Protocol of the Session on April 6, 2017

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Nach Auffassung des Senats kann die Beschränkung von Haltung, Zucht und Transport invasiver Arten in zoologischen Gärten ein wirksames Mittel sein, um die negativen Auswirkungen gebietsfremder invasiver Arten auf die europäische wild lebende Flora und Fauna zu begrenzen.

Zoologische Gärten können ein entscheidender Verbreitungspfad für invasive Neozoen sein. In Regionen, in denen entsprechende Arten bereits weitverbreitet sind, ist der Verbreitungspfad über zoologische Gärten sicherlich vernachlässigbar.

Anders sieht es in Regionen aus, in denen die jeweilige Art noch nicht vorkommt, aber in zoologischen Gärten gehalten wird. Dort kann ein Entweichen zur Begründung eines neuen Bestands einer invasiven nicht heimischen Art führen. Beispiel hierfür ist die Ausbreitung der nordamerikanischen SchwarzkopfRuderente, die aus Wasservogelhaltungen in England entwichen ist und sich mittlerweile in ganz Europa ausgebreitet und die in Europa heimische WeißkopfRuderente an den Rand des Aussterbens gebracht hat.

Zu Frage zwei: Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der EU-Verordnung im Zusammenhang mit der notwendigen Erteilung von Genehmigungen, mit denen unter anderem zoologischen Gärten die Durchführung von Forschung und Ex-situ-Erhaltung an invasiven gebietsfremden Arten von unionsweiter Bedeutung gestattet werden kann. Nach dem Vorschlag ist die Genehmigung zu erteilen, wenn die Voraussetzungen, die gemäß EU-Verordnung hierfür vorgeschrieben sind, vorliegen. Der Senat hat im Hinblick auf diese geplante Regelung keine Bedenken, weist jedoch darauf hin, dass im laufenden Bundesratsverfahren Änderungen dieser Regelung erfolgen könnten.

Zu Frage drei: Aktuell hält der Zoo am Meer mit vier Waschbären Exemplare der unter die EU-Verordnung fallenden gebietsfremden invasiven Arten. Für diese Tierart sieht der Senat genügend Spielräume für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Hinblick auf die einzuhaltenden Anforderungen. Sofern zukünftig weitere Exemplare der unter die EU-Verordnung fallenden Arten gehalten werden sollten, wäre in dem Zusammenhang zu prüfen, ob die Voraussetzungen auch für diese Arten eingehalten werden können. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich danke Ihnen für die ausführliche Antwort auf dieses sehr ernste Thema! Ich habe tatsächlich ein bisschen stutzen müssen: Der Senat sieht also in der Beschränkung der Haltung in zoologischen Gärten ja ein wirksames Mittel. Die Weißkopf-Ruderente ist ja zwischen 1950 und 1970 irgendwann einmal in Großbritannien weggelaufen – noch nicht einmal aus einem Zoo, sondern aus einer Privathaltung – und hat sich dort mutmaßlich heimisch gefühlt. Hat der Senat andere Erkenntnisse, dass etwa in den letzten 10 bis 15 Jahren aus irgendeinem Zoo in Deutschland irgendein Tier weggelaufen ist und sich dann hier in unserer Umwelt heimisch gefühlt hat?

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Die Blaukopf-Ruderente eventuell!)

Zunächst einmal möchte ich ausdrücklich zustimmen, dass es sich hier um ein ernstes Thema handelt. Deutschland ist ja mit der Europäischen Union Vertragspartei des Übereinkommens über den Erhalt der biologischen Vielfalt, einem Abkommen der Vereinten Nationen. Dieses Abkommen verpflichtet die Staaten, die Vertragspartner sind, ein Genehmigungssystem für Forschung und Haltung dieser Tierarten einzurichten, es verpflichtet die Staaten, Aktionspläne zu erstellen und Managementmaßnahmen festzusetzen, wie man das Entweichen verhindern will. Es verpflichtet die Staaten zu Einfuhrkontrollen, zu Eingriffsbefugnissen und Sanktionen, und es müssen dafür zuständige Behörden festgelegt werden. Das heißt, das ist ein Thema, das die Staatengemeinschaft weltweit bewegt.

