Protocol of the Session on August 24, 2017

(Beifall FDP - Glocke)

Ich komme zum Schluss! Trotz dieser Einzelheiten, die Bremen betreffen, muss das ganze Thema Asyl, das ganze Thema Flüchtlinge europäisch gelöst werden. Wir brauchen eine faire Umverteilung, wir brauchen einen Lastenausgleich und mehr Sicherheit der Grenzen. Wir müssen das Schleppertum mehr bekämpfen und mehr das Augenmerk darauf legen, in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen, Maßnahmen zu unterstützen, die dazu führen, dass es ihnen wert ist, weiterhin dort zu bleiben. - Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Leonidakis.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur zwei Bemerkungen zu meinem Vorredner! Herr Zenner, das Asylrecht ist kein Gastrecht, es ist ein Grundrecht, das unter anderem in der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Insofern glaube ich, das Wort Gastrecht wird dem nicht gerecht. Das ist das eine.

(Beifall DIE LINKE - Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Jetzt halten Sie ein juristisches Oberseminar, oder was?)

Die andere Bemerkung: Wer Schleppern die Geschäftsgrundlage entziehen will, der muss sich für legale Fluchtwege einsetzen. Ich glaube, das muss man der Vollständigkeit halber an dieser Stelle auch sagen.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt aber zur Anfrage! Herr Hinners, als ich den Titel gelesen habe, ist mir als Erstes der Gedanke gekommen, oh, die CDU interessiert sich wirklich dafür, wie es mit den Asylverfahren vorangeht, ob Geflüchteten unzumutbare Wartezeiten zugemutet werden, teilweise über ein Jahr zum Beispiel, wie es ihnen im Asylverfahren geht, wie schnell die Abarbeitung vorangeht, wie die Entscheidungen sind! Als ich dann weitergelesen habe, musste ich feststellen, dass von 14 Fragen, die Sie gestellt haben, sechs Fragen auf mögliche Delikte, erkennungsdienstliche Behandlungen, also quasi negatives Auffallen der Geflüchteten abzielen. Die Art und Weise, wie Sie hier Ihre Fragen gewichten, ist tatsächlich enttäuschend. Ich war enttäuscht, denn es entspricht nicht dem Titel.

(Zuruf Abg. Hinners [CDU])

Wäre es Ihnen darum gegangen, wie das Asylverfahren an sich für die Geflüchteten vorangeht, dann hätten Sie zum Beispiel nach der Dauer der Verfahren fragen können. Das fragen Sie gar nicht erst ab, es scheint Sie nicht zu interessieren.

(Abg. Hinners [CDU]: Nein, die kenne ich!)

Ich ergänze das deswegen, weil ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, wenn man fragt, wie es mit der Bearbeitung der Asylanträge in Bremen vorangeht, dass sie eben teilweise sehr lang dauern und teilweise auch künstlich durch die Bundesregierung, durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, verlängert wurden,

(Abg. Hinners [CDU]: Nicht nur!)

zum Beispiel die Abarbeitung der Asylanträge aus Afghanistan, quasi in Erwartung des Bundesinnenministers de Maizière, endlich Afghanistan als sichere Region oder sicheren Herkunftsstaat deklarieren zu können! Ich glaube, das, was Trump in den letzten Tagen entschieden hat, hat de Maizières Pläne endgültig unmöglich gemacht, wenn man außer Acht lässt, dass diese Pläne von vornherein unmöglich und menschenunwürdig waren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Hätte Sie interessiert, wie es Geflüchteten im Asylverfahren geht, hätten Sie außerdem vielleicht danach gefragt, wie vielen Geflüchteten aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten gelungen ist, innerhalb der kurzen Fristen von ein bis zwei Wochen, in denen sie einen Rechtsbeistand beiziehen können, Rechtsmittel einzulegen

Landtag 3675 48. Sitzung/24.08.17

oder einen Rechtsbeistand überhaupt erst zu bekommen. Auch das fragen Sie nicht nach! Insofern liegt Ihnen wohl nicht daran, zu fragen, zu lernen oder zu erfahren, wie die Asylverfahren für die Geflüchteten sind, sondern Ihnen geht es offenbar darum, Geflüchtete in ein schlechtes Licht zu rücken.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Vielleicht setzen Sie sich zur Abwechslung einmal mit den Antworten auseinander und nicht nur mit den Fragen!)

