Protocol of the Session on March 14, 2018

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/1572 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür FDP, BIW)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abge- ordneter Tassis [AfD], Abgeordnete Wendland [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Konsensliste Mitteilung des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft vom 13. März 2018

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Konsensliste seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Konsensliste zu.

(Einstimmig)

Beitragsfreiheit für Kindergärten auch im Land Bremen unverzüglich einführen! Antrag der Fraktion der CDU vom 20. Februar 2018 (Drucksache 19/1541)

Wir verbinden hiermit:

Beitragsfreiheit in der frühkindlichen Bildung einführen – Zugangshürden abbauen, Chancengleichheit herstellen! Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 13. März 2018 (Drucksache 19/1578)

sowie

Kitas beitragsfrei machen – weiteren Ausbau und Betreuungsqualität sicherstellen Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 13. März 2018 (Drucksache 19/1581)

Dazu

Kindergärten ab August 2018 beitragsfrei machen Änderungsantrag der Fraktion der CDU vom 14. März 2018 (Drucksache 19/1589)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir, die CDU-Fraktion, das politische Signal setzen, dass beginnend ab dem Kindergartenjahr 2018/2019 die Betreuung von Kindern in den Kindergärten in Bremen und Bremerhaven beitragsfrei ist.

Ich bin froh darüber, dass dieser Antrag Anlass dafür ist, dass auch die politischen Mitbewerber, die

Koalitionsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD einerseits, die Fraktion DIE LINKE andererseits, Anträge eingereicht haben, die, wenn auch mit unterschiedlichen Reichweiten und unterschiedlichen Startdaten, dem Ziel des Antrags der CDU-Fraktion folgen. Es ist gut, dass heute von diesem Parlament die Botschaft ausgeht, dass Kindergartenbeiträge in Zukunft nicht mehr erhoben werden.

(Beifall CDU, FDP, BIW)

Wir als CDU-Fraktion haben diesen Antrag aus Überzeugung eingebracht. Ich will wegen der Kürze der Debatte hierfür nur drei Argumente vorlegen.

Erstes Argument! Die geltende Beitragsordnung, gegen die wir als CDU-Fraktion in der Beratung, die vor gut einem Jahr stattfand, bereits gestimmt haben, ist entgegen dem, was in diesen Tagen häufig verbreitet wird, gerade nicht gerecht, sondern nach unserer tiefen Überzeugung ungerecht. Denn sie zieht die Menschen in Bremen und Bremerhaven, die von durchschnittlichen Einkommen leben, über Gebühr zur Finanzierung von Kindertageseinrichtungen heran. Das ist unserer Ansicht nach nicht tragfähig.

(Beifall CDU)

Zunächst einmal muss man darauf hinweisen, dass, je nach Träger, sowieso nur 7 bis 8 Prozent der tatsächlich anfallenden Kosten über Beiträge refinanziert werden. Für diese 8 Prozent kommen wiederum nur 44 Prozent der Eltern von Kindern auf, die solche Einrichtungen besuchen.

Fernab dieser statistischen Zahl empfehle ich jedem, der in diesen Tagen öffentlich kommentiert, die Beitragsordnung sei gerecht, doch einmal das eine oder andere Berechnungsbeispiel zur Kenntnis zu nehmen. Wir wissen seit Vorliegen der Studie der Arbeitnehmerkammer, wie sich die Einkommen entwickelt haben. Das durchschnittliche Einkommen je Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer lag demnach im Jahr 2016 bei 46 800 Euro. Das ist kein Spitzenverdienst, sondern der Durchschnittsverdienst eines einzelnen Arbeitnehmers oder einer einzelnen Arbeitnehmerin.

Unterstellen wir eine Familie, bei der ein Elternteil ganztags und ein Elternteil halbtags, also in Teilzeit, arbeitet, dann errechnet sich hieraus, wenn die Eltern zwei Kinder haben, nach der geltenden Beitragsordnung ein Kindergartenbeitrag – für

beide Kinder bei sechsstündiger Betreuung – von 3 200 Euro im Jahr. Eine Durchschnittsverdienerfamilie muss vom Nettoeinkommen in Bremen 3 200 Euro für die Kindertagesbetreuung bezahlen, während 56 Prozent der Eltern in Bremen überhaupt keine Beiträge bezahlen müssen. Ich finde das nicht gerecht, sondern ungerecht!

