Wenn Sie sich das etwas genauer klarmachen, dann erkennen Sie sofort das Gebot der Stunde: Das erste Gebot ist, dass rasch und mit hohem Tempo ein ausreichendes Kontingent von Wohnungen zur Verfügung stehen muss, das diesen Menschen zugänglich ist, und das ist die erste ganz große Forderung. Die zweite große Forderung ist, dass die Stadtentwicklungspolitik Grundstücke und Wohnungen mobilisieren muss, die einen Beitrag zur Integration dieser neuen Bremerinnen und Bremer in unsere Stadtgesellschaft ermöglichen, denn es ist ja nicht nebensächlich, wo sich diese Wohnungen befinden.
Erinnern Sie sich an die Argumente, mit denen Bezug genommen wurde auf die Situation kurz nach dem Krieg, zum Beispiel im Jahr 1949, als die ersten großen Pläne gemacht worden sind, wie auf das damalige Desaster in Bezug auf Wohnungen in der Stadt reagiert werden sollte! Da wurden große geschlossene Baugebiete im Geschosswohnungsbau entworfen, einige davon sehr erfolgreich, und einige davon sorgen bis heute für enorme Kosten – die Grohner Düne wurde schon erwähnt –,
und die Kosten, die wir für Sanierungen in Tenever ausgeben mussten, sind allen in Erinnerung. Das heißt, man wird sehr genau schauen, an welchen Vorbildern man sich orientiert und was man daraus lernt.
Ich sage Ihnen, in der Perspektive, die wir jetzt übersehen – das ist zunächst einmal ein Horizont von zwei bis drei Jahren –, müssen wir zuallererst versuchen, Wohnungen dort zu organisieren, wo wir, integriert in die jetzige Stadtgesellschaft, rasch eine große Anzahl errichten können, und das ist zuallererst der Bestand. Ich sage Ihnen, im Bremer Haus ist die Integrationswelt im Treppenhaus. Alle, die oben, in der Mitte und unten wohnen, treffen sich in Bremen im Treppenhaus, und ich sage Ihnen, wenn es uns möglich ist, durch ein kluges Programm, eine Veränderung/Überarbeitung der Landesbauordnung und ein Förderprogramm neue Einliegerwohnungen in den Bremer Häusern zu schaffen, die dazu führen, Wohnungen, die heute 170, 180 oder 220 Quadratmeter groß sind, in zwei oder drei Wohnungen teilen zu können, dann hätten wir einen großen Fortschritt erreicht.
Das möchte ich sehr empfehlen. Das machen andere Bundesländer im Übrigen auch, dort können wir von ihnen etwas übernehmen.
Das Zweite ist – und ich rede ein bisschen an Frau Neumeyer vorbei, weil es im Detail zu anstrengend werden würde –,
dass wir jetzt die richtigen Baugebiete bereitstellen müssen, die schon erschlossen sind, die sich in der Nachbarschaft der Straßenbahn, der Kita und der nächsten Schule befinden und in denen es Nachbarn gibt, die dort schon wohnen,
und dann müssen wir ein Programm erarbeiten, das gut aufeinander abgestimmt ist und genau beobachtet,
wie sich die Zuwanderung weiterentwickelt. Das kann uns dann in der Tat auch noch einmal zwingen, Tabuthemen anzugehen, dazu sind wir bereit.- Danke!
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Sagen Sie einmal etwas über die Zeitachse!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch einmal eine Bemerkung vorweg! Ich glaube, die Debatte heute – da teile ich das, was mein Vorredner gesagt hat und was Frau Bernhard hier auch einleitend ausgeführt hat – ist fürwahr eine wichtige Auftaktdiskussion, auch für eine Positionsfindung, die auch etwas dadurch an Dynamik gewonnen hat, weil sich hier die Frage der Wohnungsbaupolitik durch die besondere Verantwortung für die Situation der Menschen, die zu uns kommen, noch einmal potenziert hat, das ist unbestritten.
Gestatten Sie mir zu sagen, dass wir vor drei Jahren – ich erinnere mich noch sehr genau, es war in der Sommerpause – auch über Fragen der Neuausrichtung der Wohnungsbaupolitik diskutiert haben. Ich möchte bei aller Kritik aber betonen, Frau Kollegin Neumeyer, dass wir in der Vergangenheit auf diesem Gebiet richtig Schritte vorangekommen sind.