Ich finde, es ist Ihnen nicht gelungen, denn die Antworten zeigen, dass es sehr hohe Anerkennungsquoten gibt, und das, was Sie am Schluss gesagt haben, nämlich dass die Zahl der Abschiebungen ansteigen müsse, das ist ja wohl Ihre eigentliche Absicht. Auch hier stimmt die These nicht, wir haben aus den Antworten entnommen, dass es etwa 3 000 Ablehnungen innerhalb von drei Jahren gegeben hat. Diese etwas über 3 000 Ablehnungen - -.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Stellen Sie doch diese Fragen, wenn Sie sie so interessieren!)

Ich habe eben auch geduldig zugehört, Herr vom Bruch!

(Zuruf Abg. Dr. vom Bruch [CDU])

Diese 3 000 abgelehnten Asylanträge bedeuten ja nicht, dass all diese Personen ausreisepflichtig sind, sondern es kann sein - und das wissen Sie auch sehr gut, Herr Hinners -, dass diese Personen weitere Aufenthaltsgründe vorbringen und auch zuerkannt bekommen, zum Beispiel Aufenthalte aus humanitären Gründen nach Paragraf 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz, das ist in dieser Statistik nicht enthalten. Insofern kann man nicht sagen, dass diese Personen per se ausreisepflichtig sind.

In Bezug auf die Delikte - die Bundesstatistik wurde vom Senat ergänzt - ergibt sich, dass in einer großen Anzahl von Asylanträgen gerade einmal 1,4 Prozent gefälschte Papiere festgestellt wurden. Insofern entkräften quasi die vorgelegten Zahlen das, was Sie offenbar mit Ihren Fragen beweisen wollten.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Mit Fragen kann man nichts beweisen!)

Bei den Delikten hätte man der Vollständigkeit halber abfragen können, wie es denn - das hat der Kollege Fecker schon gesagt - mit der Vergleichsgruppe der Gesamtbevölkerung aussieht, das tun Sie nicht. Ich finde das unvollständig.

(Abg. Hinners [CDU]: Stellen Sie doch selbst eine Große Anfrage, ist doch unbenommen! - Zuruf Abg. Dr. vom Bruch [CDU])

Trotzdem muss man selbstverständlich sagen, dass es teilweise schwere Delikte sind, dass es auch Straffälligkeit gibt. Wenn man aber den Gesamtkontext berücksichtigt, muss man auch sehen, dass ein Großteil der Opfer von Delikten der Geflüchteten selbst Geflüchtete sind, zum Beispiel in Unterkünften. Die „Zeit“ hat das einmal in einem Vergleich der Statistiken aus verschiedenen Bundesländern zusammengestellt. Insofern wäre auch hier die interessante Frage, wie man auch Geflüchtete davor schützt.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Dann stellen Sie doch einfach diese Fragen! - Abg. Frau Böschen [SPD]: Das war jetzt das fünfte Mal, Herr vom Bruch! - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das ist ja auch nervig! - Abg. Röwekamp [CDU]: Es ist auch das fünfte Mal, dass sie sagt, dass die Fragen falsch sind! - Glocke)

Ich kann dieses Statistiken und diese Fragen aus meiner politischen Sicht bewerten, wie ich es möchte. Das steht mir frei, so wie es Ihnen freisteht, Fragen zu stellen, wie Sie möchten. Dann müssen Sie aber auch aushalten, dass jemand hier vorn sagt, diese Fragen sind unvollständig, und sie sind tendenziös, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin immer erstaunt über die Selbstgerechtigkeit der CDU bei diesem Thema. Ich frage mich immer, träume ich, oder habe ich die ganze Entwicklung überhaupt verschlafen?

(Abg. Röwekamp [CDU]: Und nicht ausgeschla- fen!)

