Protocol of the Session on September 21, 2017

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gedenktage und Beflaggung sind Symbole. Wie tief man sich den jeweils darin verhafteten Aussagen, historischen Ereignissen verbunden fühlt, ist individuell höchst unterschiedlich. Ich glaube, dass wir in diesem Parlament sehr unterschiedliche Positionen zum 1. Mai haben.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Nein, bei uns nicht!)

Ich glaube auch, dass ein Teil von uns sehr unterschiedliche Positionen zu kirchlichen Feiertagen hat. Das glaube ich nicht, das weiß ich!

Es gibt auch, wie wir 25 Jahre nach der Wiedervereinigung immer wieder feststellen, sehr unterschiedlich tief verwurzelte Freude über den 3. Oktober. Es ist ja nicht die Frage, was wir insgesamt damit verbinden, sondern die Frage ist

Landtag 3901 50. Sitzung/21.09.17

ja bei solchen Symbolen, ob sie zum einen demokratisch gesamtgesellschaftlich getragen sind, und zum anderen, ob sie bei denen, für die sie etwas bedeuten, auch ankommen. Wir stellen fest, dass wir mit der Beflaggung zum CSD zum ersten Mal ein Symbol setzen wollten. Die historische Herleitung ist eben schon vorgetragen worden.

Jetzt hat es dieses Symbol nicht gegeben. Dieses Symbol hat es nicht deshalb nicht gegeben, weil wir keine Beflaggung vornehmen wollten, sondern weil es zu einer Störung im Betriebsablauf gekommen ist. Ich finde es dann völlig recht und billig zu sagen: Wir holen dieses Symbol nach.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP)

Wie es aber immer so ist, wenn man Feiern nachholt, dann sind sie nicht ganz so schön wie die ursprüngliche Feier. Natürlich ist der Coming Out Day nicht so historisch aufgeladen wie der Christopher Street Day oder auch mit Abstrichen der IDAHOT. Es ist aber das klare Bekenntnis dieses Parlaments gegen sexuelle Diskriminierung, gegen eine jahrzehntelange Verfolgung von Homosexuellen in Deutschland.

Es ist auch das Bekenntnis, dass wir uns dafür einsetzen, dass in Zukunft niemand mehr wegen seiner sexuellen Orientierung in Deutschland oder anderswo diskriminiert werden darf und soll. Deshalb finde ich es völlig richtig, dass wir in diesem Jahr noch einmal diese Fahne aufziehen! - Ich danke Ihnen!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tassis.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Ich habe gerade noch vor zehn Sekunden meinem Kollegen Schäfer gesagt, dass ich mich zu diesem Thema nicht melden werde, aber nach dem Beitrag von Frau Vogt habe ich mich anders entschieden.

Für die politisch im Sinne vielleicht mehrerer Fraktionen hier als rechts dargestellten Politiker Geert Wilders, Le Pen, Trump, Benjamin Netanjahu oder unsere Spitzenkandidatin Alice Weidel, die gerade gestern zu Recht gesagt hat, dass die AfD - sie wird ihre Gründe dafür haben, und ich werde das Thema jetzt auch gar nicht weiter vertiefen - die einzige Schutzmacht für Lesben und Schwule ist, die es in diesem Land gibt,

(Zurufe SPD, Bündnis 90/Die Grünen: Ach!)

verwahre ich mich dagegen, in irgendeiner Weise etwas mit den blödsinnigen Unterstellungen der LINKEN zu tun zu haben! Das ist Unsinn, und das ist weltweit Unsinn!

Die genannten Parteien beziehungsweise deren Vorsitzende stehen auf der Seite der Homosexuellen. Es gibt dort überhaupt kein Problem. Vielmehr sollte doch wohl die Beflaggung am Coming Out Day vom Versagen Ihrer Politik, der Flüchtlingspolitik, ablenken,

(Zurufe SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

die diese neuen Gewalttätigkeiten gegen Homosexuelle in Deutschland überhaupt und ursächlich erst begründet hat.

(Zuruf Abg. Crueger [SPD])

Ich werde daher gemeinsam mit der CDU stimmen, und wir werden uns über dieses Thema sicher noch des Öfteren unterhalten. - Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

(Unruhe)

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt.

Ich lasse deshalb zunächst über die Ziffer 1 des Antrags abstimmen.

Wer der Ziffer 1 des Antrags seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, Abg. Patrick Öztürk [SPD, frakti- onslos], Abg. Frau Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, Abg. Schäfer [LKR], Abg. Tas- sis [AfD])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Ziffer 1 des Antrags zu.

Ich lasse jetzt über die Ziffer 2 des Antrags abstimmen.

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Wer der Ziffer 2 des Antrags seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Teile CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, DIE LINKE, FDP, Abg. Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos], Abg. Schäfer [LKR], Abg. Tassis [AfD], Abg. Frau Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Teile CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Ziffer 2 des Antrags zu.

Bildungs- und Beschäftigungsperspektiven von jungen geflüchteten und anderen neu zugewanderten Jugendlichen in Bremen Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD vom 9. Mai 2017 (Drucksache 19/1059)

Dazu

Mitteilung des Senats vom 4. Juli 2017 (Drucksache 19/1140)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Der Wunsch ist nicht vorhanden, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der Koalition zu Bildungs- und Beschäftigungsperspektiven von jungen Geflüchteten und anderen neu zugewanderten Jugendlichen in Bremen handelt davon, dass wir heute, im September 2017, eine andere Aufgabe in Bezug auf diese jungen Geflüchteten haben, als wir sie zum Beispiel im Jahr 2015 oder zu Beginn des Jahres 2016 noch hatten.

Wir haben uns damals, als sehr, sehr viele Menschen auf einmal vor unseren Toren standen,

vor allen Dingen mit der Unterbringung in Notunterkünften, teils in Zelten und in Turnhallen, beschäftigt. Wir haben mit der Beschaffung der notwendigen Betten und der notwendigen Infrastruktur versucht, die Menschen, und zwar die jungen und die älteren Menschen, erst einmal unterzubringen und eine Notversorgung sicherzustellen. Es war ein Zustand zu konstatieren, der unsere Behörden, unsere Verwaltungen vor extreme Herausforderungen gestellt hat und uns alle mit einer Situation konfrontiert hat, auf die wir so nicht vorbereitet gewesen sind.