Protocol of the Session on August 23, 2017

Ich möchte noch eine weitere Anmerkung zu solchen privaten Einrichtungen machen, obwohl ich kein Bildungspolitiker bin. In diesem Hause gilt eigentlich der Konsens, dass die Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf. Die öffentliche Unterstützung von Privatschulen und von privaten Hochschulen untergräbt diesen Konsens, denn wir machen deutlich, dass man Bildung in jedem Land für Geld kaufen kann. Das Geld fehlt an anderer Stelle, an der man auf kostenlose Bildung angewiesen ist.

(Zurufe CDU)

Dieser Konsens muss eingehalten werden, und das ist ein weiterer Grund, warum die öffentliche Unterstützung für die Jacobs University einzustellen ist. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Soweit der Ausflug in die Ideologie!)

Als nächster Redner das Wort der Abgeordnete Reinken.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Kollege Rupp, Ihr Beitrag hat deutlich gemacht, dass es in einer Aktuellen Stunde nicht um die Klärung eines Sachproblems geht, sondern dass es um eine aufgeblasene Debatte geht, die auf Diskussionen zurückgreift, die vielleicht im Jahr 2003 sinnvoll gewesen wären. Sie sind auch geführt worden. Sie hat aber nichts mit dem aktuellen Problem zu tun.

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Über welches Problem sprechen wir eigentlich? Am 14. August gibt die Jacobs University eine Pressemitteilung heraus: Erfolgreiche Restrukturierung, Jacobs University auf Wachstumskurs. Unter dieser Überschrift wird dann im „Weser-Kurier“ darüber berichtet. Dann überrascht

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uns eine kritische Stimme aus der Bremer Wirtschaftswissenschaft unter dem Tenor: Die schaffen das nie. Bremen muss sich sofort entscheiden, welche Hilfe dort notwendig ist. Aufgrund dieses Konstrukts beantragt DIE LINKE eine Aktuelle Stunde mit der Überschrift „170 Millionen Euro sind genug: Keine neuen Subventionen für die Jacobs University“, und damit haben wir diese etwas aufgeblasene Debatte.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Der ehemalige Bürgermeister hat zugesagt, dass das die letzte Subventionierung ist!)

Frau Vogt, warten Sie doch einfach einmal ab, bleiben Sie ruhig, bleiben Sie cool, der Kollege Rupp war doch eben schon aufgeregt genug!

(Zuruf Abg. Frau Vogt [DIE LINKE] - Abg. Frau Böschen [SPD]: Jetzt ist die SPD an der Reihe!)

Die Jacobs University stellt für sich selbst fest, dass sie den Plan einhält. Sie sagt, wir haben ein geplantes Defizit, wir halten den Plan zur Restrukturierung ein. Wir haben das operative Ergebnis von 16,6 Millionen Euro verbessert. Herr Rupp sagt, das sei nicht substanziell, es habe sich substanziell nichts geändert. Ich antworte: Eine strukturelle Verbesserung von 16,6 Millionen Euro ist schon ganz schön substanziell.

(Beifall SPD, CDU)

Die Jacobs University führt in ihrem Geschäftsbericht aus, dass sie für das laufende und kommende Jahr keine Gefahren sehe. Die geplante und vereinbarte Sanierung werde eingehalten. Das Darlehen, das im Jahr 2003 gewährt worden sei - an dem auch wir als Bremen ein besonderes Interesse haben sollten - werde zurückgezahlt. Frau Windt stellt im Interview mit dem „Weser-Kurier“ auch noch in Aussicht, dass der Hauptgesellschafter, nämlich die Foundation, der Universität in den kommenden zehn Jahren weitere 100 Millionen Euro Schweizer Franken zur Verfügung stellt. Das ist die Basis, auf der wir jetzt eine Aktuelle Stunde durchführen.

Ich sage einmal so, die wirtschaftliche Lage der Jacobs University stellen wir nicht auf der Basis einer Aktuellen Stunde fest. Meine persönliche Erfahrung ist, dass die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens - und das ist die Jacobs University - am besten durch einen Blick in die Bilanz und in die GuV beurteilt werden kann.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Keine Sorge! Das haben wir gemacht!)

