Dies steht mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu, weil ich jahrelang selbst Richter am Amtsgericht war und auch eine lange Zeit in Strafsachen verhandelt habe. Ich weiß, dass auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Justiz, die die richterliche Tätigkeit ausüben, das genauso sehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit auf die Personalausstattung des Landgerichts eingehen. Auch wenn es immer wieder nicht gern gehört wird und mein Vorgänger, Matthias Stauch, sie wahrscheinlich damit strapaziert hat: Orientiert an den Eingängen pro Richter ist das Landgericht Bremen im Bundesvergleich sehr gut ausgestattet. Das Landgericht hat in den letzten drei Jahren neun Richterstellen für drei zusätzliche Strafkammern erhalten. Insofern ist Herr Senator Günthner nicht wortbrüchig, sondern er hat sich darum bemüht und das auch letztlich realisiert.
Zum Jahresende 2017 werden bei dem Landgericht Bremen 53 Richterinnen und Richter tätig sein, so viele wie noch nie zuvor.
Die Geschäftslage beobachtet mein Ressort ständig und sehr genau. Darüber berichten wir regelmäßig dem Rechtsausschuss. Zurzeit werden die Geschäftsabläufe bei dem Landgericht durch die Organisationsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm analysiert. Sollte sich herausstellen, dass ein weiteres Nachsteuern von Personal erforderlich ist, werde ich selbstverständlich alles daransetzen, dies auch im Haushaltsvollzug der Jahre 2018 und 2019 zu verwirklichen. Alle Wortbeiträge aus diesem Hause lassen für mich optimistisch erscheinen, dass für den Fall, dass wir tatsächlich antreten, Sie alle mit großer Mehrheit diese Personalbedarfe hier beschließen werden.
Herr Staatsrat, Sie hatten es hier eben so dargestellt, das Beschleunigungsgebot könne nicht zurückgeführt werden auf die Besetzung der Richterschaft, auf die Anzahl der Stellen, auf die Belastung. Aus Ihrer Vorlage im Rechtsausschuss lassen Sie ausführen, wegen mehrerer anderer laufender Verfahren habe das Oberlandesgericht sich nicht davon überzeugen lassen können, dass dem Beschleunigungsgebot Genüge getan worden sei. Das ist doch ein eindeutiger Rückschluss darauf, dass das Oberlandesgericht, das ja auch den Fall insgesamt prüft und sich nicht nur auf den Vortrag der Parteien beschränkt und auch die Situation beim Gericht insgesamt prüft, davon ausgegangen ist, dass die Stellenzahl nicht hinreichend ist, um dem Beschleunigungsgebot Rechnung zu tragen. Würden Sie dies nicht aus dieser Entscheidung so entnehmen?
Nein, Herr Abgeordneter Zenner, das entnehme ich dieser Entscheidung nicht so. Das Oberlandesgericht - und das ist nun auch die Aufgabe eines Gerichts - beschäftigt sich immer mit dem konkreten Fall. Ich habe hier - und das möchte ich auch noch einmal in diesem Haus sagen - nicht eine Richterschelte geübt, sondern ich habe Verständnis dafür gezeigt, dass man eine Entscheidung auch kritisieren kann. Gerade im konkreten Fall habe ich das dann auch einmal so geäußert.
Das Oberlandesgericht hätte - und das ist die Differenzierung, die ich vornehme - aus meiner Sicht die wirklichen Bemühungen der Vorsitzenden in der Strafkammer auch anders würdigen können. Das heißt, diese Strafkammervorsitzende hat sich bemüht - und das ist auch ihre Aufgabe -, innerhalb der gesetzlichen Sechsmonatsfrist zu einer Zulassung der Anklage und einem Beginn der Hauptverhandlung zu kommen. Das ist das alles Entscheidende. Alle anderen Themen kann ein Gericht nicht würdigen.
Das Gericht kann nicht durch eine Entscheidung ein justizpolitisches Thema, das Sie für wichtig halten, nämlich dass die richterliche Ausstattung am Landgericht verbessert werden müsse, zum Gegenstand machen. Das ist keine richterliche Entscheidung. Das wissen die Richterinnen und Richter auch, und so ist es auch im konkreten Fall.
Können Sie noch sagen, wie viele Altfälle zwischenzeitlich durch die weiteren Besetzungen beim Landgericht in Angriff genommen worden und terminiert worden sind?
Herr Zenner, leider bin ich nicht in der Lage, die absolute Zahl der Fälle zu sagen. Ich kann Ihnen aber sagen,
dass die Anzahl der Haftsachen in den vergangenen Monaten ständig zugenommen hat und sich deswegen die neuen Kammern - das ist nun auch wiederum Ausfluss dieses Strafprozessrechts - zunächst um Haftsachen zu kümmern haben. Das heißt, der Abbau der Altverfahren dürfte noch nicht großartig vorangeschritten sein.
