Turhal Özdal

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Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ende des Jahres 2017 hat der Bremische Richterbund eine Umfrage zur beruflichen Belastung der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Land Bremen durchgeführt.
Ausgangspunkt war die Überlegung, dass bereits die vorhandenen Zahlen deutliche Anhaltspunkte für eine Überlastung der Justiz geben. Der Richterbund wollte wissen: Wie geht es den Betroffenen damit, deckt sich die mit verschiedenen Statistiken gemessene Belastung mit der von den Richtern und Staatsanwälten wahrgenommenen Belastung? Welche Auswirkungen hat diese Belastung auf die tägliche Arbeit der Juristen? Ziel war es auch, anhand der Ergebnisse die personelle Ausstattung
der Justiz zu überprüfen und gegebenenfalls auf notwendige Verbesserungen hinzuwirken. Die Umfrage richtete sich an drei große Teilnehmergruppen, an die ordentliche Gerichtsbarkeit, an die Staatsanwaltschaft und an die Fachgerichtsbarkeiten.
Es wurden Fragen an die Juristen gestellt, wie zum Beispiel Angaben zur Person, Arbeitsbereich, Dienstjahre, Instanzzugehörigkeit. Angaben zur Belastung wurden abgefragt, Belastungen insgesamt, Größe des Arbeitspensums, Zeitdruck, Konzentration, psychische Beanspruchung, durchschnittliche Wochenarbeitszeit, empfundener Belastungsdruck und so weiter. Auch zum Berufsumfeld wurden Fragen gestellt, Zusammenhalt im Kollegium, Belastung durch Vertretungen, Übernahme von Tätigkeiten anderer Dienste, Wahrnehmung von Wertschätzung, Zufriedenheit mit Besoldung und so weiter.
Die Anzahl der Rückläufe war hoch. Mit 164 von 282 Befragten haben über 58 Prozent aller Ende des Jahres 2017 im Land Bremen aktiven Richter und Staatsanwälte an dieser Umfrage teilgenommen.
Was sind die Ergebnisse dieser Umfrage? Insgesamt kann zunächst festgehalten werden, dass die Belastung in allen drei befragten Gruppen als außerordentlich hoch empfunden wird.
Die Antworten auf die zentrale Frage nach der persönlichen Belastung lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. 85 Prozent, ich wiederhole, 85 Prozent aller Befragten geben ihre Belastung als sehr hoch bis unerträglich an. Auffällig ist dabei, dass diese Quote in der Staatsanwaltschaft mit knapp 90 Prozent sogar noch einmal deutlich höher ist. Von den Befragten in den Fachgerichtsbarkeiten betrachten sogar über 93 Prozent ihre Belastung als sehr hoch bis unerträglich. Ein weiterer klarer Indikator für die chronische Überlastung sind die Überstunden, die die Befragten leisten müssen. Richter und Staatsanwälte haben insgesamt über 47 Wochenstunden. Noch einmal höher belastet sind dabei die Staatsanwälte, die auf über 48 Wochenstunden kommen.
Die Befragten leisten damit pro Woche über tausend unbezahlte Überstunden. Das entspricht der Arbeitszeit von 25 zusätzlichen Richtern und Staatsanwälten. Diese 25 zusätzlichen Richter und Staatsanwälte beziehen sich nur auf die Rückläufe der befragten Personen. Rechnet man das auf alle in der Richterschaft und Staatsanwaltschaft tätigen
Personen hoch, kommt man auf 41 zusätzliche Stellen, die erforderlich wären, damit wöchentlich keine Überstunden geleistet werden.
Besondere Aufmerksamkeit verdient auch die Frage nach der Wertschätzung. 87,3 Prozent der Richter und Staatsanwälte sehen keine oder nur geringe Wertschätzung für ihre Arbeit durch die Vertreter der Regierungskoalition. Eine über viele Jahre unzureichende Personalausstattung und eine im Bundesvergleich dauerhaft niedrigere Besoldung werden zu diesem Befund als Gründe angegeben.
Danach sehen über 47 Prozent der Richter und Staatsanwälte ihre Besoldung als unangemessen niedrig an. Die Frage, ob das persönliche Arbeitsergebnis noch mit dem eigenen Qualitätsanspruch vereinbar sei, wird nicht einmal von jedem Fünften bejaht. Eine überwältigende Mehrheit ist dagegen mit der Qualität der abzuliefernden Arbeit aufgrund der Belastungssituation kaum oder sogar überhaupt nicht mehr zufrieden.
