Das hat die Behörde bei der Zuweisung von Entlastungsstunden und zusätzlichem Mathematikunterricht im Übrigen auch versucht, jedoch meines Erachtens nicht richtig umgesetzt oder nicht angemessen umgesetzt. Ich kann nicht nachvollziehen, dass bei den Zuweisungen dieser Stunden der Cito-Test doppelt berücksichtigt wird, einmal direkt durch den Cito-Test und einmal indirekt über die Sozialindikatoren. Der Cito-Test ist bei diesen besonderen Stundenzuweisungen ja explizit als Zuweisungskriterium angeführt worden. Auch das zeigt, dass die Sozialindikatoren an dieser Stelle eigentlich überprüft werden müssen.
Ähnliches gilt auch für das Merkmal sonderpädagogischer Förderbedarf. Der ist bislang nicht Teil des Sozialindexes. Schulen in benachteiligten Stadtteilen haben aber oft viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die Zahlen sind bekannt. In einigen Schulen liegt der sonderpädagogische Förderbedarf bei 25 Prozent, in anderen nur bei acht Prozent. Das wird derzeit noch nicht angemessen berücksichtigt, weder in der Datenerfassung noch in der Zuweisung.
Faktors sonderpädagogischer Förderbedarf in die Sozialindikatoren ergeben. Dieser Faktor ist aber meines Erachtens so wichtig, weil er die Ungleichstellung oder Ungleichbehandlung von Schulen aufheben würde. Wir brauchen hier unbedingt eine Lösung, damit Schulen, die eine hohe Inklusionsleistung erbringen, auch besser gefördert werden.
Überwiegend, aber nicht nur! Nicht nur, Herr vom Bruch, das wissen Sie auch, Sie kennen die Zahlen, 20 Prozent, 25 Prozent! Acht Prozent in Schwachhausen, das ist ein großer Unterschied!
Der dritte Punkt, den ich hier erwähnen möchte, ist Bremerhaven. Die Antwort des Senats macht an mehreren Stellen deutlich, dass zwischen den Kommunen keine Vergleichbarkeit besteht. Das finde ich persönlich ziemlich problematisch. Ein Kind in Bremerhaven-Lehe hat den gleichen Anspruch auf Förderung wie ein Kind in BremenHuchting, und es muss transparent nachvollziehbar sein, dass bei beiden Kindern gleich viel Förderung ankommt. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass Bremerhaven aufgrund der schwierigen sozialen Lage auch die entsprechenden Mittel zur Förderung bekommt.
Nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE ist die Neuberechnung des Sozialindex deswegen erforderlich, aber auch vor allem unter dem Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit der beiden Kommunen.
Es bleibt abschließend die Frage, ob auf die Feststellung unterschiedlicher Sozialstufen an den Schulen noch angemessen reagiert wird. Das zentrale Instrument für die Besserstellung an Schulen mit einem hohen Sozialindikator war bislang die Verkleinerung der Klassen. Das Problem ist nur, dass dieses Instrument nicht mehr richtig funktioniert. An den Oberschulen in der Stadtgemeinde Bremen ist aktuell jede dritte Klasse größer als in der Richtlinie und der Kapazitätsverordnung vorgesehen. Es gibt auch Effekte, die dazu führen – und ich erinnere an eine Debatte im Armutsausschuss 2014, in den wir Maresi Lassek als Expertin
eingeladen hatten, die das ganz anschaulich verdeutlich hat –, warum gerade an den Schulen mit hohen Sozialindikatoren die Klassen größer sind als in bürgerlichen Stadtteilen. Da sind nämlich die Wohnungen, die für Familien mit mehr als ein oder zwei Kindern bezahlbar sind. Die Reduzierung funktioniert nur in der ersten und in der fünften Klasse, weil man es nur da feststellen und die Kapazitäten entsprechend reduzieren kann. In den anderen Klassen, also in den Klassen 2, 3, 4 oder ab der sechsten Klasse, kommen dann die Zuzüge an. In Reihenhausgebieten, wo die Familien einmal ein Haus kaufen und da wohnen, bis sie sterben, gibt es diesen massiven Zuzug in den Klassen 2 bis 4 und 6 bis 10 natürlich nicht.