Ich kann Ihnen aktuell keine Fälle nennen, in denen in den letzten Jahren Tiere aus zoologischen Gärten ausgebrochen sind, aber ich kann Ihnen berichten, dass beispielsweise in Kassel, wo ich tätig war, bevor ich nach Bremen gekommen bin, gerade Waschbären geradezu eine Landplage sind, weil sie vor ungefähr 70 Jahren aus einer Pelztierfarm am Edersee ausgebrochen sind. Ich habe eben noch einmal nachgeschaut. Wenn Sie allein die Begriffe „Kassel“ und „Waschbären“ eingeben, dann finden Sie dazu Überschriften in den Zeitungen von Mitte letzten Jahres: „Waschbären haben Kassel erobert“, „Waschbären plündern Gärten und Dachböden“ und dergleichen, das heißt, wir müssen hier tatsächlich wirksame Kontrollsysteme haben.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, bei den Waschbären bin ich ganz bei Ihnen, und das waren nicht nur Pelztierfarmen. Zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass Waschbären vor 100 Jahren auch aus Zoos ausgebrochen sind. Ich möchte nur sagen, in der Zeit, in der wir heute leben – es gibt ja seit dem Jahr 2012 den Code of Conduct des Europarats, der gemein

sam mit dem europäischen Zoo-Dachverband ganz genau festgelegt hat, wie die Haltung auszusehen hat –, kann ich mich doch als Landesparlamentarier darauf verlassen, wenn in einer zoologischen Haltung in Bremen regelmäßig eine Betriebserlaubnis erteilt wird, dass dadurch dann auch sichergestellt sein sollte, dass die Sicherheit vor einem Ausbruch gewährleistet ist. Also, wir erteilen als Land ja keine Betriebserlaubnis für eine zoologische Haltung jedweder Art, die nicht auch auf die Sicherheit vor einem Ausbruch geprüft ist. Ist das so?

Selbstverständlich prüfen wir, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, aber es ist ja nicht nur eine Frage, wie die Käfige oder Gehege ausgestattet sind, sondern man muss schauen, wie Reinigungsvorgänge durchgeführt werden, wie die Abfallentsorgung in den Tiergehegen vorgenommen wird, ob es Wartungsprotokolle gibt, ob das Entweichen wirklich in jedem Fall gesichert ist und auch das unbefugte Entnehmen eines Tieres ausgeschlossen ist. Es kann ja durchaus sein, dass eine Kraft, die in einem solchen Zoo zu Reinigungszwecken arbeitet, ein possierliches Tierchen mitnehmen möchte oder dergleichen. Alles das muss berücksichtigt werden, und deswegen muss man auch schauen, wie viele Tiere maximal in den vorhandenen Räumlichkeiten untergebracht werden können. Das führt dann auch zu Beschränkungen der maximalen Anzahl von Exemplaren.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich verstehe Sie also so, dass die Betriebserlaubnis – die ja dann auch regelmäßig erneuert wird – sicherstellt, dass das Maximum dessen geleistet wird, was leistbar ist. Ich habe aber eine weitere Nachfrage! Sie haben gesagt, es gibt aus Sicht des Senats dann einen Unterschied zwischen Arten, die bereits im Umfeld eines Zoos verbreitet beziehungsweise invasiv sind, also in der geografischen Region, und Arten, die es noch nicht sind, und das hätte – so habe ich die Antwort des Senats verstanden – dann wiederum Implikationen auf eine eventuelle Ausnahmegenehmigung, indem man also sagt, weil es hier noch keinen Waschbären gibt, wird eine Haltung von Waschbären im Zoo eher kritisch betrachtet. Gäbe es den Waschbären hier schon in der freien Natur, dann würde man sagen, das könne dann ohnehin nichts mehr verschlechtern. Ist das die Auffassung des Senats, oder habe ich die Antwort falsch verstanden?