Viele Befragte bringen zum Ausdruck, dass ihre Berufstätigkeit mehr und mehr in der Übernahme von Servicetätigkeiten besteht. Dieser Wert beträgt bei den Staatsanwälten über 47 Prozent und für die ordentliche Gerichtsbarkeit sogar über 52 Prozent. Das heißt, mehr als jeder zweite Zivil- und Strafrichter übernimmt also häufig bis sehr oft Aufgaben der ebenfalls konstant überlasteten nachgeordneten Dienste. Für das eigentliche Kerngeschäft, die juristische Tätigkeit, stehen immer weniger Kapazitäten zur Verfügung.
Ich möchte gern das Fazit des Bremischen Richterbunds wörtlich zitieren: „Richter und Staatsanwälte kämpfen mit einer deutlich zu hohen Arbeitslast. Darunter leidet die Qualität der Arbeit. Sie können aufgrund der hohen Belastung ihren eigenen Ansprüchen oft nicht mehr gerecht werden. Die Folgen dieser permanenten Überlastung spüren auch die rechtsuchenden Bürger, deren Verfahren sich immer länger hinziehen. Eine Wertschätzung der geleisteten Arbeit durch die politischen Entscheidungsträger können Richter und Staatsanwälte kaum erkennen. Es ist bedenklich, wenn die Vertreter der dritten Staatsgewalt sich von den politisch Verantwortlichen allein gelassen fühlen.
Gefordert sind jetzt deutliche Signale der Unterstützung aus dem politischen Raum. Das betrifft neben einer Abhilfe bei der unzureichenden personellen Ausstattung auch die Anerkennung in Gestalt einer Besoldung, die der beruflichen Verantwortung und Leistung gerecht wird. Ohne eine solche Kehrtwende wird die Justiz in Bremen im Konkurrenzkampf um qualifizierten juristischen Nachwuchs sonst nicht bestehen.“
Das war das Fazit des Bremischen Richterbundes, dem wir uns als Fraktion der CDU anschließen. Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, wenn Sie nach diesem Ergebnis und nach dieser Umfrage immer noch bei Ihrer Behauptung bleiben, dass die bremische Justiz personell sowie sachlich ausreichend auskömmlich ausgestattet ist und wenn Sie nicht vorhaben, dringend Gegenmaßnahmen zu ergreifen, dann kann ich Ihnen versichern, werden Sie ab dem heutigen Tage nicht mehr ernst genommen.
Die Justiz ist nicht über Nacht in diese prekäre Lage geraten. Über Jahre hinweg, wirklich über Jahre hinweg haben Sie die Hilferufe aus der Justiz überhört. Alle Warnungen, auch aus der Opposition, wurden überhört, und zwar mit einer sturen, fast schon selbstherrlichen, ignoranten Haltung. Um es auf den Punkt zu bringen: Rot-Grün hat die Bremer Justiz kaputtgespart, meine Damen und Herren.
Immer wieder wurde gesagt: Bei den Gerichten ist es eine Frage der internen Organisation im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit. Sie können intern so viel organisieren, wie Sie wollen. Wenn Sie kein Personal zur Verfügung haben, können Sie auch keine Akten bearbeiten. So einfach ist das. Als Beispiel möchte ich einmal unseren Antrag vom letzten Jahr nennen, vom Mai 2017. Da haben wir in die Bürgerschaft einen Antrag eingebracht, in dem wir sechs zusätzliche Stellen für Richter am Landgericht gefordert haben, plus Servicepersonal, plus mehrere Referendare. Ich muss zugeben, auch die FDP hat zusätzliches Personal für die Gerichte gefordert. Sogar die Linken haben im Rahmen der Haushaltsberatungen mehr Richterstellen für das Landgericht gefordert.
Die Regierungskoalition hat aber durch ihre rechtspolitische Sprecherin darauf wie folgt reagiert, ich zitiere: „Ich möchte noch kurz sagen, wir tun uns schwer mit Ihrem Antrag, der erkennbar aktionistisch auf Pressemitteilung reagiert.“ Gemeint war damit der Hilferuf aus dem Landgericht, in dem die Präsidentin per Pressemitteilung fast schon flehentlich um sechs weitere Richterstellen gebeten hatte. Was wurde dann von der Regierungskoalition gemacht? Uns wurde ja Aktionismus vorgeworfen. Dann haben Sie einen externen Landgerichtsberater engagiert, der bis Mai dieses Jahres – knapp ein Jahr hat das dann gedauert seit unserem Antrag – gebraucht hat, um zu dem Ergebnis zu kommen: Sie vermuten sechs Richterstellen mehr für das Landgericht. Danke für das verlorene Jahr, Koalition.
