Protocol of the Session on April 6, 2017

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über das Thema Werbung im Internet, das Pro und Kontra von Ad-Blockern fand hier hinreichend ein Austausch statt. Ich will vielleicht noch einmal eingangs einige Worte zu der benannten AG Medienkonvergenz verlieren. Diese war zwischen Bund und Ländern eingerichtet worden in erster Linie, um zwischen diesen beiden zu klären, wie die Verantwortungsbereiche in ganz vielen medienpolitischen Themen in den nächsten Jahren zu

sortieren sind, weil, das kann man schon sagen, dass die Rundfunkkommission und die Rundfunkpolitik der Länder ein Stück weit darunter leiden, dass sie mit Mechanismen des 20. Jahrhunderts in Märkte, in Medien, in Entwicklungen des 21. Jahrhundert hantiert, und da stehen die Fragen des Kartellrechts, des Wettbewerbsrechts durchaus dann auch häufig im Widerspruch zum Medienrecht.

In diesem Zusammenhang ist dann auch über das Thema Ad-Blocker gesprochen worden, ich möchte aber dazu betonen, dass innerhalb der Rundfunkkommission, also zwischen den Ländern, da sicherlich auch unterschiedliche Interessen bestehen, aber über ein Verbot der Ad-Blocker wird derzeit nicht diskutiert. Es ist die Frage im letzten Jahr diskutiert worden, inwieweit eine Regulierungsnotwendigkeit besteht. Zurzeit ist das Thema nicht auf der Tagesordnung.

Dass das Ganze in einem durchaus komplexen Feld spielt und man da nicht nur mit Schwarz und Weiß arbeiten kann, auch das ist hier in den Debattenbeiträgen ja schon zum Ausdruck gekommen. Für dieses Vorhaben und das weitere Umgehen gibt es auch entsprechend keinen Zeitplan, es ist auch beispielsweise noch zu klären, inwieweit etwaige Regulierungen dort auf Länderseite oder auf Bundesseite zu treffen sind.

Herr Staatsrat, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hamann?

Ja, gern!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Herr Staatsrat, ist Ihnen bekannt, dass letzte Woche in einer Anhörung des Landtags Nordrhein-Westfalen ein Vertreter der Zeitschriftenlobby NRW sogar einen konkreten Gesetzentwurf schon dabeigehabt hat? Eine Änderung des Telemediengesetzes, die genau dieses Verbot vorsieht, und dass dort auf dieser Tagung auch gesagt wurde, das muss jetzt kommen, weil, so hat der Vertreter ausgeführt, wer sich für Ad-Blocksoftware entscheidet, ist auch für Donald Trump verantwortlich! Kurzform, das kann man sich ansehen, es ist sehr interessant. Ist Ihnen bekannt, dass das gerade aktuell diskutiert wird?

Dazu kann ich sagen, von dieser Anhörung ist mir nichts bekannt. Anfang Mai wird es eine nächste Rundfunkkommissionssitzung geben, und auf der wird dann das Verhalten des nordrhein-westfälischen Vertreters zu beobachten sein, ob er dieses Thema aufgreift.

Ich möchte dann insoweit aber fortfahren und dieses Fortfahren verbinden mit einer Zusicherung, dass zweifelsohne, sollte das Thema entsprechend aufgegriffen werden, Bremen sich selbstverständlich dafür einsetzen wird, dass die Interessen des Verbrauchers

und Datenschutzes Berücksichtigung finden werden und keine Regelung getroffen wird, die einseitigen Vorstellungen entspricht, sondern auch die Themen IT-Sicherheit und so weiter anspricht. In diesem Zusammenhang darf ich dann auch schließen und es durchaus auch aus Sicht des Senats begrüßen, darauf wurde eben auch hingewiesen, dass uns die Bürgerschaft heute darin bestärkt, die entsprechenden Aktivitäten in den Ländern so zu begleiten. – Herzlichen Dank!

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 19/977 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, LKR, Abg. Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, Abg. Timke [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Schwerbehindertenausweis umbenennen Antrag der Fraktionen der FDP, Bündnis 90/ Die Grünen, der SPD und der CDU vom 4. April 2017 (Drucksache 19/1011) Dazu Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 6. April 2017 (Drucksache 19/1019)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Siering.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anfang Januar konnten wir im „Weser-Report“ lesen, Schüler schämen sich für Schwerbehindertenausweis. Als ich das las, habe ich mir vorstellen können, wie es ihnen geht, weil ich dies immer wieder erlebe und immer wieder höre von Menschen, die Behinderungen haben, die Beeinträchtigungen haben und die einen Schwerbehindertenausweis haben, weil sie an der Gesellschaft

teilhaben wollen, und dieser Ausweis dazu berechtigt, dass Nachteile ausgeglichen werden sollen. Sie haben damit die Chance, Leistungen zu bekommen, die ihnen zustehen und die dazu bestimmt sind, einen Nachteilsausgleich herbeizuführen.

