Protocol of the Session on June 21, 2018

(Abgeordneter Bücking [Bündnis 90/Die Grünen]: Was schmeckt besser?)

Nur, einmal ehrlich, hilft uns das wirklich weiter in der Analyse, wie Menschen uns von außen wahrnehmen? Wenn ich außerhalb Bremens unterwegs bin, und je weiter ich von Bremen entfernt bin, wird dieses ob nun verzerrte, unwahre oder nicht den Tatsachen entsprechende Bild sehr viel stärker vertreten. Deswegen hätte ich mir, hätten wir uns als Fraktion der CDU vom Senat eine sehr viel selbstkritischere Haltung in der Beantwortung dieser Fragen gewünscht als die typische Litanei, Schublade auf, alles ganz toll, Tourismus läuft, Wirtschaft läuft, Arbeitsplätze hervorragend, ich weiß gar nicht, was ihr wollt, ihr seid einmal wieder die typischen Schwarzmaler und die Nestbeschmutzer,

(Abgeordnete Grotheer [SPD]: Was aber doch rich- tig ist!)

setzt euch einmal lieber hin, bevor der Standort noch weiter Schaden nimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist keine verantwortungsvolle und schon gar keine selbstkritische Politik oder ein konstruktiver Ansatz, den wir in dieser Frage dringend brauchen.

(Beifall CDU)

Wie viel Luft nach oben ist, neben der Selbstbeweihräucherung, die der Senat ja per se in seinen Antworten immer zum Besten gibt, sieht man ja auch in dem Gutachten zum Landestourismusprogramm, in dem selbst die Gutachter des Senats feststellen, dass in zahlreichen Fragen noch sehr viel Luft nach oben ist. Und das in einem Gutachten des Senats! Es ist ja schon freundlich formuliert, wenn er sagt, Luft nach oben. Wenn er hätte schreiben dürfen, was er hätte können und meinte, dann wäre es viel deutlicher geworden.

Wenn man dann noch sieht, was der Senat bereit ist zu investieren in Marketing, da natürlich Image auch etwas mit Marketing zu tun hat, mit Strategie, mit einem Ansatz, von Maßnahmen, natürlich auch mit der Unterlegung mit finanziellen Mitteln, dann müssen wir feststellen, dass seit Jahren, aber auch in diesem Doppelhaushalt 2018/2019 Stillstand herrscht, die Ansätze werden nicht weiter erhöht. Man will jetzt im Landestourismusprogramm, weil es sich natürlich in die Imagebildung des Standortes insgesamt einbettet, Bremen mit neuen Themen verbinden. Man will Maßnahmen entwickeln, Maßnahmenkonzepte erstellen und so weiter, aber glauben Sie, das wird mit entsprechenden finanziellen Ansätzen unterlegt? Mitnichten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Auf Nachfrage sagte der Senator am Vorabend der Deputationssitzung, na gut, man hat in der Vorlage etwas von fünf Millionen Euro gesagt, na ja, eigentlich sind es eher sieben, packen Sie fünf darauf, sind wir bei zwölf Millionen Euro, das ist eher realistisch. Als der Geschäftsführer der BTZ sich dann äußerte, auch zur Erhöhung der Infrastruktur, lag es auf einmal im mittleren zweistelligen Millionenbereich, wenn ich das einmal übersetze, was er da gefordert hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so kann man keine verantwortungsvolle Politik machen, wo der Standort, das Image, wo das wie Bremen und Bremerhaven nach außen wirken entsprechend verbessert werden sollen.

(Glocke)

Wie gesagt, es macht keinen Sinn einfach nur zu sagen, ihr habt alle Unrecht, ihr quatscht alle nur daher, ihr macht alles nur nörgelig und alles herunter. Nein, ich finde, der Senat muss sich selbstkritischer mit der Kritik der Wirtschaft auseinandersetzen, selbstkritischer an seine eigenen Ansätze herangehen und auch Ansätze entwickeln, wie er genau an diese Punkte ansetzt. Einfach immer nur zu

sagen, alles goldig, alles toll, das ist zu wenig. Damit werden Sie einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Politik nicht gerecht. – Herzlichen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn ich eine krasse Ausnahmeerscheinung bin, einer von 83, der sich vielleicht nicht in Bremen wohlfühlt, ich gebe es zu, es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich in Bremen bin: Ich verdiene hier mein Geld. Ich wäre gern woanders, aber das hat damit nichts zu tun.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Wir hätten Sie auch gern woanders!)

Ich weiß, dass Sie mich gern woanders hätten. Tut mir leid, ich hätte Sie auch gern woanders.

Es sind aber eben nicht alles nur Verpackung und nur Image. Es ist nicht nur das Image in Bremen, das schlecht ist. Das, was Bremen bietet, ist schlecht, und das macht es uns als Unternehmen schwer, Mitarbeiter zu werben, weil diese hier Probleme bekommen. Ich habe Mitarbeiter gehabt, die sind aus Hannover gependelt und sind mit ihrer Familie nicht nach Bremen gezogen, weil sie Kinder hatten und weil sie ein Problem hatten, ihr Kind in Bremen in die Kita zu schicken. In Hannover ging das.

(Beifall BIW)

Ich habe mich neulich noch auf einem parlamentarischen Abend unterhalten mit einer Frau, die aus Frankfurt hier hingekommen ist, eine Arbeit angenommen hat, die ganz explizit nach Lilienthal gezogen ist, weil sie es ihren Kindern nicht zumuten wollte, im Bremer Bildungssystem beschult zu werden.

