Protocol of the Session on March 9, 2017

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Fries.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen zur Kenntnis neh men, dass seitdem nun schon 20 Jahre vergangen sind.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Auch Verfassungspolitik ist eine Frage, bei der es um die Einschätzung von Normen, eine unterschiedliche Haltung zu Werten und Abwägungen geht. Dort ge hen die Debatten weiter, da gibt es unterschiedliche Auffassungen, und aus dem Grund ist das sicher ein zu berücksichtigendes Argument, aber nicht die ob jektive Wahrheit, an der man sich orientieren muss.

Die Kinderrechte im Grundgesetz sind etwas, was der Senat verfolgt. Im Jahr 2012 sind wir im Bundesrat einem Antrag aus Mecklenburg-Vorpommern bei getreten, wir haben dieses Ziel in einer Reihe von Initiativen – sowohl in der Justizministerkonferenz als auch in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz und der Jugendministerkonferenz – weiterverfolgt und auch letztlich erst im Bundesrat einen Gesetz entwurf genutzt, um wieder einmal auf dieses Thema hinzuweisen.

Diese Debatte wird nicht isoliert geführt, sondern befindet sich in einer Kontinuität, die sich auch über einen längeren Zeitraum hinzieht, nämlich die Kinder stärker zum Subjekt und nicht zum Objekt der Ge setze zu machen. Angefangen bei der Planung von Spielplätzen, im Kindergarten, in der Jugendarbeit, in der Schule, überall dort, wo wir mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, sind wir sowohl in der Rechtspraxis als auch in der Ausgestaltung der Ge setze dazu übergegangen, den Willen der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen, diesen abzufragen und mit in die Prozesse einzubeziehen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, das auch zum Ausdruck zu bringen, indem man dies im Grundgesetz als Grundrecht verankert.

In der aktuellen, auch hier schon angesprochenen Debatte über die Reform des SGB VIII spielt auch das eine Rolle. Ausdruck dafür ist schon, dass es „Hilfen zur Erziehung“ heißt, das bedeutet, alle Hilfen oder Kernhilfen, die wir Kindern und Jugendlichen im Moment zukommen lassen, sind Hilfen für die Eltern, um ihre Kinder zu erziehen. Auch hier findet also noch das erwähnte Prinzip der abgeleiteten Hilfen seinen Ausdruck, und hier gibt es beides: Hilfen, die wir Eltern geben müssen, um sie zu unterstützen, gute Erziehungsarbeit zu machen, sind weiterhin eine sinnvolle Notwendigkeit, aber es gibt auch Hilfen, die unabhängig von der elterlichen Fähigkeit zur Erziehung notwendig sind, festgemacht am Kind, die auch daraus begründet werden. Aus dem Grund ist es richtig, das Kind als Subjekt zu stärken, und deswe gen wird der Senat diesen Auftrag gern aufgreifen, sofern er hier eine Mehrheit findet. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner zu einer Kurzin tervention.

Frau Präsidentin, ich wollte noch einmal auf dieses zen trale Argument eingehen, dass eine Verankerung im Grundgesetz die Eltern und Kinder auseinan derbringen und eine Distanz schaffen würde. Seit 25 Jahren gilt die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, und dann wäre es ja so, dass auch die UN-Kinderrechtskonvention die Funktion gehabt hätte, Eltern und Kinder auseinander- und in eine Distanz zu bringen, denn die Idee ist ja dieselbe, nämlich die Kinder im Unterschied zur früheren Auffassung zum eigenständigen Subjekt von Recht setzung zu machen. Wenn man sich einmal anschaut, welch ein Segen diese UN-Kinderrechtskonvention weltweit ist – für viele NGOs, für UNICEF, für ganz viele Organisationen der UN, für viele Regierungen, die gewählt sind –

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

und wie positiv sich das ausgewirkt hat, dann finde ich es nachgerade abenteuerlich zu sagen, dass die Verankerung dieser Kinderrechte den Effekt hätte, Eltern und Kinder auseinanderzubringen. Im Gegen teil, es stärkt die Kinder!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Ahrens zu einer Kurzintervention.

Selbstverständlich wird die UN-Kinderrechtskonvention auch von der CDU als segensreich angesehen. Das hat auch überhaupt nichts mit der Frage einer Änderung des Grundge setzes zu tun,

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Die UN fordert es von uns!)

denn die UN-Kinderrechtskonvention ist daneben als gültige Rechtslage anzuerkennen. Deswegen haben Verfassungsrechtler ja auch gesagt, dass das reine Hineinschreiben in das Grundgesetz als Sym bolpolitik nichts bewirkt, sondern dass es durch einfache gesetzliche Regelungen geändert werden muss. Dazu haben sie auch schon entsprechende Vorschläge gemacht.