Das kann man über Bildung nicht regeln, das ist klar. Also, man kann die Frage des Wohnungsbaus nicht über die Bildung regeln, aber man muss dann fragen, ob die Verkleinerung der Klassen als Antwort auf die hohen Sozialindikatoren dann die richtige Antwort ist, wenn dieser Effekt verpufft. Wir brauchen also zusätzliche Wege, das hat uns abschließend die Expertenkommission bei der Evaluation deutlich aufgegeben und darüber werden wir auch in den nächsten Monaten beraten. In dem Sinne freue ich mich auf eine konstruktive Diskussion. – Danke schön!
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sowohl das Thema als auch der Inhalt der Antwort des Senats auf die Große Anfrage enthalten sehr viele technische Detailfragen. Ich gehe einmal davon aus, genau wie meine Vorrednerin, dass wir uns mit diesen hier heute im Hohen Hause nicht befassen, sondern dass wir versuchen, einige politische – –.
Ja, da wäre sehr viel Mathematik dabei, das wäre wirklich spannend, vor allem, wenn ich dazu beitragen würde.
Deswegen lassen wir das lieber, sondern konzentrieren uns auf einige politische Kernfragen, die erste vorab: Es ist richtig und wichtig, zu differenzieren. Die Notwendigkeit, mit Sozialindikatoren Bedarfe festzustellen und dann Ressourcen ungleich zu verteilen, wird von uns zu 100 Prozent unterstützt.
Dem Grundsatz, dass die Schulen mit den schwierigsten Schülerinnen und Schülern und den schwierigsten Rahmenbedingungen die besten Rahmenbedingungen brauchen, um diesen Unterricht zu gestalten, fühlen wir uns verpflichtet. Dafür wird auch diese ganze Debatte, die wir heute führen, letztendlich geführt.
Der erste Punkt, den ich ansprechen wollte, ist: Wir sehen bei diesem Thema – und das sehen wir auch in der Antwort des Senats –, dass wir einen ständigen Wandel von sozialen Lagen in unseren Stadtteilen haben. Sozialindikatoren können also niemals statisch sein und einmal für viele Jahrzehnte festgelegt werden, sondern es ist richtig, was auch in den vergangenen Jahren passiert ist, dass es dort sowohl vom Verfahren als auch von der Herangehensweise her Anpassungsnotwendigkeiten gibt. Deswegen sind Indikatoren, um die soziale Lage zu identifizieren, ein wichtiger Punkt, der ständig der tatsächlichen Lage angepasst werden muss. Wir haben die Flüchtlingszuwanderung der letzten Jahre gesehen, aber wir sehen auch andere Bewegungen innerhalb der Städte, die dies notwendig machen.
Zweitens: Es ist richtig, wenn auch noch nicht vollständig erreicht, dass wir eine größere Kleinräumigkeit anstreben. Wir haben inzwischen das Rucksackprinzip eingeführt, also dass nicht der Standort der Schule oder das Grundstück der Schule für den Sozialindikator den Ausschlag gibt, sondern der Wohnort jedes einzelnen Schülers und jeder einzelnen Schülerin, die in diese Schule gehen. Wenn das letztendlich zusammengefasst wird, dann macht es Sinn, vom Stadtteil zum Ortsteil und vom Ortsteil dann auch tatsächlich zu kleinräumigeren Häuserblocks zu gehen. Das Ziel ist, zu identifizieren, woher diese Schüler und Schülerinnen kommen, und dann präzise und differenziert über die Berechnung des jeweiligen Sozialindikators auf ihre Problemlagen eingehen zu können.
um soziale Probleme in dieser Art und Weise festzustellen. Sehr wohl sind das die Kriterien Sprach- und Integrationsdefizite und tatsächliche Probleme. Allein die Tatsache, dass Eltern oder Großeltern von Schülerinnen und Schülern aus einem anderen Land nach Deutschland zugewandert sind, zeigt an sich noch keine soziale Problemlage und überhaupt keine Problemlage auf. Sondern wir haben hier ein sehr breites Feld von hervorragend integrierten und erfolgreichen Schülerinnen und Schülern bis hin zu denen, die auch tatsächlich Probleme haben. Deswegen gibt es einen Indikator, der einfach Migrationshintergrund bei Schülerinnen und Schülern heißt, zu Recht nicht.
Viertens: Wir müssen uns anschauen, wie wir mit der Kombination von sozialen Kriterien, wie sie jetzt in den Sozialindikator einfließen, mit dem Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler – LSV und W+E –, also mit den tatsächlichen Fragen zum Förderbedarf von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen, umgehen. Dieses immer noch auseinanderzuhalten und dann bei Bedarf miteinander zu kombinieren, ist eine wichtige Herausforderung in diesem Zusammenhang.