Dafür gibt es das Institut der Wirtschaftsprüfer, die in der Regel vereidigt sind. Die Beurteilung über Pressestatements ist meistens flotter, aber nicht ausreichend. Für Bremen stellen sich die Fragen: Sind die im trilateralen Vertrag vereinbarten Zeit- und Maßnahmepläne eingehalten? Sind die Zahlungsströme und ihre Auswirkungen auf die Vermögenslage korrekt abgeleitet? Sind die genannten Ziele hinsichtlich eines strukturell ausgeglichenen Haushalts erreichbar?

Hat irgendjemand hier in diesem Raum Erkenntnisse, dass die Wirtschaftsprüfer hinsichtlich dieser drei zentralen Fragen für eine Bilanz und eine GuV eines Unternehmens auf andere Erkenntnisse mit Blick auf 2016 gekommen sind? Hat irgendjemand Erkenntnisse darüber, dass mit Blick auf 2017 die Wirtschaftsprüfer sagen, wir müssen mit Rückblick auf das Jahr 2016 die Notbremse ziehen? Haben Sie diese Erkenntnisse? Dann tragen Sie sie vor! Wir haben sie nicht! Die Jacobs University hat sie offenbar selbst auch nicht, denn von dort ist ja nicht der Ruf nach Geld gekommen. Er kommt ja im Moment mehr von Ihnen oder von anderen. Das noch einmal zu dem Charakter der Debatte. Ich sage, solche Debatten führt man dann, wenn die Zahlen vorliegen, aber nicht, wenn man spekuliert.

(Beifall SPD, CDU)

Nächste Bemerkung! Wir sind der Auffassung, dass die Jacobs University für Bremen eine Bereicherung ist. Das will ich deutlich sagen!

(Beifall SPD, CDU)

Mein Kollege Gottschalk, der im zweiten Teil der Debatte einen Beitrag leisten wird, wird das sicherlich näher ausführen. Man kann noch einmal rückblickend auf das Jahr 2003 feststellen, dass die damaligen hochfliegenden Pläne nicht eingetroffen sind. Das bringt uns heute allerdings nicht weiter, wir reden nämlich über das Jetzt, das Hier und das Heute. Es ist völlig richtig, dass die Koalition im Jahr 2013 den trilateralen Vertrag abgeschlossen hat. Er sicherte das Sanierungskonzept und seine konsequente Umsetzung, dass die Jacobs Foundation weiterhin Geld zur Verfügung stellt und dass Bremen bis 2017 drei Millionen Euro beisteuert.

Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag, den wir 2015 beschlossen haben:

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Ehrlich? Mannomann!)

„Die Internationalität der JUB wollen wir nutzen und fördern. Zudem machen wir uns für eine

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stärkere Öffnung der JUB in den Stadtteil hinein stark. Wir werden den finanziellen Konsolidierungsprozess konstruktiv begleiten. Die JUB muss ab 2018 ohne Finanzmittel des Landes auskommen.“

Das ist der Text des Koalitionsvertrags. Wir haben überhaupt keinen Anlass, im Moment Spekulationen darüber zu diskutieren, was wir sonst machen.

Abschließend: Der Vertrag und auch das Ende der Hilfen ist im Koalitionsvertrag geregelt, aber ebenso deutlich ist, dass wir kein Interesse daran haben, dass die JUB schließt. Wir würden uns wünschen, dass in diesem Zusammenhang ein fairer Dialog geführt wird, aber nicht eine derart aufgeblasene Diskussion, wie wir sie gerade eben erlebt haben.