(Beifall CDU)

Die Arbeitnehmerkammer hat auch berechnet, was in Bremen eigentlich ein Niedrigeinkommen ist. Die Zahlen sind Anfang dieser Woche veröffentlicht worden. Ein Niedrigeinkommen – das ist die Schwelle zur Armut – bezieht, wer in Bremen weniger als 26 400 Euro je Vollzeitbeschäftigten verdient. Unterstellen wir auch hier eineinhalb Vollzeitbeschäftigte, aber nur ein Kind, dann muss diese Familie von ihrem Niedrigeinkommen 1 000 Euro im Jahr für die sechsstündige Betreuung bezahlen.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie für die CDU-Fraktion: Was finden Sie daran eigentlich gerecht? Jemand, dessen Einkommen knapp über dem Mindestlohn liegt und der damit knapp über der Armutsgrenze liegt, muss für die Kindertagesbetreuung in Bremen Gebühren bezahlen. Ich finde das nicht gerecht.

(Beifall CDU)

Deswegen wäre es gut, wenn diese Beitragsordnung, die zudem Gegenstand juristischer Verfahren ist und über deren Schicksal auch rechtlich entschieden wird, aus der Welt geschafft würde.

Wer vor dem Hintergrund dieser Zahlen behauptet, die geltende Beitragsordnung sei bereits ein Einstieg in die Beitragsfreiheit, der ist zynisch. Wollen Sie wirklich sagen, nur weil 56 Prozent der Bremerinnen und Bremer ohnehin nicht in der Lage sind und nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts übrigens auch nicht verpflichtet werden können, Kindergartenbeiträge zu zahlen, sei das ein Einstieg in die Beitragsfreiheit? Angesichts dessen müssen wir uns fragen, wie Ihr Plan für die nächsten Stufen aussieht. Wenn man Ihrer Argumentation folgt, hätten Sie Ihr Ziel dann erreicht, wenn 100 Prozent der Bevölkerung nur noch Niedrigeinkommen bezögen. Das kann doch kein erklärtes politisches Ziel sein in der Debatte, wie wir unsere Kinder optimal betreuen. Es geht

darum, für alle Menschen eine gerechte Lösung zu finden.

(Beifall CDU, BIW)

Im Übrigen müssen Sie sich fragen lassen, ob Sie für dieses eine Jahr, in dem Sie noch Beiträge erheben wollen, tatsächlich 1 Million Euro Infrastrukturkosten ausgeben wollen. Die Berechnung soll ja mit einem neuen Programm, das so viel kostet, erfolgen. Dieses Geld wollen Sie jetzt noch ausgeben, um in einem Jahr die Beiträge abzuschaffen? Meine Damen und Herren, diese Million wäre viel besser investiert, wenn sie für die frühere Realisierung der Beitragsfreiheit auch in Bremen und Bremerhaven Verwendung fände.

(Beifall CDU, BIW)

Die zwei weiteren Argumente will ich nur mit jeweils einem Satz anreißen. – Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns im Wettbewerb mit dem niedersächsischen Umland befinden. Dort wird zum 1. August 2018 in allen Gemeinden die beitragsfreie Kita eingeführt.

(Glocke)

Herr Präsident, der letzte Satz. – Nach einer jüngst veröffentlichten Studie hatten wir in den Jahren 2015, 2016 und 2017 mit dem niedersächsischen Umland einen negativen Wanderungssaldo von 2 000 weggezogenen Menschen pro Jahr. Wir verlieren die Mitte unserer Gesellschaft. Die Familien, die Herr Reinken in der Debatte um die Arbeitsplätze als diejenigen, die das Rückgrat unserer Gesellschaft bilden, bezeichnet hat, verlieren wir an das niedersächsische Umland. Diese Dramatik wird sich verstärken, wenn wir in Bremen und Bremerhaven nicht wettbewerbsfähig bleiben.

(Glocke)