Protocol of the Session on November 9, 2017

tungen. Das kann man ziemlich genau zeigen, dass wir da in Bremen hinter den anderen zurückstehen. Offenkundig ziehen die Leute, die diesen Typus Arbeit machen und diesen Typus Ausbildung haben, das städtische Leben vor. Das ist nur ein Hinweis unter mehreren. Ich glaube auch, dass der Zustand unseres Bildungswesens dazu beiträgt und noch ein paar andere Dinge.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Daran ist der Senat nicht unschuldig!)

Bitte?

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Daran ist der Senat nicht unschuldig!)

Keine Frage, selbstverständlich verantworten wir auch diesen Zustand mit! Wir bemühen uns, ihn zu verbessern.

Es ist aber so, dass sich jeder klarmachen muss, es gibt Städte, die schrumpfen im Saldo dramatisch. Das ist im Osten häufig der Fall gewesen, obwohl sie zahllose Wohnungen hatten, die dann zu Leerstand wurden. Es gibt Städte, die dramatisch wachsen, obwohl sie keine einzige Wohnung im Überfluss haben. Beide Phänomene gibt es, woran Sie erkennen können, dass noch ganz andere Dinge als der Wohnungsbau Einfluss darauf haben.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Aber das heißt doch nicht, dass der Wohnungsbau ohne Einfluss ist!)

Jetzt aber noch einmal abschließend: Ich glaube, dass wir mit sehr viel mehr im Wettbewerb mit dem Umland stehen als nur mit dem Wohnungsbau.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Aber auch mit dem Wohnungsbau!)

Ja, selbstverständlich auch mit dem Wohnungsbau! Ich glaube, dass wir mit der Idee, dass wir genau das Gleiche anbieten wie das Umland, nicht gut beraten sind.

Ich glaube sehr wohl, dass wir auf dem Gelände der Rennbahn in der Nachbarschaft von Mercedes und den anderen großen Firmen in Hemelingen Angebote machen müssen, die wir im Dialog mit diesen Belegschaften entwickeln und die womöglich einen ganz anderen Typus Gebäude hervorbringen als das Einfamilienhaus mit Garten. Vielleicht ist das auch dabei, aber vielleicht ist es auch so, dass es unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Mercedes das Bewusstsein gibt, gar nicht für immer an diesem Ort zu bleiben, sondern wo

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möglich auch noch einmal den Arbeitsplatz zu wechseln, und dann ist es vielleicht von Vorteil, eine Geschosswohnung zu haben. Vielleicht ist es dann wichtiger, den guten Kindergarten zu haben, das gute ÖPNV-System zu haben, die gute Schule zu haben oder ein sportliches Angebot auf diesem Gelände.

Es geht also darum, mit einer komplexen Strategie für konkrete Zielgruppen zu antworten und dafür Städtebau zu machen. Ich bin allerdings der Meinung, dass wir auf dem Gebiet noch ganz schön viel Luft nach oben haben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort Herr Staatsrat Deutschendorf - -. Ach nein, Herr Kollege Pohlmann! Immer schön die Hand hoch, dann kann ich Sie sehen! Aber rechtzeitig!

(Heiterkeit - Abg. Bücking [Bündnis 90/ Die Grünen]: Hat heute seinen pädagogischen Tag, der Herr Präsident!)

Ja, ich bin Lehrer.

(Zuruf: Der Herr Lehrer! - Heiterkeit)

Herr Pohlmann, bitte!

Herr Präsident, ich würde niemals wagen, Sie zu kritisieren! Dann ist es mein Fehler, ich werde mich verbessern! Meine Damen und Herren, die Diskussion - und darum sage ich einmal, das hatten wir auch insgesamt beim ersten Antrag der CDU und jetzt auch mit der Großen Anfrage - passt natürlich auch inhaltlich in vielen Punkten zusammen, und das sieht man ja auch bei den Diskussionsbeiträgen.

Ich möchte noch einmal unterstreichen, ohne zu wiederholen, dass natürlich auch die Zahl der Entwicklung von Einpendlerinnen und Einpendlern hochinteressant ist, darauf wurde völlig zu Recht hingewiesen. Es gibt eine sehr informative Broschüre, erarbeitet von der Arbeitnehmerkammer, die das Thema empirisch untersucht und auch ins Detail gegangen ist. Ich glaube, diese wäre für die Fachdebatte, für uns alle, ein gutes Dokument, das belegt, dass es da nicht nur eine einfache Antwort gibt, sondern viele Beweggründe. Selbstverständlich ist auch insbesondere für uns als Zentrum dieser Region natürlich auch eine ganz zentrale Frage, auch Angebote für Menschen zu schaffen, die eine sehr gute Ausbildung haben. Ich glaube, es ist auch in der ganzen Strategie des Senats und dieser Koalition ein wesentlicher Bestandteil, wie wir hier auch eine Ver

netzung dieser einzelnen Politikfelder herbeiführen wollen.

