Herr Erlanson, Sie haben vorhin noch einmal etwas zur Finanzierung gesagt, dass sie außen vor bliebe. Natürlich, muss man sagen, hat die CDU in dieser Großen Anfrage auch nicht explizit nach Finanzierung oder Finanzierungsmodellen gefragt. Deswegen, denke ich, ist dazu auch nichts geschrieben worden, das finde ich an dieser Stelle ganz in Ordnung.
Herr Dr. Buhlert hat eben noch einmal das Thema Personal angesprochen, und dazu möchte ich auch gern noch einiges sagen. Bremen tut ja gerade in Sachen Ausbildung einiges. Wir haben im Jahr 2012 die Bremer Pflegeinitiative gegen den Fachkräftemangel gegründet. Da ist die Anzahl der Erstausbildungsplätze auf 250 pro Jahr erhöht worden. Das, finde ich, ist schon ein sehr großer Schritt, und es ist auch genau richtig so!
Es gibt die Ausbildungsförderung zur Refinanzierung der Ausbildungsvergütungen - das ist, glaube ich, auch sehr wichtig -, einen Leitfaden zur Durchführung von Schulpraktika, und bald kommt dann auch das Pflegemonitoring, damit es auch eine zuverlässige Datenbasis gibt, das hilft uns dann allen auch noch einmal in der Debatte weiter.
Mit dem Thema Personal hängen natürlich immer auch die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung in der Pflege zusammen, dazu haben wir eben auch schon etwas gehört. Ich habe das noch einmal herausgesucht, weil es ja insgesamt im Pflegebereich auch nicht ganz einheitlich ist, eine Altenpflegerin in Schleswig-Holstein verdient zum Beispiel rund 1 000 Euro weniger als eine Krankenpflegerin im Saarland. Da ist solch eine Spreizung, das kann so auch nicht bleiben!
Wir haben die Bremer Erklärung für ein angemessenes Einkommen in der Pflege, im Oktober 2016 wurde sie unterzeichnet, und darin ging es ja auch um Gespräche für einen flächendeckenden Tarifvertrag im Land Bremen. Ich glaube, auch da sind wir auf einem guten Weg, aber lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung zum Thema Geld machen: Ich finde, wenn wir diese Debatte führen und immer wieder auch gefordert wird, man bräuchte vielleicht noch mehr Angebote, man sollte vielleicht noch mehr Wohngemeinschaften einrichten, man sollte die Betreuung noch einmal anders organisieren, oder wenn man wie Herr Erlanson von Demenzdörfern spricht, dann ist das Thema
Geld immer ein ganz entscheidendes. Ich glaube, hier wie auch sonst im Gesundheitsbereich, wo wir immer auch über Qualität sprechen, muss man dann eben auch darüber nachdenken, die - in diesem Fall - Pflegeversicherungsbeiträge gegebenenfalls zu erhöhen, denn sie sind bislang noch recht gering. Ich glaube, es braucht eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber, ob das noch ausreichend ist oder ob wir uns noch mehr wünschen und dann eben auch eine entsprechende Finanzierung sicherstellen müssen. - Herzlichen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich erst einmal für diese differenzierte und umfassende Debatte bedanken, die Lust auf die kommende Debatte zur Novellierung des Wohn- und Betreuungsgesetzes nach den Ferien weckt! Ich verspreche auch, dass wir dazu nach den Ferien eine ausführliche Debatte haben werden. Ich glaube, es reicht nicht, dass man hier jetzt schon Dinge hervorhebt, die man nicht so gut findet. Zur Fairness gehört dann auch, dass wir einmal zeigen, welche positiven Neuerungen da alle mit hineineingekommen sind. Ich glaube wirklich, das kann sich sehen lassen, weil sehr viele Fachverbände, Betroffene, Initiativen und auch Pflegende an dieser Novelle mitgearbeitet haben. Das sollten wir nicht im Rahmen dieser Debatte zum Umgang mit dementen Menschen in der Kommune bereden, das würde an dieser Stelle zu kurz greifen.
Demenz ist ein Thema, das unsere Gesellschaft beschäftigt und noch weiter beschäftigen wird, und der Senat hat dieses Thema in den letzten sechs Jahren aktiv in den Arbeitsplan mit aufgenommen. Wir haben mit vielen Akteuren im Gesundheits- und Sozialressort daran gearbeitet, besonders im letzten Jahr mit kleineren und größeren Veranstaltungen und auch mit einer großen Festveranstaltung im Rathaus, der sogenannten Demenzwoche. Dort wurde die Ausstellung gezeigt, die Frau Dehne erwähnt hat, aber wir haben auch von Expertinnen und Experten den neuesten Stand der Dinge auf medizinischer Ebene erfahren. Eine Angehörige hat ein Buch über ihre Pflegesituation geschrieben, wie sie ihre Mutter begleitet. Über die Frage, wie man Menschen mit Demenz im Alltag am besten begleitet, gibt es natürlich auch fachliche Differenzen.
