Protocol of the Session on May 30, 2018

Ganz im Gegenteil: Wer sich heute für diesen Beruf entscheidet, gilt als Überzeugungstäter / Überzeugungstäterin, denn das Ganze kostet jede Menge Geld. Für angehende Ergotherapeuten sind es 350 Euro im Monat, für die Physiotherapeuten 460 Euro und für die Logopäden 560 Euro monatlich, das macht bei drei Jahren Ausbildung 20 000 Euro. Wer sich also für diese Ausbildung entscheidet, der muss es sich auch leisten können. Das heißt, es braucht Eltern, die entweder dieses Geld aufbringen können, oder Eltern, die sich wirklich die Beine ausreißen, um diesen Wunsch zu ermöglichen, oder die jungen Erwachsenen gehen nebenbei noch jede Menge arbeiten. Das bedeutet ganz konkret, dass sie neben einer Vollzeitausbildung am Wochenende und in den Abendstunden in ihrem Nebenjob arbeiten, um das Schulgeld und die Lebenshaltungskosten finanzieren zu können. Völlig klar, wichtige Zeit zum Lernen fällt dabei weg. Das finden wir absolut falsch und ungerecht.

(Beifall DIE LINKE)

Wir finden, Ausbildung darf nichts kosten und das Recht auf die freie Wahl der Ausbildungsstätte darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen oder von der Bereitschaft, 20 000 Euro Schulden zu machen.

(Zuruf Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP])

Wir halten auch von den ursprünglichen Plänen des Senats nichts, die Ausbildung nur für Neueinsteigerinnen kostenfrei zu machen und die älteren Jahrgänge weiterzahlen zu lassen. Wir halten auch von der neuen Lösung, das Schulgeld für alle beizubehalten, es um ein Drittel zu reduzieren, aber damit eben gerade keinen Einstieg in die Schulgeldfreiheit zu machen, nichts, denn damit werden Probleme nicht gelöst und es werden keine Anreize geschaffen, sich für diese Ausbildungsberufe zu entscheiden.

(Abgeordnete Dehne [SPD]: Wider besseren Wis- sens!)

Wir fordern Schulgeldfreiheit für alle ab jetzt. – Herzlichen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Bensch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Thema betrifft uns alle. Wir haben es heute Morgen schon in der Gesundheitswirtschaftsdebatte gehört, wir brauchen ganz, ganz viele Menschen die sagen: Ja, ich gehe in einen der Gesundheitsfachberufe, ich werde Ergotherapeutin oder Ergotherapeut, ich werde Logopädin oder Logopäde, ich werde Physiotherapeutin oder Physiotherapeut. Der Gesundheitsberufe-Monitor-Bericht der Gesundheitssenatorin selbst ist es, der uns als CDU dazu gebracht hat, nicht nur dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zuzustimmen, weil er völlig richtig und auch sozial gerecht ist, sondern weil wir eine Situation haben, die man mit fünf vor zwölf beschreiben kann.

Wer wirklich sieht und schaut, dass wir mehr Schulplätze brauchen, dass wir den Einstieg in die Schulgeldfreiheit brauchen, dann aber erst einmal nur für den nächsten Jahrgang eine Schulgeldfreiheit vorhält, der tut einfach noch nicht genug. Man muss wirklich jetzt das Geld in die Hand nehmen, durch Eintreten in Verhandlungen mit den Kostenträgern, den Krankenkassen und wenn das nicht klappt, Geld aus Eigenmitteln, aus den Landesmitteln nehmen.

Damit würde er dem Gesundheitswesen insgesamt auch Gutes tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Ihre eigenen Zahlen sind es, die sagen, wir brauchen bis zum Jahr 2035 550 Physio- und Ergotherapeuten. Ich sage Ihnen, wenn Sie nicht eine gleichmäßige und gleichberechtigte Schulgeldfreiheit für alle Betroffenen einführen, dann wird es Abbrecher geben, dann wird es welche geben, die sagen, das mache ich erst nächstes Jahr, denn dann brauche ich es nicht zu bezahlen, bis dahin jobbe ich noch irgendwo oder mache ich ein Praktikum. Das geht einfach nicht. Die Zeit ist reif, eine Schulgeldfreiheit wirklich für alle einzuführen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Wer ist alle?)

