Protocol of the Session on May 11, 2017

(Abg. Frau Ahrens [CDU]: Sie schaffen es ja nicht einmal bei der Kinderarmut!)

Vor Kurzem haben wir hier über die Beschlüsse aus dem Armutsausschuss debattiert. Diese sollten auch die negative Entwicklung in Richtung Altersarmut stoppen. Doch das können sie nicht, denn sie werden einfach nicht umgesetzt. Vielleicht wird auch deshalb von Rot-Grün als Ablenkungsmanöver ständig darauf verwiesen, dass man sich aber auf jeden Fall auf Bundesebene für mehr Geld für Rentner einsetzt. Solches Reden verhallt natürlich auch nicht einfach im luftleeren Raum. Es weckt Wünsche, die Sie aber hier in Bremen nie und nimmer erfüllen können. Das, was Sie hier in Bremen erfüllen könnten, das tun Sie nicht. Im Grunde versuchen Sie sogar, uns mit diesem Bericht für dumm zu verkaufen,

(Unruhe SPD - Abg. Röwekamp [CDU]: Was aber nicht gelingt! - Heiterkeit CDU)

denn der Antrag der Koalition, um den es hier geht, hat nur zwei Antragspunkte.

Im ersten Antragspunkt wird der Senat aufgefordert, sich auf Bundesebene für die Anliegen einzusetzen, die meine Vorredner bereits ausführlich beschrieben und auch noch überboten haben. Das macht der Senat, wie wir jetzt ja wissen, auch, doch das ist nicht das Besondere dieses Antrags.

Das Besondere sollte der zweite Punkt werden, nämlich die Aufforderung an den Senat, eine Bundesratsinitiative zu initiieren, um das Rentensystem umfassend zu reformieren. SPD und Grüne wollten durch solch eine Initiative ganz bewusst das ganz scharfe Schwert ziehen und auf Bundesebene zeigen, dass man es in Bremen unumstößlich ernst meint und die Umsetzung seines Anliegens direkt auch einfordert. Das hat der Senat aber nicht gemacht. Er hat keine Bundesratsinitiative eingebracht. Er hat den Beschluss der eigenen Leute ignoriert und das scharfe Schwert an die Seite gelegt.

Überhaupt hat es von Bremen in den letzten Jahren keine einzige Bundesratsinitiative gegeben, die sich mit dem Thema Armut befasste. Stattdessen steht im Bericht des Senats: „Soll Altersarmut verhindert werden, reicht eine Reform des Rentensystems nicht aus.“ Diese umfassende Reform des Rentensystems war aber genau der Antrag der Bremer Koalition und derer, die ihm zugestimmt haben. Die CDU-Fraktion gehörte übrigens nicht dazu, denn uns war schon damals klar, dass Ihr Antrag mehr Schein als Sein ist.

(Beifall CDU)

Wie heißt es dann im Senatstext weiter? „Zuvor“, also vor einer umfassenden Rentenreform, „muss bereits die Einkommenssituation der von Altersarmut bedrohten Menschen während ihres Erwerbslebens deutlich verbessert werden.“ Leider verrät uns der Senat dann aber nicht mehr, was er für die Verbesserung der Einkommenssituation vor der Rente hier in Bremen tun will. Das braucht er aber vielleicht ja auch nicht, denn aus Sicht von SPD und Grünen kann das Versäumte dann ja anscheinend später der Bund mit der Rente richten.

Ohne eine verbesserte Einkommenssituation vor der Rente gibt es aber auch kein Geld, mit dem man eine umfassende Rentenreform finanzieren könnte. Dass Sie mich nicht missverstehen, ich freue mich sehr über die Diskussionen auf Bundesebene und gerade auch darüber, dass die Verhinderung von Altersarmut dort ein so großes Thema ist! Wir brauchen ganz bestimmt gute Lösungen für Probleme, die sich bereits jetzt abzeichnen, doch wortreiche Sätze über bundesweit bereits heiß diskutierte Positionen helfen uns hier nicht weiter. Hier in Bremen wird das Entstehen und Vererben von Hartz-IV-Karrieren bislang eben nicht wirksam gestoppt.

