Protocol of the Session on February 21, 2018

Auf diese Linie hat Senatorin Dr. Bogedan in Reaktion auf den Brandbrief der Grundschule Fischerhuder Straße auch die Mitarbeiter ihres Ministeriums einschwören wollen. Man müsse künftig schon im Ansatz verhindern, dass solche Vorgänge wie die in Gröpelingen publik werden, heißt es im internen E-Mail-Verkehr. Denn sonst würden viele Anfragen - oder wieder Anfragen - in der Bürgerschaft gestellt werden, und die Behörden wären gezwungen - ich zitiere -, „diese Situation zu erklären.“ Halten wir fest: Frau Dr. Bogedan sieht die parlamentarischen Kontrollrechte der Bürgerschaft und kritische Fragen von Abgeordneten als ein Problem an, das es zu vermeiden gelte.

(Abg. Güngör [SPD]: Hören Sie doch auf mit dem Quatsch!)

Deshalb sollen ihre Beamten alles dafür tun, dass die negativen Folgen der rot-grünen Bildungspolitik künftig nicht mehr an das Licht der Öffentlichkeit gelangen. Um nicht mehr politische Rechenschaft gegenüber den gewählten Volksvertretern abgeben zu müssen, will Senatorin Dr. Bogedan die Missstände unter der Decke halten. Sie fordert dafür die Unterstützung ihrer Untergebenen ein. Sehen so politische Transparenz und Einbindung der Bürger à la SPD aus? In Bremen offenbar schon!

(Beifall BIW - Abg. Güngör [SPD]: Hören Sie doch damit auf! Das ist unerhört!)

Besonders perfide aber ist, dass Frau Dr. Bogedan die Mitarbeiter ihres Ministeriums parteipolitisch

instrumentalisieren will, indem sie in ihrer Mail innerbehördliche Geschlossenheit anmahnt und vor dem politischen Gegner warnt, der „unsere Schwächen“ breittreten könne. Offenbar hat die Frau Senatorin noch niemand darüber informiert, dass Beamte ausschließlich an Recht und Gesetz gebunden sind und ihr Amt unabhängig von politischen Einflüssen auszuüben haben. „Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei“, so heißt es wörtlich in Paragraf 33 des Beamtenstatusgesetzes, das auch für Beamte in den Ländern gilt. Dass die Neutralitätspflicht im Gegensatz zu anderen Bundesländern im Bremischen Beamtengesetz keine explizite Erwähnung findet, ist zwar bezeichnend, ändert aber nichts an der Rechtslage. Für einen Beamten, der sich an die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums hält, kann es also keinen politischen Gegner geben, den er im Rahmen seiner Tätigkeit zu bekämpfen hat, auch nicht auf Anweisung einer Ministerin. Sollte die Aufgabenbeschreibung von Senatorin Dr. Bogedan eine gegenteilige Interpretation zulassen, wie es Ressortsprecherin Kemp unlängst suggerierte, dann wird es Zeit, diese Beschreibung inhaltlich zu überarbeiten.

Meine Damen und Herren, wir haben es hier nicht nur mit einer Verwaltungschefin zu tun, die ihren Laden offenbar nicht im Griff hat und die Führungsschwäche zeigt. Es geht um sehr viel mehr. Die unlängst bekannt gewordene E-Mail macht deutlich, dass Senatorin Dr. Bogedan gezielt auf eine Strategie der Intransparenz und des Totschweigens von Problemen setzt, um öffentliche Kritik an ihrer Politik zu vermeiden und -

(Beifall BIW)

noch schlimmer! - die Kontrollrechte des Parlaments zu unterlaufen. Sie will ihre Behördenmitarbeiter, die dem Neutralitätsgebot unterworfen sind, rechtswidrig parteipolitisch in die Pflicht nehmen. Wirklich überraschen kann dieses Verhalten nicht. Die Affäre Bogedan ist vielmehr symptomatisch für ein Bundesland, das seit 70 Jahren federführend von einer Partei geführt und regiert wird, nämlich der SPD.

(Unruhe SPD)

Die SPD agiert längst völlig abgehoben und ist zuvörderst am Machterhalt interessiert, um Bremen weiter als Experimentierfeld für die Umsetzung linksideologischer Projekte wie der Einheitsschule zu nutzen.

