Protocol of the Session on March 15, 2018

Verhaltenssteuerung gleich sind. Ihr Verhaltensinventar, wie zum Beispiel bestimmte Reaktionsnormen, können sehr unterschiedlich und durchaus rassekennzeichnend sein, sind also durchaus genetisch determiniert, entwickeln sich jedoch in ständiger feindifferenzierter Wechselwirkung mit allen Reizen des hundlichen Umfeldes, und so kommt es zu höchst unterschiedlichen Verhaltensprägungen bei Tieren einer Rasse. Dies gilt gerade für das Aggressionsverhalten.“ Diese Expertin hat dann bestimmte oben genannte Listenhunde näher untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen: „Im Vergleich der Rassen liegt der Staffordshire-Bullterrier mit fast 60 Prozent aller getesteten Tiere dieser Rasse von exzellenter Bewertung an der Spitze der sozial verträglichen Hunde.“ Zu diesem Ergebnis kommt sie auch bei Bullterriern und American Staffordshire-Terriern.

Eine andere Expertin, die Wissenschaftlerin und Verhaltensforscherin Gudrun Beckmann aus Gießen, führt hingegen aus, dass diesen Tieren – den sogenannten Kampfhunden – die unter den Hunden sonst übliche Sozialisierbarkeit fehle. Auch sei der Hang zum aggressiven Explodieren angeboren und nicht anerzogen. Zur besseren Einordnung der gerade zitierten Expertenmeinungen möchte ich einige Schlagzeilen aus der deutschen Presse der letzten 18 Jahre kurz wiedergeben.

Hamburg: Sechsjähriger Junge von einem Pitbull und Staffordshire-Terrier zu Tode gebissen! Sachsen-Anhalt: 92-jährige Rentnerin von einem American Staffordshire-Terrier zu Tode gebissen! Thüringen: Dreijähriges Mädchen von einem Staffordshire-Terrier totgebissen, die Großmutter wurde dabei schwer verletzt. Niedersachsen: Frau und ihr kleiner Hund von einem American StaffordshireTerrier angesprungen und schwer verletzt! Diese Schlagzeilen ließen sich noch lange fortsetzen. So viel zu den oben zitierten sogenannten Expertenmeinungen!

Ich zitiere noch einmal die Expertin aus Kiel: „Im Vergleich der Rassen liegt der Staffordshire-Bullterrier mit fast 60 Prozent aller getesteten Tiere dieser Rasse von exzellenter Bewertung an der Spitze der sozial verträglichen Hunde.“ Kampfhunde, meine Damen und Herren, stellen demnach eine große und tödliche Gefahr für die Menschen und insbesondere für unsere Kinder dar und haben auf den Straßen Bremens und Bremerhavens nichts zu suchen!

(Beifall CDU, SPD)

Unabhängig von genetischen Einflüssen oder Verhaltensbiologie: Allein die ungeheure und unbestrittene Beißkraft und fehlende Bisslösung der sogenannten Kampfhunden sorgen für die immense Gefahr bezüglich der Gesundheit des Menschen. Das oft gehörte Argument, das eigentliche Problem liege am anderen Ende der Leine – –.

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Richtig!)

Selbst wenn diese Annahme zutreffen sollte, nützt es dem nach einer Beißattacke schwer verletzten oder getöteten Kind gar nichts!

(Beifall CDU, SPD)

Kampfhunde sind folglich unabhängig von ihrem Halter tickende Zeitbomben, und aus Sicht der CDU-Fraktion ist diese Gefahr zulasten des Menschen weder hinzunehmen noch zu verantworten.

(Beifall CDU, SPD)

Das Zucht- und Handelsverbot des aktuellen Bremer Hundegesetzes für solche Tiere ist effektiv und hat sich über Jahre bewährt.

(Glocke)

Abschließend: Eine Aufweichung dessen durch irgendwelche Expertenmeinungen kommt für die CDU-Fraktion daher nicht in Betracht.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Die CDU braucht also keine Expertenmeinungen! – Abge- ordneter Senkal [SPD]: Das ist doch Quatsch! Ein- mal zuhören!)

