Was bleibt von den Schulden, die Sie gemacht haben, wenn Sie im Jahr 2019 aus dem Amt scheiden, Frau Senatorin Linnert? Was haben Sie denn eigentlich mit dem Geld erreicht, das Sie auf Kosten der künftigen Generationen ausgegeben haben? Wir haben dann noch immer die höchste Armutsquote.
Wir haben unverändert noch keinen bezahlbaren Wohnraum für die Mittelschicht. Ja, ich gebe zu, Sie haben in den letzten Wochen beim sozialen Wohnungsbau Gas gegeben. Das ist auch richtig und angemessen. Ja, Sie haben in Ihren Lieblingszeiten davor beim teuren Wohnungsbau Gas gegeben. Wo bleibt aber eigentlich der Wohnungsbau für die Durchschnittsfamilie, die ein Reihenhaus bewohnen möchte? Den Facharbeiter, der mit seiner Familie in der Stadt leben möchte, treiben Sie schon wieder in das niedersächsische Umland, meine Damen und Herren.
Das führt nicht nur dazu, dass wir Einwohner verlieren, das führt eben auch dazu, dass sich die Einwohner bei uns sozial immer weiter in Arm und Reich spalten. Wer in diesem Land keinen Wohnungsbau für die Mittelschicht finanziert und ermöglicht, wer bezahlbaren Wohnungsbau nicht auch für die Menschen ermöglicht, die von ihrer eigenen Hände Arbeit leben und bezahlbar wohnen wollen, der versündigt sich an der gesellschaftlichen Zukunft unseres Bundeslandes und an den beiden Städten.
Deswegen kann man mit grüner Wohnungsbaupolitik die soziale Lage unserer Stadt eben nicht verändern. Sie wollen nur innen verdichten und treiben die Grundstückspreise nach oben. Bei Quadratmeterpreisen von 4 000 Euro bis 6 000 Euro müssten Sie doch selbst merken - spätestens, wenn Sie den Menschen zuhören -, dass sich die meisten Durchschnittsfamilien einen solch teuren Woh
Was machen die niedersächsischen Umlandgemeinden eigentlich besser als wir? Das Haus, das gebaut werden soll, kostet dort genau das gleiche wie hier. Das Problem sind die baupolitischen und energetischen Anforderungen, die wir hier stellen, und das Problem sind die Grundstückspreise. Solange Sie Flächenknappheit verwalten, statt Flächen auszuweisen, werden Sie die Menschen weiterhin aus Bremen und Bremerhaven vertreiben. Das ist der falsche Ansatz, um zu wachsen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall CDU)
Der Senat hat jetzt eine Zukunftskommission eingesetzt. Nun ist es im Prinzip nicht schlecht, dass man sich beraten lässt, wenn man selbst nicht mehr weiterweiß.
Wenn der Senat schon keine Idee hat, wie es in Zukunft weitergehen soll, dann ist eine Kommission sicherlich das Richtige. Herr Sieling, dass Sie selbst sozusagen das oberste Gremium der Zukunftskommission sind und die Experten Sie zwar beraten, aber nichts gegen Ihren Willen beschließen dürfen und dass Sie die Themen auch noch so verengen, dass es nur um Infrastruktur, Stadtentwicklung und Qualifizierung geht, beantwortet doch nicht die Fragen nach der Zukunft unseres Bundeslandes.
Warum soll der Senat in der Zukunftskommission eigentlich etwas anders machen als dienstags im Senat? Was wollen Sie denn in der Zukunftskommission anders handhaben, anders regeln, anders aufrufen, als es sowieso schon Ihre Pflicht als Bürgermeister dieses Landes ist?
Um Themen zu identifizieren, braucht man im Übrigen keine Zukunftskommission. Die Themen liegen doch auf der Hand. Ich empfehle allen, sich mit den Zukunftsthemen, den Megatrends zu beschäftigen, die der Zukunftsforscher Professor Horx mit seinem Zukunftsinstitut entwickelt hat. Messen Sie sich doch an dem, was andere schon ermittelt haben.
Worum wird es in Zukunft in Deutschland, in Bremen und Bremerhaven gehen? Es wird in allererster Linie um die Wissenskultur gehen. Wissen wird darüber entscheiden, ob ein Land Wohlstand hat, ob eine Gesellschaft Zukunft hat und ob die Kinder in einer Gesellschaft Perspektiven haben.
