Protocol of the Session on September 24, 2015

Wir müssen auch einmal darüber reden, dass wir teilen müssen, dass wir abgeben müssen. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir dabei an die Menschen heranmüssen, die viel Geld haben, die ein Vermögen haben, aber wir können auch nicht sagen, dass das, was wir an Standards im öffentlichen Dienst haben, alles schlecht sei.

(Zuruf Abg. Rupp [DIE LINKE])

Wir beschreiten den Weg der Senkung der Ausgaben in Bremen, und diese Strategie funktioniert in einigen Bereichen sehr gut, und auch das wissen wir aus den Vorlagen des Haushalts- und Finanzausschusses, die zum Beispiel die Projekte zur Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung betreffen.

Aber wir wissen auch, dass wir in anderen Bereichen nicht so gut vorankommen, Sie haben den Personalabbau in der Verwaltung angesprochen, und es gibt weitere, nicht gelungene Sparprojekte oder zusätzliche Aufgaben, die sich dann in den Haushaltsrisiken niederschlagen.

Die dritte Möglichkeit ist die Aufnahme weiterer Kredite. In diesem Bereich liegen wir sicherlich am weitesten in unseren Einschätzungen auseinander. Sie

schlagen uns das immer wieder vor, und wir sagen immer wieder: Wir wollen das nicht. Wir wollen nicht unsere aktuellen Probleme auf dem Rücken zukünftiger Generationen lösen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP)

Die künftigen Generationen hätten dann nämlich überhaupt keinen politischen Handlungsspielraum mehr. Das heißt, wir reden jetzt im Prinzip eigentlich darüber, dass wir aktuell keine Möglichkeit haben, in unserem Bundesland die Steuern zu erhöhen, wir haben nur die Möglichkeit, die Kredite weiter zu erhöhen oder Aufgaben liegenzulassen.

Wenn ich erst einmal auf einer abstrakten Ebene dafür plädiere, die zweite Möglichkeit zu wählen, dann geht es mir darum, dass wir die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen müssen, dass sie für die Aufgaben, die wir heute haben, heute auch Steuern zahlen müssen. Viele von Ihnen sind zu einer Zeit zur Schule gegangen, in der die Klassenfrequenzen bis zu 35 Schülerinnen und Schüler betrugen. Heute beträgt die Klassenfrequenz 25, und ich halte das auch für richtig. Wenn wir uns aber solche niedrigen Klassenfrequenzen leisten, ist es doch auch ganz klar, dass die Steuerzahlerinnen und -zahler heute die Kosten für diese Klassenfrequenzen bezahlen müssen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Wir als Grüne haben bei der letzten Bundestagswahl ganz deutlich realisieren müssen, dass es sehr schwer ist, mit der Forderung nach Steuererhöhungen eine Wahl zu gewinnen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Von keiner Sachkennt- nis getrübt! – Zuruf Abg. Bensch [CDU])

Nein, Herr Bensch, so geht das nicht! Ich meine, dass die Konsequenz nur darin bestehen kann, die Ausgaben zu reduzieren und mit den Leuten darüber zu sprechen und unsere Politik besser zu erklären. Das ist die einzige Konsequenz, die wir daraus ziehen. Nur so können wir die Bürgerinnen und Bürger, die Wählerinnen und Wähler von der Notwendigkeit auskömmlicher Einnahmen überzeugen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Dabei steigen dann die Ausgaben!)

Ich kann nicht auf der einen Seite „Luxus für alle“ rufen, ich kann auf der anderen Seite aber auch nicht rufen, wie es die FDP gern macht: Der Staat kann ja noch Ausgaben reduzieren, wir brauchen keine Steuererhöhungen.

Im konkreten Fall – jetzt spreche ich über die aktuelle Situation und die Aufgaben und Herausforderungen, die durch die Aufnahme von Flüchtlingen auf

uns zukommen – sind natürlich auch wir dafür, Ausnahmen zuzulassen, und deshalb wollen wir auch einen Nachtragshaushalt beschließen. Wir werden von der Haushaltssperre die Bereiche Flüchtlinge, Bildung und Kita ausnehmen. Nun zur Haushaltssperre! In jedem Quartal findet ein Controlling zum Haushaltsvollzug statt. Dieses Instrument sorgt für eine große Transparenz, und es sorgt dafür, dass wir als Bremische Bürgerschaft, als Haushaltsgesetzgeber jederzeit wissen, wo wir mit dem Haushalt stehen und nicht zum Jahresende böse Überraschungen erleben. Aus dem Haushaltscontrolling des ersten Halbjahres 2015 wurde deutlich, dass von den einzelnen Ressorts Risiken in Höhe von 250 Millionen Euro zum Halbjahr angemeldet wurden. Herr Rupp hat allerdings verschwiegen, dass es natürlich auch in anderen Bereichen Minderausgaben und Mehreinnahmen gibt, wir haben beispielsweise Steuermehreinnahmen.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Ja, die dürfen Sie doch gar nicht benutzen für den Haushalt!)

