Die neunte Anfrage befasst sich mit dem Thema „Bedeutung der sozialen und solidarischen Ökonomie für das Land Bremen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Pirooznia, Dr. Schaefer und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Erstens: Welche Bedeutung misst der Senat der Branche der sozialen und solidarischen Ökonomie für Bremen und Bremerhaven zu, und auf Basis welcher Daten beziehungsweise Informationen kommt der Senat zu seiner Antwort?
Zweitens: Wie hoch bewertet der Senat die Potenziale für die Neugründung von Genossenschaften sowie anderer Formen sozialer und solidarisch wirtschaftender Unternehmungen, und auf Basis welcher Daten beziehungsweise Informationen kommt der Senat zu seiner Antwort?
Drittens: In welcher Form nutzt der Senat die Fördermöglichkeiten der Europäischen Union, um soziale und solidarische Unternehmungen zu unterstützen?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Zur „sozialen solidarischen Ökonomie“ zählen Unternehmen des sogenannten dritten Sektors, „Non Profit Unternehmen“. Nach Aussage des Statistischen Landesamtes werden für Unternehmen im dritten Sektor keine gesonderten Daten erfasst. Die soziale und solidarische Ökonomie umfasst ein breites Spektrum alternativer Wirtschaftsformen, bei denen die menschlichen Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen.
Der Senat misst der sozialen und solidarischen Ökonomie eine hohe Bedeutung bei, er unterstützt in Bremen Organisationen, Vereine, Initiativen, Projekte, runde Tische sowie Agenturen, deren Mitglieder als Lotsen und Multiplikatoren fungieren. Beispielhaft zu nennen sind hier die SocialEntrepreneur-Stammtische der Hilfswerft gGmbH, bei denen sich Social Start-ups miteinander austauschen.
Zu Frage zwei: Der Senat ist der Auffassung, dass die Ansätze kooperativen Wirtschaftens durch Stärkung der Solidarität das soziale Kapital und damit den Wohlstand der Region erhöhen können. Dies wurde auch im Strukturkonzept Land Bremen 2020 zum Ausdruck gebracht.
Der Senat hat insbesondere die Bedeutung der Genossenschaft dadurch unterstrichen, dass er die Möglichkeit geschaffen hat, Gründungen von Genossenschaften wie andere Existenzgründungen zu fördern. Vor diesem Hintergrund wurden eine Vernetzung der Wirtschaftsförderungseinrichtungen mit dem Genossenschaftsverband initiiert und gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt und Informationsmaterial erstellt.
Laut Auskunft des Genossenschaftsverbands lagen die Neugründungen von Genossenschaften in den vergangenen zwei Jahren im unteren einstelligen Bereich, sodass das Potenzial für Neugründungen als gering eingestuft werden muss.
Zu Frage drei: Das EFRE-Programm des Landes Bremen 2014 - 2020 bietet in der Achse 4, Stadtteilentwicklung, Ansatzmöglichkeiten für eine Förderung sozialer und solidarischer Unternehmungen. Diese Programmachse enthält ausdrücklich das Ziel, lokale Ökonomien zu stärken. Dies soll durch ein Maßnahmenbündel, welches unter anderem Beratungsaktivitäten für die Quartiersökonomie bereithält, erreicht werden. – So weit die Antwort des Senats!
Würden Sie es als sinnvoll erachten, die Strukturdaten der sozialen und solidarischen Ökonomie für Bremen und Bremerhaven zukünftig zu erfassen?
Das ist ein bisschen wie vorhin die Frage nach dem Fisch. Ich muss gestehen, ich kann es Ihnen aktuell nicht beantworten. Ich würde die Frage gern mitnehmen und Ihnen eine Antwort zukommen lassen, weil ich Ihnen im Moment nicht genau sagen kann, was es für einen Aufwand bedeutet, diesen Bereich zu erfassen. Der Senat hat in der Antwort unterstrichen, dass es ein wichtiges Anliegen ist, damit umzugehen. Auf der anderen Seite sehen wir, dass die Zahlen, die dem zugrunde liegen – weniger als ein Prozent! –, belegen, dass das auch ein überschaubarer Markt ist. Insofern
muss man am Ende wahrscheinlich den Aufwand und den Ertrag, den man daraus hat, abwägen. Die Antwort würde ich gern nachreichen.
Sie haben erwähnt, dass das Potenzial sehr gering ist. Eine Genossenschaftsgründung hatten Sie angeführt. Ich frage Sie, teilen Sie die Meinung, dass es sinnvoll wäre, ein Konzept zur Stärkung des Potenzials von genossenschaftlichem Engagement für Bremen und Bremerhaven mit den spezifischen Bedürfnissen zu erarbeiten?
Die Antwort des Senats ist, dass Genossenschaften wirklich eine wichtige Funktion übernehmen, und wir sehen das allenthalben. Dementsprechend ist hier die Gründung einer Genossenschaft mit einer normalen Existenzgründung gleichgesetzt worden, die sonst üblicherweise zum Beispiel in einer beschränkten Haftungsform, einer GmbH oder so etwas, erfolgt. Insofern unterstützt der Senat das in diesem Punkt sehr. Insofern glaube ich, dass das ein wesentlicher Ansatzpunkt ist. Über weitere Maßnahmen, was man noch weiter unternehmen könnte, können wir sicherlich hier auch noch einmal nachdenken.