Ich möchte auf einen aktuellen besonderen Brennpunkt eingehen, und zwar die Staatsanwaltschaft. Da sind eigentlich 53 Stellen geplant, wovon fünf bis sechs derzeit nicht besetzt sind. Sie können nicht besetzt werden, weil keine geeigneten Bewerber da sind. Auf diesen Punkt angesprochen – der Justizsenator ist zum Glück heute da, Sie werden übrigens überall vermisst in der Justiz – auf diese Frage angesprochen, Herr Senator, haben Sie in der „Nordwest-Zeitung“ geantwortet, ich zitiere: „Die Justiz muss bei dem Kampf um die besten Köpfe selbstbewusst und offen auftreten und für sich werben.“ Ich frage Sie, wie soll die Justiz selbstbewusst auftreten, mit welchen Werten, mit welchen Zahlen, mit der niedrigen Besoldung, mit den sehr hohen Eingangszahlen? Womit sollen die um die besten Köpfe werben? Ich frage Sie, ich habe darauf keine Antwort.
Das spiegelt sich auch in der Bewerbungslage, da wir keine geeigneten Bewerber finden. Sie haben noch ergänzt: „Für den Haushalt 2020 müssen wir uns daher auch die Richterbesoldung und die Besoldung der Staatsanwälte anschauen. Das wird ganz klar ein Thema sein“, haben Sie gesagt, abgesehen davon dass ich es optimistisch finde, dass Sie denken, dass Sie im Jahr 2020 immer noch den Justizhaushalt stellen.
Das ist ein Beweis dafür, dass Sie nicht vorhaben, bis zum Jahr 2020 irgendetwas zu unternehmen, denn Sie verweisen auf das Jahr 2020.
Ich möchte noch auf zwei Feststellungen des externen Landgerichtsberaters eingehen. Der hat eine explosive Gemengelage an angestauten alten Fällen und vielen neu eingehenden Akten attestiert. Eine explosive Gemengelage. Bis heute habe ich keine wahrnehmbaren Handlungen der Regierungskoalition feststellen können, die dieser explosiven Gemengelage Abhilfe schaffen.
Ferner hat der externe Landgerichtsberater festgestellt, Bremen sei ein Paradies für Wirtschaftsstraftäter, weil in Bremen Wirtschaftsstrafakten derzeit kaum oder wenig behandelt oder bearbeitet werden können, da andere Verfahren vorgezogen werden müssen, auch aufgrund des Personalmangels. Auch für diesen zweifelhaften Titel „Paradies für Wirtschaftsstraftäter“, danke, Regierungskoalition!
Mit Ihrer falschen Personalpolitik in der Justiz und den daraus resultierenden Folgen gefährden Sie nicht nur den funktionierenden Rechtsstaat, sondern Sie zerstören gleichzeitig auch das Vertrauen der Bevölkerung in ihn. Abschließend möchte ich für die Fraktion der CDU in der ersten Runde, ich behalte mir vor, noch einmal nach vorn zu kommen, falls irgendwelche – –.
Sie haben es mir aus dem Mund genommen. Für die Fraktion der CDU fordern wir ganz klar mehrere Referendare, um den eigenen Nachwuchs zu rekrutieren, die Einstiegsgehälter für die Richterschaft und die Staatsanwälte anzuheben und durch Personalaufstockung die Eingangszahlen pro Richter und Staatsanwalt auf das Bundesniveau zu senken. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegin Frau Aulepp, liebe Kollegin Frau Dogan! Ich weiß nicht, ob wir letzte Woche auf der gleichen Veranstaltung waren. Ich weiß es nicht. Also Sie behaupten hier Sachen, ich gehe darauf ganz kurz nur ein.
Der Pakt für den Rechtsstaat, es stimmt, Dr. Helberg hat mich danach gefragt. Darauf habe ich geantwortet, dass das im Koalitionsvertrag in Berlin steht und dass dort vereinbart wurde, dass das mit den Regierungschefs auf Länderebene umgesetzt werden soll. Dann habe ich gesagt, ich sitze weder in der Bundesregierung noch in der Landesregierung, dann sollten sie doch lieber die Damen aus der Landesregierung fragen. Das war wortwörtlich der Vorfall.
