Da ist es nämlich durchaus so, dass Verdächtige, Beteiligte und Zeugen gespeichert werden, und genau das finden wir problematisch.
Ich möchte auch noch einmal darauf eingehen - Herr Kollege Öztürk hat es eben gesagt, wir haben es auch gerade aktuell bemerkt -, wie problematisch das sein kann, eben bei dem Entzug der Akkreditierung beim G-20-Gipfel, denn da war unter anderem ein Fotograf des „Weser-Kurier“ betroffen. Der ganze Vorgang ist noch nicht aufgeklärt, und der Bundesdatenschutzbeauftragte sagt, man müsse auch die Datenbanken des BKA beziehungsweise die Grundlage tatsächlich noch einmal überprüfen.
Tatsache war nämlich zum Beispiel, dass ein Reporter des NDR am Rande einer Erster-Mai-Demonstration, bei der er beruflich tätig war, von der Polizei kontrolliert worden ist. Er hat seine Personalien brav abgegeben - warum auch nicht, er war ja in Ausübung seines Berufes da, außerdem war er dazu verpflichtet! -, und anschließend wurde er fälschlicherweise als gewalttätiger Teilnehmer einer Demonstration abgespeichert und in der Datenbank als linksmotivierter Straftäter vermerkt. Deswegen wurde seine Akkreditierung widerrufen, und an diesem Beispiel sieht man,
dass solche Speicherungen durchaus sehr sensibel sind und Menschen auch ohne Grund abgespeichert werden. Das Tragische an diesen Fällen ist, dass die betroffenen Journalisten es nicht wussten, und genau das wollen wir in Zukunft eigentlich verändert haben.
Man kann natürlich mit dem Verweis auf das Datenschutzgesetz, Herr Hinners, die Polizei anschreiben und Auskunft über eine personenbezogene Datenspeicherung erbitten. Die Polizei antwortet dann auch, das klappt soweit, und anschließend wäre dann - Herr Kollege Zenner hat es gesagt - der Rechtsweg offen. Ich kann mir dann also einen Anwalt nehmen und gegen die betreffende Speicherung vorgehen, wenn ich sie für rechtswidrig halte. Das Problem ist nur, dass viele Menschen gar nicht wissen, dass sie in dieser Datenbank sind, und sie wissen gar nicht, dass die Polizei Einträge über sie hat. Wie gesagt, es gibt ja nicht nur die Bremer, es gibt ja auch noch andere. Wir wollen hier allerdings nur das Landesrecht ändern, und zwar dahingehend, dass es eine Informationspflicht gibt und nicht nur die Möglichkeit der Nachfrage bei der Polizei.
Bremen ist landesrechtlich zuständig für die KPSRichtlinie, und Bremen praktiziert diese Informationspflicht, wie gesagt, schon in einem Teilbereich der Speicherungen. Es gibt daher keinen formalen Grund, den Antrag abzulehnen und, ehrlich gesagt, was mich nicht so zufriedenstellt, Herr Öztürk, ist, dass Sie sagen, das könne man nicht machen, weil dann Tausende Briefe verschickt werden müssten. Ich finde, wenn es um Datenschutz geht und vor allem um weitreichende Folgen einer Speicherung, von der man nichts weiß - das eine Beispiel habe ich Ihnen ja eben genannt -, dann dürfte ein Brief mit einer 70Cent-Briefmarke tatsächlich nicht nur verschickt werden, sondern er müsste verschickt werden.
Herr Zenner, zu Ihnen! Sie haben natürlich recht, das Ganze ist unbestimmt, wenn wir sagen, es dürfen Ermittlungen nicht gefährdet werden. Genau deswegen aber haben wir ja keinen Vorschlag gemacht, weil ich durchaus der Meinung bin, dass so etwas tatsächlich nicht nur in der Innendeputation, sondern auch im Rechtsausschuss beraten werden muss. Natürlich haben wir diesen Antrag gestellt, weil wir wissen, dass Koalitionsverträge gern in Schubladen liegen bleiben und Vorhaben nicht umgesetzt werden. Wir hatten allerdings früher, bevor wir diesen Antrag gestellt haben, im Frühjahr nachgefragt, was denn mit diesem Passus aus dem Koalitionsvertrag passiert. Die Antwort war nicht befriedigend und ausweichend, und deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Daher hätte die Koalition, wenn sie ernst meint, dass sie dieses Vorhaben
umsetzen will, dem Antrag heute auch zustimmen können. Dass sie es nicht tut, lässt vielleicht die Frage offen, ob ich im nächsten Jahr um diese Zeit wieder diese Frage stellen muss oder es einfach noch einmal beantragen muss. - Danke schön!