Weckens von Neugier? Sie haben eben darauf hingewiesen, dass Sie die Ausgaben in diesem Bereich erhöhen. Ja, Sie erhöhen sie, weil Sie sie erhöhen müssen. Sie erhöhen sie, weil es einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt und weil Sie das Geld in die Hand nehmen müssen, um neue Plätze zu schaffen und damit diesen Rechtsanspruch zu gewährleisten.
Wollen wir in einer Zukunftskommission nicht lieber darüber reden, welche qualitativen Anforderungen wir eigentlich an Bildung stellen? Ist es wirklich Zukunft, wenn die Bildungssenatorin sagt, man wolle im Jahr 2035 den Anschluss an das Mittelfeld in Bildungsvergleichsstudien finden? Das ist ein ähnlich ambitioniertes Ziel, als wenn Werder Bremen sagte, man wolle im Jahr 2035 nicht in der Relegation spielen.
Wer die Qualität von Bildung auf das Jahr 2035 vertagt, der versündigt sich an mindestens zwei weiteren Generationen von Kindern, die noch geboren werden und Anspruch darauf haben, dass dieser Staat ihre Bildung fördert und sie nicht benachteiligt.
Deswegen ist es grundsätzlich falsch, dass ausgerechnet Bremen, das, wie dem Bildungsfinanzbericht des Statistischen Bundesamtes für 2016 zu entnehmen ist, immer die rote Laterne bei Vergleichsuntersuchungen hat, mit 20,3 Prozent am wenigsten öffentliches Geld seines Haushalts für den Bildungsbereich zur Verfügung stellt. Wer den Anschluss schaffen will, muss nachhaltig in die Bildung investieren. Er darf nicht nur die Pflicht absolvieren, sondern muss sich auch um die Kür kümmern. Bildung ist das zentrale Thema der Zukunft unseres Landes. Darüber machen Sie sich offensichtlich überhaupt keine Gedanken.
Der zweite große Megatrend ist die Urbanisierung. Sie nennen das in Ihrer Zukunftskommission Stadtentwicklung. Unter uns gesagt, finden Urbanisierung und Stadtentwicklung doch nur dort statt, wo auch Fläche zur Verfügung gestellt wird. Wenn die Menschen wieder modern in der Großstadt leben wollen, muss ich ihnen doch Wohnraum bieten. Welche Flächen haben Sie denn für solchen Wohnraum ausgewiesen? Gestern haben wir über ein Kleingartengebiet geredet, das aufgegeben wurde und brachliegt. Es gibt viele andere Flächen, die brachliegen.
Ich sage Ihnen voraus: Mit dieser Koalition und den Grünen als Koalitionspartner ist eine Flächenpolitik, die dazu führt, dass wir in unserer Stadt wachsen können, nicht zu machen. Wir brauchen bezahlbare Grundstücke für die Mittelschicht, damit die Menschen unser Land nicht mehr verlassen. Wir brauchen bezahlbare Grundstücke für die Wirtschaft, damit deren Entwicklung hier in Bremen stattfindet, die Steuerkraft hierbleibt und die Arbeitsplätze hier entstehen und nicht im niedersächsischen Umland. Wir brauchen einfach mehr Fläche, um zu wachsen, meine Damen und Herren. Darauf hat dieser Senat eben keine Antwort gegeben.
Mit der Wahlkampfpolemik des Haushalts, die hier auch eine Rolle gespielt hat, will ich nicht allzu viel Zeit verschwenden. Ich möchte aber wenigstens darauf hinweisen, dass uns diese dauernde Neiddebatte - wir brauchen in Bremen mehr Geld, die Reichen sollen das bezahlen - in der Sache nicht weiterhilft. Es ist, zumindest was die Gewerbesteuer betrifft, auch falsch. Noch nie hat Bremen so viel Gewerbesteuer eingenommen wie im letzten Jahr. Die Gewerbesteuereinnahmen haben sich seit Ihrem Amtsantritt, sehr geehrte Bürgermeisterin Linnert, nahezu verdoppelt.
(Abg. Gottschalk [SPD]: Hört, hört! - Bürger- meisterin Linnert: Manche würden das für ei- nen Erfolg halten!)