Ich bin froh, dass da über 100 Richter und Staatsanwälte saßen. Ich weiß nicht, ob da irgendjemand Protokoll geführt hat. Frau Aulepp, was mir bei Ihrer Rede aufgefallen ist, ich habe wirklich konzentriert zugehört: Sie sind auf kein einziges Argument eingegangen, was ich hier vorgebracht habe –
oder was aus der Umfrage deutlich wurde. Sie haben von Wahlkampf gesprochen. Diese Umfrage haben wir nicht in Auftrag gegeben. Diese Umfrage hat der Richterbund in Auftrag gegeben.
Das war der Anlass, warum wir darüber diskutieren. Sie haben gesagt, plakativ hätte ich gesagt, die Justiz in Bremen wurde kaputtgespart. Das war nicht plakativ, das war die Folge meiner Argumentation. Wenn Sie sich wirklich ehrlich daran zurückerinnern, letzte Woche habe ich das auch gesagt in der Diskussion, und darauf hat Dr. Helberg
die Zuhörerschaft gefragt, dort waren über 100 hochrangige Juristen, ob die Justiz in Bremen kaputtgespart wurde. Über die Hälfte hat dabei die Hand gehoben. Das haben Sie auch vergessen, Frau Aulepp!
Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, dass Sie wieder mit dieser 400-Millionen-Posse kommen – hätte ich fast gesagt –, dass die CDU gesagt hat, wir stecken diese Mehreinnahmen in die Schuldentilgung. Ich habe Ihnen das vorgerechnet, auch schon letzte Woche: Wir reden hier nicht über sehr viele Millionen Euro. Eine Kammer am Landgericht, eine zusätzliche Kammer im Landgericht kostet das Land keine 200 000 Euro im Jahr. Und dann können Sie sich ausrechnen, dass man diese Summe, auch mehrere Kammern, aus dem laufenden Haushalt, wenn man vernünftige Haushaltspolitik macht, ganz locker erfüllen kann.
Frau Dogan, auf Sie muss ich auch zurückkommen. Sie haben gesagt so wie letzte Woche auch schon, Dankeschön an die Richterschaft. Das haben Sie gesagt, Sie haben es betont. Das stimmt. Sie machen das bei jeder Rede, haben Sie heute auch wieder gemacht. Haben Sie auch mitbekommen, dass die Richterschaft keine Lust mehr auf ein trockenes Dankeschön hat?
Die wollen eine höhere Besoldung, die wollen mehr Personal, die wollen eine bessere technische Ausstattung und die wollen eine bessere Wertschätzung.
Danke, Frau Dr. Schaefer, das hatte ich vergessen. Ja.
Wertschätzung ist, wenn man die Lebensqualität der Richterschaft und der Staatsanwälte erhöht. Frau Dogan, Sie haben mich auch heute nicht enttäuscht. Man muss Ihnen lange genug zuhören, erst argumentieren Sie, und am Ende ihrer Rede
kommt schon der eigene Widerspruch. Sie haben gesagt, wir nehmen die Umfrage ernst, und dann haben Sie gesagt, eigentlich sind die Richterzahlen ausreichend. Verstehen Sie das nicht? Ich weiß nicht, ob Ihnen eine andere Umfrage vorliegt.
Die Richterschaft sagt wortwörtlich, wir kriechen auf dem Zahnfleisch. Erhört unser Flehen. Das wird dort gesagt, –
und nichts anderes. Meine Damen und Herren, die Verfahrenseingänge bei den Bremer Gerichten sind im Vergleich zum Bundesdurchschnitt erheblich höher. Bei den Arbeitsgerichten ist das so, bei den Familiengerichten ist das so, bei der Staatsanwaltschaft ist das erst recht so. Da hat jeder Staatsanwalt pro Jahr 150 bis 200 mehr Verfahrenseingänge im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Wer diese Tatsachen verkennt, wer diese Tatsachen hier nicht zur Sprache bringt, der sagt nicht die Wahrheit, es tut mir leid, der sagt nicht die Wahrheit!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit! –
Herr Senator, aus meiner Sicht haben Sie die Fragen der Kollegin Dogan nicht ausreichend beantwortet. Die Frage war, dass die Richter trotz eines vorliegenden Bedürftigkeitsbescheids der Sozialbehörden darüber hinweggehen und weitere Nachweise fordern, und für ein solches Vorgehen gibt es im Gesetz keine Grundlage. Meine Frage an Sie direkt ist: Meinen Sie, dass die richterliche Unabhängigkeit so weit geht, dass man als Richter auch behördliche Bescheide infrage stellen kann?
