Ich möchte trotzdem noch zwei, drei Dinge zur Sache sagen, weil es, glaube ich, insbesondere den Jüngeren von uns, auch hier im Parlament, gar nicht so bewusst ist. Ich habe damals in Richtung Oyten einen Job gehabt, bin über die Autobahnbrücke gefahren und habe die ganzen Polizei-Blaulichter gesehen und habe natürlich wie jeder andere auch sofort Radio und Fernsehen angeschaltet, als ich zu Hause war. Ich habe die Bilder aus Huckelriede gesehen, habe den 14-jährigen Emanuele de Giorgi gesehen. Als ich dann zwei Stunden später erfahren habe, dass er erschossen worden ist, ist mir das, ich glaube, wie den meisten sehr
nahe gegangen. Es gab, neben dem 14-jährigen Emanuele di Giorgi, noch die 18-jährige Silke Bischoff, die erschossen worden ist. Man darf auch nicht vergessen, dass der Bremer Polizist Ingo Hagen auf dem Weg zum Einsatz bei einem Verkehrsunfall gestorben ist. Es ist mehr als überfällig, dass wir hier heute dieser Todesopfer gedenken und den Angehörigen fraktionsübergreifend unser Mitgefühl ausdrücken.
Die dramatische Geiselnahme, die immer als Gladbecker Geiselnahme bezeichnet wird, aber eigentlich spätestens seit dem Abend die Geiselnahme aus Huckelriede hätte heißen müssen. Die Flucht durch die halbe Republik war damals ein handfester Polizeiskandal. Ich möchte das jetzt noch ein bisschen erzählen. Auch ich habe junge Leute in der Fraktion, die damals noch nicht geboren waren. In Huckelriede gelang es den Geiselnehmern, einen Bus zu entführen, in dem 32 Menschen saßen. Die Entführer waren schon eine Stunde lang in Huckelriede, und die mobilen Einsatzkommandos der Bremer Polizei, aber auch aus Köln, haben die Lage beobachtet. Die Presse war da, und nach dieser Stunde gingen die Täter mit ihren zwei Geiseln aus der Bank zu dem Bus und kaperten ihn mitsamt allen Fahrgästen.
Der Busbahnhof war nicht abgesperrt, der war ganz normal in Betrieb. Das ist unfassbar, wenn man sich das retrospektiv anschaut. Unter den Augen der Polizeispezialkräfte ist der entführt worden, und die beiden späteren Todesopfer aus Bremen wollten einfach nur ganz normal mit dem Bus fahren, nichts anderes. In Huckelriede gab es anschließend eine große Gruppe von Schaulustigen, und die Entführer gaben bereitwillig Interviews, auch Geiseln wurden interviewt, und zwar perfider Weise, während sie Pistolen am Kopf hatten. Ein Journalist hat damals als sogenannte Kontaktperson zwischen Polizei und Entführern fungiert. Die Schaulustigen und der Presserummel haben den ohnehin schon chaotischen und dilettantischen Polizeieinsatz zusätzlich erschwert.
Der Rest ist auch bekannt. An der Raststätte Grundbergsee nahm die Polizei eine Entführerin zuerst fest, hat sie wieder frei gelassen, weil die Entführer mit der Erschießung von Geiseln drohten. Die polizeiliche Einsatzleitung war zu diesem Zeitpunkt schlichtweg katastrophal. Die politische Aufarbeitung in Bremen spiegelt die damaligen Haltungsprobleme von Innenressort und Polizeiführung wider. Der Untersuchungsausschuss der Bremischen
Bürgerschaft stellte fest, dass noch nicht einmal ein Einsatzprotokoll des Lagezentrums existiert hat, dass das Einsatzprotokoll des MEK, des mobilen Einsatzkommandos, vernichtet worden ist. Und der Senat gab für die angehörten Polizisten nur stark eingeschränkte Ausnahmegenehmigungen und verweigerte Vernehmungen in öffentlicher Sitzung.
Das Mitglied der Grünen im Untersuchungsausschuss, Martin Thomas, hatte den Eindruck, in den Zeugenvernehmungen stumpf belogen worden zu sein. Die verantwortlichen Polizeiführer ließen tatsächlich auch in dieser parlamentarischen Aufarbeitung Selbstkritik vermissen und waren zu einer Reflexion ihrer eigenen Verantwortlichkeit offensichtlich nicht willens oder in der Lage. Ich will es ganz deutlich sagen, diese Mentalität sehe ich heute aktuell bei der Bremer Polizei nicht mehr. Das waren Zeiten, die wir zum Glück überwunden haben.