Ich glaube, ein ganz entscheidender und zentraler Punkt auch für die SPD-Bürgerschaftsfraktion ist die Frage - das gilt nicht nur für die Frage des Wohnungsbaus, aber auch, selbstverständlich, der Kollege Bücking hat es gesagt -, wie wir das Areal, das Quartier der Rennbahn weiterentwickeln. Das muss selbstverständlich im engen Dialog mit der Bevölkerung passieren, aber wir möchten gern diesen Zaun einreißen und es frei machen für die Bevölkerung in Sebaldsbrück und der Neuen Vahr. Ich glaube, auch dort haben wir eine große Chance, auch mit dem anliegenden großen Unternehmen zusammen auch in vielen Bereichen ein Modellquartier zu entwickeln,

(Beifall SPD)

auch im Rahmen einer zukünftigen Stadtentwicklung, Verkehrspolitik und Energiepolitik. Ich glaube, das ist eine große Anforderung, vor der wir stehen.

Abschließend noch einmal: Ich finde, dass diese Anfrage vonseiten des Senats nicht oberflächlich beantwortet wurde, Herr Staatsrat - weil das eben in einem Beitrag angeklungen ist -, sondern in vielen Bereichen ist doch auch sehr selbstkritisch deutlich geworden, wo wir auch noch Defizite haben und sehen müssen, wo wir uns auch noch weiterentwickeln müssen. Ich möchte auch für meine Fraktion noch einmal herzlichen Dank sagen, das ist auch eine wichtige Frage, die wir auch weiter in unserer Wohnungsbau- und Flächenpolitik mit berücksichtigen sollten. - Herzlichen Dank!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Deutschendorf.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bremen wächst, und Bremen will noch stärker profitieren vom derzeitigen Trend in die Städte, da stelle ich hier im Hause doch große Einigkeit fest. Deshalb ist es eine wichtige Debatte, die wir hier heute führen, aber sie macht auch deutlich, dass viele Faktoren zu beachten sind und zusammenkommen müssen, um dieses Ziel zu erreichen.

Von zentraler Bedeutung ist durchaus der Wohnungsbau, das ist, glaube ich, gerade auch schon angeklungen. Wir müssen ein passendes Angebot für die Menschen schaffen, die nach Bremen kommen wollen, aber natürlich auch für die, die sich innerhalb Bre

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mens verändern wollen. Wir müssen ein Angebot machen für junge Familien und für diejenigen, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind, und da sind wir auf einem guten Weg.

Seit dem Jahr 2012 sind die Zahlen bei den Neubauten verdoppelt, nahezu verdreifacht worden, und wir haben die Grundlagen dafür geschaffen, dass dies in den nächsten Jahren auch so weitergehen kann. Seit dem Jahr 2015 sind wir bei circa 2 000 Genehmigungen jährlich, im Jahr 2016 hatten wir über 1 600 Baufertigstellungen, und das läuft langsam auf. Diese Dynamik entwickelt sich ja, je mehr Genehmigungen wir haben, und dann steigt in den folgenden Jahren auch die Zahl der Fertigstellungen. Das stimmt uns durchaus zuversichtlich.

Mit den hier bereits angesprochenen Wohnbauflächen für das Jahr 2020 haben wir die Potenziale aufgezeigt, und das für alle Zielgruppen. Es gibt Flächen für Mietwohnungen, es gibt Flächen für den Geschosswohnungsbau, aber genauso gut natürlich auch für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Reihenhäuser. Hier werden wir auch in Zukunft ein breites Angebot machen. Unser Plan ist auch, diese Übersicht, diese über 200 Flächen jährlich zu überarbeiten und sie dann darüber auch zeitlich zu konkretisieren. Darüber werden dann auch die Fortschritte deutlich, die wir dort bei der Realisierung auf diesen Flächen erzielen. Wir haben also auch vor, für die Jahre 2018, 2019 und 2020 aus diesen 200 Flächen noch einmal Impuls-Flächen zu benennen, bei denen es dann jetzt besonders zügig weitergehen soll.

Um in Zukunft diese Angebote noch passgenauer machen zu können, werden wir vertiefende Untersuchungen vornehmen, um auf deren Grundlage den Stadtentwicklungsplan Wohnen zu erarbeiten und hier auf einer noch festeren fachlichen Basis in Zukunft auch natürlich diskutieren, aber auch handeln zu können.