(Beifall CDU)

Es fehlen Kita- und Schulplätze, ganz besonders auch Ganztagsschulangebote, zudem Ausbildungs- und Arbeitsplätze und so weiter. Auch Alleinerziehende - das hatten wir eben schon - bekommen noch immer keine passgenaue Unterstützung, um eine Ausbildung nachholen zu können. Es wäre wirklich besser, wenn die Bremer Regierung ihre Energie zuerst aktiv in Bremen für das Verhindern von Armut einsetzen würde. So könnten wir hier auf lange Sicht zusätzlich erreichen, dass immer mehr Bremer auch im Rentenalter noch ausreichend Geld zur Verfügung haben. - Danke!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Janßen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute die Mitteilung über den Umsetzungsstand des ziemlich genau vor einem Jahr beschlossenen Antrags zur Bekämpfung von Altersarmut. Er wurde in diesem Parlament breit getragen.

Es ging zum einen darum, die Lücke zwischen den Schlechterstellungen im SGB XII, also beim Bezug von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, gegenüber dem Bezug im

Landtag 3304 44. Sitzung/11.05.17

SGB II, also bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, zu schließen, und zum anderen sollte Klarheit geschaffen werden, dass Menschen im Alter nicht weniger von dem sozialen Sicherungssystem profitieren dürfen als erwerbslose Menschen. Das ist ein sehr kleiner Schritt, aber es ist ein richtiger Schritt, dem wir auch zugestimmt haben.

In seiner Mitteilung beschreibt der Senat außerdem zutreffend die Grundproblematik, dass Armut im Alter häufig damit zu tun hat, dass das Einkommen schon während des Erwerbslebens unzureichend ist und damit auch nicht die Basis aufgebaut werden kann, um im Rentenalter eine auskömmliche Rente beziehen zu können.

Wir haben deshalb seinerzeit einen Änderungsantrag eingereicht. Ich freue mich darüber, dass hier noch einmal auf lokale Handlungsnotwendigkeiten hingewiesen wird. Wir haben nämlich gesagt, man könnte den Landesmindestlohn beispielsweise nach wie vor dafür nutzen,

(Beifall DIE LINKE)

um abzusichern, dass hier ein Einkommen besteht, das einen Rentenanspruch im Alter oberhalb der Grundsicherung ermöglicht.

Sie haben diesen Antrag abgelehnt, ebenso wie Sie den Antrag abgelehnt haben, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent bis 2030 revidiert wird. Das wäre auch eine richtige Forderung gewesen. Diese Forderung ist in der heutigen Debatte erhoben worden, in der damaligen Debatte hat sie Ihre Zustimmung nicht gefunden. Ich finde es ein wenig befremdlich, wenn Sie heute genau das Gleiche einfordern.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir uns nur die Punkte anschauen, die beschlossen worden sind, und wir den vorgelegten Bericht nehmen, um zu überprüfen, wie die Ziele schlussendlich verfolgt wurden, dann heißt es in dem Bericht - ich zitiere -: „Im Rahmen der angekündigten Reform der Alterssicherung wird Bremen weitere Angleichungen der beiden Rechtskreise prüfen.“ Das heißt, Aktionen haben bisher nicht stattgefunden, man befindet sich noch immer im Prüfstadium. Weiter heißt es in Bezug auf die betriebliche Altersvorsorge: „Die Bundesregierung wird insofern gebeten, dem Handlungsbedarf Rechnung zu tragen.“ Ehrlich gesagt, solch eine schwammige Formulierung habe ich selten gelesen.

(Beifall DIE LINKE)

Dann heißt es in Bezug auf die umfangreiche Rentenreform weiter: „Bremen wird sich im Rahmen der angekündigten Rentenreform dafür einsetzen, dass die Ziele des Antrags verfolgt werden, und entsprechende Initiativen prüfen.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das das Ergebnis eines Beschlusses dieses Parlaments ist, dass der Senat prüft, dass der Senat die Bundesregierung bittet und schaut, ob man doch einmal irgendwo eine Initiative entwickelt, dann weiß ich eigentlich gar nicht, warum wir solche Beschlüsse überhaupt fassen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir lesen in dem Bericht an der einen oder anderen Stelle, dass sich Initiativen angeschlossen haben, dass man darauf hofft und dass man im Rahmen einer umfangreichen Rentenreform Vorschläge einbringt. Das ist alles richtig, es spricht ja auch nichts dagegen, aber dafür hätten wir diesen Antrag nicht beschließen müssen. Ich erwarte, dass Beschlüsse, die vom Parlament auch mit einer rot-grünen Mehrheit gefasst werden, vom Senat entsprechend umgesetzt werden. Ich nehme daher diesen Bericht zur Kenntnis.

