Vor allem aber hat dieser Aktionsplan eine vierte Ebene, nämlich das, was nicht darin steht. Zum einen haben Sie – das liegt vielleicht am allzu sehr rot-grün aufgefassten Thema – auch andere Identitätsangebote, die gewissermaßen nicht links-rotgrün verankerte Menschen Homosexuellen anbieten, natürlich nicht darin. Das kann man politisch entschuldigen, aber das wirklich Fatale ist, das Wort „Islam“ im Aktionsplan nicht einmal zu erwähnen und die Gefährdung, die wir auch hier in Bremen haben, nicht aufzuarbeiten. Das besagt eben schon wieder sehr, sehr Vieles.
Ich weiß nicht, ob in Danzig Vorfälle vorkommen wie in Bremen, dass Schwule Pärchen beinahe in den in den Tod getreten werden, wie es in Gröpelingen vorgefallen ist. Ich weiß auch nicht, ob die vielen demokratischen Parteien, die sich angeblich für die Homosexuellen einsetzen, diese Vorfälle verschweigen. Ich weiß nicht, ob es so in Danzig ist. Es mag da sogar alles noch schlimmer sein, aber jedenfalls ist der Hauptpunkt und ist das Hauptproblem, womit wir uns in Bremen und in anderen Bundesländern bei der erstaunlichen Einwanderungspolitik, die dieses Land praktiziert – ich hatte es vorhin schon gesagt –, befassen müssten, nicht in dem Aktionsplan erwähnt.
Im Übrigen werde ich dem Antrag zur Verfassungsänderung gern zustimmen. Wir haben ja schon einige Zusätze, ich weiß nicht, wie der Originaltext des Grundgesetzes von 1949 aussah, da war die Zeile etwas kürzer, wir haben ja schon einige Zusätze erlebt. Ich bin gespannt darauf, wie sich vor allem unsere neuen muslimischen Mitbürger künftig an die freiheitlich-demokratische Ordnung halten werden. Ich stimme der Grundgesetzänderung zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als dieser Aktionsplan vor einigen Jahren verabschiedet wurde, wünschte ich mir, dass wir für die Bekämpfung von Diskriminierung allgemein und direkt auch für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ähnlich viel Geld in die Hand genommen hätten, denn es gibt leider mehr als diesen einen Diskriminierungsfaktor im Bereich Geschlecht und Sexualität. Im Grundgesetz werden sie in Artikel 3 Absatz 3 aufgelistet. Dort steht: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Hinter jeder dieser Gruppen verbergen sich – das ist kein Geheimnis – weitere Untergruppen mit ihren sehr spezifischen Problemen. Ihre Diskriminierungserfahrungen darf man auch nicht als schlimm oder weniger schlimm gegeneinander ausspielen. Im Grunde ist es egal, ob jemand wegen seiner Hautfarbe, seiner Sprache, seines Geschlechts oder seiner Religion diskriminiert wird. Diskriminierung muss immer konsequent aufgedeckt werden, und es ist gut, dass wir dafür entsprechende Stellen haben, die helfen, notfalls auch rechtliche Schritte einzuleiten.
Inzwischen gibt es den Bremer Aktionsplan gegen Homo-, Trans- und Interphobie bereits seit drei Jahren. Mit diesem besonderen Augenmerk unterstützt und gestärkt zu werden, ist für Betroffene ein
Gewinn. Es ist wichtig, einen respektvollen Umgang zu fördern und homo-, trans- und intersexueller Gewalt den Kampf anzusagen. Der Aktionsplan trägt unbestritten einiges dazu bei.
Eigentlich könnten wir aber auch für alle anderen von Diskriminierung betroffenen Gruppen auch einen solchen Aktionsplan gebrauchen. Die Religionszugehörigkeit oder auch die Herkunft sind aktuell zum Beispiel ein großes Thema. Wir sollten gerade auch politisch allen Betroffenen garantieren, mit gleicher Intensität gegen jede Form von Diskriminierung zu kämpfen.
Ich möchte jetzt aber noch einige kritische Sätze direkt zum Umsetzungsbericht des Senats zum Aktionsplan gegen Homo-, Trans- und Interphobie sagen, denn ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass der Senat all denen, die seine Vorstellungen und Forderungen zum Thema nicht teilen, tendenziell all diese Phobien unterstellt.
Im Bericht ist erst von einem Meilenstein hin zu einer modernen Familienpolitik, die durch den Beschluss im Bundestag zur Eheschließung gesetzt wurde, die Rede. Dann bemängelt der Senat, dass sich dadurch aber noch nichts am geltenden Abstammungsrecht in Bezug auf Adoptionen geändert hätte, und er fordert, dass Elternschaft nicht mehr mit der Fortpflanzungsmedizin und dem Geschlecht verknüpft werden sollte. Er schlussfolgert anschließend, dass sich dadurch das Diskriminierungsrisiko noch einmal erheblich reduzieren würde. Diese Logik teile ich nicht, und da bin ich auch nicht die einzige, meine Damen und Herren!
Es wäre hier sicher wie im Bundestag, wo zwar viele Abgeordnete für, aber viele eben auch gegen das Recht auf Eheschließung gestimmt haben und es bei der Möglichkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft belassen wollten, weil die Ehe für sie nach wie vor direkt auf die Verbindung von Mann und Frau abzielt. Wogegen ich mich auf jeden Fall an dieser Stelle absolut verwahren möchte, ist, dass allen, die zu diesen Punkten eine andere Auffassung haben, als die politische Mehrheit sie gerade hat, direkt oder indirekt unterstellt wird, homophob zu sein.