Auch eingehend auf das, was die Kollegin Vogt gesagt hat, möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Wir haben ja ein System, in dem wir die Regelzuweisungen nach den Zuweisungsrichtlinien des Landes und der beiden Gemeinden haben, in welchen der Sozialindikator bei verschiedenen Zuweisungen eine wesentliche Rolle spielt, die längerfristig angelegt ist und verlässlich, transparent und kontinuierlich die Zuweisungen regelt. Zusätzlich dazu haben wir aber Verstärkungs- und Sonderprogramme für spezifische Herausforderungen mit spezifischem Zuschnitt und da wiederum jeweils eigene Kriterienkataloge, um zielgerichtet das jeweilige Programm auch tatsächlich an die Schülerinnen und Schüler bringen zu können, die Bedarf haben. In diesem System aus Zuweisungsrichtlinie als regelhafter Vorgang mit den entsprechenden grundsätzlichen Sozialindikatoren, so wie sie auch beschrieben sind, und dem Verstärkungsprogramm, mit dem wir dann zielgerichtet zusätzlich zum Beispiel die durch die Fluchtbewegungen zugewanderten Schülerinnen und Schüler mit ihren Bedarfen erfassen können, wollen wir so bleiben, weil es richtig ist, einen verlässlichen Prozess zu haben und zusätzlich immer noch ad hoc mit solchen Verstärkungsprogrammen reagieren zu können.
Sozialindikator in dem jeweiligen Stadtteil verbessert hat. Das kann man so sehen, weil dann natürlich auch die Zuweisung von Stunden teilweise zurückgegangen ist, jedenfalls ein wenig in dem einen oder anderen Fall. Andererseits sollte man nicht verkennen, wie das zum Beispiel in Tenever passiert ist, dass damit auch eine positive Botschaft vermittelt wird, nämlich dass wir es geschafft haben, dass sich in bestimmten Stadtteilen, in bestimmten Ortsteilen die soziale Situation verbessert. Das grundsätzlich zu beklagen, wäre mir fremd, sondern erst einmal wäre es für mich eine positive Botschaft, dass es solche positiven Entwicklungen gibt. Deswegen macht es auch keinen Sinn, Sozialindikatoren einzufrieren und zu sagen, wer einmal eine bestimmte Stufe erreicht hat, der hält sie immer fest, und wer sich verschlechtert, der bekommt noch etwas zusätzlich. Das ist ein System, das nicht aufgeht, und deswegen sind wir dafür, dabei zu bleiben, was der Senat uns hier in der Antwort auch vorgestellt hat. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sozialindikatoren und die sich daraus ableitenden Sozialstufen spielen in der Tat schon seit Jahren in Bremen eine sehr wichtige Rolle. Die Erfassung einzelner Parameter, orientiert an der Armutsforschung, betrifft Daten im Hinblick auf Einkommen, Arbeit, Gesundheit, Wohnen, Bildungsstand, politische Teilhabe, und Frau Vogt hat die Ergänzung im Jahr 2016 angesprochen, da kam dann der Sprachförderbedarf hinzu oder eben sogar die Nicht-Abiturquote. Der in Bremen angewendete Sozialindikator, so umstritten er an manchen Stellen auch sein kann, ist bundesweit einer der fortschrittlichsten und erfasst sehr weite Bereiche der jeweiligen Lebensverhältnisse in den Ortsteilen.
Meine Damen und Herren, der Sozialindikator entscheidet in der Tat wesentlich mit darüber, welche Ressourcen wo ankommen. Auch die Klassenfrequenzen werden anhand des Sozialindikators schulscharf angepasst. Daher ist es vielleicht an dieser Stelle auch noch einmal angebracht – es gibt ja immer wieder einmal Kritiker, die sagen, Bremen verteile eigentlich seine Mittel nach dem Gießkannenprinzip –, daran zu erinnern: Nein, das ist definitiv nicht der Fall! Allein, dass wir den Sozialindikator mit als Instrument nutzen, zeigt, dass wir hier
Ob der Sozialindikator, der übrigens – es wurde erwähnt – auch in den jeweiligen Zuweisungsrichtlinien seine Anwendung findet, immer ausreichend ist, ob er wirklich immer die Zusammensetzung der Schülerschaft, vor allem aber auch den Förderbedarf der einzelnen Schüler oder eben die Kumulation an der einzelnen Schule wirklich widerspiegelt, das ist in der Tat regelmäßig zu überprüfen. Vermutlich gibt es das ideale Instrument in diesem Zusammenhang nicht.
