Protocol of the Session on August 29, 2018

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß § 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/1797 abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE, Abgeordneter Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.

Nun lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 19/1729 abstimmen.

Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Einrichtung einer Interventionsstelle für von häuslicher Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 12. März 2018 (Drucksache 19/1577)

Dazu

Änderungsantrag der Fraktion der CDU vom 19. Juni 2018 (Drucksache 19/1723)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Görgü-Philipp.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Antrag richten wir den Blick auf Kinder und Jugendliche, die Zeugen von häuslicher Gewalt geworden sind oder sogar selbst Gewalt erfahren haben.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vorsitz.)

Mit der Einrichtung einer Interventionsstelle für Kinder und Jugendliche werden wir eine Lücke im System schließen. Der Kinderschutz in Bremen wird dadurch deutlich gestärkt, denn in der Praxis zeigt sich, dass es bei häuslicher Gewalt zwar Angebote gibt, jedoch ausschließlich für Frauen und Männer. Es fehlt an einer proaktiven Ansprache der Kinder.

Kinder sind Teil der Familie und damit auch Teil der häuslichen Gewalt. Sie sind in ganz eigener Weise selbst betroffen. Das Erleben von Gewalt bringt ihr Selbstverständnis zum Wackeln. Ihre

Grundwerte erhalten Risse, und das Urvertrauen wird schwer erschüttert. Die betroffenen Kinder benötigen eine kindgerechte Ansprache, die es bisher nicht zeitnah proaktiv gibt.

Es geht um Prävention, und das gleich in zweifacher Hinsicht, denn junge Menschen, die in gewaltbelasteten Familien aufwachsen, haben sowohl ein größeres Risiko, später selbst zu Tätern zu werden, als auch ein größeres Risiko, als Erwachsene erneut Opfer häuslicher Gewalt zu werden. Eine Interventionsstelle für Kinder hat das Ziel, schneller Unterstützung anzubieten, gemeinsam im Gespräch mit dem Kind herauszufinden, was in der Situation gut tut und künftig hilft, um sich nicht allein zu fühlen. Eine Interventionsstelle muss für das Kind parteiisch sein, es stabilisieren und stärken. Die Mitarbeiter in der Interventionsstelle in Rostock entwickeln mit den Kindern gemeinsam Gewaltschutzkonzepte und zeigen auf, wie der Weg aus der Gewalt aussehen kann. Die schnelle proaktive Kontaktaufnahme lässt Kinder mit dem Erlebten nicht allein.

In Bremen gibt es bereits viele Erfahrungen und Expertisen zum Umgang mit der Gewalterfahrung, und das ist gut. Die nun anstehende Diskussion wird davon profitieren, wenn es im Detail darum geht, wie eine Interventionsstelle zugeschnitten sein muss.

Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die schon seit Jahren die Fachberatung in Bremen tragen und gestalten, geht es jetzt darum, ein umfassendes Beratungs- und Interventionsangebot zu schaffen, das koordiniert ineinandergreift. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Jugendamt, Justiz und den Beratungsstellen für Groß und Klein muss zu einer gut verzahnten Interventionskette ausgebaut werden, Parallelstrukturen sind selbstredend zu vermeiden.

Der Änderungsantrag der CDU verdeutlicht, dass es sich um ein zusätzliches Angebot handeln soll. Das sehen wir auch so, und das ist auch so gemeint. Wohl aus diesem Grund hält unser Koalitionspartner die Änderungen für so marginal, dass es keinen fraktionsübergreifenden Antrag geben wird. Das bedauere ich,

(Abgeordnete Ahrens [CDU]: Wir auch!)

aber ich denke, das eigentliche Ziel, nämlich die Einrichtung der Interventionsstelle, ist das Entscheidende.

Ich möchte meine Rede mit einem Zitat beenden. Anna, neun Jahre alt, sagt: „Die Schläge, die meine Mama bekam, spürte ich in meinem Bauch.“ Ich freue mich daher über eine breite Zustimmung. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ahrens.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal bedanken bei meiner Kollegin und Vorrednerin Frau Görgü-Philipp, dass sie diesen Antrag eingebracht hat. Ich weiß, dass die Grünen hier an dieser Stelle diese klaren Worte, die Sie hier eben auch noch einmal dargestellt und bekräftigt haben, gern auch schriftlich niedergelegt hätten. Wir unterhalten uns ja darüber, dass wir in den Konsens, der eigentlich auch schon da zu sein schien, hineingebracht haben, dass dieses Angebot zusätzlich zu den bestehenden Beratungsstellen gedacht und finanziert werden muss und dass das auch von allen mitgetragen wird.