Auch in Bremerhaven wird an diesen Themen intensiv gearbeitet. Dort wurde beispielsweise die strategische Wohnbaulandentwicklung Bremerhaven bis zum Jahr 2025 vorgelegt, die ebenfalls eine Vielzahl von Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt. Ich erlaube mir aber auch, an dieser Stelle dann einmal kurz auf die kommunale Planungshoheit zu verweisen, da hat der hier vorliegende Antrag doch an der

einen oder anderen Stelle eine kleine Unschärfe.

Meine Damen und Herren, vieles von dem, was im Antrag gefordert wird, findet statt und ist gängige Praxis, so zum Beispiel die Gespräche mit Grundstückseigentümern und natürlich auch die ressortübergreifende Zusammenarbeit bei der Quartiersentwicklung. Das ist durchaus gängige Praxis. Auch glaube ich, dass die Zusammenarbeit mit der GEWOBA dort sehr gut ist. Sie arbeitet in ihrem Geschäftsfeld verantwortungsvoll und sehr erfolgreich. Die Forderung, dort die Gewinnerwartungen abzusenken, halte ich, sage ich einmal, in Anbetracht des Aktiengesetzes beispielsweise auch für fraglich, wenn nicht sogar unzulässig. Die GEWOBA hilft uns auch an sehr vielen Stellen, unsere Ziele im Wohnungsbau zu erreichen, insbesondere im Hinblick auf den bezahlbaren Wohnungsbau.

Da sei mir auch der Verweis auf das Stichwort Qualität noch einmal erlaubt, Frau Bernhard. Sie haben gesagt, da wären wir nicht innovativ, es gäbe keine guten Ideen. Ich glaube, dass beispielsweise die Bauprojekte „Tarzan und Jane“ und „Bremer Punkt“ deutschlandweit ein hohes Maß an Beachtung gefunden haben, bei denen genau die Ansprüche, von denen Sie gesprochen haben, durchaus erfüllt werden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Die Quote beim Sozialwohnungsbau hat sich aus unserer Sicht bewährt, sie ist flexibel genug, um eine sozial verträgliche Quartiersentwicklung sicherzustellen. Wir werden sie im Rahmen der Frage, wie es mit der Wohnraumförderung weitergeht, natürlich durchaus auch evaluieren und schauen, wie sie wirkt, ob wir unsere Ziele erreichen, und sie dann punktuell anpassen, aber mehr ist an dieser Stelle auch nicht nötig, glaube ich.

Bezüglich der Pendlerfrage lohnt es sich aus meiner Sicht, auch sehr genau hinzuschauen. Hier ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich, denn auch hier spielen verschiedenste Gesichtspunkte mit hinein. Ich glaube, ein Fakt, der uns alle miteinander besonders erfreuen sollte, ist, dass wir einen deutlichen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in beiden Städten des Landes haben, vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2016 immerhin um gut zwölf Prozent auf zusammen fast 330 000 versicherungspflichtige Arbeitsplätze. Ähnlich haben sich auch die Zahlen bei den Ein- und Auspendlern verändert, und das heißt, da gibt es auch einen Zusammenhang, das liegt ja auch auf der Hand. Dann einzig daraus auf einen verstärkten Prozess der Sub

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urbanisierung zu schließen, das greift aus meiner Sicht ein wenig zu kurz. Dann durchaus auch von meiner Seite noch einmal der Hinweis: Wenn wir uns vergleichbare Städte anschauen, dann ist der Anteil der Einpendler in Bremen nicht außergewöhnlich hoch, ganz im Gegenteil!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Trotzdem wollen wir natürlich mehr Menschen nach Bremen locken, und das auch aus ganz Deutschland - auch das ist vorhin in der Debatte angesprochen worden -, nicht nur aus dem Umland. Dazu bedarf es aber einer vielschichtigen Strategie mit attraktiven Arbeitsplätzen, einem guten Bildungsangebot, einer hohen Lebensqualität, also alles in allem dem, was städtisches Leben, was Urbanität ausmacht. Stadt und Umland befinden sich immer in einem Austausch, sie bedingen einander, und bestenfalls gelingt es uns aus meiner Sicht, da gemeinsam erfolgreich zu sein und voneinander zu profitieren.

Natürlich arbeiten wir auch daran, die entstehenden Verkehre durch unsere lebendige und prosperierende Region möglichst umweltfreundlich zu gestalten und den Umweltverbund zu stärken.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: So weit die Theo- rie!)

Meine Damen und Herren, wir wollen auch in Zukunft weiterhin daran arbeiten, hier noch besser zu werden, damit Bremen weiter wächst. Wir wollen und werden die nötigen Flächen dafür zur Verfügung stellen, und ich freue mich darauf, diese ganze Thematik dann beim nächsten Mal gemeinsam mit Ihnen weiter in der Deputation, aber auch in den kommenden Jahren zu diskutieren und daran weiterzuarbeiten. - Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)