Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Leonidakis, ich wundere mich schon ein bisschen. Sie werfen Frau Kohlrausch vor, wir seien hier nicht bei Wünsch-dir-was. Ihre Rede aber war geprägt von Wünsch-dir-was. Sie haben zwar gesagt, was Sie alles wollen – die meisten Ziele teilen wir –, sind uns aber bis zum Ende die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie das finanziert werden soll. Es gehört zur Redlichkeit in der Politik dazu, dass man nicht nur sagt, was alles noch gut wäre, was man den Menschen noch gönnen würde, was man noch schneller erreichen wolle.
Ich habe erfahren, dass Sie ein Stufenprogramm vorschlagen. Sie wollen also auch nicht alles sofort realisieren.
Dann müssen Sie aber auch sagen, Frau Leonidakis – das gilt übrigens auch für Herrn Röwekamp –, wie Sie das finanzieren wollen.
Der Haushalt 2018/2019 ist vor noch nicht allzu langer Zeit beschlossen worden. Wir alle haben in unseren Reden gesagt, dass ein richtiger Kraftakt erforderlich ist, bevor 2020 mehr Geld im Haushalt zur Verfügung stehen wird, das man sinnvollerweise gerade auch für Kitas und Bildung einsetzen sollte.
Ich habe von der CDU-Fraktion einen Haushaltsantrag vermisst, in dem konkret aufgeschrieben ist, wie die Beitragsfreiheit für Kitas ab August 2018 finanziert werden kann.
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Das steht bei euch für August 2019 auch nicht drin!)
Herr Röwekamp, ich habe auch in Ihrer Rede einen Hinweis darauf vermisst, wie sie das finanzieren wollen. In Ihrem Antrag steht, dass Sie „Haushaltstitel für Zinsausgaben und sonstige konsumtive Ausgaben“ dafür heranziehen wollen. Dann müssen Sie auch sagen, was in diesem engen Haushalt, den wir haben, hinten herunterfällt. Wir haben doch nicht irgendwo Geld gelagert, das wir gerade nicht brauchen, weil wir in Bremen so viel haben, sondern unser Haushalt ist schon auf Kante genäht.
Wir haben im Bildungsbereich nachgesteuert und dementsprechend viel Geld für den Bildungshaushalt zur Verfügung gestellt. Wenn Sie nun sagen, die von Ihnen zusätzlich geforderten Maßnahmen könnten wir einfach aus irgendwelchen Haushaltstiteln für Zinsausgaben und konsumtive Ausgaben finanzieren, dann ist das für mich zu wenig. Ich möchte wissen, was dann in Bremen nicht mehr finanziert wird. Dazu vermisse ich eine Aussage sowohl von der LINKEN als auch von der CDU. Man kann immer viel fordern, wenn man nicht für die Finanzierung verantwortlich ist und wenn man den Menschen draußen nicht sagen muss: Tut uns leid! Dein Bereich, dein Projekt fällt gerade hinten herunter oder wird reduziert!
Insofern sind wir gut beraten, nicht mit Versprechungen zu arbeiten, die es erfordern würden, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, auch wenn Vorwahlkampf ist und man gern etwas präsentieren möchte. Wir sollten vielmehr auf einer gesunden Datenbasis Entscheidungen treffen. Das
wollen wir mit unserem Antrag erreichen. Deswegen handelt es sich zunächst um einen Prüfauftrag. Das Vorhaben kostet wahrscheinlich viel Geld. Ein Teil des Geldes wird vielleicht vom Bund fließen, den Rest muss Bremen selbst wuppen. Daher möchten wir schon wissen, wie teuer es wird.
Sie haben die Frage des Personals angesprochen. Auch ich bin in meiner Rede vorhin darauf eingegangen. Wir werden wahrscheinlich mehr Personal brauchen. Einen Fachkräftemangel gibt es nicht nur in Bremen und Bremerhaven. Gerade im Kitabereich ist der Fachkräftemangel deutschlandweit ein Problem.
Sie von der LINKEN fordern Höhergruppierungen. Klar, aber auch das kostet Geld. Ich vermisse wiederum solide Finanzierungsvorschläge der LINKEN.