Ich nehme zur Kenntnis, dass keine eigenen Initiativen entwickelt wurden. Ich nehme weiterhin zur Kenntnis, dass die Reformvorschläge der Bundesregierung abgewartet werden und dass man dann einmal schaut, was passiert. Ich nehme zur Kenntnis, dass heute wieder die Argumente aufgetaucht sind, die wir auch damals bei unserem Änderungsantrag vorgebracht haben, und dass Sie darauf nicht reagiert haben. Ich gehe davon aus, dass der Senat auf absehbare Zeit keine eigenen Anstrengungen entwickeln wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist angesichts der besonderen Armutslage älterer Menschen in diesem Land ein Armutszeugnis für den Senat. Das kann in Zukunft nicht so bleiben, denn eigentlich bräuchten wir Anstrengungen. Außerdem müssen Beschlüsse dieses Parlaments entschieden umgesetzt werden, statt die Zeit mit dem Schreiben von Berichten zu vertrödeln, in denen nur steht, dass man das noch einmal überprüft, was dieses Parlament bereits beschlossen hat. -Danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, Herr

Landtag 3305 44. Sitzung/11.05.17

Janßen, so ist es, wenn man Beschlüsse fasst, die vollmundig sind, und hier den Eindruck erweckt, dass man in Berlin etwas bewegen könnte, um letztlich auf der Ebene des Bundesrates zu landen, auf der man Mehrheiten benötigt. Ich habe es auch nur so wahrgenommen, dass der Senat nicht die Fähigkeit und nicht die Möglichkeit hatte, die Position dieses Parlaments auf der Bundesebene durchzusetzen.

Kommen wir zu den Problemen, die wir haben! Die Altersarmut! Wer hätte etwas dagegen, die Altersarmut zu bekämpfen? Die Altersarmut bekämpft man in der Tat nachhaltig, indem man rechtzeitig anfängt, die Möglichkeit zu eröffnen, am Erwerbsleben teilnehmen zu können, Geld zurückzulegen, in den Generationenvertrag einzuzahlen, um damit ein Rentenniveau zu erreichen, das tragfähig beziehungsweise tragfähiger als das ist, was bisher geschehen ist.

(Beifall FDP)

Die Altersarmut bekämpft man eben nicht nur damit, dass man denen, die nicht die Möglichkeit haben, entsprechende Rentenansprüche zu erwerben, Geld gibt, sondern indem man dafür sorgt, dass es möglichst gar nicht erst dazu kommt, indem man Arbeitsplätze schafft und dafür sorgt, dass die Wirtschaft floriert, sodass auch eingezahlt wird. Die Absenkung des Renteneintrittsalters ist bisher noch nicht verkraftet, und das hat auch etwas mit dem 43-Prozent-Niveau zu tun.

(Abg. Rupp [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Sie müssen sich doch immer wieder vergegenwärtigen, dass diese Situation von den Entscheidungen der Großen Koalition verursacht worden ist. Sie trägt doch die Mitverantwortung für das heutige Rentenniveau, und das darf man nicht außer Acht lassen.

(Abg. Rupp [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage. - Glocke)

Herr Kollege Dr. Buhlert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Nein, ich glaube, wir haben alle Hunger!

(Heiterkeit - Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Stern- stunde des Parlamentarismus!)

Insofern, denke ich, müssen wir überlegen, was wir tun können.

Wir dürfen natürlich nicht aus dem Blick verlieren, dass es wichtig ist, dass die Menschen die Möglichkeit haben müssen, selbst etwas zurücklegen zu können. Dafür ist es wichtig, dass wir weiterhin die Möglichkeit zur Eigentumsbildung schaffen. Dazu hat die FDP einen Vorschlag gemacht, der ganz klar und deutlich ist: Senken wir die Grunderwerbsteuer, machen wir es den Menschen möglich, Eigentum zu bilden! Wenn wir die Möglichkeit schaffen, beispielsweise durch Mietkauf bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften Eigentum zu erwerben, dann schützt das auch vor Altersarmut. Solche Möglichkeiten müssen wir auch durchdenken.

Ansonsten beteiligen wir uns gern, wenn es darum geht, die Rechtskreise anzugleichen, Bürokratie abzubauen und dafür zu sorgen, dass die Menschen, die noch etwas dazuverdienen müssen, nicht die, die wollen, auch mehr davon haben. -Herzlichen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Fries.

Schön, dass Sie es doch noch einrichten konnten!