Ich will daran erinnern, dass es der Kollege Seehofer war, der mehrfach darauf hingewiesen hat, dass er für Bayern – und er hat, glaube ich, auch andere Bundesländer und vielleicht auch den Bund im Blick – die Einhaltung der Schuldenbremse sehr gefährdet sieht. Das sagt Herr Seehofer, und er weist damit natürlich darauf hin, dass wir große Herausforderungen haben werden, die auch finanziert werden müssen. Man muss in dem Zusammenhang dann eben auch sehen, dass der Bund, den wir ja dringend brauchen und der finanzielle Zusagen gegeben hat, die am Ende dazu führen, dass die Ausstattung für alle Länder besser wird, wenn diese acht oder 8,5 Milliarden Euro mehr vom Bund kommen, dies auch in seinem Haushalt darstellen muss.
Es kommt hinzu – schauen Sie einfach einmal die letzten fünf oder sechs Wochen an! –, dass es von 500 Millionen Euro über eine Milliarde Euro, 3 Milliarden Euro, 6 Milliarden Euro immer stärker angewachsen ist und damit natürlich auch auf der Seite die Spielräume als enger empfunden werden. Gleichwohl hat der Bund aus meiner Sicht durchaus die Möglichkeit, das zu tragen. Das macht die Gespräche schwieriger, die sich – und das ist mir auch noch einmal wichtig zu sagen – nicht allein um die Probleme Bremens drehen, sondern es spielen darin eine Reihe Fragen eine Rolle.
Da sind zum einen die Grundarchitektur und das Herausnehmen einer Verteilungsebene im Zusammenhang damit, dass der Umsatzsteuervorwegausgleich entfallen soll, was deutliche Veränderungen zur Folge haben würde. Nordrhein-Westfalen würde entsprechend seiner ökonomischen und auch finanziellen Stärke zu einem Geberland, aber es hat natürlich Weiterungen und schwierige Auswirkungen auf die ostdeutschen Bundesländer, weshalb es auch dort zu Verschiebungen kommen muss, die das am Ende dann wieder kompensieren, das ist die zweite Herausforderung.
Die dritte Herausforderung: Wenn wir ehrlich sind und auch einmal in unsere Bremer Haushalte schauen, nicht nur in den Landeshaushalt, sondern vor allem in die beiden kommunalen Haushalte, dann wissen wir, dass die größten Belastungen bei den Kommunen selbst bestehen. Darum kommt es bei dieser Neuordnung auch darauf an, dass wir die kommunale Finanzkraft im ganzen Land, in Deutschland insgesamt stärken, und auch das liegt den Vorschlägen zugrunde.
Der vierte Punkt ist natürlich für uns wichtig, nämlich dass im Grunde sowohl im Bund als auch in allen Bundesländern unstreitig ist, dass das Saarland und Bremen weiter eine Unterstützung im Bereich Zinshilfe brauchen. Eine richtige Vorstellung zur Altschuldentilgung ist bisher nicht durchsetzbar gewesen und fällt nicht auf fruchtbaren Boden. Wir werden sehen, ob sich da zumindest in Teilen noch etwas bewegen lässt, aber jedenfalls ist es so, dass es dem Grunde nach anerkannt ist und jetzt noch die Frage besteht, wie es der Höhe nach aussieht.
Es ist hier von einigen Rednerinnen und Rednern angesprochen worden, und deshalb möchte ich auch etwas zum politischen Gang der Dinge sagen. Ich muss einen Punkt richtig stellen, was die Frage der Parteifarben betrifft. Bürgermeister Jens Böhrnsen hat noch mitentwickelt, dass die Ministerpräsidentenkonferenz den Ersten Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz, beauftragt hat, mit dem Bundesfinanzminister über Modelle zu verhandeln. Das läuft seit eineinhalb bis zwei Jahren. Es gab einen gemeinschaftlichen Vorschlag, der noch im Juli diskutiert worden ist und auch im Vorfeld der Sondersitzung der MPK am 9. September vorbereitet war.