Für alle diejenigen, die jetzt in diesem Jahr zur Schule gehen und auch schon im zweiten und dritten Jahr sind.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BIW)

Herr Dr. Buhlert, von den drei Berufen, die ich anfangs aufgeführt habe. Aber natürlich müssen wir bei der Ausgestaltung auch aufpassen, dass wir nicht zu viel – das ist schwierig – ausbilden. Denn wenn wir in Bremen Schulplätze vorhalten, die weit über einen Bedarf hinausgehen, dann laufen wir Gefahr, dass wir viele für Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und andere ausbilden, die hier einen schönen Mitnahmeeffekt haben, aber uns dann nicht zur Verfügung stehen. Auch die Schulkapazität muss sich also ganz eng an dem tatsächlichen Bedarf orientieren. Das hat die Gesundheitssenatorin mit der Vorlage des Monitorings als wertvolle Grundlage geliefert. Zusammenfassend: Es muss eine Schulgeldfreiheit für alle kommen, es darf kein Unterschied zwischen den Jahrgängen gemacht werden, die Bedarfe der Schulkapazitäten müssen sich ganz eng am Bedarf orientieren und drittens, die Finanzierung, bitte schön mit den Kostenträgern verhandeln und wenn das nicht klappt, aus eigenen Landesmitteln finanzieren. Ich bin der Meinung, man darf dem Antrag der Fraktion DIE LINKE und dem Antrag der Fraktion der CDU durchaus zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU, DIE LINKE, BIW)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bergmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! 205 Millionen Euro für die GeNo und davon 140 Millionen Euro Eigenkapital und das im Haushaltsnotlageland. Oha! Rot-Grün meint, das ist gerechtfertigt. Dagegen war am 6. Dezember 2017 für die Unterstützung von Logopäden und Physiotherapeuten, auf deren Rücken letzten Endes die GeNo getragen wird, kein Geld mehr vorhanden. Wir haben mit unserem Änderungsantrag im Haushalt lediglich einen Bruchteil der jetzt veranschlagten Millionen gefordert. Lieber Senat, das kann ja wohl nicht fair oder gerecht sein!

(Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Wer ist wir?)

Der Senat bekennt sich laut Koalitionsvertrag zum Einstieg in die Schulgeldfreiheit für die für das Gesundheitswesen so bedeutsamen therapeutischen Gesundheitsberufe, bleibt aber hinter der Realisierung zurück.

(Beifall FDP)

Fachkräftesicherung hat etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Unter Nachhaltigkeit versteht man landläufig: Dauert lange. Wem allerdings die unterschiedlichen Theorien von Nachhaltigkeit vertraut sind, der weiß, dass ein wesentlicher Aspekt von substanzorientierter Nachhaltigkeit die Reproduktion und Regeneration von Ressourcenquellen ist. Das heißt zum Beispiel, der Zufluss des sauberen Wassers muss bewahrt bleiben, die Luftverschmutzung muss in Grenzen gehalten werden, um langfristig Biotop, Fischteich, Wald und so weiter zu erhalten. Warum erzähle ich Ihnen das?

(Abgeordnete Dehne [SPD]: Das frage ich mich auch.)

Genau. Weil es auf Fachkräftesicherung deckungsgleich zu übertragen ist.

(Beifall FDP)

Für Gesundheitsfachberufe bedeutet das: Wenn wir langfristig ein gesundes Angebot haben wollen, müssen wir auch im Vorfeld investieren. Ohne reine Luft gefährden wir das Biotop. Ohne vernünftige Rahmenbedingungen in der Ausbildung gefährden wir Personalqualität. Personalqualität ist ein Sammelbegriff von Personalern und Ökonomen

für die langfristige Bildungsfähigkeit, für Motivation und Gesundheit von Mitarbeitern plus Mitarbeiternachschub. Also ein entscheidender Punkt im Zusammenhang mit langfristiger Fachkräftesicherung und auch eine ausreichende Ausbildungskapazität, um den späteren Bedarf zu decken, gehören selbstverständlich dazu.

(Beifall FDP)

Deswegen wiederhole ich auch: Ohne vernünftige Rahmenbedingungen für die Ausbildung gefährden wir langfristig die Personalqualität und zwar für einzelne Unternehmen, Krankenhäuser wie die GeNo und so weiter, aber auch für das ganze Land Bremen. Wenn Logopäden und Physiotherapeuten bis zu 560 Euro im Monat bezahlen müssen, während andere Gesundheitsfachberufe, Ärzte zum Beispiel, fast nichts für ihre Ausbildung bezahlen, und das bei ganz anderen Gehaltsaussichten, dann ist das auch zwischen den Gesundheitsfachberufen nicht fair.

Außerdem sprechen wir heute auch vom Gleichziehen derer, die im dritten Ausbildungsjahr sind, mit denen, die sich im ersten oder zweiten Ausbildungsjahr befinden. Wir finden, auch die sollten alle gleich behandelt werden. Warum sollen die, die früher gestartet sind, bestraft werden dafür, dass sie die Ausbildung früher begonnen haben, oder dafür, dass die Politik nicht schon früher eine Änderung entschieden hat. Auch das ist nicht fair. Eine solche Ungleichbehandlung demotiviert die Betroffenen, teilweise schon vor ihrem Berufsantritt. Wir erinnern uns, zur Personalqualität gehört auch die langfristige Motivation der Mitarbeiterschaft. Der Effekt einer mangelhaften Pflege der Ressourcenquellen ist übrigens bereits im Gesundheitsmonitoring zu beobachten, denn die Bewerberzahlen für diese Berufsausbildung haben in den letzten zehn Jahren um die Hälfte abgenommen. Es gibt noch nicht einmal genügend Ausbildungsmöglichkeiten für den zukünftigen Bedarf. Hier besteht dringender und auch passgenauer Handlungsbedarf.