Herr Erlanson und auch andere Rednerinnen und Redner haben es hier angesprochen, Herr Dr. Buhlert, Frau Dr. Kappert-Gonther und Frau Dehne haben es hervorgehoben, wenn man einen demenziell Erkrankten kennt, dann kennt man eine Geschichte. Es ist aber wirklich so, wir haben es mit einer Vielzahl von Einzelfällen zu tun, und so gut muss unser Angebot immer sein, dass wir den einzelnen Menschen mit seiner Erkrankung, mit seiner Lebensgeschichte und auch mit seinem vorhandenen Willen und seinem Wunsch nach Selbstbestimmung im Blick behalten.
Das Thema Freiheitsentziehung ist ja ein großes, wenn wir darüber reden, wie wir mit demenziell erkrankten Menschen umgehen. Deshalb finde ich richtig, dass wir ein vielfältiges Angebot haben. Der Senat sagt, wir haben sehr gute Erfahrungen damit gesammelt, weil viele Bremerinnen und Bremer möglichst lange in ihrem vertrauten Umfeld leben wollen und auch die Angehörigen sagen, wir wollen Mutti und Vati nicht so schnell in ein Pflegeheim geben, dass wir uns in den Stadtteilen auf den Weg machen, auch mit den Institutionen im Stadtteil, sodass Menschen mit demenziellen Erkrankungen dort gut leben können und auch beispielsweise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Einrichtungen wie der Sparkasse, in einer Bäckerei, beim Arzt Kenntnisse darüber haben, wie man damit umgeht, wenn jemand kommt, der demenziell erkrankt ist und vielleicht dreimal 10 000 Euro innerhalb von zwei Stunden abheben möchte oder 47 Brötchen am Tag kauft. Deshalb ist es auch wichtig, wir werden in Bremen nicht so viele Einrichtungen bauen können, denn wenn wir uns einmal diese Hochrechnung anschauen: Wir sind eine älter werdende Gesellschaft, das Thema Demenz wird uns flächendeckend in der Stadt beschäftigen. Wir brauchen also eine Struktur, mit der wir auch Normalität im Alltag herstellen und nicht Demenz als ein Krankheitsbild sehen, bei dem Menschen isoliert eingesperrt werden müssen. Das können wir nicht leisten, und ich habe auch die Haltung dazu, dass das nicht erstrebenswert ist, sondern wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen in Würde alt werden können!
Deswegen hat der Bremer Senat sich dafür entschieden, eine unabhängige Beratungsstelle zu finanzieren, die DIKS, die Demenz Informations- und Koordinationsstelle. Ich möchte das einmal erwähnen, weil es wichtig ist, dass die Betreuung und Pflege von Demenzkranken unterstützt wird. Das ist eine schwere und verantwortungsvolle Aufgabe. Das ist oft eine extreme Belastung, auch eine seelische Belastung und eine körperliche Belastung, da man rund um die
Uhr im Einsatz ist. Die Fragen, wie ich den Demenzerkrankten am besten unterstützen kann und wie ich mit einem besonderen Verhalten umgehe - hier sind ja Beispiele benannt worden -, das sind die Fragen, die die Menschen als Erstes bewegen. Die Diagnose kommt oft vom Hausarzt, der das anspricht und mitteilt, erste Anzeichen von Demenz zu erkennen. Das wühlt die Menschen auf, das wühlt auch die Angehörigen auf, und deswegen ist es wichtig, dass wir diese unabhängige Beratungsstelle haben, zu der man gehen kann, um eine individuelle Beratung zu bekommen, bei der auch Entlastungs- und Unterstützungsaspekte durchgesprochen werden können. Das leistet eben die Beratungsstelle DIKS.
Wir haben in Bremen mittlerweile eine sehr gute Struktur mit bereits 27 Wohngemeinschaften. Eva Quante-Brandt und ich haben uns eben kurz ausgetauscht, dort gibt es natürlich auch Wartelisten, der Bedarf an solchen Wohngemeinschaften ist groß, das ist ein Angebot, das ganz stark nachgefragt wird. Im Bereich der stationären Einrichtungen haben wir weiterhin noch freie Kapazitäten. Wir können auch nicht verhindern, dass Anbieter kommen und sagen, dass sie eine Einrichtung eröffnen möchten.
Herr Bensch, lassen Sie mich einmal eben zu Ende sprechen, sonst verliere ich den Faden! Also, wir haben weiterhin in dem Bereich auch freie Plätze und sind natürlich dabei - Frau Grönert hat das ja mahnend angesprochen -, dass wir eine Qualitätsdebatte haben wollen. Frau Grönert, wir führen in Bremen mit den Pflegeanbietern permanent eine Qualitätsdebatte über ihre Angebote. Ich hoffe auch, dass das in der Deputation deutlich geworden ist.