Bereits im Dezember hatten wir in der Haushaltsdebatte angekündigt, dass wir im Hinblick auf die Verstärkungsmittel und die zusätzlichen Stunden auch neue Instrumente nutzen möchten. Das haben wir gemacht und besonders die neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler dabei berücksichtigt. Das haben wir gemacht, und ich glaube, das war auch richtig; denn wir haben nicht nur ein Problem mit der Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler, sondern wir haben auch Schulen, an denen der eine Klassenverband vielleicht nicht so viel Unterstützung braucht wie der andere. Das heißt, wir müssen es eigentlich noch weiter herunterbrechen.
Es wurde auch noch das Thema Klassenfrequenzen beziehungsweise die Überschreitung der Regelfrequenzen angesprochen. Zur Einrichtung zusätzlicher Klassen, das haben wir auch im letzten Monat diskutiert: Wenn Schülerinnen und Schüler dazukommen, dann ist es ja nicht sinnvoll, neue Klassen einzurichten oder die Klasse aufzulösen, und es sind noch zusätzlich räumliche Grenzen gesetzt. Auch hier haben wir im Rahmen der Zuweisungsrichtlinie zusätzliche Lehrerwochenstunden für die überfrequentierten Klassenverbände. Ich glaube, das ist auch richtig, und auch an dieser Stelle darf noch einmal der Erfolg erwähnt werden, dass in dieser Zuweisungsrichtlinie eine Kopplung im Hinblick auf die Pro-Kopf-Schülerzahl ist. Das heißt, je mehr Schüler an der jeweiligen Schule sind, desto mehr Mittel bekommt sie auch. Das war in den vergangenen Jahrzehnten oder Jahren keine Selbstverständlichkeit und ist, glaube ich, für den Haushalt auch eine große Herausforderung gewesen, aber diese Zuweisungsrichtlinie ist in Kraft.
Frau Vogt, Sie hatten noch einmal die Inklusion angesprochen, ob man das als Merkmal mit hineinnehmen könnte.
Es ist in der Tat schwierig mit der Diagnostik. In Klasse 5 findet Inklusion natürlich schon über die Klassenfrequenz eine Berücksichtigung. Darüber müsste man noch einmal diskutieren. Zum Thema Migration hat der Kollege Dr. Güldner etwas gesagt. Migration an sich ist kein Fördermerkmal, weder dass man Migrationshintergrund hat – –.
Vielleicht versuche ich, es einmal umzudrehen, wenn mir das gelingt, es gibt natürlich auch – ich habe nur fünf Minuten, Frau Vogt – die Situation, dass Menschen mit Migrationshintergrund als Paar die deutsche Staatsbürgerschaft schon haben und die Kinder gar nicht mehr als Migrationskinder gelten würden. Sie haben aber trotzdem Sprachförderbedarf, insofern ist diese Erfassung auch in der Sozialwissenschaft völlig umstritten, und deshalb glaube ich, dass das hier ganz schwierig wäre.
(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Ich habe ja über Traumatisierung geredet und über Alphabetisie- rung!)
Meistens sind das ja die Kinder, die wir im Vorkurs untergebracht haben, deshalb ist das Merkmal „Vorkurse“ gar nicht verkehrt und hat schon eine Anwendung gefunden.
Sie hatten noch einmal diese doppelte Anwendung des Sprachförderbedarfs angesprochen. Dazu muss man sagen, dass in dem Sozialindikator der CitoTest im Kindergarten Berücksichtigung findet. Bei den Verstärkungsmitteln haben wir als Parameter den Cito-Test nach der Einschulung genommen, das ist der kleine Unterschied.
Ich glaube, es wird noch einmal spannend, wenn das Institut für Qualitätsentwicklung seine Arbeit aufgenommen hat, wir dann noch mehr Daten erheben und genau sagen können, ob wir gezielt fördern. Es kling ja meistens sehr einfach, wenn man sagt, wir müssen gezielt fördern, wir müssen individuell fördern, gerade bei Schulen, die einen hohen Anteil an Kindern mit Sprachförderbedarf haben, oder an Schulen, die den Mindeststandard nicht erreichen. Das alles werden wir schulschärfer sagen können, wenn das Institut die Arbeit aufgenommen hat.