Die Geiselnahme von Gladbeck beziehungsweise Huckelriede war auch ein Medienskandal, das ist auch schon angeklungen, der wesentliche Grundprinzipien einer ethisch vertretbaren Berichterstattung tatsächlich verletzt hat. Aus meiner Sicht ist das jenseits von allem, wenn man eine Person interviewt, der eine Pistole an die Schläfe gedrückt wird, und auch die Interviews mit den Entführern fand ich relativ menschenverachtend. Die Presseberichterstattung ist zu Recht frei und grundgesetzlich abgesichert, aber ich finde, auch Journalistinnen und Journalisten haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Das galt damals, und das gilt allerdings auch heute. Die Selbstverpflichtung, die Medien daraus geschlossen haben, zeigt ja auch, dass sie sich im Nachhinein doch bewusst geworden sind, welche unrühmliche Rolle sie in der ganzen Sache gespielt haben.
Der dritte Skandal betrifft den Umgang mit den Hinterbliebenen. Dazu haben meine Vorredner schon viel gesagt. Es gab keine gezielte Unterstützung, und es besteht tatsächlich heute auch noch Handlungsbedarf. Es ist tatsächlich so, auch ich habe mich gefragt, es ist mir erst durch diesen Antrag von Ihnen bewusst geworden, es gibt überhaupt gar keinen Gedenkort, und ich finde diesen Antrag absolut richtig. Ich denke, ein Teil dieser Anerkennung für das Leid der Angehörigen und Hinterbliebenen kann in dem Gedenkort am Bahnhof Huckelriede entstehen, der zusammen mit dem Beirat, aber auch mit den Angehörigen entwickelt
werden sollte. Deswegen halten wir den Antrag für eine gute Idee und haben ihn auch mit eingebracht. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Besucher! Die Gruppe Bürger in Wut begrüßt den Entschließungsantrag der Fraktionen zum Gladbecker Geiseldrama von 1988. Es zeugt von hohem politischem Verantwortungsbewusstsein, dass die schrecklichen Geschehnisse in Bremen auch nach 30 Jahren nicht vergessen sind, sondern heute erneut auf der Tagesordnung der Bürgerschaft stehen. Das ist auch angemessen, schließlich hat der parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtags bereits in seinem Bericht vom Oktober 1989 schwere Fehler der Bremer Polizei und der zuständigen Einsatzleitung festgestellt. Wären diese Fehler damals nicht gemacht worden, würden die drei Opfer, die das Geiseldrama gefordert hat, heute vielleicht noch leben.
Es war aber nicht nur menschliches Versagen, das zur Katastrophe führte, sondern auch eine lückenhafte Rechtslage. Sie hat es den Einsatzkräften der Polizei seinerzeit verwehrt, die Täter in Bremen auszuschalten und so die Fahrgäste des gekaperten Linienbusses unversehrt aus der Hand der Gangster zu befreien. Hätte es die Möglichkeit des finalen Rettungsschusses, der im Jahr 2001 in das Bremische Polizeigesetz aufgenommen wurde, schon im Jahr 1988 gegeben, wäre der Verlauf der Ereignisse möglicherweise anders gewesen, und es hätten am Ende keine Unschuldigen sterben müssen. Dem war leider nicht so. Auch deshalb haben wir heute der Opfer und ihrer Angehörigen zu gedenken.
Zu Recht wird im fraktionsübergreifenden Antrag darauf hingewiesen, dass nicht nur während der Geiselnahme, sondern auch danach gravierende Fehler begangen wurden, nämlich im Umgang mit den überlebenden Opfern und den Angehörigen der Getöteten. Einige der Betroffenen leiden bis heute, also 30 Jahre später, unter ihren traumatischen Erlebnissen. Wie schrecklich! Das ist eine beklemmende Erkenntnis, aber zumindest haben die Fehler von 1988 dazu beigetragen, die Sensibilität von Politik und Öffentlichkeit für die Bedürfnisse
von Kriminalitätsopfern zu schärfen und die bis dahin zu rudimentär vorhandenen Strukturen für den Opferschutz weiter zu entwickeln.
Auf diesem Gebiet konnten seitdem wichtige Fortschritte erreicht werden, aber es gibt noch viel zu tun, das hat unter anderem der Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz im Dezember 2016 deutlich gemacht. Auch nach diesem Verbrechen fühlten sich viele Geschädigte und Angehörige von Opfern von den Behörden und der Politik einfach alleingelassen. Die Betroffenen warfen den Verantwortlichen Untätigkeit und Versagen vor.
