Protocol of the Session on April 6, 2017

Das Personalvertretungsgesetz ist einer von allen diesen Punkten in diesem Rahmen. Wir Grünen ha

ben als Legislative den Anspruch, dass die Gesetze, die wir in Bremen anwenden, verfassungskonform sind, und beim Personalvertretungsgesetz gibt es dazu ganz offensichtlich unterschiedliche juristische Einschätzungen, Frau Aulepp.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP)

Viele halten es nicht für verfassungskonform, und vielleicht hätten Sie in Ihrer zeitlichen Darstellung auch noch einmal das Jahr 1995 erwähnen müssen. Dort hat nämlich das Bundesverfassungsgericht das Personalvertretungsgesetz von Schleswig-Holstein ausgeurteilt, das analog war zu dem in Bremen. Dabei sind die Allzuständigkeit und die paritätische Besetzung der Personalvertretung kritisiert worden, also zum einen die vom Volk legitimierte Gewaltenteilung, das heißt, die Exekutive, zum anderen die nicht vom Volk legitimierte Besetzung der Personalvertretung.

(Glocke)

Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident! Daraufhin haben 13 Bundesländer ihre Personalvertretungsgesetze geändert, nur nicht das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Es mag ja sein, dass das Personalvertretungsgesetz letzten Endes auch verfassungskonform ist, aber dann schadet auch eine Überprüfung nicht.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP, LKR)

Wir Grünen wollen bestimmt nicht die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst schleifen, wie es uns jetzt mancher unterstellt. Ja, wir brauchen die konstruktive Mitarbeit der Belegschaften, denn es geht darum, Lösungen gemeinsam im Dialog zu erarbeiten. Für uns sind auch Arbeitnehmerrechte und Mitbestimmung wichtig und von einem hohen Wert, aber die gibt es auch in den anderen Ländern.

(Glocke)

Lassen Sie mich noch eines deutlich sagen: In jeder Behörde gibt es eine Vielzahl sehr engagierter und kompetenter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Arbeit täglich qualifiziert und kundenorientiert verrichten, und diese Beschäftigten müssten strukturell in die Lage versetzt werden, ihre Arbeit adäquat zu erledigen.

(Glocke)

Wie gesagt, viele haben sich bei uns gemeldet und selbst angemerkt, dass sie sich entweder eine andere Regelung im PVG oder einen anderen Umgang damit wünschen. Lassen Sie uns als Parlament dieses Problem gemeinsam angehen, um Lösungen zu erarbeiten!

Sie können sicher sein, dass wir Grünen das Thema weiter bewegen werden. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann denen, die das Thema Personalvertretungsgesetz heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, einen Vorwurf leider nicht ersparen. Es hat sich in den vergangenen Wochen in weiten Teilen um eine typische postfaktische Debatte gehandelt.

(Beifall DIE LINKE – Widerspruch FDP)

Sie hat mit den Anmerkungen von Frau Schaefer in der Aktuellen Stunde begonnen, dann kam das Positionspapier, gefolgt von dem Kommentar von Thomas Röwekamp, einer Pressemitteilung der Handelskammer und jetzt dem Antrag der FDP, eine Enquetekommission einzusetzen. Den ganzen Ausführungen, die ich in den letzten Wochen gehört oder gelesen habe, ist eines gemeinsam: Sie sind den Nachweis bis heute schuldig geblieben, dass ein reales Problem besteht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Es wurde mit Anspielungen gearbeitet, ein Raunen wurde in die Welt gesetzt. Im Positionspapier der Grünen wurde die Frage aufgeworfen, ob das Bremische Personalvertretungsgesetz überhaupt verfassungskonform sei. Diese Frage können selbst die Grünen nicht negativ beantworten, aber das läuft alles so nach dem Motto ab, irgendetwas wird schon hängenbleiben. Ich finde das, ehrlich gesagt, ziemlich unterirdisch.

Es gibt in der öffentlichen Verwaltung verschiedene Bereiche, die nicht mehr hinreichend funktionieren, das ist völlig richtig. Ich bin froh über Ihre Ausführungen, Frau Schaefer, in denen Sie auch noch einmal klargestellt haben, dass es um ganz andere Probleme geht, nämlich darum, dass Teile der Verwaltung weit über die Grenze ihrer Funktionsfähigkeit hinaus ausgedünnt und heruntergespart worden sind, und zwar tatsächlich in einer Art und Weise, die die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und vor allen Dingen die Umsetzung der politischen Willensbildung tatsächlich gefährden.

Ich finde es deswegen falsch, eine Debatte derart zu verengen, indem man auf die Personalräte zeigt und suggeriert – und das ist hier auch von einigen Teilen des Hauses gemacht worden –, dass die Personalräte schuld daran seien, wenn sich die Wartezeiten in Bremen erhöhen und der Service in Bremen schlechter wird.