Was war der Beginn dieser Entwicklung? Kann es sein, dass eine Kanzlerin einmal entschieden hat, die Grenzen unkontrolliert zu öffnen, dass danach Hunderttausende eingewandert sind und ein Bundesamt für Migration, abgekürzt BAMF, plötzlich dastand, nicht arbeitsfähig war?

(Abg. Strohmann [CDU]: Was hätten Sie denn gemacht?)

Wo es noch nicht einmal Datenverbindung zwischen Polizei und BAMF gegeben hat? Dass man dann in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Tausende von Mitarbeitern in diese Behörde gepumpt hat,

Landtag 3676 48. Sitzung/24.08.17

um das Chaos abzuwenden? Dass man dabei auch einmal einen Offizier der Bundeswehr nebenbei als Asylbewerber anerkannt hat? Wen wundert das eigentlich, und was ist die Qualität dieser Arbeit? Fragen über Fragen!

Dann kommen Sie hier an und fragen, wie das denn mit der Doppelidentität ist. Ich vermute, es sind viele unter ihnen gewesen, die einfach in der einen Aufnahmeeinrichtung den einen Pass präsentiert haben und in der nächsten den anderen. Diese Behörde hat das überhaupt nicht mitbekommen, weil sie, wie gesagt, in den ersten Monaten völlig handlungsunfähig gewesen ist. Insofern war das Kind schon im Brunnen, bevor wir überhaupt mit diesem Thema befasst worden sind.

(Beifall SPD)

Ich habe also die herzliche Bitte, bei den Schuldzuweisungen wirklich einmal einen Schritt zurückzugehen und zu sagen: Was da gelaufen ist, war unter Sicherheitsaspekten der Worst Case.

(Beifall SPD)

Sie wollen dann in der Statistik herausfinden, wie sich das mit den Straftaten entwickelt hat. Entschuldigung, aber wir haben dieses Thema der Jugendlichen aus Marokko, aus Tunesien, aus Algerien x-mal in dieser Bürgerschaft diskutiert! Wo sind die hergekommen? Die sind doch nicht in Bremen groß geworden, sondern sie waren plötzlich da, weil es keine vernünftigen Grenzkontrollen gegeben hat, weil niemand sich für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland irgendwie verantwortlich fühlte, und daran waren Sie in erster Linie beteiligt.

(Beifall SPD)

Wenn Sie die anderen Bereiche ansprechen, dass wir in Bremen - man hätte das noch etwas ausschmücken können - so viele Fälle der freiwilligen Ausreise haben: Dazu muss man sagen, das hängt auch damit zusammen, dass wir beim BAMF kürzlich die große Masse der Verfahren hatten, die den Westbalkan betrafen, also Länder, mit denen man rechtliche Verträge hatte, sodass wir selbst in der Lage sind -und das ist die Ausnahme -, die Papiere auszustellen. Das heißt, jeder, der die Aufforderung bekommen hat, die Bundesrepublik zu verlassen und in den Westbalkan zurückzugehen, hat keine andere Chance und weiß genau, dass wir ihm dann, wenn er nicht freiwillig geht, die Papiere aushändigen und dann eine Ausweisung verfügen werden und sie auch realisieren können. Das ist eigentlich die Hauptursache und die Begründung dafür, warum so

viele freiwillig ausreisen. Ergänzend kommt hinzu, dass wir auch ein sehr stark ausgebautes System der Betreuung haben, beides ist wirtschaftlich in jedem Fall sinnvoller.

Ich wage die Prognose, dass sich diese Zahlen in den nächsten Monaten grundlegend verändern werden, denn jetzt beginnt das BAMF, die Fälle zu bearbeiten, die wirklich schwierig sind, und es sind noch Tausende von Verfahren, die bei den Verwaltungsgerichten liegen. Das ist richtig kompliziert und schwierig.

Dann kommt ja immer das Thema Abschiebung von Straftätern. Wir haben eine sehr enge Zusammenarbeit mit der Justiz, wir haben Vereinbarungen mit dem Strafvollzug. Wir schauen es uns heute rechtzeitig an, wenn Personen inhaftiert werden, und wir überlegen, was geschieht, wenn die Haftstrafe verbüßt ist.