Können Sie Ihre Bereitschaft erklären, dem Rechtsausschuss trotzdem einen Bericht über die aktuelle Praxis der verschiedenen Gerichte im Land Bremen in diesen Angelegenheiten vorzulegen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzesantrag der FDP sieht umfassende Änderungen im Vergleich zum aktuellen Bremer Gesetz über das Halten von Hunden vor. Ziel der Initiative der FDP ist vor allem die Abschaffung der sogenannten Rasseliste des aktuellen Hundegesetzes. Damit soll die angeblich bestehende Diskriminierung von Hunden und Hundehaltern bestimmter Rassen und deren Kreuzungen aufgehoben werden.
Gelistet als gefährliche Hunde sind im Bremer Hundegesetz aktuell der Pitbullterrier, der Bullterrier, der American Staffordshire-Terrier und der Staffordshire-Bullterrier, gemeinhin insgesamt bekannt als sogenannte Kampfhunde. Das Hauptaugenmerk des Gesetzesantrags der FDP liegt dabei auf der im Vergleich zum aktuellen Gesetz unterschiedlichen Herausarbeitung und Einstufung von Hunden als gefährlich oder nicht, und zwar ganz unabhängig von der Rasse. Hauptfrage ist dabei: Sollte man bestimmten Hunderassen pauschal ein erhöhtes Aggressionspotenzial und damit einhergehend eine besondere Gefährlichkeit unterstellen und das Halten solcher Rassen verbieten oder nicht? Die FDP meint, nein, sollte man nicht, die CDU-Fraktion vertritt hier eine entgegengesetzte Auffassung. Dazu möchte ich zwei Expertenmeinungen, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, zitieren.
Eine für die Position der FDP streitende Meinung ist das Gutachten über Staffordshire-Bullterrier vom 20. Mai 2002 von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ich zitiere die Expertin. „Es sei betont, dass natürlich nicht alle Hunderassen in ihrer
Verhaltenssteuerung gleich sind. Ihr Verhaltensinventar, wie zum Beispiel bestimmte Reaktionsnormen, können sehr unterschiedlich und durchaus rassekennzeichnend sein, sind also durchaus genetisch determiniert, entwickeln sich jedoch in ständiger feindifferenzierter Wechselwirkung mit allen Reizen des hundlichen Umfeldes, und so kommt es zu höchst unterschiedlichen Verhaltensprägungen bei Tieren einer Rasse. Dies gilt gerade für das Aggressionsverhalten.“ Diese Expertin hat dann bestimmte oben genannte Listenhunde näher untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen: „Im Vergleich der Rassen liegt der Staffordshire-Bullterrier mit fast 60 Prozent aller getesteten Tiere dieser Rasse von exzellenter Bewertung an der Spitze der sozial verträglichen Hunde.“ Zu diesem Ergebnis kommt sie auch bei Bullterriern und American Staffordshire-Terriern.
Eine andere Expertin, die Wissenschaftlerin und Verhaltensforscherin Gudrun Beckmann aus Gießen, führt hingegen aus, dass diesen Tieren – den sogenannten Kampfhunden – die unter den Hunden sonst übliche Sozialisierbarkeit fehle. Auch sei der Hang zum aggressiven Explodieren angeboren und nicht anerzogen. Zur besseren Einordnung der gerade zitierten Expertenmeinungen möchte ich einige Schlagzeilen aus der deutschen Presse der letzten 18 Jahre kurz wiedergeben.
Hamburg: Sechsjähriger Junge von einem Pitbull und Staffordshire-Terrier zu Tode gebissen! Sachsen-Anhalt: 92-jährige Rentnerin von einem American Staffordshire-Terrier zu Tode gebissen! Thüringen: Dreijähriges Mädchen von einem Staffordshire-Terrier totgebissen, die Großmutter wurde dabei schwer verletzt. Niedersachsen: Frau und ihr kleiner Hund von einem American StaffordshireTerrier angesprungen und schwer verletzt! Diese Schlagzeilen ließen sich noch lange fortsetzen. So viel zu den oben zitierten sogenannten Expertenmeinungen!
Ich zitiere noch einmal die Expertin aus Kiel: „Im Vergleich der Rassen liegt der Staffordshire-Bullterrier mit fast 60 Prozent aller getesteten Tiere dieser Rasse von exzellenter Bewertung an der Spitze der sozial verträglichen Hunde.“ Kampfhunde, meine Damen und Herren, stellen demnach eine große und tödliche Gefahr für die Menschen und insbesondere für unsere Kinder dar und haben auf den Straßen Bremens und Bremerhavens nichts zu suchen!