Frau Senatorin, Sie haben am Anfang schon gesagt, Sie freuen sich darüber, dass wir über dieses Thema hier diskutieren. Ich glaube, es ist heute hier auch fraktionsübergreifend klargeworden, dass das für uns alle ein sehr wichtiges Thema ist, die Versorgung der Menschen mit Demenz.
Haben Sie sich mittlerweile persönlich einen Eindruck von den Demenzdörfern verschafft, zum Beispiel in Hameln bei der Stiftung Tönebön am See oder in diesem Demenzdorf Hogewey bei Amsterdam, um vielleicht das zu erahnen, was auch wir als CDU immer wieder wollen, nämlich ein gesichertes Demenzdorf mit größtmöglicher Bewegungsfreiheit für Menschen mit Demenz?
Ja, ich habe mich inhaltlich damit auseinandergesetzt. Die CDUFraktion hat ja eine Reise unternommen und im Jahr 2014 eine ähnlich gelagerte Große Anfrage an den Senat gerichtet. Deswegen ist das Thema für mich nicht neu. Man muss aber auch - -.
Nein, persönlich war ich noch nicht da, aber ich habe mir natürlich auch Filme angeschaut, ich habe in Bremerhaven im Haus im Park hospitiert.
Wir haben uns auch im Rahmen der Demenzwoche mit solchen Einrichtungen und Angeboten befasst. Wenn ein Anbieter nach Bremen kommen würde, um ein solches Demenzdorf zu errichten, würden wir es nicht verbieten, Herr Bensch, aber es ist bisher kein Anbieter hier in Bremen vorstellig geworden, um eine solche Einrichtung zu eröffnen.
Ich gebe aber zu bedenken, dass in den Niederlanden eine gänzlich andere Finanzierungsstruktur in der Pflegekasse für demenziell Erkrankte vorgesehen ist und der hohe Personaleinsatz, den man in den Niederlanden in solchen Einrichtungen darstellen kann, in Deutschland nicht dargestellt werden könnte. Deswegen müssen wir uns auch die Frage stellen, wie wir mit dem Geld, das wir zur Verfügung haben, die Menschen am besten begleiten können, und zwar auch orientiert an unserer Lebensweise und an dem, was im Augenblick nachgefragt wird. Ich glaube, da öffnen sich die bremischen Pflegeeinrichtungen und verändern auch ihre Angebote. Das als Antwort auf Ihre Frage!
Bleiben wir in Deutschland, bleiben wir bei Hameln! Ist Ihnen bekannt, dass diese dort 52 bestehenden Plätze einer Nachfrage von weit über 100 gegenüberstehen und dass gerade jetzt, in diesen Tagen, der nächste Bauabschnitt für eine Erweiterung, nämlich von weiteren 26 Plätzen, in dem Demenzdorf erreicht wurde? Mit anderen Worten, kann ich Ihre vorherige Aussage so verstehen, sollte es einen Investor geben, der auch mal richtig heran will, würden Sie grundsätzlich nicht nur keine Steine in den Weg legen, sondern dies sogar auch noch fördern?
Wir legen generell niemandem Steine in den Weg, sondern begleiten dann einen Investor oder einen Träger, der so etwas machen möchte, fachlich. Die Wartelisten gibt es auch für andere Einrichtungen, Herr Bensch. Das nehme ich jetzt so zur Kenntnis, aber auch bei den Wohngemeinschaften haben wir natürlich Wartelisten. Ich glaube, das kann man nicht miteinander vergleichen, aber auszuschließen ist das nicht.
Gut, dann darf ich eben einmal fortfahren, ich glaube, das Parlament möchte sich auch allmählich dem nächsten Thema widmen!
Also, das Thema Demenz wird uns weiter beschäftigen. Jetzt doch noch einmal eine Bemerkung zur Wohn- und Betreuungsaufsicht: Wir achten natürlich darauf, dass es keine freiheitsentziehenden Maßnahmen gibt, und haben auch den kritischen Blick, das ist auch hier in dieser Debatte angeklungen. Wir mahnen an - es war ja in einer Einrichtung bei einer Kontrolle aufgefallen, dass ein Zahlendrehschloss verwendet wurde, damit Menschen sich nicht frei bewegen können -, wir gehen in den Dialog mit dem Pflegepersonal und mit den Einrichtungsleitungen, damit wir dort weiterhin gute Angebote haben.
Eine Frage hätte ich noch an die CDU-Fraktion gehabt, wir können sie aber vielleicht noch einmal bilateral vertiefen: In der Großen Anfrage wurde von 16 Fällen gesprochen. Ich habe mich noch einmal bei uns im Haus, und wir haben uns dann bei der Polizei erkundigt, diese Zahl konnte uns nicht bestätigt werden, und darüber müssten wir uns vielleicht noch einmal bilateral austauschen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 19/1075 auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.