(Beifall BIW)

In Anlehnung an einen Buchtitel des bekannten Verwaltungswissenschaftlers von Arnim könnte man auch sagen, die SPD hat sich Bremen zur Beute gemacht, wie es heute schon geheißen hat. Dieser für eine Demokratie höchst ungesunde Zustand kann nur von den Wählerinnen und Wählern beendet werden. Angesichts des desolaten Zustandes, in dem sich die SPD auf Bundesebene befindet, stehen die Chancen, dass die rote Hegemonie an der Weser bei den Bürgerschafts- und Kommunalwahlen im nächsten Jahr endet, so gut wie selten zuvor in den letzten Jahrzehnten. Bremen braucht dringend einen politischen Neuanfang. Das hat die Affäre Bogedan noch einmal deutlich gemacht. Hoffen wir, dass es dazu bald kommt! - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall BIW, Abg. Schäfer [LKR], Abg. Tassis [AfD])

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss zugeben, einen größeren Dünnsinn habe ich in einer bildungspolitischen Debatte hier noch nicht erlebt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Für die Schenkelklopferecke dort hinten mag das reichen, um die Probleme in Bremens Bildungspolitik zu lösen, wahrscheinlich nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich werde nicht noch einmal erzählen, was Anlass dieser heutigen Debatte ist. Das ist von meinen Vorrednern oft genug erwähnt worden. Ich möchte zwei, drei Anmerkungen zu beiden Teilen dieser EMail machen; denn beide Teile sind bemerkenswert und laden auch zu einer Debatte ein.

Ich will zuerst zu dem zweiten Aspekt, der Bemerkung über den politischen Gegner, etwas sagen. Das geht nicht! Frau Dr. Bogedan, das, was Sie in der E-Mail geschrieben haben, geht einfach nicht! Die Verwaltung hat eine gewisse Neutralität zu wahren, übrigens auch gegenüber uns Oppositionskräften.

(Beifall DIE LINKE, CDU, FDP)

Die Verwaltung kann auch nicht einfach von einer Regierungspartei, von welcher auch immer, vereinnahmt werden, selbst wenn das, was Sie gesagt haben, Herr Dr. vom Bruch, auch nicht zutrifft, weil die Adressaten ja Teil dieser Regierungspartei sind. Aber solche Formulierungen sind einfach stil- und geschmacklos. Sie zeigen durchaus auf, was in Bremen alle vermuten, nämlich dass die hiesige Sozialdemokratie die Bildungsbehörde als ihren Hinterhof betrachtet. Das geht in der Tat nicht!

(Beifall DIE LINKE)

Solche Formulierungen werfen nämlich auch die Frage auf, welches Ziel Bildungspolitik im Land Bremen hat: Soll sie dazu dienen, das Wahlergebnis der SPD zu halten, oder geht es dieser Bildungsbehörde um das Wohl der Kinder und Jugendlichen in unserem Bundesland?

Auch der erste Teil der E-Mail fordert eine Debatte heraus. Denn dort bringt die Senatorin einen Zustand auf den Punkt, den wir von der Opposition bisher zwar erahnt haben, der aber bislang noch nie so öffentlich zugegeben worden ist. Schulen in Notlagen werden nämlich von der Behörde für Kinder und Bildung nicht adäquat unterstützt. Das ist die Quintessenz dieser E-Mail. Alles andere ist Drumherumgerede und Interpretation.

Damit bestätigt sich der Eindruck, den man bekommt, wenn man mit Lehrkräften, mit Schulleitungen oder auch mit Eltern in dieser Stadt spricht: Wenn es an einer Schule nicht rundläuft, sei es wegen Baumaßnahmen, sei es wegen Personalmangel, dann hat die Bildungsbehörde keine Instrumente zur Hand, mit denen sie eine Schule gezielt, mit passgenauen Lösungen, für einen Übergangszeitraum unterstützen kann. Deswegen kommen einige der benannten und bekannten Schulen seit Monaten nicht mehr aus den Schlagzeilen heraus. Deswegen wird die Personalsituation an einigen Schulen, die ich jetzt nicht namentlich nenne, immer dramatischer. Deswegen geht es auf Baustellen an einigen Schulen nur schleppend voran. Der Unterricht an diesen Schulen leidet. Diese Schulen bekommen eben keine Unterstützung, auch nicht für den Übergangszeitraum von chaotischen Baumaßnahmen.