Ich halte das auch für einen Erfolg. Deswegen finde ich es schäbig, dass Sie die vorgesehene Gewerbesteuererhöhung zum Stopfen von Haushaltslöchern damit rechtfertigen, dass Sie dieses Geld angeblich brauchen, um mehr Bildung zu finanzieren. Was haben Sie denn eigentlich mit den Millionenbeträgen aus der Mehreinnahme der Gewerbesteuer in der Vergangenheit gemacht? Die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Handwerkerinnen und Handwerker haben ihren Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts bereits geleistet. Ich finde es einfach schäbig, jetzt zu sagen: Wir brauchen noch einmal euer Geld, um wichtige Ausgaben zu finanzieren.
Die Menschen haben schon viel Geld gegeben, um die notwendigen Ausgaben in unserem Land zu finanzieren. Sie haben einen erheblichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung und zur Ausgabenfinanzierung geleistet. Sie jetzt nach dem Motto in den Schatten zu stellen: „Jetzt müsst ihr endlich auch einmal etwas von eurem Reichtum abgeben, damit wir etwas Soziales in Bremen tun können“, halte
Jetzt einmal im Ernst: Wer soll denn nach der Sektsteuer und dem Solidaritätszuschlag noch Ihrer Ankündigung glauben, dass diese Gewerbesteuererhöhung nur für zwei Jahre gilt? - Ich weiß gar nicht, welche Position Sie als Grüne zurzeit zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags haben. Wahrscheinlich hängt das davon ab, mit wem Sie regieren können. Wer glaubt, dass diese Steuer wirklich nur für zwei Jahre erhoben wird, der täuscht sich. Wahrscheinlich sind Sie dann nicht mehr im Amt, Frau Linnert. Das mag ich Ihnen zugestehen. Aber diese Gewerbesteuer - das ist meine Prognose - wird im Jahr 2020 nicht abgeschafft werden, wenn es bei dieser Regierung bleibt.
Ich halte das für fatal. Wir haben sowieso schwierige Rahmenbedingungen in Bezug auf die Flächenentwicklung, die Wachstumsmöglichkeiten und die verkehrliche Infrastruktur. Es ist ein falsches Signal, ausgerechnet hier eine Neiddebatte zulasten der Unternehmerinnen und Unternehmer anzustrengen. Ich finde es schäbig und halte es auch für inhaltlich falsch.
Letztens stand ein Artikel in der Zeitung, der aufgezeigt hat, wer eigentlich diese Gewerbesteuer zahlt. Es steht immer der Verdacht im Raum, einige wenige Großbetriebe zahlten sie. Nein, jeder Handwerksbetrieb ist von Ihrer Gewerbesteuererhöhung betroffen. Dabei geht es teilweise um Kleinbeträge. Für solch einen Handwerksbetrieb sind 5 000 Euro oder 10 000 Euro aber viel Geld. Für Sie sind das Peanuts, denke ich. Für einen kleinen Betrieb, der jeden Tag um Aufträge und das eigene Überleben kämpft und die Zukunft seiner Mitarbeiter sichern muss, ist das viel Geld. 5 000 Euro bis 10 000 Euro bedeuten für einen mittelständisch geführten Handwerksbetrieb einen Ausbildungsplatz, der vielleicht wegfällt, weil Sie die Gewerbesteuer erhöhen.
Deswegen sage ich: Es ist nicht nur strategisch falsch, es ist nicht nur politisch in der Polemik falsch aufgesetzt, sondern es ist auch inhaltlich ungerecht und falsch, die Gewerbesteuer zulasten dieser mittelständischen Betriebe zu erhöhen. Wir werden einer solchen Erhöhung nicht zustimmen.
Sie haben großspurig das Projekt der digitalen Verwaltung, auch beim Bürgerservice, gelobt. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass es seit
gestern auch eine Vorlage dazu gibt. Der Senat hat sich damit befasst. Bisher gab es, wie immer in Bremen, nur Geld. Das ist auch nicht verwunderlich. Es ist die Idee der rot-grünen Koalition, Geld in den Haushalt einzustellen, und dann wird sich schon etwas entwickeln. Damit, Geld auszugeben, hatten wir in Bremen noch nie Probleme. In der Regel ist mindestens das Geld ausgegeben worden, das zur Verfügung stand.