(Beifall DIE LINKE)

Ehrlich gesagt, ich finde, das sind Unterstellungen, und das ist ein schlechter Stil.

Dass das bei den Beschäftigen im öffentlichen Dienst nicht gut ankommt, kann ich ziemlich gut nachvollziehen. An die Zeiten, als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes tatsächlich noch nachts um 24 Uhr in ihrem Büro gesessen und gearbeitet haben, können wir uns alle sicher gut erinnern, denn diese Zeit haben wir insbesondere im Jahr 2015 erlebt.

Das einzige konkrete Beispiel, das Sie genannt haben, Frau Schaefer, ist das Stadtamt, und ich finde, das passt nicht, weil der Innensenator eine Umstrukturierung beschlossen hat, die jetzt stattfindet. Die Umstrukturierung kann der Personalrat gar nicht blockieren. Er hat aber immer wieder – und ich finde, zu Recht! – den schrankenlosen Einsatz studentischer Hilfskräfte verhindert, weil 40 Stellen im Kernbereich nicht besetzt waren. Ich finde, das ist ein Problem, auf das der Personalrat aufmerksam machen muss. Wenn der Personalrat dem Innensenator nicht widersprochen hätte, dann hätte man das eigentliche Problem nur hinausgeschoben, und immer mehr Beschäftigte im Stadtamt wären so genervt gewesen, dass sie sich wegbeworben hätten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, insofern hat der Personalrat zu Recht gesagt: So geht es nicht!

(Beifall DIE LINKE)

Die Personalräte der anderen Ressorts haben jetzt gesagt, ihr könnt eine Umstrukturierung beschließen, und wir finden sie sogar in Teilen ganz gut, aber wenn Teile des Stadtamtes in unser Ressort verlagert werden, dann wollen wir auch wissen, woher das Personal für die neuen Aufgaben kommt, denn es ist bekannt, dass das Stadtamt unterbesetzt ist. Ich finde es völlig legitim, wenn die Personalräte diese Frage bei einer Umstrukturierung stellen. Die Personalräte verteidigen hier nämlich im Grunde das öffentliche Interesse an einer funktionierenden öffentlichen Verwaltung vor allen Dingen auch gegen billige Scheinlösungen, und ich bin, ehrlich gesagt, froh, dass sie das machen.

(Beifall DIE LINKE)

Thomas Röwekamp hat hier gestern, glaube ich, gesagt, die GeNo sei ein weiteres Beispiel. Die Verzögerung bei der Umsetzung der Einheitsgesellschaft, lieber Kollege Röwekamp, greift genauso wenig. Die Einheitsgesellschaft für die öffentlichen Klinken ist längst realisiert worden. Letzten Endes ist sie mit relativ wenigen Friktionen realisiert worden, und zwar, weil nämlich im Vorfeld sehr viel, aber nicht zu wenig mit den Personalräten diskutiert worden ist. Diese Vorgehensweise war im Endeffekt für die Umsetzung der Einheitsgesellschaft sehr wertvoll.

(Abg. Kastendiek [CDU]: Nach zehn Jahren!)

Dass solche Umstrukturierungen Zeit brauchen, liegt nämlich daran, dass im Prozess oft deutlich wird, dass von der Politik vieles nicht zu Ende gedacht worden ist. Es ist genau richtig, erst dann in die Entscheidungsfindung und die Umstrukturierung einzutreten, wenn man Nachbesserungen tatsächlich zu Ende gedacht hat, und das ist deutlich besser, als ein Projekt überhastet abzuwickeln und dann gegen die Wand zu fahren. Hierfür hatten wir in Bremen schon genügend Beispiele, und somit liegt es auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, wenn Prozesse vernünftig und unter Mitnahme der Personalräte und der Beschäftigten stattfinden.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte auch noch auf die rechtliche Seite zu sprechen kommen! Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst nämlich engere Grenzen als in der Privatwirtschaft. Es wird folgendermaßen argumentiert: Wenn eine Partei vom Volk für einem bestimmten Zeitraum gewählt wird und eine Regierung bildet, dann muss diese Regierung auch in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit Ziele realisieren können. Die politischen Ziele darf die Beschäftigtenseite überhaupt nicht blockieren, das ist das Prinzip der sogenannten Letztentscheidung. In letzter Instanz muss die Regierung sagen können, wie es gemacht wird. Dieses Recht ist im Bremischen Personalvertretungsgesetz im Übrigen vollständig gewahrt.

Ein anderes Beispiel, das hier immer wieder erwähnt worden ist, ist der MOBS, der mobile Bürgerservice. Wenn die Personalräte sagen, wir stimmen nur dann zu, wenn uns die politischen Entscheider und der Innensenator sagen, woher das Personal kommt, dann hätte der Innensenator letztendlich darüber entscheiden können. Das wäre sein Recht gewesen, aber er hat es nicht wahrgenommen. Das Verhalten des Innensenators kann man somit nicht den Personalräten vorwerfen.