Ich musste einen solchen Fall noch nicht beurteilen, aber ich sage es jetzt auch einmal empirisch so – ich bin kein Jurist, deshalb sage ich das in aller Vorsicht –: Ich hätte in Bremen oder Bremerhaven größere Bedenken, wenn Waschbären aus einem Zoo ausbrechen, als in Kassel, denn dort

können sie es tatsächlich nicht mehr verschlechtern.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich würde anregen, dort noch einmal zu schauen, wenn die Befassung mit dem Gesetzentwurf auf Bundesebene abgeschlossen ist, ob sich dieses Verständnis, wie ich es aus der Antwort des Senats herauslese und auch aus Ihrer Antwort, dann wirklich mit dem Gesetz deckt.

Ich habe noch eine letzte Frage, und dann komme ich auch zum Schluss, denn ich möchte ja auch die Geduld der Kollegen nicht überstrapazieren:

(Unruhe – Glocke)

Die Ausnahmegenehmigung bezieht sich auf die Haltung, Zucht und Weitergabe von Waschbären, oder worauf bezieht sie sich? Aus der Antwort, ich glaube, zu Frage drei, geht nicht ganz deutlich hervor, worauf sich die Ausnahmegenehmigung genau bezieht, die dann zu erteilen wäre.

Der Wortlaut der Ausnahmegenehmigung liegt mir jetzt nicht vor, aber ich kann sie Ihnen gern nachreichen. Im Übrigen nehme ich Ihre Anregung zur Kenntnis.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Schaefer! – Bitte sehr!

Zoologische Gärten/Zoos leben ja im Prinzip von exotischen Tieren, dafür sind sie ja damals angelegt worden. Das kann man gut oder auch schlecht finden, auch aus Gründen des Artenschutzes. Meine Frage lautet: Wie bewerten Sie das Problem der invasiven Arten, die aus Zoos ausbrechen, im Vergleich zu den vielen invasiven Arten, ob es Neozoen oder Neophyten sind, also Pflanzen oder Tieren, die zum Beispiel durch Ballastwasser einwandern, oder der Varroamilbe aus Asien, die den Imkern hier das Leben schwer macht, die mit irgendwelchen Proben hierher gekommen sind? Ist in einer globalisierten Welt mit einem globalisierten Warenaustausch die Gefahr nicht sehr viel größer, dass invasive Arten auf diesem Weg hierherkommen?

Ich will jetzt hier nicht bewerten, worin das größere Risiko liegt, aber es ist natürlich völlig richtig, dass diese unkontrollierten Ausbreitungen, sage ich einmal, durch Ballastwasser und dergleichen, ein erhebliches Problem darstellen. Wir haben die Pazifische Auster, die inzwischen die Nordseestrände praktisch erobert, und die Wollhandkrabbe ist schon vor über 100 Jahren eingewandert. Es gibt diese Probleme, aber deswegen gibt es ja gerade auch das internationale Abkommen über den Erhalt

der biologischen Vielfalt, damit man versucht, in den verschiedenen Bereichen, in denen solche Phänomene stattfinden können, dann auch mit entsprechenden Regulierungen und Maßnahmen gegenzusteuern.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wie bewerten Sie die Folgen des Klimawandels auf solche invasiven Arten, die sich dann aufgrund höherer Temperaturen oder anderen klimatischen Verhältnissen hier vielleicht eher ausbreiten und vielleicht im Vorteil sind gegenüber heimischen Arten?

