Protocol of the Session on September 21, 2017

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wir würden uns doch gern mit ihnen auseinandersetzen, und wir könnten dann diskutieren, was passiert ist und was diskutiert wurde. Bisher, wie gesagt, betreiben Sie hier haltlose Plaudereien, aber ansonsten passiert nichts.

Sie haben dem Interview von Herrn Veit im „Weser-Kurier“ ja auch entnommen, dass unter dieser ganzen öffentlichen Berichterstattung natürlich auch das Geschäft der Bremer Landesbank, gerade im Privatkundebereich, gelitten hat, denn diejenigen, die ihr Konto bei der BLB haben, haben sich natürlich Sorgen gemacht. Sie haben sogar Angst gehabt, dass das Geld, das sie bei der BLB eingezahlt haben, überhaupt nicht mehr zurückkommt! Ich finde, auch da hat die Politik eine Verantwortung, mit Unternehmen vernünftig und seriös umzugehen, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wissen Sie, ich hätte von Ihnen einen Aufschrei erwartet, als ich nämlich am 15. Juni 2017 den „Weser-Kurier“ aufgeschlagen habe, stand dort, dass der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU in Niedersachsen gesagt hat: „Der angekündigte Stellenabbau muss überwiegend in Bremen stattfinden.“ Ein solches Agieren eines Landtagsabgeordneten Ihrer Partei ist doch beschämend! Wo war Ihr Aufschrei, dass so etwas gemeinsam im Unternehmen zu lösen ist und nicht zulasten eines Gemeinwesens?

Landtag 3832 50. Sitzung/21.09.17

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Zusammengefasst: Sie haben die Arbeit in einem Untersuchungsausschuss gescheut. Sie sind mit Ihrem Misstrauensvotum kläglich gescheitert, und dieser Senat wird auch noch die Sanierungsziele erreichen, auch dank des Einsatzes von Karoline Linnert! - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich teile die Ansicht, dass es zum jetzigen Zeitpunkt zu früh ist zu beurteilen, wer die Verantwortung dafür trägt, dass wir die letzten Anteile an der Bremer Landesbank verloren haben. Eine solche Frage sollte meines Erachtens auch nicht in einer Aktuellen Stunde debattiert werden, sondern sie sollte in aller Sachlichkeit und mit Sachverstand im Controllingausschuss beraten werden. Der Controllingausschuss ist das richtige Gremium.

Der Controllingausschuss bearbeitet dieses Thema. Wir lesen meterweise Akten, und wir versuchen - zumindest versuche ich es - zu verstehen, wie es in der Welt der Schiffskredite und Banken zugeht. Mir ist es nicht leichtgefallen, weil dort eine eigene Sprache in einer eigenen Welt gesprochen wird. Wir versuchen jedoch, diese Welt zu verstehen. Ich finde, wenn man nach der Verantwortung sucht, dann muss man das mit einer verantwortungsbewussten Akribie tun, die uns als Parlamentarier gut zu Gesicht stehen würde, und Schaumschlagen ist in solchen Fragen gar nicht sinnvoll.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das heißt überhaupt nicht, dass es keine Indizien dafür gibt - zumindest für mich nicht -, dass die Geschichte der Bremer Landesbank in Kombination mit der Nord/LB eine Geschichte ist, aus der man nicht viel über das Wesen und das Wirken des Kapitalismus und der Banken lernen kann. Wenn man nämlich über Verantwortung spricht, dann muss man in der Tat Jahre zurückgehen. Es gab eine Zeit, in der es offensichtlich ein boomendes Geschäft gewesen ist, koste es, was es wolle, Schiffe auf irgendeine Weise zu bauen. Das funktionierte dann ungefähr so, dass jemand sagte, ich möchte ein Schiff bauen. Ein Schiff kostet, ich sage einmal, 60 Millionen Euro. Ich habe aber nur sechs Millionen Euro. Dann ist eine Bank gekommen und hat gesagt, wir finanzieren 70

Prozent der Bausumme, zehn Prozent Eigenkapital ist ja vorhanden. Die fehlenden 20 Prozent lassen wir durch Kleinanleger finanzieren. Das hat auch eine ganze Weile gut funktioniert.

Die Kleinanlegeranteile sind den Banken eine gewisse Zeit lang aus den Händen gerissen worden. Dann kam irgendwann der Punkt, an dem der Markt übersättigt gewesen ist. Es kam zu einer Wirtschaftskrise. Es waren einfach zu viele Schiffe vorhanden, und sie wurden auf einmal nicht mehr gebraucht. Man hat dann relativ früh angefangen, die vorhandenen Schiffe zu bewerten. Man hat gesagt, das ist ein Schiff, das großartig läuft. Es erwirtschaftet so viel Geld, dass wir die Kredite und die laufenden Kosten bezahlen können und dass ein Gewinn entsteht.