Herr Staatsrat, Sie hatten eben in Ihrer Rede ausgeführt, dass die personelle Belastung beim Landgericht nicht das Problem sei, und hatten als Beleg dafür angeführt, dass die Zahl der Verfahrenseingänge je Richter im Bundesdurchschnitt sehr gut sei. Jetzt meine Frage: Es gibt eine Vorlage des Rechtsausschusses aus dem Frühjahr 2017, ich denke, von Ihrem Haus. Dort können wir die Eingänge je Richter in Bremen sehen. Sie lagen im Jahr 2015 - für das Jahr 2016 lag der Bundesdurchschnitt noch nicht vor - bei 12 Eingängen pro
Richter, im Bundesdurchschnitt bei 11,1. Können Sie mir erklären, wie Sie von einem guten Vergleich zum Bundesdurchschnitt ausgehen, wenn die Zahl der Eingänge pro Richter in Bremen deutlich höher ist als im Bundesdurchschnitt? Wie kommen Sie da auf die Idee, dass wir sehr gut ausgestattet sind?
Herr Timke, ich habe gesagt, dass im Bundesvergleich die Ausstattung des Landgerichts Bremen gut ist.
Ja, ja! Der Bemessungsschlüssel heißt da PEBBSY, darüber kann man sich streiten, ob man das so will, aber PEBBSY ist es jetzt im Augenblick. Einige wollen das nicht anwenden, das ist aber im Augenblick Stand der Art. Wir haben im Augenblick - das ist das, was ich heute aktuell sagen kann - im Bereich der Strafsachen 77 Prozent des Bundesdurchschnitts an Belastung. Für Zivilsachen sieht das anders aus, da liegt die Zahl höher. Das Landgericht bestreitet nämlich Zivilverfahren und Strafverfahren. Der Fokus der Öffentlichkeit ist sehr stark auf die Strafverfahren gerichtet, was ich auch nachvollziehen kann.
Wir werden uns - das habe ich ja auch im Rechtsausschuss schon mehrfach angekündigt, so ist im Augenblick die Einschätzung - im Frühjahr 2018 mit der Erhebung, die durch die Organisationsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm vorgenommen wird, auseinanderzusetzen haben. Das Oberlandesgericht Hamm ist ein relativ großes Gericht, ein großer Gerichtsbezirk, und man hat ein von der Größe der Stadt und der Anzahl der Richterinnen und Richter her mit dem Landgericht Bremen vergleichbares Landgericht ausgewählt. Sie werden dann Zahlen sehen, die uns wahrscheinlich beschäftigen werden müssen.
Meine Vermutung - mehr ist es im Augenblick noch nicht - ist: Es wird wahrscheinlich so aussehen, dass die personelle Ausstattung des Landgerichts in Strafsachen wirklich besser ist als im Bundesdurchschnitt, und sie ist ausreichend, um die aktuellen Eingänge zu erledigen. Damit sind wir dann beim Kern des Themas, was hier auch schon mehrfach diskutiert worden ist: Wir müssen natürlich die Altverfahren erledigen. Einer der Redner hat gesagt, in den Altverfahren könnte natürlich Etliches schlummern. Das würde ich nie bestreiten, das macht mir große Sorgen, und das ist das Thema, das wir dann wahrscheinlich gemeinsam zu würdigen haben. Wenn wir feststellen können,
dass die Ausstattung des Gerichts mit Richtern ausreichend ist, um die aktuellen Verfahren alle zu erledigen und keine neuen Altverfahren aufzubauen, dann haben wir aber natürlich das wesentliche Problem, dass wir auch diese Altverfahren zeitnah erledigen müssen. Das könnte dann vielleicht temporär ein Problem der personellen Ausstattung sein. - Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Wir sind mit einer Situation konfrontiert, in der durch die BIW - und es ist Prinzip solcher Parteien - ein offensichtlicher und vermeintlicher Missstand zum Anlass genommen wird, um den Rechtsstaat pauschal zu diskreditieren, um Politiker pauschal zu diskreditieren und auch ausländische Mitbürger pauschal zu diskreditieren.
Das ist ein Zustand, den ich persönlich diesem Haus nicht angemessen finde. Das ist eine Art und Weise zu diffamieren und Politik zu machen, die möglicherweise an Stammtischen geht. Ich finde, wir hatten bisher einen Konsens, dass wir auf solchen Leim nicht gehen.
Ich habe den Eindruck und bin mir nach dieser Debatte nicht mehr sicher, ob dieser Konsens nach dieser Debatte noch besteht. Wir brauchen eine nach vorn gerichtete Debatte, und die Lösung, die solche Parteien für die Probleme anbieten, die sie möglicherweise hin und wieder auch zu Recht benennen, ist eine Lösung, die wir nicht wollen, die antidemokratisch ist und die in diesem Haus meines Erachtens anders diskutiert werden muss.
Herr Abgeordneter Rupp, ich weiß jetzt gar nicht, ob es mir zusteht, darauf etwas zu sagen, aber das sehe ich überhaupt nicht so!
Herr Kollege, das müssen wir jetzt nicht weiter diskutieren, wir können das im Vorstand diskutieren.
Es ist ein parlamentarisches Recht einer Gruppe oder einer Fraktion, eine Aktuelle Stunde zu beantragen, und ich sehe nicht, dass diese Aktuelle Stunde in irgendeiner Weise im Sinne der von Ihnen vorgetragenen Vorwürfe oder Bedenken aus der Spur gekommen ist. Ganz im Gegenteil, es war eine angemessene parlamentarische Diskussion.