Herr Staatsrat, aus Ihrer Antwort geht hervor, dass bereits eine ganze Reihe von Unterstützungsmaßnahmen, Beratungsstrukturen, Förderstrukturen da ist. Hat der Senat Erkenntnisse darüber, ob die geringe Zahl – Sie sprachen von einem geringen einstelligen Bereich, was auf ein bis zwei hinausläuft – etwas damit zu tun hat, dass diese umfangreichen Unterstützungsmöglichkeiten nicht allseits bekannt sind?
Ich will nicht ausschließen, dass das auch ein Ansatz sein kann. Wir sehen ja, dass wir ganz unterschiedliche Einrichtungen haben, die schon in so eine Richtung agieren, Reparaturkaffees beispielsweise. Wir haben in Bremen auch einige Sozialmärkte oder Umsonstläden. So etwas gibt es ja auch, was diesen Bereich abdeckt. Die Möglichkeiten, beispielsweise aus dem Bereich
Genossenschaften, das ist mit ein zentraler Bestandteil der Beratungsangebote, die es dort gibt. Bei Bekanntheitsgraden kann man immer nur darüber streiten, ob man genug oder noch nicht genug macht. Ich verstehe Ihre Frage als Anregung, und würde das gern noch einmal mitnehmen, damit wir bei den Beratungsangeboten noch mal deutlich hervorstellen und herausarbeiten, dass es solche Möglichkeiten gibt.
Herr Staatsrat, mir ist im Zusammenhang mit dem Wohnungsbau aufgefallen, dass man dies sehr häufig in Hamburg antrifft und diese Praxis dort doch weiter verbreitet ist.
Dass sich Genossenschaften gebildet haben, um gemeinsam ein größeres Bauprojekt zu realisieren! Ich habe den Eindruck, dass es in Hamburg eine stärkere historisch gewachsene Struktur gibt, etwas in diesem Genossenschaftsbereich zu machen. Ist bereits versucht worden, den Vergleich zu Hamburg zu ziehen, was dort möglicherweise anders ist?
Herr Gottschalk, Sie sprachen gerade von einem Eindruck, den Sie haben. Den Eindruck könnte man nur dann verifizieren, wenn man es tatsächlich untersuchte. Nein, diesen Vergleich haben wir bislang nicht angestellt. Ich vermag auch nicht genau einzuschätzen, ob das in Hamburg tatsächlich so ist. In Bremen gibt es durchaus einige Genossenschaften, auch gerade im Wohnungsbaubereich, und natürlich ist das immer ein interessantes Modell, weil man sich frühzeitig an etwas beteiligen kann, um später einen persönlichen Ertrag zu haben, nämlich beispielsweise das Anrecht, in einem gesicherten Umfeld zu wohnen et cetera. Insofern ist das sicherlich ein interessanter Bereich, aber konkrete Untersuchungen dazu oder Vergleiche mit Hamburg sind mir jedenfalls nicht bekannt.
Nein, eine weitere Zusatzfrage nicht, eine Erinnerung. Wir begehen in diesem Jahr 200 Jahre Raiffeisen, vielleicht ist das noch einmal ein Anstoß, solchen Fragen nachzugehen! – Danke schön!
Die zehnte Anfrage steht unter dem Betreff „Wann kommt der neue kommunale Finanzausgleich?“ Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Dogan, Dr. Schaefer und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Erstens: Bis wann ist mit einer Einigung über einen neuen kommunalen Finanzausgleich zwischen dem Land Bremen und seinen beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven zu rechnen?
Zweitens: Welche Probleme stehen einer zügigen Einigung zwischen dem Land Bremen und den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven zurzeit entgegen?
Drittens: Wann wird die von der Bremischen Bürgerschaft beschlossene Übernahme der Kosten für das nicht unterrichtende Personal an den Schulen in Bremen und Bremerhaven durch das Land Bremen umgesetzt?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Eine Neuregelung, die die Änderungen bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen berücksichtigt, könnte bei erfolgreichem Abschluss der Gespräche zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.
Zu Frage zwei: Die Neuregelung der innerbremischen Finanzbeziehungen ist sehr komplex, da neben dem kommunalen Finanzausgleich auch weiter gehende Fragestellungen, wie zum Beispiel das Verhältnis des Landes zu seinen beiden Stadtgemeinden und das Verhältnis der Stadtgemeinden untereinander, die Neuordnung der Bund-Länder
Finanzbeziehungen ab 2020, die Kostenerstattungen des Landes an seine beiden Städte, die Anregungen aus dem Rödl-Gutachten sowie die Feststellungen des Rechnungshofs zu den Personalkostenerstattungen vom Senat in die Überlegungen einzubeziehen sind.
Zu Frage drei: Die Bremische Bürgerschaft hat mit Beschluss vom 5. April 2017 den Senat aufgefordert, im Rahmen der Verhandlungen über die Finanzbeziehungen zwischen dem Land einerseits und den beiden Stadtgemeinden andererseits einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, der die bisherige Mischfinanzierung der Personalkosten des „Systems Schule“ bei einem Kosten- oder Aufgabenträger zusammenführt und sicherstellt, dass in beiden Stadtgemeinden vergleichbare Versorgungsstandards angeboten und gegebenenfalls bestehende Synergien gehoben werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die verschiedenen Ebenen von Beginn an einbezogen werden. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang zu verabredenden Zuständigkeiten sind auch die Themen Personalentwicklung, Schulverwaltung und Personalvertretung zu klären. Der Senat wird den Bürgerschaftsbeschluss bei der Neuorganisation der innerbremischen Finanzbeziehungen berücksichtigen. – So weit die Antwort des Senats!