Wir haben heute – und das hat das Ressort dargelegt, das ist auch unbestritten – einen Anstieg an realisierten Bauvorhaben und ein Mehr an sozial gefördertem, sozialem Wohnungsbau erreicht, das ist auch entstanden in einem breiten gesellschaftlichen Dialog. Es ist in beiden Segmenten unbestritten, dass das noch nicht ausreicht, aber das kann man nicht negieren. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hatte lange darum gerungen und im Jahr 2012 ein Positionspapier eingebracht „Neuausrichtung der bremischen Wohnungspolitik“, das wir in unserer Fraktion noch einmal diskutiert haben. Die Ansprüche, die wir damals hatten und was wir analysiert haben – schon damals! –, waren gar nicht so falsch, glaube ich, denn es geht darum, der weiteren sozialen Spaltung unserer Stadtgesellschaft entgegenzuwirken.
Herr Kollege Dr. Buhlert, vielleicht können Sie dann ja auch noch einmal in Ihrer Debatte zu dieser Frage noch einmal ausdrücklich sagen – Sie sind ja jetzt wieder hier im Parlament vertreten –, Sie waren es ja auch, die gefordert haben, die GEWOBA zu verkaufen. Ich sage nur, Gott sei Dank ist dieses Vorhaben, das Sie und auch andere hier propagiert haben, nicht realisiert worden!
Ich freue mich, dass gestern in der finanzpolitischen Diskussion und dann in der heutigen fachlichen Diskussion die CDU die Aussage getroffen hat, es sei gut, die GEWOBA zu haben. Es gab auch andere Meinungen, und zwar auch in meiner Partei. Wir haben seinerzeit einen Verkauf gemeinschaftlich verhindert. Heute können wir alle froh sein, dass wir mit der GEWOBA ein wichtiges Wohnungsbauunternehmen haben, das sich in vielen Segmenten vorbildlich für unsere Stadt und für den Bedarf auf dem Wohnungsmarkt einsetzt.
Ich komme jetzt zum Thema der Neuausrichtung der bremischen Wohnungsbaupolitik. Ich möchte in meinem ersten Redebeitrag – ich bin Ihnen dankbar, Frau Bernhard – das ganz bewusst trennen. Unabhängig davon, wenn wir nicht die aktuellen Anforderungen haben, die jetzt in Berlin diskutiert werden, zu denen gestern hier eine Regierungserklärung abgegeben wurde, ist doch zu fragen, kommen wir dem, in dem sich diese Koalition einig ist, dass wir nämlich eine wachsende Stadt sind, nahe. Wachstum im wirtschaftlichen Bereich und die Gewinnung und Stabilisierung von Einwohnern sind gute Signale. Dafür stehen wir ein. Das bedeutet, wenn wir uns die Wohnungsmarktprognosen des Statistischen Landesamtes anschauen und wenn wir uns auch die Fortschreibung der Wohnungsmarktprognose des GEWOS-Instituts anschauen, dann haben wir in diesem Bereich ein Wachstumspotenzial. Dieses Wachstumspotenzial müssen wir nutzen.
Wir erwarten – und damit knüpfe ich an die Ausführungen des Kollegen Bücking an – vom Ressort und vom Senat, dass uns eine Analyse vorgelegt wird, aus der sich konkret die Bedarfe ergeben und die aufzeigt, welche Flächen kurzfristig als Bauland ausgewiesen werden können. Das ist, glaube ich, absolut notwendig.
Es gehört dazu, und das ist vollkommen richtig, die Verfahrensbeschleunigung und die Bauordnung zu diskutieren. Die Standards – welche Standards können wir uns eigentlich leisten? – und die Höhe der Häuser stehen ebenfalls zur Diskussion. Ich erinnere noch einmal an die wichtige Diskussion in unserer Stadt: Sind Hochhäuser für unsere Stadt gut?
Aber nicht an jedem Platz, lasst uns doch bitte unsere Durchlüftungsschneisen, das kennen wir ja! Wir kennen die gesamten Argumente, und der Diskussion müssen wir uns stellen.