Deswegen bitte ich darum, erst einmal genau prüfen zu lassen, wie teuer das, was wir realisieren wollen, wird, woher wir das Geld dafür nehmen können und wie viel Personal wir brauchen, bevor wir vollmundig ankündigen, das alles könne schon ab 2018 realisiert werden. Auch was die Krippen und die Horte angeht, so sind wir uns im Ziel einig. Ich habe schon eingangs gesagt, dass wir das richtig finden. Auch wir wollen Frauen die Möglichkeit eröffnen, Vollzeit zu arbeiten. Trotzdem nutzt es nichts, das Ziel ständig zu wiederholen, wenn wir nicht wissen, wie wir es finanzieren können. Lassen Sie uns das deswegen erst einmal solide prüfen. Ich betone, in dem Ziel sind wir uns einig. Uns ist es aber auch wichtig, an den Qualitätsstandards festzuhalten. Wenn man sich andere Bundesländer anschaut, wo schon länger die Beitragsfreiheit gilt, dann stellt man fest, dass die Gruppen dort weitaus größer sind als in Bremen. Das wollen wir vermeiden. Wir hatten die Diskussion um das 21. Kind.
Frau Ahrens, schauen Sie sich die Situation in Rheinland-Pfalz an! Dort sind es 25 Kinder pro Gruppe.
In vielen ostdeutschen Bundesländern sind es 27 Kinder pro Gruppe. Die Kita-Beitragsfreiheit wollen wir uns nicht dadurch erkaufen, dass dann die Qualität und der weitere Ausbau der Kitas darunter leiden. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, Frau Kollegin Dr. Schaefer, in einem Punkt haben Sie recht. Ich bin eine Erklärung schuldig geblieben, wie wir das Vorhaben finanzieren wollen. Das möchte ich gern nachholen.
Jetzt wird es detailliert. Wir haben im Bundesland Bremen 16 844 Elementarplätze, 6 564 Krippenplätze und 3 067 Hortplätze. Das sind zusammen 9 631 zusätzliche Kinder, für die wir gern die Beitragsfreiheit haben möchten. Wenn wir für die Beitragsbefreiung im Elementarbereich von Kosten von 16 bis 18 Millionen Euro ausgehen, dann ergeben sich schätzungsweise 8 Millionen Euro Zusatzkosten für die Beitragsbefreiung auch im Hort- und im Krippenbereich. Es sind nicht ganz 50 Prozent zusätzlich, weil die Hortbeiträge – es handelt sich nur um eine Teilzeitbetreuung – niedriger sind. Also sind wir mit dem Elementarbereich bei Gesamtkosten von ungefähr 26 Millionen Euro.
Wir hatten in den Beraten zum Haushalt 2018/2019 Änderungsanträge im Gesamtumfang von 160 Millionen Euro gestellt und jeden dieser Änderungsanträge inhaltlich begründet. Wir hatten Gegenfinanzierungsvorschläge gemacht. Ich werde diese jetzt nicht im Detail aufführen. Dafür ist hier weder die Zeit noch der Ort. Ich möchte nur ein Beispiel herausgreifen. Der Haushaltsgesetzgeber, also Sie, hat beschlossen, in diesem Jahr 18,5 Millionen Euro und im nächsten Jahr 30 Millionen Euro in ein OTB zu pumpen, obwohl noch nicht einmal klar ist, ob er gebaut werden kann. Dieses Geld wäre zum Beispiel verfügbar. Außerdem gibt es zusätzliches Bundesgeld; auch das kann man dafür verwenden.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einiges zu meinen Vorrednerinnen und Vorrednern sagen.
Frau Dr. Schaefer, zur Gruppengröße: Uns ist es sehr wichtig, prüfen zu lassen, inwieweit Ihre Absicht, die Sie in Ihrem Papier geäußert haben – weiterer bedarfsgerechter Ausbau der Kinderbetreuung und Integration der Kinder, die im IV. Quartal geboren wurden, in die U-3-Betreuung –, realisiert werden kann. Ich denke, von dem Erfolg wird viel abhängen. Das muss man ausdrücklich im Zusammenhang mit der Gruppengröße sehen.
Kollegin Leonidakis, Sie haben zwar in vielen Punkten recht. Zu Hort und Ganztagsschule bin ich ganz anderer Ansicht als Sie. Ich habe 2004 für die erste Ganztagsschule in Schwachhausen gekämpft. Das war ein harter Kampf, das kann ich Ihnen sagen. Unsere Nachbarschule kämpft schon seit ziemlich langer Zeit dafür, eine offene Ganztagsschule zu werden, um den Hort zu ersetzen. Ich glaube, dass offene Ganztagsschulen, wenn man sie vernünftig realisiert, nicht teurer sein müssen als das Hortsystem. Das erfordert aber ein Umdenken in den Köpfen und einen langfristigen Plan. Ich stehe dazu – ich begründe das gern an anderer Stelle ausführlich –: Wir sollten nicht mehr über Horte, sondern rundum über Ganztagsschulen sprechen.