Herr Abgeordneter, ich werde schon zur rechten Zeit etwas dazu sagen! Sie müssen einmal sehen, wir haben das Problem des Umsatzsteuervorwegausgleichs, wir haben das Problem der ostdeutschen Bundesländer, Bremens und des Saarlands! Das sind unterschiedliche Länder mit unterschiedlichen Parteifarben. Bremen und das Saarland, sozialdemokratischer Ministerpräsident hier, christdemokratische Ministerpräsidentin im Saarland! In den ostdeutschen Ländern die gleiche Situation, unterschiedliche Parteifarben mit teilweise gleichem Interesse.
Dann kommt, und das macht die politische Verhandlung richtig schwer, plötzlich ein parteipolitischer Vorschlag der sogenannten B-Seite, also der CDU/ CSU-regierten Länder. Das war schon deshalb eine Schwierigkeit, weil es auch die ostdeutschen Ministerpräsidenten auseinandergetrieben hat, die damit konfrontiert waren, dass die Grundlagen der Berechnungen in beiden Modellen deutlich unterschiedlich waren und man ein wenig der Geldillusion verfallen war, denn die Zahl war im Vorschlag der B-Seite plötzlich höher, man glaubte, das sei auch mehr Geld, bis man erkannt hat, dass das die Zahlen für das Jahr 2020 waren, während der andere Vorschlag auf dem Jahr 2014 basierte, und wenn man es hochrechnete, käme man im Jahr 2020 besser heraus, ich will das nicht vertiefen. Da mussten sich einige am Kopf kratzen. Sie sehen, das hat es richtig verstärkt.
Jetzt will ich es einmal aus bremischer Sicht betrachten: Natürlich ist das total interessant, und natürlich ist es mit 500 Millionen Euro eine Größenordnung, die wir als Zinshilfe bräuchten. Es geht aber um eine Gesamtkonstruktion, und ich will Sie darauf hinweisen, dass es in dem Vorschlag der B-Länder einige Punkte gibt, die längerfristige Schwierigkeiten beinhalten. Zum einen gibt es noch keine Festlegung über die Zahl der Jahre, in denen das Saarland und Bremen die Zinshilfen bekommen, aber alles andere, was verhandelt wird, wird ganz lang anhalten.
Ein weiterer Punkt ist, dass es in dem Vorschlag der B-Länder an einem Element sogar eine Verschlechterung gibt, und diese Verschlechterung betrifft ausschließlich die Stadtstaaten, weil die Stadtstaatenwertung abgesenkt wird. Das hätte für uns eine negative Wirkung von bis zu 23 Millionen Euro pro Jahr und wäre sozusagen eine Verschlechterung eines strukturellen Punktes.
Ein weiterer Aspekt, weil man ja in den süddeutschen Ländern die Philosophie vertritt, dass zu viel Ausgleich schade – Frau Steiner, sie würden sich da vielleicht wohl fühlen – und wir mehr Wettbewerb bräuchten, der aber dazu führte, dass die Starken stärker und die Schwachen schwächer würden, hat man eine stärkere Linearität vorgesehen. Das wäre ein weiterer negativer Aspekt in Höhe von 16 Millionen Euro für uns.
Herr Kollege Eckhoff, Sie haben gesagt, der eine Vorschlag brächte 100 Millionen Euro mehr für Bremen. Wunderbar, auf dem Papier! Auch wieder eine Geldillusion! 16 plus 23, addieren Sie, und dann wissen Sie, dass dieses Mehr nach zweieinhalb Jahren aufgebraucht wäre und wir langfristig auf einer schwierigen Seite wären! Deshalb geht es nicht so einfach zu sagen, das eine ist gut und das andere besser. Ich halte es deshalb weiterhin für richtig und verfolge auch das weiter, was auf dem Konsens aller Länder basiert hat, dass wir den Vorschlag, den der Erste Bürgermeister Hamburgs für alle Länder entwickelt hat, als Grundlage nehmen und auf diesem Vorschlag aufbauend die Gespräche weiter führen. Natürlich agieren wir in die Richtung, dass wir diese mehrjährige feste Hilfe für Bremen erhöhen und mehr erreichen, das ist, glaube ich, eine Selbstverständlichkeit.