Unabhängig von genetischen Einflüssen oder Verhaltensbiologie: Allein die ungeheure und unbestrittene Beißkraft und fehlende Bisslösung der sogenannten Kampfhunden sorgen für die immense Gefahr bezüglich der Gesundheit des Menschen. Das oft gehörte Argument, das eigentliche Problem liege am anderen Ende der Leine – –.
Selbst wenn diese Annahme zutreffen sollte, nützt es dem nach einer Beißattacke schwer verletzten oder getöteten Kind gar nichts!
Kampfhunde sind folglich unabhängig von ihrem Halter tickende Zeitbomben, und aus Sicht der CDU-Fraktion ist diese Gefahr zulasten des Menschen weder hinzunehmen noch zu verantworten.
Das Zucht- und Handelsverbot des aktuellen Bremer Hundegesetzes für solche Tiere ist effektiv und hat sich über Jahre bewährt.
Abschließend: Eine Aufweichung dessen durch irgendwelche Expertenmeinungen kommt für die CDU-Fraktion daher nicht in Betracht.
Die CDU-Fraktion stimmt § 4, Kennzeichnungspflicht durch Transponder, und § 5, obligatorische Haftpflichtversicherung, selbstverständlich zu, weil diese inhaltlich dem CDU-Antrag aus dem Jahr 2014 entsprechen. Zustimmung auch zum Antrag der Koalition hinsichtlich der lediglich redaktionellen Anpassungen zum Beschluss aus dem Jahr 2014! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige mögen jetzt denken, nicht schon wieder eine Diskussion über die Türkei, doch angesichts der Geschehnisse vor dem Referendum, im Hinblick auf das Ergebnis des Referendums und auch im Hinblick auf den Inhalt dieser Verfassungsänderung halten wir eine erneute Diskussion dieser Thematik heute für geboten.
Wir haben erst gestern festgestellt, dass Wahlen das höchste Gut einer Demokratie sind. Der Staat hat die Aufgabe, Wahlen - auch Referenden gehören dazu - manipulationsfrei, unabhängig und ordnungsgemäß abzuwickeln. Bei dem Referendum am 16. April in der Türkei haben wir so unsere Bedenken, und zwar ist das Ergebnis dieses Referendums aus unserer Sicht nicht rechtmäßig zustande gekommen.
Die Begründung dazu möchte ich Ihnen so erklären: Nach den offiziellen Zahlen gab es einen Vorsprung von 1,3 Millionen für die Jastimmen, für das Ja-Lager, aber aus den 167 000 Urnen in der Türkei kamen 1,5 bis 4 Millionen Wahlzettel heraus, die ungestempelt waren. Nach dem aktuellen Wahlgesetz in der Türkei, das auch am 16. April in Kraft war, sind von den örtlichen Urnenvorständen, von den örtlichen Wahlbehörden ungestempelte Wahlzettel als ungültig zu deklarieren. Das ist aufgrund einer Entscheidung des Hohen Wahlrats am Wahltag aufgrund eines Antrags eines AKP-Funktionärs nicht passiert. Der Beschluss lautete, selbst ungestempelte Wahlzettel, Umschläge seien als gültig zu werten, und das ist ein ganz klarer Rechtsbruch. Das ist ein Schlag in das Gesicht aller Abstimmenden über dieses Referendum in der Türkei sowie in ganz Europa.
Das ist deshalb der Fall, weil, selbst wenn man von der Mindestzahl von 1,5 Millionen ungestempelten Zetteln ausgeht, diese in der Lage sind, das Gesamtergebnis dieses Referendums umzukehren. Das hat nichts mit einer demokratischen Abstimmung zu tun.
Ich möchte auf den Inhalt der Anträge kommen! DIE LINKE fordert die Freilassung aller Journalisten, dagegen kann man nichts haben, sofern sie politisch inhaftiert sind. Nach meinen Zahlen sind aktuell noch 163 Journalisten in der Türkei
aus politischen Gründen inhaftiert, und das ist weltweit spitze.
Diese sind auch aus unserer Sicht freizulassen oder einem gerechten Gerichtsverfahren zuzuführen, aber auch das geschieht nicht.
Allerdings fordert DIE LINKE auch die Freilassung aller demokratisch gewählten Mandatsträger in der Türkei. Da entstehen Probleme, und zwar, weil die derzeit inhaftierten Mandatsträger alle der kurdischen Oppositionspartei HDP entstammen.
Das ist noch nicht der Grund. Der Grund ist der Vorwurf - zum Beispiel an Herrn Demirtas - der Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation. Den Vorladungen der Staatsanwaltschaft sind diese Herren nicht gefolgt, sie haben alles ignoriert, und deswegen wurden sie auch inhaftiert.
