Protocol of the Session on April 5, 2017

Mit Ihrer Zerstrittenheit kann man kein Land regieren. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich endlich einmal zusammenreißen, denn es geht nicht um Ihre persönlichen Befindlichkeiten, sondern es geht um Bremen.

(Beifall FDP)

Gerade auch gestern ist wieder einmal der Vorwurf erhoben worden – unter anderem von unserem Bürgermeister –, dass sich die Oppositionsfraktion hier nicht genügend einbringe, dass wir keine Ideen lieferten, sondern immer nur kritisierten. Ich glaube, dass das totaler Quatsch ist. Es ist egal, welche Oppositionspartei Sie anschauen, sei es die CDU, sei es DIE LINKE oder sei es die FDP, wir haben Tausende Ideen, die aber nicht wertgeschätzt und stumpf ignoriert werden. Ich glaube, Bremen hat eine sehr gute Opposition,

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Eigenlob stinkt!)

aber Bremen hat auch eine gute Regierung mit guten Ideen verdient!

(Beifall FDP)

Es geht darum, dass sie gemeinsam für die Interessen unseres schönen Landes einsteht, dass die Regierung versteht, welchen Wert unser Land hat und sie bereit ist, einfach Dinge auszuprobieren. Wir sind ein kleines Land, und wir sind sehr flexibel. Gerade wir sind in der komfortablen Situation, Dinge einfach einmal durchführen zu können. Man könnte das Ganze nach sechs Monaten zurückdrehen, aber stattdessen werden die Themen totdiskutiert, und letztlich findet man immer irgendwo ein Aber, und es wird gar nichts gemacht.

(Beifall FDP)

Ich glaube, dass die Kleinklein-Gedanken völlig überflüssig sind. Die großen ungelösten Probleme warten dringend auf Antworten. Sie können die Probleme nicht aussitzen, denn die Probleme werden immer größer, je länger Sie warten.

Wir erwarten, dass Sie endlich eine vernünftige Schulpolitik machen, die die beste Bildung für unsere Kinder in Bremen gedeutet.

(Beifall FDP)

Wir erwarten, dass Sie endlich die Polizei, die innere Sicherheit und die Sicherheit der Bremer Bürgerinnen und Bürger zur absoluten Priorität machen. Wir geben damit auch den Polizisten den gleichen Schutz, den sie uns täglich geben.

(Beifall FDP)

Wir haben als Freie Demokraten den Mut gehabt, uns hier im Plenum zu den Menschenrechten in der Türkei zu bekennen. Ich freue mich, dass wir uns bei diesem Thema dem Antrag der LINKEN anschließen durften. Ich rufe Sie auf, liebe Koalitionäre, zeigen Sie doch endlich einmal den gleichen Mut: Schließen Sie sich auch dem Antrag an. Es geht hier darum, ein Zeichen zu setzen.

Zeigen Sie den Investoren und Unternehmern, dass sie in diesem Land willkommen sind. Wir erinnern Sie auch an die Synergie zwischen der Wirtschaft und Sozialem, denn wir sollten endlich eine angebotsorientierte Gewerbeflächenpolitik schaffen, die die Unternehmen animiert, nach Bremen zu kommen und auch zu bleiben.

(Beifall FDP)

Ich finde, gerade im Bereich der Wirtschaft ist noch extrem viel Luft nach oben vorhanden. Ich will hier positiv bleiben: Ich finde, dass das Gewerbeflächenpapier der SPD-Fraktion ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich finde es allerdings schade, dass Martin Günthner als zuständiger Senator das Thema komplett verschlafen hat. Ich finde es auch schade, dass ich bisher von den Grünen noch nichts Positives dazu gehört habe.

Zum Thema Innenstadt! Dazu sind ebenfalls 1 000 gute Ideen vorhanden, aber es besteht überhaupt kein Mut zur Umsetzung. Einer stellt sich quer, und alle springen darauf. Ich verstehe es nicht! Mut und Taten sind eigentlich das, was die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von der Politik – insbesondere von einer Regierung – erwarten. Im Moment merke ich davon nicht viel.

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie die persönlichen Befindlichkeiten zur Seite zu schieben und dass Sie wieder das in den Fokus nehmen, was wirklich zählt, und das ist die Zukunft der Bremer Bürgerinnen und Bürger und damit die Zukunft Bremens. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Als ich das Thema der Aktuellen Stunde

gelesen habe, habe auch ich mich zunächst gefragt, was an diesem Thema aktuell sein soll. Stillstand hat keine Geschwindigkeit, ohne Bewegung existiert keine Zeit, insofern besteht das Problem schon ein bisschen länger.