Vielleicht ist der Innensenator zu der Erkenntnis gekommen, dass die Idee, einen MOBS einzuführen, ohne Personal abzuziehen, nicht umsetzbar ist, vielleicht ist er auch zu der Erkenntnis gekommen, dass die Lücke zu groß wird, wenn man Personal abzieht, aber egal! Der Innensenator hat sein Letztentscheidungsrecht nicht wahrgenommen, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Es liegt nicht an den Personalräten, wenn er es nicht wahrnimmt, oder daran, dass die Argumente der Personalräte berechtigt waren.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt nämlich kein Recht der Regierung, Dinge übereilt und selbstherrlich umzusetzen, auch wenn sich das einige hier im Raum offenbar wünschen.

Die Folgen solcher Entscheidungen treten meistens erst später zutage, und man kann sich dann nicht auf die Rechtsprechung berufen. Ein Recht auf mangelhaft ausgeführte Regierungsarbeit wider besseren Wissens und auf Kosten der Beschäftigten gibt es nämlich nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Ehrlich gesagt – und damit komme ich zum Schluss! – bin ich sehr froh, dass die Personalräte Instrumente an der Hand haben, um luftigen Regierungsideen erst einmal auf den Zahn zu fühlen, bevor es zur Umsetzung kommt, damit uns Pannen, die wir in den vergangenen drei Jahrzehnten des Öfteren hatten, nicht passieren. Ich finde, das Personalvertretungsgesetz hat an dieser Stelle durchaus seine Berechtigung, und es ist überhaupt nicht infrage zu stellen.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht einige Bemerkungen zur laufenden Debatte! Ich fange einmal mit Frau Aulepp an! Frau Aulepp, ich bin immer wieder überrascht: Ich habe natürlich ein großes Verständnis für das Herz der Sozialdemokratie, auch für die Mitbestimmung, und ich habe auch ein großes Verständnis dafür, dass man das Erbe von Hans Koschnick hochhält, aber hier hat überhaupt kein Mensch gefordert, dass wir grundsätzlich das Thema Mitbestimmung infrage stellen und grundsätzlich sagen, dass wir die Gewerkschaften und die Möglichkeiten, die die Gewerkschaften haben, hier mit einem Handstreich abschaffen wollen. Darum geht es nicht, sondern es geht darum, dass es nach 60 Jahren an der Zeit ist zu überprüfen, ob Vorschriften, die man damals erlassen hat, heute noch zeitgemäß sind.

(Beifall CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, LKR)

Gerade in der jetzigen Zeit, Frau Aulepp – wenn wir uns ansehen, was sich in den letzten Jahren tatsächlich auch alles verändert hat, was jetzt noch verstärkt kommen wird, zum Beispiel die Digitalisierung, die Nutzung neuer Medien in den Dienststellen, vorher das gesamte Zeitalter der Einführung der Computer und der Datentechnik –, gibt es natürlich Notwendigkeiten, auch Anpassungen im PVG vorzunehmen.

Das Letztentscheidungsrecht des Personalrats – und im Endeffekt ist das ja der Hauptpunkt, über den wir auch tatsächlich sprechen – und vor allen Dingen die Allzuständigkeit sind die wesentlichen Knackpunkte. Wenn Sie sich das einmal ansehen: Nach Paragraf 52 Absatz 1 hat „der Personalrat … die Aufgabe, für alle

in der Dienststelle weisungsgebunden tätigen Personen in allen sozialen, personellen und organisatorischen Angelegenheiten gleichberechtigt mitzubestimmen“. Dies ist auch aufgrund der Digitalisierung heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß.

(Beifall CDU, FDP, LKR)

Schauen Sie sich Paragraf 52 Absatz 2 PVG an: „Dienststelle und Personalrat haben alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Arbeit und den Frieden der Dienststelle zu gefährden.“ Wenn Sie darüber diskutieren, dass im öffentlichen Dienst bestimmte Bereiche auf die Digitalisierung umgestellt und andere Bereiche vielleicht ganz abgeschafft werden, dann empfindet natürlich derjenige, der die Arbeit bisher gemacht hat, seinen Frieden als gefährdet. Das kann ich auch persönlich verstehen, aber trotzdem ist es doch sehr schwer, dort auch organisatorische Veränderungen, die von der Behördenspitze als notwendig erkannt werden, zumindest über Wochen und Monate tatsächlich hinauszuzögern. Das ist heutzutage auch aufgrund der Schnelllebigkeit, in der wir uns befinden, liebe Frau Aulepp, nicht mehr zeitgemäß.

(Beifall CDU, FDP, LKR)