Es stimmt uns nach wie vor traurig, dass man das hier vonseiten der SPD-Fraktion nicht unterstützen wollte, um es dann vielleicht auch nicht einlösen zu müssen, meine Damen und Herren!

Ich finde es erstaunlich, denn wir haben hier eine Lücke attestiert bekommen, dass wir in diesem Bereich, und Sie wissen, dass ich mich seit vielen Jahren für die Kinderschutzeinrichtungen im Land Bremen einsetze –

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Ich auch für die eine oder andere!)

das ist der Schattenriss, das JungenBüro, der Kinderschutzbund und das Mädchenhaus –, und wir wissen alle, auch das habe ich in mehreren Debatten hier schon mit Ihnen gemeinsam erörtert, dass wir in diesen Bereichen eher eine strukturelle Unterfinanzierung haben, als dass die Träger nun im Geld schwimmen.

Wenn man dann an dieser Stelle sieht, dass eine solche Interventionsstelle noch zusätzlich kommt, dann glauben ich und auch wir als CDU-Fraktion, dass es einer deutlichen Klarstellung bedarf, dass dies nicht in einem mangelfinanzierten Bereich vielleicht noch herausgeschnitten werden muss, sondern dass das tatsächlich auch zusätzlich er

folgt. Es ärgert uns nach wie vor, dass hier ein solches Bekenntnis vonseiten der SPD-Fraktion nicht abgegeben werden möchte. Vielleicht bekommen wir das aber in der Debatte gleich noch erläutert.

Im Zusammenhang mit der Interventionsstelle ist ja ein Prüfauftrag dargelegt und gesagt worden, dass man sich jetzt anschauen wird, wie genau die Interventionsstelle aussehen wird. Es ist auch tatsächlich bei der CDU-Fraktion noch nicht abschließend zu sehen. Es gibt dort ein Spannungsverhältnis. Die erst einmal per Gesetz vorgesehene Interventionsstelle ist ja das Jugendamt. Die Rolle des Jugendamtes in diesem Bereich der freien Träger mit niedrigschwelligen Angeboten ist noch nicht vollständig festgelegt. Es wird teilweise unterschiedlich gehandhabt. Wir werden uns auf die weitere Debatte freuen, wenn das Konzept vorgelegt wird, denn auch da werden sich ja erhellende weitere Maßnahmen ergeben.

Die Ergebnisse der IPOS-Studie erwarten wir ebenfalls mit großer Spannung. Auch da ist uns noch nicht klar, wie genau das Ganze aussieht. Die Lücken im System, die wir übergreifend, ich glaube, da spreche ich für alle Fraktionen, gesehen haben, sind an dieser Stelle auch noch nicht vollumfänglich erfasst. Da erhoffen wir uns, dass die IPOS-Studie uns an dieser Stelle dann auch alle Lücken offenlegen wird.

Abschließend kann ich an der Stelle nur eines sagen: Ich glaube, dass wir im Bereich Kinderschutz gut beraten sind, weiterhin mit offenen Ohren zuzuhören, wenn uns die Kinderschutzeinrichtungen wie der Kinderschutzbund sagen, dass sie zusätzliche Gelder benötigen, um eine Beratungsstelle, beispielsweise ein weiteres Beratungsangebot in Bremen-Nord, zu eröffnen. Dass wir gut beraten sind, dafür zu sorgen, dass die Wartelisten nicht länger werden, sondern kürzer, und dass wir uns diesen Bereich insgesamt ansehen müssen. Das gilt auch, wenn wir uns diese Interventionsstelle noch einmal vornehmen, denn diese schließt selbstverständlich eine ganz wichtige Lücke, die es in diesem Bereich gibt. Trotzdem muss natürlich auch bei einer solchen Interventionsstelle und bei den bestehenden Institutionen, in denen die Kinder derzeit ankommen, eine Möglichkeit gegeben sein zu kooperieren, das setzt Zeitfenster voraus.

Wenn man sich um seine eigene Finanzierung sorgen und für die Generierung von Spenden arbeiten muss, dann kann man das nicht für die Arbeit mit den betroffenen Kindern verwenden, sondern ist zeitlich anderweitig gebunden. Da sehen wir als

CDU-Fraktion nach wie vor noch einen Spielraum. Ich rede hier nicht von Millionenbeträgen, um das einmal deutlich zu sagen, da sind 50 000 Euro richtig gut angelegtes Geld, mit dem man vielen, vielen Kindern helfen kann. – Danke schön!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.