Nach der Rede von Herrn Röwekamp, die ich heute Morgen gehört habe, hatte ich den Eindruck, dass es zu einer interessanten Diskussion kommt. Die Fragen, die Sie gestellt haben, waren allemal eine Beachtung wert. Sie sind drängend, wenn es um die Frage geht, wie es mit unserem Land weitergeht. Ich war ganz gespannt darauf, in welcher Weise die Vertreter der Koalition diese Fragen beantworten.

Leider haben Sie die Fragen aus meiner Sicht nicht beantwortet. Sie haben jede Menge Allgemeinplätze darüber verloren, was alles wichtig ist. Sie haben die aus meiner Sicht tatsächlich nicht so bedeutenden Fragen begründet, warum Sie aus Ihrer Sicht doch bedeutend sind. Ein Beispiel ist das Thema Mahnmal.

Nichts gegen das Mahnmal, nichts gegen das Arisierungsmahnmal, obwohl wir uns in der Tat in der Sache die Frage stellen, warum bei einem derart gewaltigen gesellschaftlichen Ereignis, nämlich der Arisierung jüdischen Vermögens im Nationalsozialismus, in der Form daran gemahnt wird, dass ein bestimmtes Unternehmen beziehungsweise eine bestimmte Branche an den Pranger gestellt wird, man es nicht ein bisschen breiter fasst.

Die Arisierung wurde ja auf breiter Ebene vorgenommen. Die Handelskammer war beispielsweise sehr stark daran beteiligt. Man hätte dieses Mahnmal auch vor die Handelskammer stellen können.

Es bleibt einfach dabei, dass die wichtigen Fragen, die hier aufgeworfen worden sind, von Ihnen nicht beantworten worden sind, es ist einfach nichts gekommen. Nehmen wir beispielsweise die wirtschaftliche Entwicklung Bremerhavens. Wie sieht es dort eigentlich aus? In einem Umfeld, in dem Außenhandel immer wichtiger wird, aber in dem wir gleichzeitig in Bremerhaven einen Verlust von Arbeitsplätzen zu beklagen haben.

Ich will gar nicht so sehr darauf abheben, ob die Koalition zerstritten ist oder nicht. Aus meiner Sicht gehört ein konstruktiver Streit immer zu einer guten Lösungsfindung. Ich hätte erwartet, dass Grüne und Sozialdemokraten sich über die Festlegung von Schwerpunkten streiten. Ich sage einmal: Vertiefung von Flüssen versus Arbeitsplätze oder bei der Betrachtung der eingetretenen wirtschaftlichen Entwicklungen in Bremerhaven im Kontrast zu dem, was die Gutachten zum OTB sagen!

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es dort unterschiedliche Auffassungen gibt. Es wäre der Sache dienlich, wenn um diese Dinge mit Leidenschaft gerungen werden würde. Wenn aber in einer fünfstündigen Sitzung des Koalitionsausschusses zweieinhalb Stunden zum Thema Mahnmal gerungen wird, dann wird für uns klar, wo Ihre Leidenschaft liegt.

Ohne das Thema Mahnmal kleinreden zu wollen, sind wir ein Land, das existenzielle tiefschürfende Probleme auf vielen Ebenen hat. Meine Vorredner haben das auf vielerlei Weise thematisiert, ob es die öffentliche Verwaltung ist, ob es die innere Sicherheit ist, ob es die Bildung ist, ob es die katastrophale Entwicklung unserer Infrastruktur ist, egal, wohin man schaut, wir haben schwerste Defizite. Das, was im Koalitionsausschuss besprochen wird, ist das Mahnmal. Man fragt sich dann, entspricht das eigentlich dem Niveau eines Koalitionsausschusses, der eine Landesregierung vertritt, oder hätte das Thema eher in einem Kreistag Platz.

Wenn wir als eigenständiges Land weitermachen wollen, dann muss sich langsam etwas ändern. Wir müssen dann die dringenden Themen angehen. Es ist in der Tat so, dass das nicht die Opposition machen kann, sondern dass das die Regierung machen muss. Es hilft dabei nicht, sich von einer Sachfrage zur nächsten Sachfrage zu hangeln und KleinkleinLösungen zu präsentieren. Es ist vielmehr ein Konzept notwendig, es ist ein überzeugendes, tiefschürfendes Konzept notwendig, wie wird das Geschäftsmodell Bremen für die Zukunft aufstellen.

Ich hätte gerade von den Grünen und von den Sozialdemokraten erwartet, dass sie mit ihren eigenen Überzeugungen aufwarten und darum ringen, darum aktiv ringen. Es ist leider für uns nicht sichtbar, dass das passiert. Das ist das Enttäuschende. Es ist für mich auch das Enttäuschende an der Debatte, dass weder von Ihnen, Frau Aulepp, noch von Ihnen, Frau Dr. Schaefer, etwas vorgetragen worden ist, das uns einen Hinweis darauf gibt, wie es in diesem Land positiv weitergehen kann. – Vielen Dank!