Wenn man das aber dann liest, was die Schüler berichtet haben, auch mir berichtet haben, dann geht das so weit, dass sie sich sogar schämen, den Schwerbehindertenausweis zu nutzen, dass sie sich Fahrkarten kaufen, obwohl sie es eigentlich gar nicht müssten. Sie nehmen die ihnen zustehenden Leistungen nicht in Anspruch, weil sie sich schämen, weil dieser Ausweis sie, so schildern sie es, stigmatisiert.

Diese Stigmatisierung wollen sie nicht, und deswegen wollen sie nicht auf ihre Defizite mit dem Schwerbehindertenausweis reduziert werden, sondern sie wollen, dass man sieht, dass sie gleichberechtigte Menschen sind, dass sie Menschen sind, die an unserer Gesellschaft teilhaben können und wollen, etwas leisten können, etwas beitragen zu dieser Gesellschaft und eben nicht auf ihre Defizite reduziert werden wollen. Es ist deshalb auch wichtig, die richtige Wortwahl zu treffen.

(Beifall FDP, SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Vor langer Zeit ist aus dem Schwerbeschädigtenausweis, der nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt worden ist, ein Schwerbehindertenausweis geworden, weil man festgestellt hat, dass es ganz viele Menschen gibt, die eben nicht kriegsversehrt waren, sondern aus anderen Gründen diese Rechte in Anspruch nehmen sollten. Inzwischen haben wir aber ein ganz anderes Bild von Menschen mit Beeinträchtigungen. Das ist auch gut so.

Wenn wir erkannt haben, dass es bei der Teilhabe und bei der Inklusion um ein Menschenrecht geht, dann müssen wir aber auch bei der Wortwahl zu einem anderen Terminus kommen. Ich würde es deswegen gut finden, wenn wir uns auf den vorliegenden Antrag verständigen könnten. Es inzwischen so, dass alle Fraktionen signalisiert haben, dass sie diesen Antrag mittragen werden. Ich finde das gut.

Ich konnte diese Verständigung am Mittwoch den Schülern in der Schule, als ich sie besucht habe, berichten. Sie haben sich sehr darüber gefreut. Es ist gut, wenn wir diese Initiative unterstützen. Es sind immerhin 60 000 Menschen in Bremen, die solch einen Ausweis haben. Ihnen signalisieren wir, dass sie Teil der Gesellschaft sind, dass sie an der Gesellschaft teilhaben sollen und dass sie nicht mehr stigmatisiert werden.

Deswegen bitte ich um Unterstützung, und ich freue mich über die Unterstützung, die durch die Mitantragstellung signalisiert wird. – Herzlichen Dank!

(Beifall FDP, SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grönert.

Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Präsident! Ich habe vor ein paar Tagen einmal per Google versucht herauszufinden, wer sich außerhalb von Bremen noch alles Gedanken über eine Namensänderung des Schwerbehindertenausweises macht. Doch Google hat mir nichts angezeigt, wirklich rein gar nichts, außer den Artikel über die Bremer Schülerinitiative und den Antrag der Bremer FDP, der ja nun ein gemeinsamer Antrag von FDP, SPD, den Grünen und uns, der CDU, ist.

Wenn ich beim Googlen nichts falsch gemacht habe, haben wir in Bremen anscheinend aktuell ein Alleinstellungsmerkmal, jedenfalls im Netz. Das finde ich gut so, ja! Durch eine Namensänderung wird sich zwar inhaltlich am Gesetz und auch am Sinn des Ausweises nichts ändern, alles bliebe wie bisher – und das ist ja auch richtig so –, aber auch ein Name entfaltet seine Wirkung. Dass diese Wirkung speziell bei jüngeren Menschen bislang nicht immer positiv ist, das verwundert auch mich nicht.

Die Aussage, wer will schon behindert sein, die von der FDP für die Antragsüberschrift genutzt wurde, steckt doch noch sehr tief in den Köpfen und auch zu oft noch in den Herzen, leider, denn eigentlich sollte es doch im Zeitalter der Inklusion kein Problem mehr sein, seinen Schwerbehindertenausweis irgendwo vorzulegen. Es ist aber eines. Es ist für einige sogar ein Problem, ihn überhaupt erst einmal zu beantragen. Wer will schon behindert sein? Niemand! Das mag man bedauern, aber es ist so.