Meine Damen und Herren, für uns als SPD-Bürgerschaftsfraktion ist eine ganz wichtige Frage: Wie kann es uns auch in dieser finanzpolitischen Situation gelingen, ein Programm aufzulegen, das eben nicht –
wie in dem Antrag der LINKEN zum wiederholten Male vorgeschlagen wird, ich glaube, das ist mittlerweile der zwanzigste Vorschlag – durch die Verringerung des Sicherheitsabstands finanziert wird?
Frau Bernhard, das ist nicht die Alternative! Frau Vogt, das ist nicht die Perspektive! Ich glaube, wir müssen darum ringen, ein vernünftiges finanzpolitisches Programm aufzustellen, und dafür stehen meine Fraktion und ich. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zeiten sind dramatisch, und es ist nicht abzusehen, wie lange sich Menschen noch auf den Weg zu uns machen, um bei uns Schutz zu suchen.
In Zeiten, in denen bezahlbarer Wohnraum ohnehin schon knapp ist – und, Herr Dr. Buhlert, es geht eben nicht nur darum zu bauen und zu bauen –, müssen wir ganz genau schauen, für wen und für welchen Preis wir bauen.
Für Studenten, für Alleinerziehende, für Rentner, für Berufsanfänger, für junge Paare sowie für die Menschen, die Hartz-IV-Leistungen erhalten, und für alle diejenigen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, brauchen wir bezahlbaren Wohnraum. Frau Neumeyer, das haben auch Sie gesagt.
Die hohe Zuwendung bedeutet, das haben meine Vorredner Herr Brumma und Bücking auch schon erwähnt, dass die bisherigen Bevölkerungsprognosen Makulatur sind. Das bedeutet wiederum, dass die Pläne für den Wohnungsbau, die auf diesen Prognosen aufbauten, ebenfalls Makulatur sind. Ich bin mir sicher, dass wir aus dem Bauressort so schnell wie möglich eine neue Bedarfsanalyse für den Wohnungsbau für bestimmte Zielgruppen, aber auch für bestimmte Wohnformen erhalten werden.
Ich finde, dass diese dramatische Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, von uns radikale Strategien erwartet, über die wir jetzt nachdenken müssen. Wir müssen sie diskutieren, das Für und Wider erörtern, und wir müssen sie umsetzen. Wir müssen sie auch als Schock für die bremische Politik ansehen. Ich freue mich daher, dass wir jetzt anfangen, die Fehler der Neunzigerjahre zu diskutieren und sie zu korrigieren.
Damals wurden beispielsweise die Wohnungsbestände der Bremischen und der Beamten-Baugesellschaft nahezu billig verkauft. Ich freue mich, dass wir jetzt gemeinsam mit Herrn Senator Dr. Lohse darüber nachdenken, eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft gründen zu wollen. Selbst die private Wohnungswirtschaft räumt ein, dass sie die soziale Wohnraumversorgung allein nicht sicherstellen kann.
Wir haben die 25-Prozent-Quote als Erfolg gefeiert, und wir haben gefeiert, dass wir sie gegen den Widerstand der privaten Investoren durchgesetzt haben.
Frau Neumeyer, doch! Ich kann mich nicht erinnern, Frau Neumeyer, dass Sie mit dabei gewesen sind. Ich habe schon immer gesagt, dass die 25-Prozent-Quote nicht ausreicht, um den immensen Bedarf bezahlbarer Wohnungen für die unteren Einkommensgruppen zu decken. Das belegen die Fakten. Jede vierte Wohnung – das sind 350 Sozialwohnungen, die jährlich entstehen – ist unter dem Strich einfach zu wenig,
zumal die Wohnungen, die von der privaten Wohnungswirtschaft errichtet werden, sich in einem Preissegment zwischen neun bis zwölf Euro pro Quadratmeter bewegen. Es gibt also nicht nur für den sozialen, sondern auch für den bezahlbaren Wohnraum eine Versorgungslücke; sozialer Wohnraum bedeutet 6,10 Euro, bezahlbarer Wohnraum bedeutet 7,50 Euro.