Zum Schluss noch zu dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion! Selbstverständlich wünschen auch wir uns diese Veränderung so schnell wie möglich. Wir können in diesem Punkt dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion, die Beitragsfreiheit schon ab 2018 herzustellen, aus vollem Herzen zustimmen. Allerdings sehen wir Finanzierungsprobleme. Wir wollen keine Beitragsfreiheit um jeden Preis. Die Debatte um den Startzeitpunkt darf nicht dazu führen, dass es nicht zur Beitragsfreiheit kommt. Lassen Sie uns doch hier einen gemeinsamen Weg gehen! – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine relativ emotional geführte Debatte erlebt. Ich versuche, etwas mehr Sachlichkeit einzubringen.
Worum geht es eigentlich? Es geht um die Beitragsfreiheit, und zwar als Landesprogramm. Wir haben aber viel zur kommunalen Beitragsordnung gehört, die meines Erachtens hier nicht als Begründungszusammenhang taugen kann.
Wir haben auch viel dazu gehört, wie wichtig der Bildungsanspruch im frühkindlichen Bereich ist. Dieser Anspruch wird aber nicht allein dadurch eingelöst werden, dass wir die Kitas zukünftig beitragsfrei gestalten.
Wir haben immer gesagt – und dabei bleibe ich –, das Wichtigste ist, dass Plätze vorhanden sind und dass die Qualität der Bildung, die geboten wird, die richtige ist. Wenn man in einem Haushalt nur knappe Ressourcen zu verteilen hat, dann heißt das eben auch, Prioritäten zu setzen. Genau das haben wir gemacht. Wir haben Prioritäten nicht dadurch gesetzt, dass wir die Hände in die Taschen gesteckt haben, sondern dadurch, dass wir mehr Geld zur Verfügung gestellt haben, um den qualitativen Ausbau zu realisieren. Wir haben immerhin 5,5 Millionen Euro Kita-Verstärkungsmittel für die Qualitätssteigerung allein in der Stadtgemeinde Bremen bereitgestellt.
Die Behauptung also, wir seien deswegen gegen beitragsfreie Kitas, ist ziemlich kurz gesprungen. Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass sich im Jahr 2018 keinerlei Rahmenbedingungen geändert haben, sodass irgendwie begründbar wäre, von diesem Plan abzuweichen. Ich habe das Geld im Haushalt nicht gefunden.
Herr Röwekamp, Sie haben davon gesprochen, dass ganz viel Geld vielleicht hier, vielleicht da eingespart werden könne. Das ist sehr schade. Ich würde sehr gern Geld dafür ausgeben. Allein, ich muss einen seriösen Haushalt vorlegen und konkret sagen, woher das Geld, das ich ausgeben möchte, kommen soll.
Umso interessanter sind die Berechnungen, die wir hier gehört haben, was das Ganze kostet. Ich freue mich, dass Sie von der Opposition das alles wissen, und würde Sie gern zu einer Beratungsstunde zu mir einladen. Fakt ist, wir können das vielleicht für die Stadtgemeinde Bremerhaven relativ gut sagen, da Bremerhaven eine sehr einfache Beitragsordnung hat. Es gibt sozusagen einen pauschalen Beitrag, und wir können so rechnen, wie es hier vorgeschlagen worden ist. Wenn wir wissen, wie viele Kinder angemeldet worden sind, können wir ausrechnen, wie viele Beiträge die Eltern zahlen würden. Dann ziehen wir die Beträge ab, die sie erstattet bekommen, und haben eine Größenordnung.
Einige Vorredner haben schon ausführlich dargestellt, dass die Beitragsordnung in der Stadtgemeinde Bremen völlig anders gestaltet ist. Die Höhe des Einkommens der Eltern entscheidet nämlich darüber, wie hoch der Beitrag ist. Kurzum, nicht die Zahl der angemeldeten Kinder entscheidet über die Höhe der Beiträge, die gezahlt werden, sondern die Höhe der Einkommen der Eltern. Wir müssten also wissen, wie viel die Eltern verdienen, um zu wissen, wie hoch die zu zahlenden Beiträge sind.