Die CDU-Fraktion stimmt § 4, Kennzeichnungspflicht durch Transponder, und § 5, obligatorische Haftpflichtversicherung, selbstverständlich zu, weil diese inhaltlich dem CDU-Antrag aus dem Jahr 2014 entsprechen. Zustimmung auch zum Antrag der Koalition hinsichtlich der lediglich redaktionellen Anpassungen zum Beschluss aus dem Jahr 2014! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön, dass wir einmal wieder über

das Hundegesetz sprechen! In der Tat gibt es viele Punkte, über die man aus Sicht der Grünen diskutieren kann. Der Tierschutz hat, das wissen Sie, bei uns Grünen nicht nur eine lange Tradition, sondern auch einen hohen Stellenwert. Dieses Hundegesetz – korrekt formuliert das Gesetz über das Halten von Hunden – ist auch eines, dessen Inhalte in der Bevölkerung – höflich formuliert – emotional diskutiert werden, denn es ist an der einen oder anderen Stelle auch eine Abwägung zwischen verschiedenen Interessen.

Wenn Sie unser Wahlprogramm für die Bürgerschaftswahl 2015 in die Hand nehmen, dann finden Sie dort sehr konkrete Aussagen zum Chippen, zur Registrierung und zur Haftpflichtversicherung. All diese Maßnahmen halten wir Grünen im Sinne der Tiere, aber auch der Halterin und Halter für sinnvoll und richtig. Dies ließ sich allerdings auch – das gehört zur Ehrlichkeit dazu – in den Koalitionsverhandlungen von unserer Seite nicht durchsetzen, und deswegen werden wir auch am heutigen Tag zwar Sympathie und inhaltliche Zustimmung signalisieren, aber eben dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Die Debatte ist natürlich weitergegangen, und sie ist auch eben fortgesetzt worden, deswegen war es bei uns zu dieser Thematik eben etwas unruhig. Auch die Frage eines Sachkundenachweises hat unsere Fraktion beschäftigt, und er wird von uns auch klar befürwortet. Tiere sind eben kein Spielzeug und sollten auch nicht aus einer Laune heraus angeschafft werden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Wer ein Tier hält, der übernimmt Verantwortung für ein Lebewesen, und deswegen finden wir den Sachkundenachweis für alle Hunde richtig und notwendig, und wir werden auch weiterhin dafür streiten.

Bleibt noch zum Abschluss die Frage des Umgangs mit der Rasseliste. Das hat uns Grüne durchaus schon bewegt, auch weil die eine oder andere Landtagsfraktion der Grünen eine Abschaffung der Rasselisten umgesetzt oder aber gefordert hat. Ich verhehle nicht, dass es auch bei den Bremer Grünen Stimmen gibt, die komplett auf diese Rasselisten verzichten möchten und stattdessen ausschließlich Wesenstest und Sachkundenachweis anstreben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ihr müsst euch jetzt nicht outen!

(Heiterkeit Bündnis 90/Die Grünen – Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Einzelne Meinungsäußerungen! Minderheitenmeinung!)

Aus Sicht der Bürgerschaftsfraktion der Grünen hat sich allerdings das Instrument der Rasseliste bewährt. Der Innenpolitiker muss Ihnen jetzt an dieser Stelle sagen, dass das Ziel an diesem Punkt, nämlich die Bevölkerung vor bestimmten Hunderassen zu beschützen, erreicht wird, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Es gibt keine Beißvorfälle mit diesen Hunderassen in Bremen. Im Sinne der Gefahrenabwehr in einer Großstadt ist dieses Gesetz erfolgreich. Wenn es nach mir und nach der sehr deutlichen Mehrheit unserer Fraktion geht, wird es auch so bleiben. Alles in allem gibt es also durchaus viele inhaltliche Schnittmengen mit dem Anliegen der FDP, allerdings heute keine Zustimmung zum Gesetzentwurf. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der FDP möchte die Rasseliste abschaffen. Wir finden das richtig und unterstützen diesen Antrag.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Ich würde das ganz gern begründen und sage eingangs auch ganz ehrlich, ich bin weder hundeaffin noch in irgendeiner Weise in dem Zusammenhang parteiisch. DIE LINKE hat sich aber vor Jahren schon dafür ausgesprochen, dass die Rasselisten abzuschaffen sind, und das liegt ja durchaus im Trend. Hier wurde Niedersachsen bereits angeführt, in Schleswig-Holstein ist es ganz ähnlich, und Thüringen hat sie eben auch abgeschafft. Es gilt aktuell in dem Zusammenhang tatsächlich jetzt hier wieder die Insellösung.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2004 in seinem Urteil über das Einfuhrverbot bestimmter Hunderassen bereits darauf hingewiesen, der Gesetzgeber muss die weitere Entwicklung der wissenschaftlichen Untersuchungen und Statistiken