Man muss bedenken, der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation betrifft die PKK. Was ist die PKK? Die PKK ist die seit 33 Jahren blutigste Terrororganisation auf der Welt, sie verübt seit 1984 täglich Anschläge in der Türkei. Diesem Terror sind 50 000 Menschen in der Türkei zum Opfer gefallen, darunter Tausende Polizisten, Tausende türkische Soldaten, Tausende Zivilisten, und darunter auch Tausende kurdische Zivilisten, Kinder und Frauen.
Das war der Vorwurf. Ob sich der Vorwurf halten lässt, können wir von hier aus nicht sagen und auch nicht feststellen, aber das darf doch einmal von der Staatsanwaltschaft geprüft werden!
Das muss doch einem Gerichtsverfahren zuzuführen sein, selbst wenn diese Mandatsträger zurzeit unter der Herrschaft von Erdogan beschuldigt werden.
Wenn Sie sagen, es gebe in der Türkei zurzeit keine unabhängigen Gerichte, nur weil Erdogan an der Macht ist, was ist denn die Folge davon?
Landtag 3309 44. Sitzung/11.05.17
Dass jede Beschuldigung in der Türkei ins Leere läuft? Dass jeder Straftaten begehen kann, wie er will, nur weil Erdogan an der Spitze ist?
Das kann nicht die Begründung sein!
Wenn Sie im Internet schauen, dann sehen Sie Bilder von Demirtas in den Kampfanzügen der PKK.
Ob das eine Mitgliedschaft oder eine Unterstützung ist, das weiß ich nicht, aber das sehen Sie dort nun einmal! Dann sehen Sie Bilder mit den aktuellen PKK-Führern mit Dimirtas und Karayilan.
Ob das eine Mitgliedschaft begründet, weiß ich nicht, aber das sind zumindest Anhaltspunkte, denen ein Staat nachgehen darf.
Dann beende ich jetzt meine Rede und komme nachher noch einmal wieder! - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau
Landtag 3318 44. Sitzung/11.05.17
Kollegin Grotheer, ich hätte nicht gedacht, dass wir hier jetzt in ein Wortgefecht geraten, aber nachdem Sie hier Wortspielereien mit unserem Antrag angefangen haben,
muss ich kurz darauf eingehen! Demokratische oppositionelle Kräfte in der Türkei sind in Deutschland nicht verboten.
Nein! Das meine ich mit Wortspielerei!
Unter Ziffer 1 unseres Antrags haben wir extra nicht die Worte benutzt, dass die EU-Beitrittsverhandlungen auszusetzen oder abzubrechen sind, sondern nur bekräftigt, dass die Beitrittsperspektive unter diesen Bedingungen derzeit bis auf Weiteres ausgeschlossen ist. Wir haben niemals beantragt, die EU-Beitrittsgespräche abzubrechen. Das ist auch deutsche Sprache, einfach einmal ein bisschen lesen!
Das bedeutet das, was ich gerade gesagt habe!
Die EU-Außenbeauftragte Mogherini hat Ende April erklärt, der Beitrittsprozess ginge weiter. Türkischstämmige Landtagsabgeordnete aus ganz Deutschland waren vor ein paar Wochen von Außenminister Gabriel nach Berlin eingeladen, wo Herr Gabriel auch bekräftigt hat, dass wir, selbst wenn die Kommunikation jetzt zwischen den Staatsapparaten nicht funktioniert, mit der türkischen Regierung, mit Erdogan nicht funktioniert, den Kontakt zu den demokratischen Kräften in der Türkei und zu den Bürgern aufrechterhalten. Dass Sie hier jetzt eine andere Meinung zu vertreten scheinen, überrascht mich schon ein bisschen.
Wir legen Wert darauf, dass durch dieses Referendum das Verhältnis in Deutschland zwischen den türkischen Bürgern mit türkischem Ursprung und der deutschen Bevölkerung nicht gespalten wird. Darauf legen wir Wert!
Natürlich ist zu analysieren, warum es zu diesen 63 Prozent gekommen ist. Das müssen wir analysieren, daran sind wahrscheinlich hier alle schuld. Es mag an der Bildung liegen, es mag an der Aufklärung liegen. Einen bestimmten Prozentsatz kann man nie ausschließen, aber dass diese Zahl so hoch ausgefallen ist, dafür müssen wir uns alle an die Nase fassen.
