Protocol of the Session on December 6, 2017

(Beifall CDU)

Aber nicht nur baulich und planerisch hängen wir hinterher, auch bei den sonstigen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel bei der Genehmigungspraxis der Schwerlasttransporte muss es immer erst zu einem Desaster kommen, bevor sich die Verwaltung überhaupt bewegt.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: „Desaster“ ist ein biss- chen hochgegriffen!)

Zwischenzeitlich sind die Bearbeitungszeiten wohl wieder auf ein deutlich reduziertes Maß zurückgegangen, aber wie viele Runden waren dafür notwendig?

Bremens Lebensnerv sind die Häfen. Diese gilt es, in Schuss zu halten, baulich, technisch und organisatorisch auch fit für die Zukunft zu machen. Hier nenne ich nur das Stichwort Smartport. Diesem Anspruch wird der hier vorgelegte Haushalt nicht gerecht. Deshalb lehnen wir ihn auch ab. - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Schulz.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe jetzt eine etwas schwierige Aufgabe zu erledigen, denn ich soll als Staatsrat zu Bremerhaven sprechen. Würde ich das als ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Bremerhaven tun, würde ich hier einigen die Leviten lesen. Aber ich mache es etwas anders.

(Beifall CDU - Abg. Röwekamp [CDU]: Sie hätten es ja bleiben können!)

Das ist wahr, Herr Röwekamp, aber es ist auch gut so.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Die einen sagen, so die anderen so! - Abg. Frau Grotheer [SPD]: Daraus spricht der Neid!)

Ich weiß, was meine Frau sagt. Deswegen weiß ich, was die Wahrheit ist. Das war gut so.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, richtig ist, dass Bremerhaven unter Strukturproblemen leidet. Das ist auch keine wirklich neue Erkenntnis. Richtig ist, dass der Senat nicht nur in den letzten Jahren, sondern in den letzten 20 Jahren mehr als obligatorische Anstrengungen unternommen hat, um diese Strukturprobleme am Standort Bremerhaven zu lösen. Es ist eine allgemeine Erkenntnis - das wissen wir jetzt nach der Neuordnung des Finanzausgleichs -, dass es beim Verteilungssystem auf die Einwohnerzahl ankommt. Deswegen ist es natürlich wichtig, dass das Land Bremen insgesamt an Einwohnern wächst. Das bedeutet, dass man sich, wenn man damals erkannt hat, dass Bremerhaven die Achillesferse in dieser Politik ist, auch verstärkt um Bremerhaven kümmern muss, und dies schon aus eigenem Interesse, um am Ende eine starke Stellung im Finanzausgleichssystem behalten zu können. Infrastrukturmaßnahmen sind am Standort Bremerhaven immer noch von entscheidender Bedeutung.

Nun besteht die Situation, dass wir unterscheiden müssen. Ein Teil der Investitionsmaßnahmen wird kommunal, ein anderer Teil wird durch das Land Bremen sowie durch die Stadtgemeinde Bremen verantwortet. Da ist es eben so, dass in diesem Haushalt tatsächlich auch Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die Infrastruktur der Häfen weiter zu stärken.

Genannt sei der Ausbau der Bahnanlage Imsumer Deich - die Inbetriebnahme erfolgt übrigens am 8. Dezember, also noch in dieser Woche -, ein neues IT-System für die Hafeneisenbahn, die weitere Optimierung des Industriehafens in Bremen. Gerade gestern habe ich als Staatsrat ein sehr an Lösungen orientiertes Gespräch mit der ISH Bremen geführt. Dies war ein recht gutes Gespräch. Wir haben auch - das wissen Sie - mit dem Neubau der Kaje im Kaiserhafen III begonnen. Auch das ist ein Strukturthema der Häfen, weil das die Voraussetzungen schafft, dass sich dort eine vorhandene Werft oder auch andere unternehmerisch engagieren können. Das ist für uns wesentlich.

(Beifall SPD)

Wir wissen - das gilt für alle Ressorts -, dass der Haushalt eng, dass er auf Kante genäht ist und dass man politische Gewichtungen vornehmen muss. Bezogen auf die Häfen kann ich aber sagen, dass wir in nächster Zeit eine Vielzahl von Projekten weiter beplanen können, sodass dann tatsächlich auch Entscheidungen getroffen werden können und die Umsetzung dieser Maßnahmen, wenn sie dann letztlich politisch eine Mehrheit finden, in den kommenden Jahren, beginnend ab 2020, fortgesetzt werden kann. Vielleicht gelingt uns das eine oder andere noch davor. Dazu gehört der Neubau der Columbuskaje, dazu gehört die Planung zur Nordmole. Für jene, die das nicht so genau kennen: Das ist die etwas enge Einfahrt zum Fischereihafen. Das sind Kajensanierungen im Hafen, aber es gehört auch die Erweiterung der Elektrifizierung der Bahnanlagen im Bereich Speckenbüttel dazu.