Dann können Sie nicht mehr! Zwei plus fünf, das ist das neue Format. Frau Vogt hat zwei Minuten für die Antragsbegründung gehabt, die anderen Abgeordneten dann fünf Minuten. Sie könnten theoretisch - so habe ich es verstanden - für eineinhalb Minuten eine Kurzintervention machen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Vogt, Sie sagten, wenn wir wollten, dann würden wir heute gern zustimmen, wir wollen nicht und hätten keinen Willen. Das stimmt nicht. Diese Ausführungen weise ich zurück.
Ich habe in einer verständlichen Sprache in meinem Debattenbeitrag versucht darzulegen, aus welchen Gründen wir Ihren Antrag ablehnen. Er enthält ja auch einen Fehler. In Ihrem Antrag zielen Sie auf einen separaten Gesetzentwurf ab, der nur die Informationspflicht betrifft, aber nicht auf das, was in unserem Koalitionsvertrag steht, nämlich das Proaktive, das weitergehender ist. Im Hinblick auf das Proaktive benötigt diese Koalition noch Beratungsbedarf. Am Ende des Tages entscheidet die Koalition immer selbst, zu welchem Zeitpunkt etwas aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt wird.
Zu guter Letzt wollen wir ja auch keine handwerklichen Fehler machen, wenn etwas in unserem Koalitionsvertrag steht, dann wollen wir es gut abarbeiten. Im Rahmen der Beratungen der EUDatenschutzgrundverordnung und der Polizeireform, die sowieso ansteht, hat der Senat erst einmal bis Mai 2018 Zeit - deswegen haben wir das
Thema auch nicht verschleppt -, das alles auf die Beine zu stellen. Wir wollen dann schauen, ob der Senat technisch in der Lage ist, etwas vorzulegen, das die Polizei umsetzen kann. Das wollte ich an dieser Stelle gern noch einmal gesagt haben. -Danke schön!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gern damit beginnen, dass ich an die Äußerung von Frau Vogt anknüpfe, es gäbe keinen formalen Hinderungsgrund, so etwas zu tun. Das ist richtig.
Richtig ist, wenn der Gesetzgeber diese Regelung wollte, dass er sie erlassen könnte und dass er die Polizei zur proaktiven abwehrrechtlichen Speicherungen aller Gefahren mit den genannten Einschränkungen verpflichten könnte. Sinnvoll ist allerdings auch, sich mit den praktischen Auswirkungen einer solchen Verpflichtung auseinanderzusetzen, um am Ende eine Abwägungsentscheidung zu treffen, ob dieser zusätzliche Datenschutz den Ressourcenaufwand, der entsteht, wert ist.
Ich würde gern ein paar Sätze dazu sagen, was es ganz praktisch nach unserer Einschätzung bedeuten würde, wenn man zu einer solchen Regelung käme. Insofern hat mich auch die Euphorie der FDP zunächst gewundert, aber mit 2 900 Beamten, die sie ja neuerdings fordert, würde man das vielleicht umsetzen können.
Wir haben uns mit der Frage durchaus auseinandergesetzt. Es ist nicht so, dass wir keine Vorstellung davon hätten, was auf uns zukommt. Nach unserer Einschätzung ist es so, dass über 16 000 Personen mit sogenannten personenbezogenen Hinweisen im Bestand des polizeilichen Informationssystems INPOL gespeichert sind. Herr Kollege Hinners hat darauf hingewiesen, es sind ausschließlich gefahrenabwehrrechtliche Speicherungen, das heißt, wir müssten alle Personen informieren.