Es gab auch Schiffe, die keinen Gewinn abgeworfen haben. Sie haben aber zumindest die laufenden Kosten und die Zins- und Tilgungsleistungen für die Banken erwirtschaftet. Weiterhin gab es Schiffe, die nur noch die Betriebskosten eingefahren haben. Letztlich gab es Schiffe, die nicht mehr gefahren sind. Man hat dann ein Ranking von eins bis achtzehn für die Schiffe eingeführt: Eins ist top, zwei und drei sind auch noch wunderbar, und bei 18 ist so, dass man möglicherweise kaum noch den Schrottwert bekommt.

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht herauszufinden, wie sich die Wirtschaftlichkeit der Schiffe, die nach diesem Ranking beurteilt werden, über die Jahre entwickelt hat. Das wäre ja ein Indiz dafür, dass man schon vor Jahren hätte erkennen können, dass etwas schiefläuft. Wenn alles wunderbar gewesen wäre, dann hätte man immer sagen können, ja, diese Krise ist wie schlechtes Wetter, wie ein Gewitter im Sommer über uns gekommen. Nein, so ist es nicht gewesen!

Im Jahr 2012 waren 48 Prozent der Schiffe schon mit weniger als zehn bewertet. Nach dem Ranking werden von diesen Schiffen noch die Betriebskosten erwirtschaftet, sie sind noch nicht so alt, wir müssen sie nicht gleich versenken, sondern wir können noch ein bisschen abwarten. Ein großer Teil der Schiffe war aber im Ranking ganz weit unten einzuordnen.

Es stellt sich dann immer die Frage, wie sich der Markt entwickelt. Entwickelt er sich positiv, bleibt er gleich, oder entwickelt er sich negativ? Im Jahr 2015 lag der Anteil der Schiffe, die schlechter als mit zehn geratet worden sind, bei 81 Prozent. Ich sage, das ist ein Indiz dafür, dass in diesen Jahren nicht sachgerecht auf die drohende, erkennbare und offensichtliche

Landtag 3833 50. Sitzung/21.09.17

Schiffskrise reagiert worden ist. Ich bin in solchen Fragen ja manchmal kein Denker, aber wenn ich ein paar Schiffe besitze und damit rechnen muss, dass etwas schiefgehen könnte und dass ich nicht irgendwann mit heruntergelassenen Hosen dastehen möchte, wenn doch etwas passiert, dann muss ich Rückstellungen bilden. Ich werde prüfen, ob die Bremer Landesbank Rückstellungen in der Höhe des Wertverlustes des Schiffsportfolios gebildet hat. Für mich hätte das eine gewisse Logik.

Man kann vielleicht einmal ein Jahr abwarten oder auch nicht, aber man hätte meines Erachtens zu dem Schluss kommen müssen, etwas läuft richtig schief, wir bilden Rückstellung, obwohl es sein kann, dass sich der Markt wieder erholt. Wenn sich der Markt wieder erholt, dann habe ich immer noch die Rückstellungen, und ich erwirtschafte Geld, da ich die Rückstellungen wieder auflösen kann. Das ist meine Sicht der Dinge.

Das ist meines Erachtens aber nicht gemacht worden, und dafür ist eine Verantwortung vorhanden. Ich bin auch gespannt, wer verantwortlich ist. Es ist natürlich der Vorstand. Den Aufsichtsrat kann ich allerdings nicht ganz aus der Verantwortung entlassen. Wenn er keine Verantwortung hätte, dann müsste es ihn auch nicht geben. Ich finde, ein Aufsichtsrat ist hier auch gefragt.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt stellt sich mir die spannende Frage, aus welchen Gründen die Rückstellungen nicht gebildet worden sind. Ich weiß - und da werden wir noch einmal nachfragen -, dass die Bremer Landesbank eigentlich kaum noch eine Bremer Landesbank gewesen ist. Bremen hielt nur noch circa 25 Prozent an der Bremer Landesbank. Eigentlich war sie schon ziemlich lange die Nord/LB, zumindest zu 75 Prozent.

Ich habe mir sagen lassen, dass es Zeiten gegeben hat, in denen die Nord/LB für ihre Ergebnisse dringend auf die Gewinnausschüttung der Bremer Landesbank abgewiesen gewesen ist und dass die Gewinnausschüttung der BLB an die Nord/LB deutlich höher als eigentlich für die BLB verträglich gewesen ist, sodass letztlich keine Rückstellungen gebildet werden konnten. Das heißt, in meiner Wahrnehmung - vielleicht irre ich mich, aber das ist das, was ich bisher herausgefunden habe - hat die Nord/LB über lange Jahre hinweg die Bremer Landesbank mit überhöhten Dividenden- und Gewinnerwartungen langsam, aber sicher ausgelutscht.