Auch moderne Familienpolitik, wie Sie in Ihrem Bericht suggerieren, entsteht doch nicht einzig dadurch, dass man für die Ehe für alle oder für ein uneingeschränktes Adoptionsrecht durch die Loslösung der Elternschaft von der Fortpflanzungsfunktion stimmt.
Diskriminierung ist sicher durch nichts zu rechtfertigen, doch ich muss trotzdem nicht alles gut und richtig finden. Es ist auch noch lange nicht alles rechtsfest, was unter dem Etikett der Diskriminierungsverhinderung abgelegt wird.
Nun noch zu Ihrem Antrag zur Grundgesetzänderung! Das Bundesverfassungsgericht stellte bereits 2009 und der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags etliche Jahre später fest, dass die sexuelle und auch die geschlechtliche Identität unmissverständlich unter den Schutz des Artikels 3 fallen. Wenn die Bremer Koalition jetzt trotzdem lediglich aus Gründen der Absicherung zusätzlich zum Geschlecht auch noch die sexuelle und geschlechtliche Identität ins Grundgesetz mit aufnehmen will, dann öffnet sie doch jeglichen weiteren Begehren Tür und Tor. Wie schon anfangs gesagt, gibt es doch auch bei den anderen Gruppen, die Diskriminierung erfahren, noch viele Besonderheiten. Jedenfalls versuchen die Bremer Koalition und auch andere –
ich komme gleich zum Schluss! – trotzdem, den Eindruck zu vermitteln, es gebe im Grundgesetz eine Regelungslücke.
Diese Ansicht teilt die CDU-Fraktion nicht! Wir meinen, dass Sie damit weit über das Ziel hinaus schießen, und lehnen Ihren Antrag deshalb auch ab. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mir im Vorfeld dieser Rede vor allem nach dem Beitrag von Dr. Henrike Müller überlegt, was ich eigentlich noch ergänzend sagen könnte. Zur Regie dieser Debatte gehört auch, Herr Tassis, dass Sie hier reden dürfen. Das ist auch in Ordnung so, aber das hat mir
auch noch einmal Munition gegeben, mich überhaupt hier hinstellen zu können und dazu etwas zu sagen.
Wenn Sie, wie ich finde, in unerträglicher Art und Weise fremdenfeindliche Elemente benutzen, um Homophobie zu erklären, dann haben Sie erneut den Versuch unternommen – und das machen Sie hier vielfach! –, eine gesellschaftliche Minderheit gegen eine andere gesellschaftliche Minderheit hetzen zu wollen.
Wer Hetze zur Politik erklärt, der hat in der Tat eine Sonderstellung in diesem Parteiengefüge, und über diese Sonderstellung würde ich mir an Ihrer Stelle einmal Gedanken machen!
Frau Grönert, die Auseinandersetzung haben wir, wir haben eine unterschiedliche Einschätzung dazu, ob es sinnvoll ist oder nicht sinnvoll ist, die Ehe für Homosexuelle zu öffnen. Eigentlich ist diese Fragestellung ja entschieden. Sie ist durch eine breite Mehrheit im Bundestag entschieden.
(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP – Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Und richtig entschieden!)
Ich akzeptiere, wenn jemand hinter dem Zug steht, nachdem der aus dem Bahnhof herausgefahren ist, und noch einmal sagt, dass er hinter dem Zug stehen bleiben will. Das finde ich auch in Ordnung, das muss man demokratisch akzeptieren, aber ich glaube, es gibt am Ende vielleicht ein Argument, das Sie überzeugen könnte: Schwule und Lesben brauchen keine Toleranz, sie brauchen Akzeptanz!
Vielleicht in dem Wertesystem, in dem Sie sich bewegen: Liebe verdient doch einfach Respekt! Springen Sie doch einmal über Ihren Schatten! – Ich danke Ihnen!
batte schon gesagt worden. Zuerst zu der Änderung des Grundgesetzes! Der Senat ist der Auffassung, dass es richtig ist, den Artikel 3 zu ergänzen, und wird auch in den nächsten Tagen darüber befinden, dem Berliner Antrag nicht nur zuzustimmen, sondern ihm auch beizutreten. Daher nehmen wir diese Initiative aus Ihrem Kreis gern auf und tragen sie weiter in den Bundesrat.
Bei dem Aktionsplan geht es darum, dass die Vielfalt zur gesellschaftlichen Realität wird, und da kann man nicht die Schule oder den Kindergarten ausklammern, wie es Herr Tassis tut, sondern gerade hier muss man anfangen und sagen, dass es eben nicht nur Beziehungen gibt, die aus Mann und Frau bestehen, sondern es gibt inzwischen auch andere Formen, und das ist richtig und legitim. Das Recht auf Liebe ist sozusagen nicht begrenzt auf ein gesellschaftlich normiertes Bild.
Ich glaube, was man daraus schließt, welche weiteren rechtlichen Folgen es hat, nur ganz eng damit zu verknüpfen, ob es jetzt Homophobie ist oder nicht, ist die eine Sache. Ich glaube trotzdem, es ist richtig, wenn wir die Normalität akzeptieren und für richtig halten, dann muss man sie auch für alle gesellschaftlichen Bereiche – und dazu gehört auch das Aufziehen von Kindern – durchdeklinieren. Dafür tritt der Senat auch ein. In dem Sinne wollen wir das im Rahmen des Aktionsplans, aber auch so, wie wir im Bundesrat agieren, weitermachen. – Deshalb vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD, Drucksache 19/1623, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, BIW, Teile der FDP, Abgeordneter Patrick Öztürk [SPD], Abgeordnete Wendland [parteilos], Abge- ordneter Tassis [AfD])