Ich bedanke mich sehr, dass wir hier noch einmal die Möglichkeit hatten, wenigstens diesen Punkt und die Lage insgesamt zu erläutern! Ich habe auch in der Zeitung gelesen – Herr Röwekamp steht jetzt auf –, sehr optimistisch, da müsse man jetzt einschlagen! Hätten wir das gemacht, hätte der Senat, die Kollegin Frau Linnert und ich, hätten wir das gemacht, hätten wir eine schlechtere Situation für Bremen erreicht.
Deshalb dürfen wir nicht jedem Vorschlag gleich folgen, Herr Röwekamp, sondern müssen genau schauen, was dessen Kern ist.
Meine Damen und Herren, die Eckwerte, die wir vorgestellt haben, bilden die Grundlage für unsere weitere Arbeit. Einige Abgeordnete haben darauf hingewiesen, dass wir in der mittelfristigen Finanzplanung – das gilt also nicht für den Haushalt 2016/2017, sondern für die Jahre danach – noch eine Lücke zu schließen haben. Wir sind der Senat, der dies transparent macht. Wir bringen in unserer Koalitionsvereinbarung deutlich zum Ausdruck, was, bezogen auf die längerfristige Planung, die Aufgabe gerade dieses Hauses sein wird. Hier wird einerseits verlangt, wir sollten mehr sparen, und andererseits gefordert, wir sollten mehr Mittel für Investitionen, zum Beispiel im Straßenbahnbereich, bereitstellen und auch sonst für dieses und jenes mehr ausgeben. Ich würde mich freuen, wenn künftig nicht mehr solche widersprüchlichen Forderungen an uns gerichtet würden.
Meine Damen und Herren, Sie alle werden in der nächsten Zeit vor der Aufgabe stehen, konkret anzusagen – bitte konkreter als in dieser Aktuellen Stunde –, welche Aufgaben wir erfüllen sollen beziehungsweise erfüllen müssen. Wenn wir es gemeinsam schaffen, darüber eine Einigung zu erzielen, dann haben wir ein Fundament, auf dem wir auch die weiteren Verhandlungen in Berlin führen können. Dafür wünsche ich mir jede Unterstützung der Bremischen Bürgerschaft. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Sieling, wir Freien Demokraten wollen eine starke Verhandlungsposition Bremens in der Frage des Länderfinanzausgleichs. Es ist gut, dass wir heute in dieser Aktuellen Stunde genau darüber sprechen und dabei die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede deutlich werden lassen.
Er hat gesagt, in Zeiten von Herrn Böhrnsen sei es an Herrn Olaf Scholz übertragen worden. Ich stelle mir allerdings die Frage, ob das der richtige Weg ist. Hamburg ist ein Geberland, Bremen ein Nehmerland. Sollten wir angesichts dessen unsere Verhandlungsmöglichkeiten aus der Hand geben und stattdessen Hamburg die Verhandlungen führen lassen? Wir brauchen eine klare Positionierung Bremens, zumindest zu den beiden Vorschlägen, die uns vorliegen. Wir haben heute in Ansätzen etwas erfahren. Ich hätte mir gewünscht, wenn das bereits im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz erwähnt worden wäre.
Ich möchte auf drei Punkte genauer eingehen. Insbesondere ein Punkt, die Anreize für das Betreiben einer wachstumsorientierten Politik, ist mir in der Debatte zu wenig hervorgehoben worden. Der derzeitige Länderfinanzausgleich gleicht jede Anstrengung für höheres Wirtschaftswachstum und damit mehr Steuereinnahmen aus. Wenn ein Land mehr erwirtschaftet, wird ihm mehr weggenommen. Wenn es weniger erwirtschaftet, wird ihm mehr gegeben.