Es ist deshalb ein wichtiges Signal, dass sich die Antragsteller die Forderungen des Opferbeauftragten des Bundes für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz zu eigen machen und die Notwendigkeit zentraler Opferschutzstrukturen betonen, die es mit der psychosozialen Notfallversorgung auf Länderebene zu verknüpfen gilt. Sehr zu begrüßen ist im vorliegenden Antrag die vorgesehene Schaffung eines Erinnerungsortes im Bereich des Busbahnhofs Huckelriede, um der Opfer des Geiseldramas angemessen zu gedenken. In Huckelriede brachten die Gangster am 17. August 1988 gegen 19.00 Uhr einen Bus der Bremer Straßenbahn AG mit 32 Fahrgästen in ihre Gewalt, von denen zwei – der 14-jährige Italiener Emanuele de Giorgi und die 18-jährige Silke Bischoff – später sterben mussten.
Vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse ist der Ort einer Gedenkstätte richtig gewählt. Man muss allerdings die kritische Frage stellen, warum eigentlich erst jetzt, 30 Jahre nach dem Verbrechen, ein Erinnerungsort für die Opfer in Bremen eingerichtet werden soll, wie auch die Vorredner schon gesagt hatten. Das hätte aus unserer Sicht schon viel früher geschehen müssen. In diesem Versäumnis manifestiert sich wohl auch die Scham, die Bremens Politiker über das damalige Versagen der Verantwortlichen in der Geiselaffäre bis heute empfinden. Es erscheint uns angemessen zu sein, wenn der Senat den im August bevorstehenden 30. Jahrestag zum Anlasse nähme, den Überlebenden und Hinterbliebenen des Verbrechens nicht nur seine Anteilnahme zu bekunden, sondern sich bei den Betroffenen dort öffentlich zu entschuldigen.
Abschließend noch ein Appell in eigener Sache: Die Gruppe Bürger in Wut hätte es begrüßt, wenn sie an der Initiierung des fraktionsübergreifenden Antrags zum Gedenken an die Opfer und Angehö
rigen des Gladbecker Geiseldramas beteiligt worden wäre. Anlässe wie diese erfordern eine starke politische Botschaft des Parlaments unter Mitwirkung möglichst aller demokratischen Volksvertreter, um in der Öffentlichkeit ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit zu entfalten. Parteitaktische Erwägungen sollten in solchen Fällen künftig, der übertragenen Bedeutung der Sache wegen, hintangestellt werden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Viele Punkte wurden zu Recht bereits in der Debatte erwähnt, und wir möchten uns den Punkten anschließen, insbesondere den Ausführungen von Jens Eckhoff, die aus unserer Sicht sehr treffend und auch in der Wortwahl sehr angemessen vorgetragen wurden.
Auch aus unserer Sicht ist dieses schreckliche Ereignis eine Zäsur in der Geschichte des Bundeslandes. Über dreißig Geiseln wurden genommen, drei Menschenleben hat dieses Verbrechen gefordert, viele Betroffene wurden nachhaltig traumatisiert, viele indirekt Betroffene, Mitschüler, Nachbarn, Freunde, Sportkameraden wurden zum Teil schockiert, tief getroffen von den Ereignissen. Deswegen ist es richtig, dass wir als Bürgerschaft den Opfern und Angehörigen und Hinterbliebenen unser Andenken aussprechen und ihrer gedenken.
Über die Rolle der damaligen Medien ist in dem Zusammenhang auch schon viel gesprochen worden. Heute wäre so ein Verhalten zum Glück nicht mehr vorstellbar. Die Ereignisse hatten starken Einfluss auf den heutigen Pressekodex. Daneben gab es auch schweres Versagen im Einsatz der Polizei. Der damalige Bremer Untersuchungsausschuss hat eine ganze Reihe von Fehlern ermittelt, und diese haben genauso wesentlich, wie das Fehlverhalten der Medien, zu dieser Eskalation beigetragen. Die Polizei hat in Bremen, aber auch im Bundesgebiet insgesamt aus diesem Fall gelernt. Der finale Rettungsschuss ist als Instrument in das Bremische Polizeigesetz aufgenommen worden. Ein wichtiger Aspekt des Antrags ist ebenfalls die Hilfe für Betroffene. Der Antrag zeigt das staatliche Versagen deutlich auf. Hilfen wurden fast wahllos gewährt und Spendengelder willkürlich verteilt.