Noch einmal, damit hier nicht bewusst der falsche Duk tus herbeigeführt wird: In dem Ziel, dass der Schutz von Kindern zu verbessern ist, sind wir uns einig, nur der Weg, den wir beschreiten, ist unterschiedlich. Wir schließen uns der Meinung der Verfassungsrechtler an, dass eine Änderung des Grundgesetzes der falsche Weg ist, halten aber Änderungen an anderer Stelle für den besseren Weg, um den Schutz von Kindern entsprechend weiter voranzutreiben. Das heißt, wir streiten uns über den Weg, nicht über das Ziel.

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Haben wir verstanden! – Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber Sie sind nicht überzeugt!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grü nen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 19/902 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, Abg. Timke [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, LKR, Abg. Tassis [AfD])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Interfraktionell wurde inzwischen vereinbart, heute Nachmittag die Tagesordnungspunkte 16 und 17 zu tauschen und Tagesordnungspunkt 17 nach den

gesetzten Tagesordnungspunkten 28, 29 und 43 aufzurufen.

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land tag) bis 14.35 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.06 Uhr)

Vizepräsident Imhoff eröffnet die Sitzung wieder um 14.35 Uhr

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich Mitglieder eines Orientierungskurses des Aristo teles Instituts Bremen und Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Integrationskurses des Paritätischen Bildungswerks Bremen.

Herzlichen willkommen hier bei uns im Haus, ich wünsche Ihnen einen interessanten Nachmittag!

(Beifall)

Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Farbe bekennen – Beflaggung der Bremischen Bür gerschaft – Änderung der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 2. November 2016 (Drucksache 19/816) Wir verbinden hiermit: Änderung der Geschäftsordnung – Beflaggung der Bremischen Bürgerschaft Bericht und Antrag des Verfassungs- und Geschäfts ordnungsausschusses vom 13. Februar 2017 (Drucksache 19/938) sowie Am 10. März Solidarität zu den Menschen in Tibet zeigen Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 7. März 2017 (Drucksache 19/966)

Der Antrag der der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 2. November 2016, Farbe be kennen – Beflaggung der Bremischen Bürgerschaft – Änderung der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft, Neufassung der Drucksache 19/740, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 32. Sitzung am

10. März 2016 zur Beratung und Berichterstattung an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss überwiesen worden.

Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 19/938 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grotheer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach meiner Recherche haben wir zum ersten Mal im Mai letzten Jahres über die Frage diskutiert, wie wir beflaggen. So lange gibt es schon die Überlegungen für den Antrag, wie wir es eigentlich mit der Beflaggung halten wollen. Da mals ging es anlässlich des Christopher Street Days um die Frage, wie sich die Bremische Bürgerschaft verhält. Wir haben darüber diskutiert und gesagt, dass dieses Haus ein Haus der politischen Ausein andersetzungen, des Meinungsaustauschs und ein Ort der Entscheidungen über die Angelegenheiten ist, die für Bremen und Bremerhaven, für die Bun desrepublik und manchmal sogar für die Welt ein Zeichen setzen sollen. Wie setzt man ein Zeichen? Indem man nach außen hin sichtbar ist!

Die Bremische Bürgerschaft kann dies erreichen durch Presseerklärungen und Beschlüsse und im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar durch Flaggen. Also haben wir uns gefragt, wie wir das mit den Flaggen regeln können, und gesagt, abgesehen von dem Flaggen erlass der Bundesregierung, der genau regelt, wann im Einzelnen für wen und wie beflaggt wird, gibt es die bremische Regelung, die im Wesentlichen so verfährt: Eigentlich entscheiden viele Senatorinnen und Senatoren nach Hausrecht, und so hat es der Präsident der Bremischen Bürgerschaft bisher auch gehandhabt. Wir haben gesagt, wir wollen aufgrund einer gemeinsamen Entscheidung regeln, was und wie wir beflaggen – als Meinungsäußerung der Ab geordneten dieses Hauses, dieses Parlaments – und deswegen eine Entscheidung darüber im Einzelfall fällen.

Diese Entscheidung soll aber nicht abhängig sein von knappen Mehrheiten, wie es sie hier manchmal durchaus gibt, sondern diese Entscheidung soll eine Mehrheitsentscheidung auf breiter Basis sein, weil wir damit ein Zeichen für das gesamte Haus setzen. Deswegen ist der Vorschlag entstanden, darüber mit einer Zweidrittelmehrheit zu entscheiden. Die sem Vorschlag folgt jetzt erfreulicherweise auch der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss einstimmig, wenn ich es richtig in Erinnerung habe.

Ich freue mich besonders, dass wir diese Grundsatz entscheidung, zukünftig nach einem Beschluss zu flag gen, heute schon mit einem konkreten Fall verbinden können, nämlich mit der Beflaggung zur Erinnerung an den Tibetaufstand von 1959 am morgigen 10. März. Ich weiß, dass es sehr unterschiedlich wahrgenommen