Ich habe übrigens in zahlreichen Berichtsbitten in dieser Legislaturperiode den zuständigen Deputationen genau diese Frage immer wieder für jede einzelne Schule gestellt. Ich habe wiederholt gefragt, welches die konkreten Probleme an den Schulen sind und wie ihnen gezielt Unterstützung

gegeben werden kann, damit diese Probleme überwunden werden. Worthülsen und Floskeln waren das, was ich in fast jeder Antwort bekam. Ich erhielt nie, auf keine der Berichtsbitten, eine substantiierte Antwort. Es ist gut, dass die Senatorin jetzt, nach drei Jahren, begreift, dass es eines der großen Probleme in ihrem Haus ist, dass die Schulen in Bremen viel zu oft mit den Schwierigkeiten alleingelassen werden.

Was brauchen Schulen in Krisensituationen? Es hilft jedenfalls nicht, ihnen zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Dass Schulleitungen unbesetzte Stellen in Geld umwandeln können, ist für die Schulleitungen oft keine Hilfe, sondern eher eine Belastung.

(Abg. Güngör [SPD]: Das stimmt nicht, Frau Vogt! Das ist explizit der Wunsch der Schulleitungen ge- wesen!)

Denn in der Praxis bedeutet dies aktuell, dass die Schulleitungen selbst auf Personalsuche gehen müssen, um für das zur Verfügung stehende Geld Vertretungskräfte zu bekommen.

Die Schulen brauchen also aktuell vom Ressort mehr als eine Mittelzuweisung. Sie brauchen aktive Hilfe bei der Personalzuweisung und der Gewinnung von Vertretungskräften. Denn es ist nun einmal so: Für Schulen in prekärer Situation, sei es durch die soziale Lage oder durch chaotische Baumaßnahmen, ist es schwer, Personal zu finden. Die Kritik der Senatorin an ihrem eigenen Haus ist insoweit berechtigt. Hier muss mehr geschehen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte an dieser Stelle die Kritik ausdrücklich auf weitere Senatsressorts ausweiten. Insbesondere über Immobilien Bremen hören wir in der Praxis immer wieder, dass sich die Schulen mit den Baustellen alleingelassen fühlen, dass Absprachen mit Immobilien Bremen nicht funktionieren und Ansprechpartner unklar sind. Hausmeister und Schulleitung müssen auf einmal eine Baustelle betreuen. Für diese Aufgabe sind sie weder qualifiziert, noch ist das ihr Zuständigkeitsbereich. Immobilien Bremen macht Schulleitungen mit Baustellen zusätzliche Arbeit, statt sie bei den Bauarbeiten zu entlasten. Auch hier muss der Senat Prozesse dringend anders gestalten, damit sich die Schulen auf das konzentrieren können, was ihre Aufgabe ist, nämlich den Unterricht zu gestalten.

(Beifall DIE LINKE)

Warum haben wir heute diese Aktuelle Stunde? Was fordert die CDU in dieser Situation? Sie zettelt heute eine Debatte an, in dessen Titel es heißt: „mit Mängeln transparent umgehen“. Als ob wir in Bremen ein Transparenzproblem hätten! Bremen ist ein Dorf mit Straßenbahn. Informationen über Mängel an den Schulen verbreiten sich im Grunde innerhalb von Sekunden. Jeder von uns bekommt sie per WhatsApp oder per E-Mail sofort mitgeteilt, und meistens stehen sie schon am nächsten Tag in irgendeiner Zeitung.

Keiner einzigen Schule ist damit geholfen, wenn die Mängel transparent aufgeführt werden. Auch ist keiner Schule damit geholfen, wenn zum x-tausendsten Mal in der Bürgerschaft - wie heute in dieser Aktuellen Stunde - über die Bildungssenatorin debattiert wird. Um sich selbst kreisende Debatten, die so konstruiert sind wie die heutige, interessieren draußen niemanden mehr, weil sie wirklich keiner einzigen Schule helfen.