Viel schlimmer, die Angehörigen haben im Hinblick auf eine Nachbetreuung kaum eine Unterstützung erfahren und sind mit ihren Problemen vom Staat allein gelassen worden. Das hat sich sicherlich in den vergangenen Jahren verbessert, aber dennoch ist das auch heute noch Thema. Wir Freien Demokraten begrüßen deswegen auch die Vorschläge des Beauftragten der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz ausdrücklich. Es ist gut und richtig, dass wir die Empfehlungen mit den bremischen Gegebenheiten abgleichen und entsprechende Angleichungen vornehmen.
Einen Erinnerungsort für die Opfer des Gladbecker Geiseldramas in der Neustadt halten auch wir für angemessen, und für uns ist auch völlig klar, dass ein solcher Ort mit den Angehörigen und den Hinterbliebenen gemeinsam entwickelt werden sollte. Deswegen begrüßen wir die Klarstellung hier. Insgesamt werden wir deswegen selbstverständlich diesem Antrag zustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Ich will mich sehr herzlich bedanken für diese sehr ernsthafte Debatte und für die Art, wie auch die Rednerinnen und Redner der einzelnen Fraktionen ihre Sicht hier zum Ausdruck gebracht haben. Das war sehr würdig und wichtig für die Behandlung dieses wichtigen und einschneidenden Ereignisses.
Es handelt sich in der Tat um eines der dramatischsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Leiden sind hier angesprochen worden, das, was damals ausgelöst wurde bei den Menschen, die betroffen waren, die in diesem Bus waren, hat schreckliche Spuren hinterlassen. Es sind ja neben den schrecklichen Leiden, die man in einer solchen Situation erfährt, eben dazu diese Verstärkungen, erfolgt durch die Grenzüberschreitungen, die medialen Grenzüberschreitungen, geradezu Tabubrüche, durch das Versagen der Polizei, durch das Versagen vieler öffentlicher Einrichtungen, die dann in der Tat – das wissen wir nicht nur heute, nach dreißig Jahren, sondern schon vorher – nicht angemessen reagiert haben.
Ich glaube, es wird vor dem Hintergrund sehr klar, dass für die Menschen, die damals betroffen waren, dies etwas ist, was sie nie vergessen werden, was die Angehörigen nie vergessen werden, auch nach dreißig Jahren nicht vergessen werden. Es ist umso wichtiger, dass hier in der Bürgerschaft, aber auch in der bremischen Gesellschaft, dieses nicht vergessen, festgehalten wird und die Anteilnahme deutlich wird. Ich möchte hier sehr deutlich im Namen des Senats meiner Anteilnahme Ausdruck verleihen.
Wir können dadurch die Toten nicht wieder lebendig machen, wir können auch den Schmerz nicht wirklich lindern, aber wir, und das ist damals begonnen worden, müssen uns weiter den Fehlern widmen, die gemacht worden sind, und die Aufbereitung und Aufarbeitung dieser Fehler vornehmen. Ich glaube, man kann und muss, und das haben verschiedene Rednerinnen und Redner hier gemacht, und ich will mich im Namen des Senats dem ausdrücklich anschließen, wir entschuldigen uns bei den Opfern für diese Fehler, die gemacht worden sind.
Heute sagt man sicher, man würde anders mit der Situation umgehen. Wir haben daraus gelernt. Als ich mir angeschaut habe, welche Konsequenzen gezogen worden sind und wie damit umgegangen worden ist, zeigt das auch, wie viel Veränderungsbedarf notwendig war. Aber man muss davor sagen, dass auf der Grundlage der damaligen üblichen Praxis es ein paar bescheidene Opferentschädigungen gegeben hat. Die Familie di Giorgi, die Familien Bischoff und Hagen, also überall dort, wo es zu Todesopfern gekommen ist, haben finanzielle Entschädigungen erhalten, auch Frau Voitle und der Busfahrer in kleinem Maße. Man hat vor dem Hintergrund der damaligen Situation reagiert, natürlich die Kosten ärztlicher Behandlungen übernommen. Das war, glaube ich, ein Versuch, ich würde auch sagen, ernst gemeinter Versuch. Ich mag jedenfalls heute nach dreißig Jahren auch das niemandem absprechen.