(Beifall LKR)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Wortmeldungen von Frau Aulepp und von Frau Dr. Schaefer habe ich doch gedacht, ich müsste mich noch einmal zu Wort melden.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Das hätten Sie sowieso ge- macht!)

Frau Aulepp, Sie haben gesagt, dass alle Ressorts untergehackt losmarschieren würden. Das habe ich mir notiert. Diese Aussage finde ich sehr interessant, denn an diesem Punkt ist die Koalition sich wirklich einig, aus allen Ressorts, sowohl aus den roten als auch aus den grünen Ressorts, hört man zu allen Problemen in dieser Stadt nur die Botschaft: Wir sind dafür nicht zuständig, wir können überhaupt nichts machen, uns sind die Hände gebunden, der Bund

muss entscheiden. Das sind Auseinandersetzungen zwischen Tarifparteien. Das sind Auseinandersetzungen, die das Jobcenter mit Hartz -IV-Empfängern führen muss. Von den Ressorts wird aber so gut wie nichts mehr entschieden. Wir erleben stattdessen nur noch eine Abwehrhaltung.

Sie, Frau Dr. Schaefer, haben eben gesagt, wir würden uns als Opposition inszenieren. Das tun Sie als Regierung auch, und zwar pausenlos als Nonplayer. Das habe ich, ehrlich gesagt, bis hierhin satt.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Sie müssen sich überhaupt nicht über eine sinkende Wahlbeteiligung wundern. Wenn diese Koalition weitere sechs Jahre regieren würde, dann läge die Wahlbeteiligung wahrscheinlich bei null.

(Beifall DIE LINKE – Abg. Tschöpe [SPD]: Nicht einmal ihr werdet dann noch gewählt!)

Ich will trotzdem noch einmal auf zwei Entscheidungen des Koalitionsausschusses eingehen, denn es sind eigentlich auch – und da hat Herr Röwekamp vollkommen recht – typische Nichtentscheidungen.

Über die Verlängerung der Wahlperiode soll per Volksentscheid abgestimmt werden. Ja, soweit waren wir bereits vor einem Jahr. Es ist ein Wahlrechtsausschuss eingesetzt worden, und wir müssen permanent nach dem Volksentscheid fragen, obwohl wir uns dazu bereits vor einem Jahr positioniert hatten. Dass hierzu ein Koalitionsausschuss, auch wenn es nur zehn Minuten gedauert hat, erneut beschließt, das erschließt sich mir nicht.

Außerdem möchte ich noch ein paar Sätze zum Standort des Mahnmals sagen. Es kam mir ein bisschen wie ein Tauziehen vor: Zwei Meter nach rechts, zwei Meter nach links, und alle wussten vorher schon, dass man sich in der Mitte trifft. Das hat jetzt nicht weiter überrascht. Richtig kritisch fand ich allerdings, Frau Dr. Schaefer, dass Sie die Jüdische Gemeinde in Ihrem Redebeitrag instrumentalisiert haben, die sich dazu ganz klar öffentlich dahingehend geäußert hat, dass sie Ihr Vorgehen als beschämend empfindet. Ich finde es ebenfalls nicht richtig.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt haben Sie angekündigt, dass sich der Koalitionsausschuss in Zukunft dreimal im Jahr treffen wird. Bei dem, was ich hier seit zwei Jahren erlebe und was aus meiner Sicht ein trauriges Weiterführen des Verhaltens aus der letzten Legislaturperiode ist, frage ich mich, ob wir uns das überhaupt noch antun müssen. Die kommenden zwei Jahre mit dem jeweils dreimal im Jahr tagenden Koalitionsausschuss sind wahrscheinlich genauso verschenkte Zeit, wie die letzten beiden Jahre. – Danke schön!

Als nächster Redner hat das Wort Bürgermeister Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeit von Koalitionsausschüssen ist in Koalitionsverträgen festgelegt. Es ist hier schon dargestellt worden, dass der Bremer Koalitionsvertrag – wie alle Koalitionsverträge zuvor, auch die der Großen Koalition mit der CDU –, festlegt, dass es zu zwei oder drei Treffen im Jahr kommt. Das ist bundesweit üblich. Häufig ist auch ein engerer Tagungsrhythmus vereinbart.

Das können wir alle lesen, wenn die Koalition auf Bundesebene zusammentritt. Das ist auch in anderen Ländern üblich, und das ist das Natürlichste von der Welt. Nicht natürlich ist allerdings – und ich weiß nicht, ob es das schon einmal irgendwo gegeben hat, ich habe noch nichts davon gehört –, dass über Sitzungen der Koalitionsausschüsse im Parlament diskutiert wird. Es ist bisher nicht üblich gewesen, zu einem Koalitionsausschuss eine Aktuelle Stunde durchzuführen.