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben hier einen Betrieb mit 400 Beschäftigten und 1 400 Auszubildenden. Diesem Betrieb muss man mehr Aufmerksamkeit schenken, und das wollen wir, und das tun wir. Ein wissensintensiver Betrieb im strukturschwachen Bremen-Nord ist von Bedeutung. Zur Frage, wie man damit umgeht, sage ich einmal: Man stellt diesen Betrieb nicht regelmäßig an den Pranger, sondern man diskutiert, was er geschafft hat. Man lobt das, was er geschafft hat, und dann diskutiert man darüber, wie dieses Thema weiterhin in Bremen sachgerecht behandelt werden kann. - Herzlichen Dank!

(Beifall SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bücking.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind sehr mit der Argumentation einverstanden, die eben von Dieter Reinken vorgetragen worden ist.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Sie bildet den Rahmen ab, auf den wir uns heute beziehen.

Wir haben einen Vertrag mit der Jacobs University und mit der Foundation geschlossen. Die Stadt erfüllt ihren Teil des Vertrags, die Foundation erfüllt ihren Teil des Vertrags, und die Jacobs University - und das ist das, auf das man immer genau schauen muss, weil es der komplizierteste Teil des Vertrags ist - erfüllt nach unserem Eindruck auch ihren Teil.

Ich will das ein bisschen genauer erläutern. Es ist im Prinzip eine analoge Argumentation zu der, die Dieter Reinken vorgetragen hat. Es handelt sich um ein Unternehmen. Wenn Sie in einem Unternehmen ein erhebliches Defizit abzubauen haben, dann arbeiten Sie mit 1 000 Stellschrauben. Wenn Sie eine Stellschraube anziehen, dann wird die andere locker. Das ist auch klar. Zunächst ist das Management ersetzt worden. Das war ein radikaler Einschnitt in dieser Universität. Das neue Management muss zunächst einmal versuchen, alle losen Enden in den Unternehmen zu bündeln. Das ist zunächst einmal für das Ergebnis kontraproduktiv gewesen, es ist aber strategisch unvermeidbar gewesen. Dieser radikale Schnitt war eine schmerzhafte Zumutung für die Universität. Er war gleichzeitig unvermeidbar.

Mit dem Personal, das gefunden worden ist, haben wir Glück. Frau Wendt leistet eine sehr respektable Arbeit, und das hat sogar Rainer Rupp eingeräumt.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Jetzt ist die Arbeit zu erledigen. Es muss ein Sozialplan organisiert werden. Sie muss sich von Leuten trennen, und sie muss neue Leute finden. Das passiert mit der Absicht, dass die Universität stärker auf dem Markt auftreten kann. Von welchem Markt reden wir? Es ist der Ausbildungsmarkt, es sind die Studenten, und es sind diejenigen, die den Master erwerben oder die promovieren wollen. Sie müssen gewonnen werden. Es sind Angebote notwendig, die sie interessieren und für die sie bereit sind, Gebühren zu bezahlen. Für die sie bereit sind, auf die ganzen Rabatte zu verzichten - und das ist ein entscheidender Punkt -, die in der Vergangenheit an dieser Universität üblich waren. Was stellen wir fest? Wir stellen fest, dass sie das ganz ausgezeichnet macht. Das ist ein sehr erfolgreicher und ein sehr ermutigender Prozess.

Welche Menschen gewinnen wir bei dieser Gelegenheit für die Stadt? Es sind Menschen aus aller Herren Länder, mit allen Hautfarben und mit allen Sprachen dieser Welt, die wir in unserer Stadt holen, die hier ausgebildet werden und die im Idealfall eine gute Erinnerung an unsere Stadt haben werden. Sie werden in ihre Heimatländer zurückkehren, um dort möglicherweise Chefinnen und Chefs von größeren Unternehmen oder Institutionen zu werden. Sie werden sich an unsere Stadt erinnern, kurz um: Internationalität ist doch ein strategisches Interesse dieser Stadt!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP)

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Das machen Private, das macht ein Unternehmen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das macht die Uni auch!)

Das ist keine Frage, obwohl auch Sie und ich einräumen werden, dass die Universität im Hinblick auf die Internationalität erst ein Stück des Weges zurückzulegen hat.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Hier passiert es, und wir halten das für einen großen Wert.