(Beifall DIE LINKE - Abg. Remkes [BIW]: Die Eltern interessiert es schon!)

Die Menschen draußen, die Schulleitungen, die Lehrkräfte, die Kinder, die Eltern - sie alle erwarten vom Senat, dass die Mängel endlich behoben werden. Das heißt für mich auch, dass in der Bildungsbehörde endlich Führungsstärke gezeigt wird. Das Haus ist so aufzustellen, dass es für die Schulen im Land konkrete, passgenau zugeschnittene Lösungen entwickeln kann, wenn sie, aus welchen Gründen auch immer, in eine akute Problemsituation geraten. Eine solche Neuaufstellung der Behörde ist erforderlich. Ich bezweifle allerdings sehr, dass der richtige Weg für dieses richtige Ziel die hoch fragwürdige E-Mail ist, die die Senatorin geschrieben hat.

Im Übrigen gilt - auch das ist eigentlich bekannt -: Personalführung funktioniert nicht über E-MailSchreiben. Dass man auf diese Weise die Adressaten lediglich rüffelt und dadurch eher in eine Verweigerungshaltung treibt, sollte hinlänglich bekannt sein. Personalführung funktioniert einfach anders, mit Personalgesprächen, mit klaren Strukturen, die in der Behörde vorgegeben werden. Dadurch erspart man sich solche E-Mails, übrigens auch solche Aktuellen Stunden.

Frau Senatorin, wenn man sich die Probleme anschaut - Sie haben sie zum Teil richtig erkannt -, dann kann man nur eine Schlussfolgerung ziehen:

Starten Sie diesen behördeninternen Prozess noch einmal neu, dieses Mal bitte richtig! Bekommen Sie Ihr Haus in den Griff! Fangen Sie an, Politik für die Schulen und für die Kinder und Jugendlichen in Bremen zu machen, nicht für den Erfolg Ihrer Partei 2019! - Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Steiner.

Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Bürgermeister Dr. Sieling hat in der vergangenen Woche ein Interview gegeben, in dem er uns Bremerinnen und Bremer rügt, wir würden in Reden den Eindruck erwecken, Bremen sei ein Ort, den man meiden müsse. Ich bin bekennender Bremen-Fan. Ich liebe unsere Stadt. Ich liebe das Leben hier, die Menschen, das Miteinander. Ich bin auch richtig stolz auf Bremen.

(Beifall FDP)

Überall, wo ich unterwegs bin, halte ich die Fahne für unser schönes Bremen hoch. Es wird aber immer schwieriger, diesen Stolz aufrechtzuerhalten. Es wird übrigens auch immer schwieriger, diesen Stolz zu begründen. Von außerhalb wird man gefragt, was denn in Bremen los sei. Man hört die Stichworte: „Überschuldet!“, „Schlechteste Bildung!“, „Hohe Arbeitslosigkeit!“, „Die Wirtschaft zieht weg!“ - und so weiter. Sie, der Bürgermeister und die Senatoren, sind aufgefordert, uns Gründe für berechtigten Stolz zu geben. Stattdessen aalen Sie sich in Selbstzufriedenheit und totaler Verweigerung für Neues. Ein Blick in das Bildungsressort reicht für diese Einschätzung aus.

(Beifall FDP, CDU)

Wissen Sie, welche Headlines kommen, wenn man bei Google in den News nach „Bildung in Bremen“ und „Senatorin Dr. Bogedan“ sucht? Ich sage es Ihnen: „Eltern protestieren gegen Kitaausfälle“, „Beschwerdebriefe an Bildungssenatorin“, „Das Personal fehlt noch“. Nur Hiobsbotschaften! Bei aller Liebe, Stolz und Freude klingen anders. Von Monat zu Monat häufen sich die Notstandsmeldungen: Unterrichtsausfälle, Personalmangel, zu wenig Klassenräume, zum Teil katastrophale Zustände in den Schulen mit riesigem Sanierungsstau, der immerhin, dank unserer Anfrage, bekannt geworden ist. Geändert wird wieder einmal nichts!

(Beifall FDP)