Die Speicherung dieser circa 16 000 Personen beruht ursprünglich zu 100 Prozent auf einem Strafverfahren. Das heißt, dass wir keinen automatisierten Informationsfluss generieren könnten, sondern dass jeder einzelne Vorgang geprüft werden muss: Laufen die Ermittlungen noch? Besteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Hindernis? Werden verdeckte Maßnahmen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gefährdet? Das heißt, wir müssten die Akten dieser 16 000 Personen prüfen, und zwar wahrscheinlich deutlich mehr
als einmal, weil wir zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens regemäßig gehindert wären, diese Informationen mitzuteilen.
Wenn man sich das Ganze konsequent anschauen wollte, reichte die Erstspeicherung gar nicht aus, denn es finden regelmäßig Veränderungen an den Speicherungen statt, über die dann konsequenterweise auch informiert werden müsste. In der Regel findet die Erstspeicherung bei der Einleitung des Ermittlungsverfahrens statt. Nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens erfolgt die Prüfung, die Aussonderungsfrist, bis wann gelöscht werden soll. Soll die Speicherung bestehen bleiben, oder soll sie in veränderter Form aufrechterhalten werden? Das heißt, wir haben eine Reihe von Verarbeitungsvorgängen, die jedes Mal den Charakter dieser Speicherung ganz grundsätzlich ändern könnten, sodass man ernsthaft gar nicht behaupten kann, dass die Information über die Erstspeicherung mit dem, was dann noch in der Datenbank steht, vergleichbar ist. Das würde einen erneuten Benachrichtigungsvorgang auslösen.
Wir haben darüber hinaus andere gefahrenabwehrrechtliche Hinweise bei uns im System, zum Beispiel die Eintragung wegen vorliegender Gewaltschutzanordnung, Person XY darf sich dort nicht aufhalten. Es ist natürlich wichtig, dass die Polizei das weiß, dass sich der schlagende Ehemann nicht mehr in der Wohnung aufhalten darf, weil ihm der Aufenthalt untersagt worden ist. Dieser Hinweis ist auch in der Datenbank entsprechend hinterlegt. Wir haben andere Hinweise bei Suizidenten, und es sind Eintragungen nach dem PsychKG vorhanden, sodass die Polizei in der Lage ist, ihre Aufgaben zu erledigen.
Wir liegen damit deutlich über den 16 000 Personen. Wir erreichen in diesem Bereich jedes Jahr eine Größenordnung von über 15 000 Neuanträgen. Die Polizei hat sich das alles einmal angeschaut und geht davon aus, dass zwischen 50 000 und 90 000 Benachrichtigungen pro Jahr versandt werden müssten. Das heißt, wir gehen von einem Postlauf von 200 bis 400 Briefen pro Tag aus, die nicht automatisiert erstellt werden könnten, sondern die man sich in jedem Einzelfall vorher anschauen muss und bei denen man mit der Staatsanwaltschaft Rücksprache nehmen muss.
Wir gehen davon aus, dass für diesen Arbeitsaufwand mindestens fünf bis sechs Personen angesetzt werden müssten, die ausschließlich mit dem Versand dieser Unterlagen beschäftigt wären. Mit dieser Personenzahl ist überhaupt noch nicht der Arbeitsaufwand abgedeckt, der gegebenenfalls nach dem Versenden der Mitteilungen entsteht, wenn sich jemand wehrt oder wenn jemand Fragen zur Speicherung stellt. Das ist ein erheblicher
Jetzt will ich auf der anderen Seite Überlegungen zu einem Aspekt, den Herr Kollege Hinners auch angesprochen hatte, wenigstens einmal formulieren. In der Tat ist es so, dass es Personen gibt, die nicht wissen, dass sie in den polizeilichen Datenbanken gespeichert werden. Das sind in der Regel auch die, die wir nicht proaktiv informieren würden, weil sie aufgrund von verdeckten Erkenntnissen gespeichert sind.
Die allermeisten müssten zumindest wissen, dass die Polizei Anlass hatte, ihre Daten zu verarbeiten, weil sie nämlich Beschuldigte in einem Strafverfahren waren oder weil sie einen gefahrenabwehrrechtlichen Polizeieinsatz ausgelöst haben. Die Polizei arbeitet ja nur in einem geringen Anteil wirklich verdeckt, denn vielfach ist im Strafverfahren sowieso eine offene Tätigkeit erforderlich. Es werden Menschen befragt. Es wird ihnen rechtliches Gehör eingeräumt. Sie werden auch benachrichtigt, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen sie geführt oder eingestellt worden ist, jedenfalls dann, wenn sie vorher dazu gehört worden sind. Das heißt, es gibt eine Vielzahl von Hinweisen, und deshalb ist es so, dass natürlich jeder ein Recht auf Auskunft hat.