beobachten. Wenn sich die Annahme nicht bestätigt, dass die Gefährlichkeit von Hunden anhand ihrer Rasse vorhergesagt werden kann, dann müssen die Gesetze angepasst werden. Ich denke, auch das müssen wir hier mit reflektieren und betrachten.

Ich möchte an der Stelle auch extra noch einmal sagen, es geht nicht darum, irgendetwas zu bagatellisieren oder in Abrede zu stellen, aber wir müssen uns auch die Fakten ansehen und schauen, was tatsächlich insgesamt mit den Hundehaltungen ist. Das betrifft alle Hunde, und die Beißlisten geben, ehrlich gesagt, ein anderes Bild darüber wieder.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Alle wissenschaftlichen Untersuchungen betonen, dass die Haltung des Hundes für die Gefährlichkeit ausschlaggebend ist und eben nicht seine Rasse. Wenn wir uns anschauen, wer die Beißlisten anführt, dann sind es der Deutsche Schäferhund und der Rottweiler.

(Abgeordneter Leidreiter [BIW]: Genauso ist es!)

Kein Mensch würde sich aber wahrscheinlich hier hinstellen und sagen, der Deutsche Schäferhund sei eine riesige Gefahr. Das ist genau der Punkt, an dem man sagen muss: Wir müssen uns die Zusammenhänge genau ansehen!

(Beifall DIE LINKE)

Die Bundesländer haben mit den Rasselisten seinerzeit sehr auf die mediale Berichterstattung reagiert, und wenn wir uns die Überschriften vergegenwärtigen, ist das auch nachvollziehbar. Ich meine, kein Mensch kann sagen, dass das Vorfälle sind, die man auf die leichte Schulter nimmt, aber man muss auch sagen, dass sehr einseitig und sehr reißerisch berichtet wurde.

Nun kann man natürlich fragen: Wieso muss man auch unbedingt so einen Hund haben?

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Genau! Eine Frage kann nie falsch sein!)

Ja, gut, das stimmt! Die Frage stelle ich mir auch, wie gesagt, ich habe nur einen alten Kater, der ist wenig gefährlich, aber die Frage ist falsch! Die Frage ist eigentlich: Rechtfertigen die Fakten, jemandem zu verbieten, so einen Hund zu haben?

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Das tun sie nicht, und daraus muss man letztendlich auch Konsequenzen ziehen!

Der Entwurf der FDP zielt nicht auf die Hunderassen ab, sondern auf die Halter, und ich finde diesen Gesetzentwurf durchaus verantwortlich und nachvollziehbar formuliert. Es ist tatsächlich dem in Niedersachsen sehr ähnlich. Es geht um die Sachkunde, um die persönliche Zuverlässigkeit, und das gilt im Prinzip für alle Hunde, wobei allerdings davon ausgegangen wird, dass jemand, der schon länger Hunde hält, diese Eignung auch hat, wenn er es tatsächlich verantwortlich betreibt. Das ist immer die Voraussetzung, und das muss eben auch überprüft werden, denn natürlich gibt es zwischen den verschiedenen Rassen Unterschiede. Das liegt ja nicht nur an der angeblich angeborenen Aggressivität, sondern auch an anderen physischen Voraussetzungen. Relativ kleine Schoßhunde wird man mit Sicherheit nicht als wesentlich gefährlicher als meinen Kater einstufen, aber beim Deutschen Schäferhund ist das natürlich etwas anderes.