Von den genannten Haushaltsrisiken entfällt etwa die Hälfte der Summe auf steigende Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Da das uns im Jahr 2015 laut Haushaltsgesetz zur Verfügung stehende Geld nicht ausreicht, müssen wir als Haushaltsgesetzgeber einen Nachtragshaushalt erlassen. Damit – so hoffe ich – werden alle, auch DIE LINKE, einverstanden sein. Das Problem, das sie benennen, ist die Haushaltssperre, und das jetzt hier zu skandalisieren, unterstellt ja auch, dass es die Möglichkeit gegeben hätte, auf diese Haushaltssperre zu verzichten. Das sehen wir nicht so. Die Haushaltssperre basiert auf Paragraf 41 unserer Landeshaushaltsordnung, darin heißt es konkret: „Wenn die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben es erfordert, kann der Senat es von der Einwilligung der Senatorin für Finanzen abhängig machen, ob Verpflichtungen eingegangen oder Ausgaben geleistet werden.“ Aus meiner Sicht sind angemeldete Haushaltsrisiken in Höhe von 250 Millionen Euro eine Entwicklung, die diese Haushaltssperre erforderlich machen. Natürlich können dadurch, das haben Sie angesprochen, Herr Rupp, nicht alle Probleme im Haushalt gelöst werden, Sie haben auch die Größenordnung genannt, wie viel maximal dadurch erwirtschaftet werden kann. Diese Millionen Euro werden dadurch eingesammelt, dass einzelne Gutachten nicht vergeben, Dienstreisen verschoben werden und so weiter.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss! Erstens, wir müssen reagieren auf die angemeldeten Haushaltsrisiken in Höhe von circa 250 Millio

nen Euro in diesem Jahr. Da sich nur ein Teil davon durch Mehreinnahmen lösen lässt, werden wir also einen Nachtragshaushalt beschließen müssen, und, ja, wir brauchen auch eine Haushaltsperre. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Dramatik nun noch ein wenig steigern.

(Zurufe CDU: Oh! – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das ist Ihnen gelungen, da bin ich gespannt!)

Ja! Wenn wir noch einmal auf dieses Jahr zurückblicken, dann wissen wir, dass es im Frühjahr bereits Senatsbeschlüsse und dann auch Beschlüsse des Haushalts- und Finanzausschusses gab, mit denen ungefähr 73 Millionen Euro umgeschichtet wurden. Das heißt, wenn man von dem Risiko des Jahres insgesamt sprechen will, dann müsste man über circa 330 Millionen Euro reden, um die Dramatik einmal zu steigern, aber um auch deutlich zu machen, dass der Senat bereits im Frühjahr auf erkennbare Risiken regagiert hat, unter anderem übrigens dadurch, dass er die entstandenen Zinsminderausgaben nutzen konnte, um die aktuelle Situation zu beheben. Nichts anderes passiert im Augenblick. Ich bringe das immer wieder zur Sprache, weil hier von bedarfsgerechter Haushaltspolitik gesprochen wird.

Bedarfsgerechte Haushaltspolitik heißt nach meinem Dafürhalten, dass wir bei erkennbaren Problemen sehen müssen, welche Steuerungsmöglichkeiten wir haben, die wir dann einsetzen müssen. Das bedeutet für mich ebenfalls, dass die Haushaltssperre durchaus gerechtfertigt, auch korrekt ist, und dass wir sie jetzt erlassen. Die Haushaltssperre bedeutet ja nicht nur, dass wir bestimmte Dinge im Augenblick nicht mehr finanzieren, sondern auch, dass die Ressorts aufgefordert sind, im Rahmen ihrer Haushalte zu prüfen, wie sie Ausgleiche erwirtschaften können. Insofern ist es auch nach wie vor so – darauf lege ich Wert! –, dass wir von einem Risiko reden und noch nicht davon, wie der tatsächliche Stand ist.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Ich glaube, noch mehr!)

Ich will es an einem positiven Beispiel verdeutlichen: Ich erhoffe mir vom heute in Berlin stattfindenden Gipfel, bei dem es um die Frage der Flüchtlinge und auch um die Finanzierung geht, dass die Länder insgesamt und vielleicht auch die Kommunen mehr Geld erhalten und sich somit die Einnahmeseite verbessert.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das hat Auswirkungen auf unseren Haushalt, und das ist auch einer der Gründe, weshalb ein Nachtragshaushalt nicht jetzt sofort vorgelegt wird, sondern für den 3. November geplant ist.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das Jahr ist dann vorbei, gelungen! Das finde ich gut!)

Aber zu einem Zeitpunkt, an dem man tatsächlich den Überblick hat, wie sich die Einnahme – und auch die Ausgabenseite darstellen.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Dann machen Sie es doch noch in diesem Jahr!)