Wir wissen, dass es auch Zukunftsthemen gibt, die gerade auf der EU-Ebene eine entscheidende Rolle spielen. Dabei geht es etwa um die Frage, ob wir eine Infrastruktur für LNG in Bremerhaven oder in den bremischen Häfen vorhalten sollen. Für die Binnenschifffahrt ist schon einmal etwas Ähnliches organisiert worden. Allerdings ist es etwas schwierig, dort die Balance zu finden. Es ist sicherlich zu fragen, ob es andere Antriebstoffe für die Schiffe gibt. Ob es LNG sein wird oder etwas anderes, ist noch nicht ganz entschieden. Im Augenblick geht

der Trend dahin, dass es LNG sein wird. Wir werden uns darauf einzurichten haben, insbesondere deswegen, weil Bremerhaven in den letzten Jahren sehr erfolgreich beim Kreuzfahrttourismus mitgemacht hat. Gerade die Kreuzfahrtschiffe haben einen hohen Rechtfertigungsdruck, um nicht in die Kritik zu geraten. Der LNG-Antrieb wird daher bei den Kreuzfahrtschiffen sicherlich eine Rolle spielen. Deshalb wird er auch ein Thema für uns sein, das wir im Auge behalten müssen.

Ich möchte noch auf ein paar Kleinigkeiten zurückzukommen. Liebe Sibylle, 5 000 war die Zahl von damals. 9 000 Studierende wollen wir an der Hochschule Bremerhaven haben. Dafür ist es gut, dass wir dort ein Studierendenwohnheim bekommen werden.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Aber nicht für 4 000!)

Herr Vorsitzender?

(Abg. Tschöpe [SPD]: Aber nicht für 4 000!)

Nein, so groß wird es nicht werden. Das ist mir klar. Aber es ist ein Anreiz.

Wichtig ist auch, dass die wissenschaftliche Infrastruktur am Standort durch die DLR-Ansiedlung gestärkt wird.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Auch wissenschaftspoli- tisch!)

Wir kennen die Hochschule, wir kennen das AWI, wir kennen das IWES, wir kennen die FraunhoferInstitute. All das sind große und wichtige Bausteine.

Letztlich spielt auch die Zukunft des Deutschen Schifffahrtsmuseums sowohl landespolitisch als auch kommunalpolitisch eine wichtige Rolle. Wir können alle froh darüber sein, dass das Deutsche Schifffahrtsmuseum die Evaluierung bestanden hat. Das ist schon einmal ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. - Herzlichen Dank!

(Beifall SPD)

Damit haben wir den Schwerpunkt „Bremerhaven und Häfen“ abgearbeitet.

Bevor ich zu dem nächsten Schwerpunkt, dem Schwerpunkt Nummer 5, „Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport“, komme, gebe ich

noch einmal die Restredezeiten bekannt. Auf die SPD-Fraktion entfallen 41 Minuten, auf Bündnis 90/Die Grünen 24 Minuten, auf die CDU-Fraktion 33 Minuten, auf die Fraktion DIE LINKE 23 Minuten, auf die FDP-Fraktion 17 Minuten, auf Bürger in Wut 1 Minute. Der Senat hat noch 13 Minuten zur Verfügung.

Wir kommen nun zum fünften Schwerpunkt: „Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport“.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Teil des Sozialhaushalts ist der größte in diesem Gesamthaushalt. 1,18 Milliarden Euro werden für den Bereich Jugend, Soziales, Frauen und Integration ausgegeben. Mein ganz persönliches Anliegen ist es, dass wir zunehmend darüber nachdenken, wie wir dahin kommen, dass wir Prävention statt Reparaturen machen. Das ist die einzige Chance, diesen hohen festgelegten Haushaltsanteil in den Griff zu bekommen. Dabei sind wir auch schon auf einem ganz guten Weg. Das ist aber aus meiner Sicht durchaus ausbaufähig. Daran müssen wir unbedingt arbeiten.

Vorab will ich eine Anregung geben. Ich glaube, dass die Jugendhilfesysteme und die Bildungssysteme noch deutlich besser und enger vernetzt zusammenarbeiten müssen. Die verhaltensauffälligen Kinder oder Jugendlichen, die wir haben, hat die Schule auch. Teilweise sind es die gleichen Jugendlichen, die gleichen Kinder, denen von den verschiedenen Hilfesystemen geholfen wird. Insoweit wäre eine noch bessere Vernetzung, als wir sie bisher haben, eine gute und auch haushalterisch wichtige Maßnahme.

Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass dieser Haushalt im Gesamtkonzert der Haushaltsaufstellung für diesen Bereich auskömmlich ist. Es ist immer so, dass man sich natürlich für seinen eigenen Fachbereich deutlich mehr wünschen könnte. Das weiß ich, und das tue ich im Prinzip auch. Man muss aber mit den konkreten Gegebenheiten umgehen. Herr Tuncel wird gleich sagen, das sei alles zu wenig. Wir haben aber zum Beispiel für die öffentliche Jugendarbeit mehr Geld eingestellt. Das war jahrelang nicht möglich. Dieses Mal ist es in den Haushalt hineingeschrieben worden. Die offene Jugendarbeit ist aus meiner Sicht eine ganz wichtige Tätigkeit, übrigens auch hinsichtlich der politischen Bildung der Jugendlichen. Deswegen

ist es in Ordnung, wenn wir den Ansatz erhöhen, wohl wissend, dass gleich der Einwand kommen wird, das reiche nicht aus und müsste deutlich mehr sein.

Soweit ich weiß, werden wir morgen auch die Frage der Spielplätze diskutieren. Zur Sanierung, zur Erweiterung und zum Ausbau sowie zum Erhalt der Spielplätze wird 1 Million Euro eingestellt. Auch das ist eine ganz wichtige Ansage. Ich glaube, dass man einen riesengroßen Fehler macht, wenn man Kindern in einer Stadtgemeinschaft keinen Spielraum eröffnet. Alle Neurologen wissen, dass Bewegung, dass Sport nicht nur körperlich gesund, sondern auch für die geistige Entwicklung ganz wichtig ist.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen - Zuruf Abg. Bücking [Bündnis 90/Die Grünen])

Ja, ich könnte auch einmal ein bisschen turnen. Das könnte nicht schaden. - Das darf man auf jeden Fall aus meiner Sicht überhaupt nicht unterschätzen. Das gilt übrigens für den Sport insgesamt.

Ich sage noch ganz kurz ein paar Sätze zum Sport. Was der Sport in dieser Stadt für die Integration leistet, verdient unsere große Anerkennung.

(Beifall SPD)

Ich finde, dass dies gelegentlich in der Diskussion zu kurz kommt. Sport ist eben nicht nur gesund, sondern hat auch eine ganz hohe soziale Bedeutung und spielt eine ganz große Rolle im Bereich der Integration.

Lassen Sie mich noch etwas zur Pflege sagen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Pflege eines der wichtigsten sozialpolitischen Themen nicht nur aktuell ist, sondern auch in der Zukunft sein wird. Das Problem wird sogar noch heftiger werden, als es derzeit ist. Jetzt besteht in diesem Bereich ein riesengroßer Fachkräftemangel. Dazu gibt es von der SPD einen Antrag, um mehr Menschen für die Pflegeausbildung und mehr Fachkräfte für den Pflegeberuf zu gewinnen.

Ich glaube, dass wir wieder anfangen müssen, positiv über den Pflegeberuf zu reden, damit dieser nicht nur negativ besetzt ist. Das allein würde schon ein Stück weit helfen. Insgesamt glaube ich nämlich, dass er tatsächlich, wenn man ihn unter Bedingungen ausüben kann, die in Ordnung sind, ein sehr schöner Beruf sein kann. Bei diesen Bedin

gungen müssen wir deutliche Verbesserungen erreichen, nicht nur hinsichtlich der Bezahlung der Pflegekräfte, sondern auch im Hinblick auf die jeweiligen technischen Möglichkeiten in den Einrichtungen.

Die CDU hat nun einen Änderungsantrag eingereicht, den wir ablehnen werden. Einen Punkt daraus finde ich aber richtig. Es gibt viele ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger, die nach acht Jahren ihren Beruf nicht mehr ausüben wollen oder können, weil sie erschöpft sind, und die lieber in andere Berufsfelder wechseln. Wenn ich sie richtig verstanden habe, ist die CDU der Frage nachgegangen, wie man diese Menschen zurückgewinnen kann, damit sie wieder im Pflegeberuf arbeiten. Diesen Punkt finde ich richtig. Ihn werden wir in der Diskussion mit Sicherheit auch weiterverfolgen.

Kurz und gut: Ich glaube, dass man im Rahmen dessen, was in diesen Haushaltsberatungen möglich war, mit dem Sozialetat einigermaßen zufrieden sein kann. Begeisterung ist nicht das richtige Wort, aber zufrieden bin ich schon, weil ich glaube, dass wir mit den Mitteln, die wir bekommen haben, auch politische Akzente setzen können, obwohl der frei verfügbare Teil des Sozialetats im Verhältnis zu dem, was alles gesetzlich verpflichtend gezahlt werden muss, außerordentlich gering ist. So gesehen, müssen wir mit den Mitteln sehr sorgfältig umgehen. Wir müssen - das glaube ich im Übrigen auch - eine Qualitätsdiskussion in dem Bereich der Sozialpolitik führen. Viele Träger sind aktiv dabei. Die Diskussion ist auch gut im Gange. Wir müssen sie weiterverfolgen, damit wir mit dem Geld, das wir einsetzen, die größtmögliche Hilfe leisten können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort die Abgeordnete Frau Görgü-Philipp.