Ich möchte noch etwas zum Kollegen Tuncel sagen! DIE LINKE fordert immer wieder, dass die Türkei aus der NATO ausgeschlossen wird, deswegen wahrscheinlich auch der Grund für die getrennte Abstimmung.
Ist das nicht so?
Ja, Stück für Stück! Die Türkei ist der einzige NATO-Partner, der im Kampf gegen den IS Bodentruppen eingesetzt hat, und der einzige NATO-Partner, der im Kampf gegen den IS 71 Soldaten verloren hat.
Wenn man das hinten herunterfallen lässt und die Türkei nur wegen irgendwelcher Angriffe auf die kurdischen Gebiete in ihrem eigenen Staatsgebiet beschuldigt, dann ist das von Einseitigkeit geprägt, und dann können Sie auch nicht mehr verlangen, dass man ernsthaft auf Ihre Argumente eingeht.
Wir haben in unserem Antrag dargelegt, dass die Todesstrafe für die CDU eine absolute rote Linie ist. Das ist auch so, wir werden weder ein Referendum darüber in Deutschland noch die Diskussion darüber akzeptieren. Wir hoffen, dass es nicht dazu kommt, und wenn es dazu kommt, dann haben wir unsere Meinung hier ganz klar kundgetan. Diese Verfassungsänderung hat nichts mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu tun. Sie dient aus meiner persönlichen Sicht nur der Absicherung Erdogans, damit er bis zu seinem Lebensende nicht vor
Landtag 3319 44. Sitzung/11.05.17
Gericht gestellt wird. Ich denke, es ist alles gesagt. - Danke!
Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon das meiste vorweggenommen: Kernziele dieses Änderungsgesetzes sind zunächst die Ausschöpfung weiterer Einnahmequellen – es werden 300 000 bis 400 000 Euro Steuermehreinnahmen im Jahr erwartet, und das sind wohl auch realistische Zahlen –, und des Weiteren ist die wirtschaftliche Regulierung des ausufernden Marktes der Wettbüros beabsichtigt, denn die Einführung der Wettbürosteuer wird ohne Frage die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Betreiber maßgeblich beeinflussen.
Ein weiterer ganz wichtiger Aspekt ist auch aus Sicht der CDU-Fraktion, dass diese Gesetzesvorlage der Bekämpfung der Suchtgefahr dient,
bei Sportwetten insgesamt, aber insbesondere auch bei Livewetten. Sucht hängt vom Angebot ab. Ein Wildwuchs von Wettbüros kann ja nicht erwünscht sein, und dem wollen wir damit entgegenwirken.
Die CDU-Fraktion hat dem deshalb bereits im Haus halts- und Finanzausschuss zugestimmt, und wir werden auch hier der Gesetzesnovelle zustimmen.
Herr Hilz, Ihre Fraktion war ja die einzige, die diese Novelle diskutieren wollte, und ich habe Ihrer Rede jetzt aufmerksam zugehört.
Ich habe auf schlagkräftige Argumente gewartet, aber sie kamen nicht. Sie haben gesagt, diese Wett büros seien legal, und das stimmt, sie sind nach der Rechtsprechung des EuGH legal. Sie haben dann Tabak und Alkohol als Vergleich angegeben, aber meine Kollegen haben es schon gesagt, dass sie schon einheitlich besteuert werden.
Ich möchte Sie noch an die Novelle erinnern, die in diesem Jahr noch ansteht: Wir müssen wahrscheinlich in diesem Jahr hier noch die Novelle des Glücks spielstaatsvertrags ratifizieren, und dann können wir diese Themen noch einmal insgesamt ausführlich diskutieren.
Wir stimmen dieser Änderung des Bremischen Vergnü gungssteuergesetzes ausdrücklich zu. – Vielen Dank!
Frau Bürgermeisterin, können Sie uns mitteilen, wie viele von diesen zusätzlichen 354 Stellen für Bremerhaven vorgesehen sind?
Wenn man bedenkt, dass rund 20 Prozent der Flüchtlinge, die in Bremen ankommen, nach Bremerhaven verwiesen werden, würden wir schon gern wissen, ob für Bremerhaven überhaupt irgendwelche Stellen von diesen zusätzlichen vorgesehen sind.
Frau Leonidakis, Sie haben gerade gesagt, dass die Flüchtlinge in der Türkei ausgebeutet werden. Auf welche Erkenntnisse stützen Sie diese Äußerung?
Das bestreite ich entschieden! Können Sie mir Ihre Quellen nennen, aus welchen Medien Sie diese Erkenntnisse haben?