Bei der Beantragung und Vorlage des sogenannten Schwerbehindertenausweises wird der Blick eben doch sehr stark auf die Tatsache der Behinderung gelenkt. Er sollte jedoch viel mehr einfach auf die Teilhabemöglichkeiten gerichtet sein, einen Schritt weiter sozusagen und damit weg von der Behinderung. Deshalb auch der Vorschlag, den Ausweis in Zukunft Teilhabeausweis zu nennen. Im Übrigen ist das eine wunderbare Idee der Schüler der Werkstufe des Schulzentrums Neustadt. Nicht die Behinderung sollte zuerst gesehen werden, sondern die Möglichkeiten und der besondere Zugang zur Teilhabe.

Die letzte Namensänderung des Schwerbehindertenausweises im Jahr 1974 ist ja bereits über 40 Jahre her, und somit sollten die Chancen, heute einmal wieder über einen neuen Namen nachzudenken, doch ganz gut stehen. Wir wollen uns auch nicht davon schrecken lassen, dass sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereits erst einmal für eine Beibehaltung des alten Namens ausgesprochen hat. Änderungen sind eben unbequem. Sie machen zusätzliche Arbeit und kosten auch Geld. Das macht man nicht einfach so. Es ist aber gut, daran zu bleiben. Nur ein steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein.

Darum haben wir uns dem Antrag der FDP-Fraktion auf eine Bundesratsinitiative auch gern angeschlossen. Ob es dann tatsächlich zu einer Umbenennung in Teilhabeausweis kommt, wird man sehen. Vielleicht findet sich am Ende sogar noch ein besserer Name, denn die Betroffenen selbst sollen ja bei der Namenssuche die Aktiven und Entscheidenden sein. Leicht wird es aber mit einem noch besseren Namen nicht, denn Teilhabeausweis klingt schon ziemlich gut und wird nur schwer zu toppen sein. In diesem Sinne schicken wir den Vorschlag auch gern auf den Weg.

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Kappert-Gonther.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, ein interfraktioneller Antrag, angeregt durch die FDP, zu einem, wie ich finde, sehr wichtigen Thema, vielen Dank für die Initiative!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wir haben es ja schon des Öfteren diskutiert, zuletzt im Rahmen der Gesetzgebung für das Bundesteilhabegesetz, dass es in der Behindertenpolitik zu einem Paradigmenwechsel gekommen ist, und zwar weg von dem Fürsorgegedanken, hin zu dem Gedanken der Teilhabe, der Inklusion und des Mittuns. Jede und jeder soll gemäß ihrer Chancen und Möglichkeiten umfassende, gleichberechtigte, radikal gleichberechtigte Möglichkeiten in unserem Land haben, und das ist genau der richtige Weg, meine Damen und Herren!

Das Recht, durch Behinderung von der Gesellschaft nicht zusätzlich behindert zu werden, ist das, was im Bundesteilhabegesetz jetzt festgeschrieben ist, und diesem Recht muss man jetzt umfassend nachkommen. Das ist auch die Grundlage, der Sound der UN-Behindertenrechtskonvention, die ja seit vielen Jahren in Deutschland ratifiziert ist. Es kommt jetzt gerade in den Ländern darauf an, sie entsprechend umzusetzen.

Bremen macht es im Moment ziemlich gut, diese Rechte einzufordern und sie zu hinterlegen. Das finde ich sehr, sehr gut! Die gesellschaftliche Wahrnehmung hinkt allerdings noch etwas hinterher, und das hat eben auch etwas mit Worten und der Wortwahl zu tun. Die beiden Vorrednerinnen, Vorredner haben es schon ausgeführt, welche Bezeichnungen benutzt werden, um Teilhabemöglichkeiten herzustellen, sie spielen eine Rolle, sie transportieren eine Haltung. Sie transportieren nicht nur eine Haltung, sondern sie verursachen auch eine Haltung. Worte machen also einen Unterschied. Von daher finden wir es völlig richtig, dass der im Augenblick mit Schwerbehindertenausweis bezeichnete Ausweis zukünftig anders heißen soll. Mir geht es wie der Kollegin Frau Grö

nert, ich finde den Vorschlag Teilhabeausweis genau richtig. Ich finde es aber auch richtig, dass in unserem gemeinsamen Antrag steht, dass die Behindertenverbände selbst entscheiden sollen, wie dieser Ausweis zukünftig heißen soll,

(Beifall FDP)