsgewährung, die Verlängerung einer bestehenden Aufenthaltsgestattung, eines Aufenthaltstitels oder aber auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis davon ab, ob man in der Lage ist, seine eigene wirtschaftliche Unabhängigkeit darzustellen, seinen eigenen Lebensunterhalt aus Arbeitsleistung darzustellen.

Wir wissen aber, dass es vielfach Opfern von Straftaten, insbesondere von rassistisch motivierten Straftaten, gerade nicht mehr möglich ist, im Anschluss an eine solche Straftat noch ihrem Erwerbsberuf nachzukommen und Geld zu verdienen. Wenn dann jemand infolge einer solchen Straftat sein Einkommen verlöre und man keine entsprechende Regelung hätte, dann würde dem die Beendigung des Aufenthalts drohen, und zwar als unmittelbare Folge aus einer rassistisch motivierten Straftat. Ich finde, dass es deshalb durchaus gute Argumente gibt zu sagen, das kann nicht sein, dass am Ende der Staat die Umsetzung dessen betreibt, was aus rassistischer Gewalt erwachsen ist und deshalb geben wir hier einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen, der das verhindert.

Aber, das räume ich ein, am Ende ist in diesem Gesetzesvorhaben neben dem einen oder anderen, was sinnvoll geregelt werden kann, auch viel Symbolik – viel Symbolik und viel Politik. Aber ich möchte dann doch die Frage stellen: Ist das wirklich schlimm? Ist das wirklich ein Problem? Oder ist es nicht genau das, was in der heutigen Zeit und was vor dem Hintergrund aktueller Entwicklung erforderlich ist, –

(Beifall SPD, DIE LINKE)

dass der Staat mit allen seinen Institutionen ein klares Zeichen gibt und sich in aller Entschiedenheit und Entschlossenheit von dem, was wir im Moment auf der Straße im Osten erleben, abgrenzt und sagt: Niemals, nie werden wir uns an der Fortführung rechter Gewalt beteiligen, immer werden wir uns mit der gesamten Kraft unserer Institution gegen rechtsradikale und faschistische Umtriebe stellen. Und ja, dieses Bekenntnis geben wir auch in einem Gesetzgebungsverfahren ab. Ja, es ist Symbolpolitik. Ich finde, wir haben im Moment ein gesellschaftliches Klima in Deutschland, in dem wir solche Symbole auch gut gebrauchen können.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und DIE LINKE, Drucksache 19/1791, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abgeordnete Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Gehaltsniveau A 13 für Grundschullehrkräfte einführen Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Juni 2018 (Drucksache 19/1729)

Dazu

Änderungsantrag der Fraktion der CDU vom 28. August 2018 (Drucksache 19/1797)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Pietrzok.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Böschen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf den Anfang kommt es an! Dieser Satz wird immer wieder gern zitiert und genauso gern auch außer Acht gelassen, aber natürlich ist er genau richtig, wenn wir uns die Grundschule ansehen. Denn die Grundschule ist die Schule, die den Kindern ihre zukünftige Lernperspektive organisiert und begleitet. Wenn wir uns jetzt einmal ein bisschen die Kinder anschauen, ich weiß nicht, wer von Ihnen im Verwandtschafts-, Bekanntschafts- oder auch weiteren Kreis Kinder hat, die gerade eingeschult worden sind, dann sehen Sie dort ganz viel Neugier auf die Schule, Freude, endlich lernen zu dürfen und dazuzugehören. Wenn wir uns diese Kinder dann ein

wenig näher ansehen, dann sehen wir auf der einen Seite das Kind, das bereits selbstbewusst seinen Namen schreibt, bis 100 zählt, Lieder und Gedichte frei vortragen kann, Wünsche und Bedürfnisse natürlich formuliert und in Konfliktsituationen differenziert handelt.

Ein anderes Kind dagegen hat bisher nur selten erlebt, dass es wertgeschätzt wird, dass ihm überhaupt etwas zugetraut wird. Zu Hause hat selten jemand mit ihm gespielt, seine Neugier auf die Welt wurde als Störung empfunden, es kann sich schlecht ausdrücken und kaum konzentrieren. Dann haben wir auch noch das Kind, das mit seinen Wünschen und Bedürfnissen die Abläufe und Entscheidungen in der Familie so dominiert, dass es bisher nicht gelernt hat, auch die Bedürfnisse und Wünsche anderer anzuerkennen und zu respektieren.

Für alle diese Kinder, meine Damen und Herren, muss die Grundschullehrkraft Lernentwicklungen und vor allem auch Lernerfolge ermöglichen und dann die Freude am Lernen erhalten und darüber hinaus vertiefen. Das geht natürlich nur über Unterrichtsmethoden und Materialien, die sehr individuell und auf die verschiedenen Lernausgangslagen dieser Kinder abgestimmt sind.

Neben der Lernentwicklung geht es in der Grundschule auch immer um die Persönlichkeitsbildung und die Integration in unsere Gesellschaft. Die Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer werden sehr viel persönlicher und unmittelbarer mit den Problemen der Kinder und ihrer Familien konfrontiert als das in anderen Schularten der Fall ist. Das heißt, die Anforderungen, die wir heute an Schule stellen und insbesondere an die Grundschule stellen, sind enorm gestiegen. Die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung hat darauf reagiert, die Ausbildung einer Grundschullehrkraft ist mittlerweile nicht mehr über einen Fachhochschulabschluss zu erwerben, sondern sie muss mit einem Master oder Staatsexamensabschluss erworben werden, denn die Grundlage dieser Arbeit sind viele unterschiedliche Methoden.