Es war der Versuch, der auch stattgefunden hat so wenige Monate nach diesem schrecklichen Ereignis. Und es war ja eine Situation, das wissen wir, glaube ich, alle und empfinden wir alle noch, die wir das erlebt haben, in der es auch eine gewisse Starre gegeben hat, ein Erstarren vor dem Hintergrund dieser schlimmen Ereignisse. So verstehe ich auch diesen Versuch der damaligen Sozialsenatorin Vera Rüdiger für einen Empfang der Opfer und
Hinterbliebenen im Kaminsaal am 17. Dezember 1988. Also wenige Monate danach haben zwölf Personen teilgenommen. Ich mag auch hier nicht beurteilen, ob das jetzt etwas war, wo man in einer anderen Art und Weise eine größere Beteiligung und eine größere Nähe hätte erreichen können. Ich denke, man muss einbeziehen, dass viele dieser Familien der Opfer auch einen Abstand wollten, so kurz danach, und vielleicht nicht die Bereitschaft hatten, sich damit weiter auseinanderzusetzen. Das müssen wir heute alles so zur Kenntnis nehmen. Es macht in der Tat betroffen, wenn man sich anschaut, was hinterher in Folge auch des Untersuchungsausschusses bei Polizei und Medien alles verändert wurde und werden musste.
Warum haben erst dann Schulungen für Beamtinnen und Beamte in Kommunikation und dem Umgang mit Opfern stattgefunden? Warum wurden erst dann, fragt man sich doch heute, bundeseinheitliche Standards und Leitlinien der psychosozialen Notfallversorgung entwickelt? Warum gab es erst dann Richtlinien im Pressekodex, die Interviews eben nicht mehr möglich machen sollen, in denen sich die Täter zu einem Werkzeug machen lassen? Das ist alles etwas, was heute, in der heutigen Sicht erschreckt und uns in der Tat mahnt, weiter aufmerksam an diese Dinge heranzugehen. Ich begrüße im Namen des Senats ganz ausdrücklich diese Initiative und diesen breit getragenen Antrag hier im Hause. Der Senat wird außerordentlich sensibel und vorsichtig mit den Dingen umgehen, weil wir auch heute, glaube ich, und davon bin ich fest überzeugt, noch sehr vorsichtig eingehen müssen auf das, was die Menschen erlebt haben.
Wir werden das insbesondere auch versuchen im Kontakt und natürlich in enger Abstimmung mit den Betroffenen, was die Frage des Gedenkorts betrifft, auch mit dem Beirat.
Aber lassen Sie mich zu den Betroffenen sagen, dass Senator Mäurer jetzt über das Filmteam, über die Dokumentation, die von dem Filmteam erstellt wurde, versucht hat, Kontakt aufzunehmen zu den Opfern und Angehörigen, die sich für diesen Film bereitgestellt haben, um einmal in Ruhe und in einem auch sehr geschützten Raum darüber reden zu können. Ende Juni wird der Senator Mäurer sich mit dem Polizeipräsidenten mit mehreren Opfern und Angehörigen treffen, um dieses in aller Vorsicht, durch Zuhören und Anerkennung auch des Leids, aufzuarbeiten und zu schauen, wie aus Sicht der Betroffenen heute damit umzugehen ist. Dem, was Sie hier vorgeschlagen haben, werden wir uns
Dazu gehört auch, dass wir in Bremen sehen müssen, wie wir die Vorschläge, die Kurt Beck gemacht hat, die Entwicklungen, die wir in vielen anderen Bundesländern sehen, wie wir die aufnehmen, wie wir umgehen mit der richtigen Überlegung, den Opferschutz nicht nur zu stärken, sondern auch dafür zu sorgen, dass es eine Verantwortlichkeit gibt.
In einigen Ländern gibt es jetzt Opferschutzbeauftragte, aber in sehr unterschiedlicher Art und Weise. Sie haben vor allem die Aufgabe, die emotionale Unterstützung für die Betroffenen zu sichern, auch praktische Unterstützung zu leisten in solch schrecklichen Situationen, Lotsendienste in dieser Weise wahrzunehmen und auch, und das ist ja auch eine Ihrer Anregungen in dem Antrag, solche Gedenkveranstaltungen mit aller gebotenen Sensibilität vorzubereiten. Wir werden uns sehr sorgsam ansehen, auch unter dem Kriterium, wie eine Wirksamkeit erzielt werden kann, in welcher Weise wir in Bremen eine solche Opferschutzstruktur verstärken und angemessen ausrichten.
Das ist, glaube ich, eine wichtige Konsequenz auch heute, dreißig Jahre danach, und die Frage, die der Abgeordnete Eckhoff hier zu Anfang aufgeworfen hat, warum eigentlich nicht nach zehn Jahren, nach zwanzig Jahren, sondern erst jetzt nach dreißig Jahren, erinnert uns natürlich daran. Aber ich bin sehr froh, dass Sie diese Initiative hier ergriffen haben und wir uns diesem jetzt widmen in sehr angemessener Art und Weise. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!