(Beifall FDP)

In vielen Ausbildungen anderer Berufsfelder erhalten Azubis nicht nur Ausbildungsfreiheit, sondern sogar Vergütung und teilweise eine recht stattliche. Das Thema ist also noch längst nicht überstrapaziert. Als Freie Demokraten bleiben wir bei unserer Forderung, die Mittel im Haushalt für die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe zu verdoppeln,

also 1,5 Millionen Euro statt 745 000 Euro im Haushalt zu veranschlagen. Wir halten damit an der Forderung fest, dass der Einstieg in die Schulgeldfreiheit eben nicht nur auf dem Papier stehen darf, sondern auch erreicht werden muss.

(Beifall FDP – Glocke)

Wir wissen, dass die Verhandlungen mit den Vertretungen der gesetzlichen Krankenkassen noch nicht abgeschlossen sind. Trotzdem müssen wir jetzt ein Signal an alle Schülerinnen und Schüler senden, die bereits jetzt in der Ausbildung sind oder vor der Entscheidung stehen. Wir müssen ihnen zeigen, dass die Schulgeldfreiheit Bestand hat und die kommenden Haushaltsberatungen auch überdauern wird. Daher muss der Senat jetzt Schritte unternehmen, damit sichergestellt wird, dass für die kommenden Jahre kein Schulgeld erhoben wird.

(Glocke)

Wir Freien Demokraten hatten mit unserer Haushaltsforderung bereits den gerechten Einstieg in die Schulgeldfreiheit unterstützt und schließen uns der erneuten Formulierung dieser Forderung ebenso an, wie dem passgenauen Ausbau der Ausbildungsplätze. Daher stimmen wir dem Antrag der CDU zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zirka 20 000 Euro für eine Ausbildung zur Physiotherapeutin, Ergotherapeutin, Logopädin, das ist schon eine ordentliche Hausnummer und das ist ungerecht, da sind wir uns einig.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP)

Dass das Land Bremen bisher keinerlei Anzeichen gezeigt hätte, dass wir das so finden, dass die Senatorin für Gesundheit bisher noch nichts unternommen hätte, diese Ungerechtigkeit abzustellen, das allerdings, liebe Kollegin Strunge, das so zu behaupten, das ist wirklich ein Skandal.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Die Senatorin wird das gleich selber noch einmal darstellen, was schon alles vom Ressort unternommen wurde und mit welcher Verve die Senatorin selber auch öffentlich dargestellt hat, was sie zu tun plant und warum und dass sie dafür ordentlich streiten wird. Auch die Koalitionsfraktionen beschäftigen sich seit circa eineinhalb Jahren mit dem Thema. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat das über eine Anfrage im letzten Jahr auf die Agenda gebracht. Seitdem arbeiten wir gemeinsam und sehr konstruktiv, finde ich, mit dem Ressort daran, Lösungen im Rahmen dessen, was wir uns im Land Bremen leisten können, zu finden. In der Tat ist es nicht so, dass jede Schülerin und jeder Schüler ab sofort, auch wenn sie vor zwei Jahren die Ausbildung begonnen haben, die Schulgeldfreiheit in Anspruch nehmen kann. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass wir es im Jahr 2018, die Schuldenbremse ist ja immer noch so dicht vor Augen, überhaupt hinbekommen, für die kommenden Jahrgänge die Schulgeldfreiheit hinzubekommen, das ist schon eine ordentliche Hausnummer. Darauf kann, finde ich, dieses Haus insgesamt auch einmal stolz sein und sagen, dass wir das in Bremen hinbekommen haben, das ist schon was.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Dann muss ist sagen, sozusagen in allerletzter Sekunde auf ein Thema aufzuspringen, wo die Verhandlungen bald hoffentlich mit guten Ergebnissen zu Ende gebracht werden, das – okay, wir merken, der Wahlkampf hat begonnen, dafür habe ich großes Verständnis – aber hier im Hause sich so einen Quatsch zu erzählen, das finde ich schon sehr, sehr bemerkenswert. Ich bin gespannt, auch der Bund hat sich des Themas angenommen, da kann die CDU sich dann unheimlich einbringen, welche Regelungen der Bund finden wird, um generell für medizinische Berufe sozusagen eine Gleichheit in der Ausbildung herzustellen, so dass man eben kein eigenes Geld mehr aufbringen muss, oder die Eltern, um eine vernünftige Ausbildung abschließen zu können. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dehne.