Die Grundschule hat auf diese veränderten Anforderungen mit einer intensiven Schulentwicklung als Erste reagiert. Das, was wir heute mit inklusiver Bildung auch in unseren Oberschulen praktizieren und in anderen Schulen auch schon, ist in der Grundschule gestartet, ist selbstverständlich seit vielen Jahren. Auch das, was wir ansonsten kennen, um auf die unterschiedlichen Lernvorausset

zungen von Kindern und Jugendlichen einzugehen, offener Unterricht, jahrgangsübergreifender Unterricht, alles das ist in den Grundschulen mittlerweile lange verankert und gehört zur täglichen Praxis.

Wenn sich nun aber auch die Ausbildung so verändert hat, dann, meine Damen und Herren, ist es folgerichtig, wenn sich die Bezahlung dem anpasst. Wir wissen aus dem Lissabon-Vertrag, dass gleiche und gleichwertige Arbeit auch gleich zu bezahlen ist, das ist hier bei der Grundschullehrerin und dem Grundschullehrer mit Sicherheit der Fall im Vergleich zu den Lehrkräften anderer Schularten.

Wir befinden uns in heutiger Zeit in einem extremen Wettbewerb, und ich will gar nicht verhehlen, dass die Anpassung der Gehälter im Grundschulbereich uns vielleicht hier dann auch einen Vorteil verschafft. Ich glaube, dass wir in Bremen gut beraten sind, hier entsprechend mit anderen Bundesländern – wir sind ja längst nicht das erste Bundesland, wenn wir uns dazu entscheiden, so zu handeln – konform zu gehen, denn wir brauchen die besten Lehrkräfte für unsere Schulen und können nicht hintanstehen, wenn es um Arbeitsbedingungen und Bezahlungen geht.

Ein weiterer Aspekt, der sich vielleicht über diese angepasste Gehaltsstruktur ergeben könnte, wäre, dass wir damit auch mehr Männer in die Grundschulen bekämen. Ich denke, wir sollten abwarten, ob das tatsächlich eintritt. Die erste Forderung, aufgrund derer wir hier unseren Antrag aber gefasst haben, ist die, dass wir der Gerechtigkeitslücke, die es bisher gibt, Abhilfe schaffen und dafür sorgen, dass diejenigen, die genauso lange ausgebildet sind, die gleichwertige Arbeit leisten und von denen wir immer behaupten, dass sie die Grundlagen für den Lernerfolg unserer Kinder und Jugendlichen legen, dann auch angemessen und entsprechend wie andere bezahlt werden.

Noch ein Satz zum CDU-Antrag! Sie, denke ich, werden mitgehen bei dieser Forderung. Allerdings versuchen Sie, jetzt den Antrag oder das Konzept, das wir einfordern, noch mit Weiterem anzureichern, das halten wir für überflüssig. Wir haben bereits vor einem halben Jahr ungefähr einen Antrag an den Senat zur Personalentwicklung gestellt. Natürlich wissen wir, dass es nicht allein reicht, das Gehalt anzuheben, um hier Menschen einerseits nach Bremen zu bekommen und andererseits in Bremen zu halten. Wir möchten aber keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das Ressort organisie

ren, indem sie dort genötigt werden, sämtliche Zuschläge, die es in den 16 Bundesländern gibt, jetzt alle darzulegen, denn das haben wir an verschiedenen anderen Stellen mitbekommen, wie ausdifferenziert das System ist und dass es für uns gar nicht hilfreich ist, wenn wir solch eine Fleißarbeit an das Ressort geben.

Außerdem, das sage ich auch ganz ehrlich, wenn Sie den Eindruck erwecken, als würden wir hier eine Spirale der Höherbewertung in Gang setzen, das sehen wir völlig anders. Wir finden, die Gerechtigkeitslücke muss geschlossen werden, es wird nicht dazu führen, dass wir in den nächsten fünf Jahren über A 14 oder A 15 diskutieren, von daher halten wir Ihren Antrag für überflüssig. – Danke!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte die Debatte noch einmal als Gelegenheit benutzen, auf einen Vorgang aus der Bildungsdeputation hinzuweisen. Wir hatten gerade gestern Abend wieder eine Veranstaltung, bei der erneut von einigen die Behauptung aufgestellt wurde, dass Bremen grundsätzlich über alle Besoldungsgruppen und über alle Erfahrungsstufen schlechter bezahlt für Lehrerinnen und Lehrer als Niedersachsen. Weil das so oft behauptet wird, und weil es so stark in der Öffentlichkeit immer wieder steht, haben wir im März 2017 die Behörde gebeten, das einmal aufzuschreiben und sehr differenziert in einer Vorlage, die ich nach wie vor mit mir herumtrage, einmal für alle Altersstufen, für alle Besoldungsgruppen, für alle möglichen Fallkonstellationen, ledig, Kinder, geschieden und so weiter, aufzulisten. Dabei ist herausgekommen, dass diese Behauptung einfach nicht stimmt, sondern dass es eine sehr differenzierte, leicht abweichende Besoldung gibt, dass Bremen in einigen Fällen besser bezahlt als Niedersachsen, dass Niedersachsen in einigen Fällen besser bezahlt.