Dann kam das Jahr 2016, und dann war die BLB sozusagen sturmreif. Es ist dann irgendwie

geschafft worden, die Bremer Landesbank zu einer sogenannten Wertberichtigung zu verpflichten. Das heißt, die Bankenaufsicht in Frankfurt hat gesagt, es sind so viele Schiffskredite bewilligt worden, die niemals zurückgezahlt werden, und es sind deshalb 700 Millionen Euro abzuschreiben. Das war der Punkt, an dem Bremen sagen musste, wir stützen die Bremer Landesbank - Bremen hätte damit gegen europäisches Recht verstoßen -, oder wir versuchen, in irgendeiner Weise dem Dilemma zu entweichen.

Bremen hat die zweite Alternative gewählt und die Anteile verkauft. Das Interesse der Nord/LB, die Bremer Landesbank in die Nord/LB einzubeziehen, trat an diesem Punkt deutlich zutage.

Ich sage nach wie vor, die gesamte Situation hat viele Aspekte einer feindlichen Übernahme der BLB durch die Nord/LB. Wenn man die Definition einer feindlichen Übernahme bei Wikipedia nachliest, dann ist eine feindliche Übernahme die Aneignung von Anteilen eines Unternehmens ohne Einverständnis des Eigentümers. Genau das ist passiert. Meiner Meinung nach gab es zu dem Zeitpunkt kaum einen anderen Ausweg.

Es wäre mir sehr recht gewesen, Arbeitsplatzgarantien zu verhandeln und zu vereinbaren, denn ich wünsche mir Arbeitsplatzgarantien.

(Beifall DIE LINKE)

Ich wünsche mir auch, wenn wir das nächste Mal im Plenum über den Mindestlohn und die Vergabekriterien beraten, dass dann die Kollegen von der CDU mit der gleichen Verve für die Aufnahme entsprechender Vorschriften in Gesetze eintreten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grü- nen)

Sie finden mich dann bestimmt an Ihrer Seite. Ich sage einmal, es war zu dem damaligen Zeitpunkt nicht möglich, Arbeitsplatzgarantien zu verhandeln.

Ich komme zum Schluss! Ja, es wird Verantwortliche geben. Ja, wir werden als Fraktion die weiteren Beratungen aufmerksam begleiten. Ich sehe genau hin. Wenn es dann einen Zeitpunkt gibt, an dem man sagen kann, dass aufgrund der Informationen, die den handelnden Personen zum damaligen Zeitpunkt vorgelegen haben - nicht aufgrund des heutigen Kenntnisstands, geleistete Arbeit kann man immer kritisieren -, Fehler gemacht worden sind, dann werden wir das kritisieren. Wenn sich dann herausstellt, dass Frau Linnert ihre Verantwortung

Landtag 3834 50. Sitzung/21.09.17

nicht wahrgenommen hat, dann stelle ich mich an die Seite von Herrn Eckhoff und sage, Frau Linnert müsse Verantwortung übernehmen, aber nicht eher.

(Beifall DIE LINKE)

Eines auch noch: Ich teile die Ansicht, dass Bremen mit einem blauen Auge davongekommen ist. Wenn man aber ein blaues Auge hat, dann hat man einen Schlag in das Gesicht bekommen, und das ist auch nicht schön. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Leidreiter.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Besucher! Ich hatte eigentlich nicht vor, mich heute zu diesem Thema zu äußern, aber aufgrund der vorgetragenen Meinungen hat es mich doch nicht mehr auf dem Sitz gehalten.

Ich bin erstaunt darüber, wie die Position der Aufsichtsratsvorsitzenden relativiert wird. Wenn man im Aufsichtsrat sitzt, dann hat man eine Verantwortung.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Stimmt ja auch!)

Natürlich bestellt und kontrolliert der Aufsichtsrat die Vorstände, und er trägt letztendlich die Verantwortung.

(Bürgermeisterin Linnert: Das ist unstrittig!)

Es ist keine schuldrechtliche Verantwortung, es ist aber eine politische Verantwortung. Das muss man zugestehen. Im Ergebnis haben aber Sie die Verantwortung.

Das Konzept, dass die Aufsichtsräte aus der Politik kommen oder dass sie aus der Politik in die Aufsichtsräte gehen, funktioniert aus diversen Gründen nicht. Ein Grund ist der Interessenkonflikt bei der Verschwiegenheit, und darüber muss man sich wirklich einmal Gedanken machen. Das gleiche Problem haben wir auch bei VW mit dem Ministerpräsidenten Weil gehabt. Das ist keine gute Lösung.

Ich möchte ich noch einmal das Jahr 2012 zu sprechen kommen. Damals wurde eine stille Beteiligung - nämlich nicht haftendes Kapital - in haftendes Kapital umgewandelt. Das heißt, die 480 Millionen Euro, die umgewandelt worden sind, würden, wenn sie nicht umgewandelt