Jetzt kommen wir langsam hinüber zum Feld der Evolution. Die Lebensbedingungen für Organismen auf der Erde haben sich ja im Laufe der geologischen Zeiträume durchaus verändert. Es gibt Temperaturschwankungen, es gibt Klimaschwankungen, und mit diesen Klimaschwankungen werden dann auch immer Arten praktisch aus Räumen verdrängt und erobern sich neue Räume. Wir erleben im Moment, dass sich mediterrane Fischarten in der Nordsee ausbreiten, während sich die dort normalerweise heimischen Fische weiter nach Norden zurückziehen und dergleichen. Das sind Dinge, die man jetzt nicht durcheinanderbringen darf, aber es sind Phänomene, die parallel auch stattfinden.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Imhoff! – Bitte sehr!

Wir haben europaweit 12 000 gebietsfremde Arten, von denen 10 bis 15 Prozent invasiv sind. Gibt es eine Aufstellung oder eine Erhebung darüber, wie viele gebietsfremde Arten es hier in Bremen gibt?

Eine Aufstellung dazu liegt mir auf meinem Sprechzettel nicht vor. Ich bin aber gern bereit, das im Ressort zu recherchieren, und vielleicht können wir das Thema ja in der Deputation noch einmal ausführlich vertiefen.

(Beifall – Abg. Imhoff [CDU]: Das wäre mein nächster Wunsch gewesen, dann ist es in Ordnung!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Umsetzungsstand des Gesetzes zum Schutz der Prostituierten und zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes in Bremen?“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Böschen, Tschöpe und Fraktion der SPD.

Bitte, Frau Kollegin Böschen!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wird der Senat die landesrechtlichen und kommunalen Zuständigkeiten der fast ausschließlich gewerberechtlichen Regelung des Prostitutionsschutzgesetzes für Bremen auf den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen übertragen, wenn nein, warum nicht?

Zweitens: Wohin wird der Senat abweichend von der gewerberechtlichen Zuständigkeit die Aufgaben nach den gewerberechtsfremden Einsprengseln, Paragrafen 9 und 33 Absatz 1 Nummer 3, dieses Bundesgesetzes zuweisen, und wie wird er mit den strukturell angelegten Vollzugsdefiziten bei der Verfolgung des Ordnungswidrigkeitentatbestands des Paragrafen 33 Absatz 1 Nummer 3 Prostitutionsschutzgesetz, Kondompflicht des Kunden, welcher regelmäßig nur als Kontrolldelikt mit lebenspraktisch bedingter sehr geringer Feststellungswahrscheinlichkeit ermittelbar sein dürfte, umgehen?

Drittens: Wird der Senat bei der gewerberechtlichen Erlaubniserteilung für Prostitutionsstätten und der gegebenenfalls erforderlichen Erteilung von Auflagen und Anordnungen als Beitrag zum Schutz der Prostituierten vor wirtschaftlicher Ausbeutung darauf bestehen, dass die gegenseitigen Leistungsverpflichtungen zwischen Prostituierten und Prostitutionsgewerbetreibenden grundsätzlich schriftlich zu dokumentierten sind?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Fries.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Fragen eins bis drei: Das Prostituiertenschutzgesetz tritt zum 1. Juli 2017 in Kraft. Das Gesetz erhält eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, um verschiedene Vorschriften zu erlassen. Dazu gehören unter anderem die Anmeldepflicht, die verpflichtende Teilnahme an Beratungsgesprächen zu gesundheitlichen und sozialen Aspekten sowie die Anforderungen an Prostitutionsstätten. Bisher wurde eine entsprechende Verordnung nicht erlassen. Die Zuständigkeiten nach diesem Gesetz sind in mehreren Ländern noch in der Klärung, so auch in Bremen. Der Senat klärt derzeit die Zuständigkeiten für die einzelnen Regelungen des Prostituiertenschutzgesetzes und die Zuweisung an die jeweiligen senatorischen Behörden. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin Böschen, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, wann ist mit der abschließenden Klärung zu rechnen?

Wir haben uns vorgenommen, das im April zu erreichen.

Eine weitere Zusatzfrage durch den Abgeordneten Hinners! – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, sind Sie der Meinung, dass das Prostituiertenschutzgesetz auch tatsächlich die Prostituierten schützt?