(Abg. Gottschalk [SPD]: Schauen Sie sich doch die Struktur einmal genauer an! – Abg. Tschöpe [SPD]: Sie können das besser!)
Der zweite Punkt, auf den ich noch einmal eingehen möchte, betrifft die Finanzautonomie. Es ist doch im Kern richtig, dass ein Land über seine Einnahmen beziehungsweise deren Quellen in gewissem Rahmen eigenständig entscheiden darf. Derzeit entscheidet der Bund, welche Steuereinnahmen das Land hat. Das kann doch nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sein.
Frau Dr. Schierenbeck, wenn Sie sagen, Ihnen gehe es um die Wählerstimmen, dann sage ich Ihnen, dass es hier um mehr geht als um die Wählerstimmen.
Es geht hier um die Zukunft des Landes Bremen. Die Eigenständigkeit Bremens zu erhalten ist zumindest unser Anspruch als Freie Demokraten.
Herr Professor Hilz, wenn Sie zum einen die Steuerautonomie fordern und zum anderen Frau Steiner ständig mit dem Beispiel der Stadt Monheim kommt, die den Hebesatz der Gewerbesteuer gesenkt hat, wäre es dann so – wenn also die Steuerautonomie käme und die FDP hier das Sagen hätte –, dass Sie die Steuern senken und die Probleme Bremens lösen würden?
(Abg. Tschöpe [SPD]: Die Frage ist: Würden Sie das machen? – Bürgermeister Dr. Sieling: Ja oder nein?)
Ja, denn kurzfristige Steuersenkungen führen langfristig zu höheren Steuereinnahmen. Das können Sie in den Statistiken nachlesen.
Der dritte Punkt, auf den ich noch einmal eingehen möchte, betrifft die Altschuldenregelung. Ja, auch wir Freien Demokraten haben erkannt, dass der Schuldenberg, der mittlerweile angehäuft ist, nicht mehr eigenständig durch Bremen abgetragen werden kann. Wir haben ihn nicht angehäuft. Es sind die sozialdemokratisch geführten Senate der letzten Jahre und Jahrzehnte gewesen.
Wir haben den Strukturwandel in Bremen bisher nicht geschafft. Die immer noch relativ hohe Arbeitslosenquote belastet auch den Sozialetat. Wir wollen es aber
schaffen, dass mehr Menschen eigenständig ihren Lebensunterhalt verdienen und nicht auf Transferleistungen des Staates angewiesen sind.
Insofern brauchen wir eine vernünftige Altschuldenregelung. Es ist auch uns klar, dass wir nicht unter gleichen Bedingungen starten können, wenn wir immer noch 21 Milliarden Euro Schulden vor uns herschieben. Wir können erst dann in einen ordentlichen, fairen Wettbewerb mit anderen Bundesländern starten, wenn diese Frage gelöst ist.
Der Grund für diese Aktuelle Stunde ist, dass Bremen eine vernünftige Konzeption zur Neuordnung des Länderfinanzausgleichs entwickeln muss. Unsere Fraktion hat entsprechende Vorschläge unterbreitet. Wir haben auch von anderen Fraktionen einige Positionen gehört. Auch der Senat muss sich klar und öffentlich positionieren, zumindest zu der Frage, ob Bremen zu dem Vorschlag der unionsgeführten Länder steht – der übrigens relativ ähnlich ist zu dem Vorschlag, den wir in unserem Papier vor einem Jahr vorgelegt haben, und insbesondere eine Abkehr vom Land-zu-Land-Ausgleich und eine Hinwendung zu vermehrten Zuweisungen des Bundes an die Länder vorsieht – oder den Vorschlag der SPD-geführten Länder befürwortet. Wir brauchen diese klare Positionierung des Senats. – Vielen Dank.