Ja, immerhin, nicht wahr? Der Bedarf ist doch vorhanden, Herr Röwekamp! Es ist doch unabweisbar, dies zu tun.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Genau! Das bringt ja wahr- scheinlich etwas!)

Wahrscheinlich! Die Zahlen sind auf alle Fälle sicherer.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wir können es auch am 27. Dezember machen! Vielleicht ist das noch besser!)

Wenn Sie dann Zeit haben, aber das glaube nicht. Es ist klar, wir müssen auf die bestehende kritische Situation reagieren, indem wir die Fakten und Umstände, die Einschränkungen, Belastungen und Bedarfe auch kennen, die Dinge auch benennen und dagegensetzen können, denn gewiss ist auch, dass dieser Nachtragshaushalt eine zusätzliche Verschuldung bedeuten wird.

Ich will – wo ist der Kollege Rupp? – zu den Befunden noch etwas hinzufügen! Das Problem ist nicht der Sicherheitsabstand des Landes zur Höchstverschuldungsgrenze, sondern es ist mittlerweile ein Problem der Stadtgemeinde Bremen, nämlich dass wir als Stadtgemeinde an unsere Grenzen stoßen. Deshalbmuss es in diesem Zusammenhang auch einen Ausgleich zwischen dem Land und den Stadtgemeinden geben, um das Problem bewältigen zu können. Das macht es nicht einfacher.

(Beifall SPD)

Wenn ich jetzt den Blick in die Zukunft richte, das hat auch Herr Rupp getan, dann ist klar, dass wir in den Jahren 2016 und 2017 hohe Belastungen haben werden. Es ist auch völlig klar, dass wir nicht mehr wie im letzten Doppelhaushalt eine solch hohe Summe bei den Zinsausgaben veranschlagen können, sondern wir werden versuchen, uns dem Betrag anzunähern, den wir in diesem Doppelhaushalt tatsächlich an Zinsausgaben gehabt haben, das heißt, der Spielraum, den wir in diesem Doppelhaushalt noch hatten, wird wesentlich geringer sein. Wenn wir immer

sagen, er ist auf Kante genäht, dann weiß ich nicht, wie man eine Kante noch enger macht, aber es wird irgendwie eine ganz spitze Kante werden, auf der wir uns werden bewegen müssen.

In Bezug auf die Steigerung der Sozialhilfekosten sage ich einmal, bei allen bisherigen Haushaltsberatungen ist deutlich geworden, dass wir zusätzlich eine Art Risikotopf – er trug immer unterschiedliche Bezeichnungen – eingerichtet haben. Der Risikotopf hat dazu gedient, zusätzlich anfallende Steigerungen bei den Ausgaben des Sozialbereichs auffangen zu können. Es war auch richtig, dies zu tun, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass wir in den letzten Jahren eine höhere Steigerung der Sozialausgaben zu verzeichnen hatten als ursprünglich im Haushalt vorgesehen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Deswegen wäre es ein- mal gut, an die Ursachen zu gehen!)

Nein, nicht nur an die Ursachen, sondern es gut, das auch die Ausgabensteigerungen im Haushalt zu veranschlagen und keine Finanzierung über einen Umweg durch einen wie auch immer gearteten Zwischentopf organisieren zu müssen. Wir werden noch einmal sprechen müssen, wie wir das zukünftig organisieren können.

Zur Frage des Personals und der PEP-Quote! Es ist doch unabweisbar, dass wir aufgrund der Flüchtlingssituation, aber nicht nur deshalb, Mehrbedarfe in fast allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung haben. Diese Mehrbedarfe werden auch abgedeckt, die Beschlüsse des Senats und des Haushalts- und Finanzausschusses lauten entsprechend. Trotzdem müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der Personalhaushalt nach wie vor einer der größten Ausgabeposten unseres Haushalts ist, und gleichzeitig wissen wir, dass in den nächsten Jahren eine hohe Anzahl von Kolleginnen und Kollegen den öffentlichen Dienst verlassen wird. Das bedeutet, wir haben zu prüfen, in welchem Umfang wir diese frei werdenden Stellen wieder neu besetzen wollen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat in seiner letzten Sitzung einen Bericht zum Personalbereich angefordert, in dem zu den Zahlen der Fluktuation Stellung genommen werden und dargelegt werden soll, welche Steuerungsmöglichkeiten sich daraus ergeben. Ein grundsätzliches Verabschieden von der PEP-Quote kann es nicht geben, sondern wir müssen klären, wie und in welchen Bereichen wir Einschnitte vornehmen können.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie mich noch auf einen Punkt eingehen, der mich ebenfalls ein Stück weit umtreibt, es ist die Frage, wie wir eigentlich mit der Schuldenbremse umgehen. Völlig klar ist, in der vergangenen Legislaturperiode haben wir die Schuldenbremse in die Bremer Landesverfassung aufgenommen. Sie ist geltendes und uns