(Beifall BIW – Abgeordneter Landreiter [BIW]: Das ist die Realität!)

Bremen versagt in allen politischen Bereichen. Es bietet die schlechteste Bildung in ganz Deutschland. Es bietet die höchste Arbeitslosigkeit. Es bietet eine beschissene innere Sicherheit. Bremen ist voller Defizite.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Herr Präsident! – Glocke)

Herr Schäfer!

Das Wort beschissen nehme ich zurück, sagen wir die defizitärste.

Ich rege mich gerade darüber auf, weil wir denken, es ist ein Darstellungsproblem. Nein, es ist kein Darstellungsproblem, es ist ein Problem der Inhalte. Wir haben hier echte Defizite und wir müssen diese Defizite angehen. Gerade von der Opposition

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Der Sie übrigens angehören!)

will ich doch erwarten, dass sie diese Defizite benennt und nicht sagt, das ist hier ein Imagethema.

Wir haben kein Imageproblem, wir haben ein tatsächliches Problem, dass wir hier seit 70 Jahren eine fehlgeleitete Politik in ganz vielen Bereichen machen und dass wir glauben, als Bundesland mit 650 000 Einwohnern alles anders machen zu können. Oh, was Wunder, in fast jedem Vergleich auf nationaler Ebene haben wir die rote Laterne! Gerade noch im Mai ist im Nachrichtenmagazin „FOCUS“ eine Studie erschienen zum Thema „Lebensqualität“ mit 401 Städten in Deutschland, da liegen wir in fast allen Bereichen auf dem letzten Platz. Fragen Sie sich doch einmal, warum! Ist das ein Imageproblem, oder ist es ein Problem, das daran liegt, dass wir uns nachhaltig verweigern, diese Probleme, die wir hier haben, anzuerkennen und anzugehen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort Staatsrat Siering.

(Zurufe)

Aus dem Parlament liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Herr Staatsrat, wir haben auf einmal drei Wortmeldungen.

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordneter Reinken.

(Heiterkeit)

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Bei allem

Respekt, Herr Präsident, ich hatte Ihr freundliches Nicken in meine Richtung, nachdem ich mich gemeldet hatte, als Signal verstanden, dass Sie meine Wortmeldung irgendwie registriert hatten.

(Unruhe, Heiterkeit – Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Er wollte nur höflich sein!)

Ich verstehe ja den Ansatz, den Sie mit der Anfrage verfolgen. Kollege Schäfer hat das eben noch einmal richtig zugespitzt, nach dem Motto, ich wäre lieber an einem anderen Ort und das Image Bremens ist eigentlich ganz entsetzlich und als Bremer könne man auch nicht auftreten und sagen, wir werben für unsere Stadt. Ich glaube, das der Kern unseres Problems. Ich erinnere an eine Aussage eines bekannten Grünen, Ralf Fücks, der vor ungefähr 20 Jahren – da war er, glaube ich, schon nicht mehr Senator – gesagt hat, die Bremer neigen dazu, für ihre Stadt, für ihre Politik, für ihr Umfeld immer zunächst das Schlechte zu betonen. Ich glaube, mit der Feststellung, die er damals in der Süddeutschen oder in einer anderen Zeitung in einem Interview getroffen hat, hat er völlig Recht. Dazu neigen wir in Bremen. Diese Neigung muss, wenn man über das Image Bremens redet, erst einmal erkannt und dann zum Zweiten bekämpft werden. Weil diese Neigung eben so nicht stimmt.

(Beifall SPD)

Dass wir in einer ganzen Reihe von Themenfeldern Probleme haben, das ist doch nicht neu. Das diskutieren wir doch auch hier. Es sind eine ganze Reihe von Themenfeldern, an denen wir tatkräftig arbeiten und bei denen intensive Veränderungen stattfinden. Sie reden über die Schulen. Ja, selbstverständlich kennen wir diese Debatte und selbstverständlich kennen wir auch die Bemühungen. Aber warum redet niemand über die Tatsache, dass die GSO vor ein paar Wochen einen Schulpreis bekommen hat?

(Beifall SPD – Abgeordnete Böschen [SPD]: Das war eine Frage in der Fragestunde heute Morgen!)

Oder die Grundschule Buntentorsteinweg vor zwei, drei Jahren, in einem durchaus nicht ganz einfachen Umfeld im Buntentor, oder heute Morgen, Staatsrat Pietrzok hat mehrere Beispiele im Rahmen der Fragestunde erwähnt, bei denen wir im Rahmen von Schule gut sind, bei denen wir Preise bekommen haben, bei denen unsere Schülerinnen und Schüler gut dastehen.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Ja, die, aber nicht Sie!)

Ja, aber das hat was mit Bremen zu tun. Wenn Sie sagen, man kann keine Leute nach Bremen locken, weil das Schulsystem so schlecht ist, dann sprechen doch bestimmte Ergebnisse in den Schulen dagegen. Man wird ja bekanntlich nicht von den Bildungspolitikern unterrichtet, sondern von den Lehrerinnen und Lehrern.

(Zuruf Abgeordneter Kastendiek [CDU])

Verehrter Kollege Kastendiek, –

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Manchmal fällt das auch zusammen!)

Selten sind Abgeordnete heutzutage noch Lehrer. Von Ihrer Seite, glaube ich, auch nicht, oder Herr vom Bruch? Sind Sie noch –?

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Nein, ich bin kein Lehrer mehr.)