Jetzt gibt es eine Idee, wie es mit der Digitalisierung der Verwaltung in Zukunft funktionieren könnte. Darin ist einiges Gute enthalten. Über anderes muss man am Ende reden. Ich habe noch nicht ganz verstanden, wie der Bürgerservice durch die Digitalisierung wirklich verbessert werden soll. Dazu muss man sicherlich auch das eine oder andere Gesetz ändern. Dabei reden wir über Bundesgesetze. Seinen Personalausweis ohne Identitätskontrolle abzuholen, wird Bremen allein kaum regeln können. Dafür wird man wohl andere benötigen und auch eine andere gesetzliche Grundlage brauchen.
Sie schreiben, Sie haben jeweils 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, Sie haben aber verschwiegen, dass Sie das Geld gar nicht finanziert haben. Sie haben in der gleichen Höhe eine globale Minderausgabe eingestellt. Das heißt, Sie haben Geld ausgegeben, das Sie gar nicht haben, geschweige denn finanziert haben. Ein Finanzierungskonzept für diese digitale Zukunftsinitiative, die Sie entwickelt haben, steht also überhaupt nicht zur Verfügung.
Ist das eigentlich seriöse, nachhaltige Finanzpolitik à la Grüne, wenn ich mich hier im Parlament für ein Projekt loben und preisen lasse, für das ich selbst noch nicht einen einzigen Euro zur Verfügung gestellt habe, geschweige denn, dass ich weiß, wie es auf Dauer finanziert werden soll? Sie haben jetzt für zwei Jahre 20 Millionen Euro eingestellt. Sie wollen aber Hunderte von neuen Stellen schaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich finde, seriöse Finanzpolitik sieht anders aus.
Man schreibt zuerst einmal auf, auf welcher gesetzlichen Grundlage man mit welchen Maßnahmen die Digitalisierung bürgerfreundlich vorantreiben will, und wirbt hinterher Geld ein, statt zuerst eine Summe aufzuschreiben, sich belobhudeln zu lassen und am Ende durch eine globale Minderausgabe nachfinanzieren zu müssen, was, wie ich finde, kein Beweis für solide Finanzpolitik ist.
Sie haben Investitionsbedarfe beschrieben. Der Sanierungsstau an den Schulen beträgt mindestens 675 Millionen Euro. Darüber haben wir lange hier im Parlament gestritten. Der Sanierungsstau in den Krankenhäusern beträgt, wie ratenweise und zuletzt im Haushalts- und Finanzausschuss zugegeben, mindestens 500 Millionen Euro. Der Sanierungsstau in den Häfen beträgt nach einer Vorlage des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen 250 Millionen Euro. Der Sanierungsstau bei Straßen beträgt nach einer Auskunft des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr 240 Millionen Euro.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es dann das richtige Signal, die Investitionsquote über die Jahre immer weiter zu senken? Ist es eine nachhaltige Finanzpolitik, den Menschen, den nachwachsenden Generationen, den künftigen Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft einen milliardenschweren Sanierungsstau zu hinterlassen, weil man das Geld an anderer Stelle für konsumtive Zwecke ausgegeben hat? Ich sage: Nein! Investitionen sind keine Schande. Sie sind eine Notwendigkeit für die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft und eines Gemeinwesens. Dafür haben Sie weder in der Vergangenheit genug getan noch haben Sie für die Zukunft vorgesorgt.
Ich will am Ende der ersten Runde noch etwas zur sozialen Struktur der beiden Städte unseres Landes sagen. Wenn ich vorhin über Einwohnerwachstum, über Wirtschaftswachstum und über die Notwendigkeit des Wachstums von Arbeitsplätzen gesprochen habe, dann habe ich das natürlich im Hinblick auf die aufzustellenden Haushalte und die mittelfristige Finanzplanung getan. Mich und die Bremer CDU treibt die tiefe Sorge um, dass eine Fortsetzung der bisherigen Politik dazu führen wird, dass sich die soziale Spaltung in den beiden Städten unseres Landes unverändert fortsetzt. Wir sind das einzige Bundesland, in dem die Schere zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren noch weiter auseinandergegangen ist.