Die Frage ist, ob es unzumutbar ist, sich auf dieses Recht auf Auskunft zurückzuschränken, wenn auf der anderen Seite dieser nicht unerhebliche Ressourceneinsatz besteht. Das ist am Ende eine Abwägungsentscheidung, die der Gesetzgeber treffen muss. Ich glaube, ich habe versucht deutlich zu machen, dass es eben nicht damit getan ist zu sagen, setzt das doch einmal um, sondern das Ganze hat erhebliche Auswirkungen, das Ganze stellt erhebliche Ressourcenforderungen. Dies muss man schlicht und ergreifend in Abwägung zu dem erhofften Vorteil setzen. Ich sage Ihnen ganz offen, ich komme im Moment zu der Erkenntnis, dass wir vor dem Hintergrund der Situation bei der Polizei hier den Schwerpunkt in der Form nicht setzen sollten, sondern wir sollten die Ressourcen anders verwenden. Das ist meine persönliche Einschätzung. Am Ende wird das zu bearbeiten sein.
Ich will nur noch darauf hinweisen, dass sich auch der europäische Gesetzgeber bei dem Erlass der JI-Richtlinie und der Datenschutzgrundverordnung darauf konzentriert hat, ein Informationsrecht, aber keine Informationspflicht zu konstatieren.
Ich habe zwei Fragen. Sie können aber doch bestätigen, dass Sie auch Zeugen in die Datenbanken aufnehmen, die nicht wissen, dass sie in einer Datenbank stehen, und dass das auch nach Personenkontrollen erfolgt, wie das jetzt zum Beispiel anhand der G-20Akkreditierung deutlich geworden ist? Das wäre die erste Frage. Die zweite Frage ist: Wenn ich Ihre Ausführungen und die der Koalitionäre nehme, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, dass Sie sagen, es stehe zwar im Koalitionsvertrag, aber Sie wollten es nicht umsetzen, weil die Ressourcen nicht vorhanden seien? Das ist eine andere Aussage, als die, die hier eben aus dem Parlament zu hören war, und deswegen frage ich nach.
Ich bin gar nicht der Gesetzgeber. Darum kann ich Ihnen am Ende keine Antwort darauf geben, wie sich der Gesetzgeber verhält. Ich kann Ihnen nur sagen, ich bin der Auffassung - und darum haben wir bisher keinen entsprechenden Vorschlag unterbreitet -, dass wir an dieser Stelle den Ressourceneinsatz dort nicht vornehmen sollten, sondern an anderer Stelle, weil der erhoffte Zugewinn nicht so groß ist, als dass wir das im Moment für vertretbar halten.
Im Übrigen glaube ich, dass man sich nicht bis in die letzte Verästelung des Themas mit den Auswirkungen auseinandergesetzt hat, als man in der Situation gewesen ist, das politische Wollen zu bekunden. Das sage ich Ihnen ganz offen. Bevor ich mich vor einem halben Jahr mit dem Thema beschäftigt habe, war mir nicht klar, dass die Folge ist, dass die Polizei jeden Tag 200 bis 400 Briefe verschicken muss und dass pro Vorgang ein Arbeitsaufwand zwischen fünf Minuten und einer Stunde entsteht. Das ist ja die Situation, mit der man sich auseinandersetzen muss. Ich räume ein, dass durchaus auch in polizeilichen Datenbanken Speicherungen über Unbeteiligte vorhanden sind, in der Regel allerdings nicht als gefahrenabwehrrechtlicher Hinweis, sondern es kommt im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens zur Datenspeicherung.
Die Informationen über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren obliegt ohnehin dem Bundesgesetzgeber und der StPO. Wir können uns aus kompetenzrechtlichen Gründen nur zu gefahrenabwehrrechtlichen Hinweisen verhalten. Deshalb, es gibt solche Speicherungen, die wir hiermit nicht feststellen könnten, sondern es geht hier