Ich glaube, dass man die Entschei dung über eine Jugendhilfeeinrichtung, die fakultativ geschlossen ist, nicht allein aufgrund einer aktuellen Situation treffen kann, sondern es ist eine Struk turfrage, ob unser Jugendhilfesystem das anbieten will oder nicht. Die aktuelle Situation kann nur der Anlass sein, diese Klärung herbeizuführen.
Herr Staatsrat, können Sie noch einmal präzisieren, was Sie meinen mit „räumliche Bedingungen schaffen, um mit Krisen umgehen zu können“? Was genau ist damit gemeint, und wie gehen Sie damit konzeptionell um?
Das ist Teil der aktuell laufenden Diskussionen, die wir mit dem Hamburger Träger führen. Dieser muss in Vorleistung treten und uns ein pädagogisches Feinkonzept vorlegen, das Antworten auf diese Fragen gibt und mit dem architektonischen Konzept übereinstimmt. Wenn wir so weit sind, dann berichte ich gern in den entsprechenden Gremien darüber, wie wir damit umgehen.
Sind Sie darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der Jugendhilfe ausschuss gern vor Beschlussfassung im Senat über das fachliche Konzept beraten möchte? Wenn ja, gedenken Sie, sich im Senat dann daran zu halten?
Ich war in der entsprechenden Sitzung des Jugendhilfeausschusses zugegen, und das ist auch die Aufgabe des Jugendhilfeausschusses, eine fachliche Beratung in dieser Form durchzuführen.
Können Sie be stätigen, dass auf dem Fachtag des Jugendhilfe ausschusses mit dem Thema „Schwere Jungs oder Schwerfälligkeit der Hilfesysteme“, der im September stattgefunden hat, Herr Professor Hilliger, Leiter des Brandenburger Jugendamtes und damit auch Mit verantwortlicher der Vorfälle in der „Haasenburg“ gesagt hat, dass es extrem hohe Anforderungen gibt und sehr enge Zielgruppen, die überhaupt für eine etwaige geschlossene Unterbringung geeignet sind?
Ich habe die Frage schon gestellt! Können Sie das bestätigen, und werden Sie das Konzept an diesen Anforderungen messen?
dann hätten Sie gehört, dass ich genau auf diesen Umstand hingewiesen habe, dass wir uns hier in ei nem sehr sensiblen Bereich befinden und deswegen sowohl pädagogisch als auch im Zusammenwirken von pädagogischen und räumlichen Voraussetzungen sehr sorgfältig arbeiten müssen und werden.
Eine letzte! Kön nen Sie des Weiteren bestätigen, dass Herr Rogoll aus Sicht der Justiz auf dem eben genannten Fachtag gesagt hat, dass aus seiner Sicht die geschlossene Einrichtung nicht mehr – er hat seine Meinung re vidiert – ein angemessenes Angebot wäre und auch die Zielgruppe, für die es überhaupt gedacht war, gar nicht so vorhanden war und selbst für diese Ziel gruppe, für die es diskutiert wurde, auch nicht die angemessene Unterbringungsform gewesen wäre? Können Sie das so bestätigen?
Ich glaube, es ist nicht die Funktion einer Fragestunde, dass wir uns gemeinsam darüber austauschen, was der Inhalt eines Fachtages ist,
(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, LKR – Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE]: Das scheinen ja nicht alle hier zu wissen!)
aber auch da möchte ich noch einmal auf das hinwei sen, was ich vorhin gesagt habe: Die Kritik aus dem Bereich der Jugendrichter bezog sich allgemein auf Alternativen, und ich habe die Einschätzung meines Hauses vorgetragen, nämlich dass wir bei der Frage von Alternativen zu einer Inhaftierung große Schritte nach vorn gemacht haben. Ich will das auch noch einmal ergänzen: Wir haben noch weitere Projekte in der Pipeline, sodass ich glaube, dass wir hier noch besser werden, mit oder ohne GU oder auch vor Fertigstellung einer entsprechenden Einrichtung.
Interfraktionell wurde zwischenzeitlich vereinbart, Tagesordnungspunkt 16 für diese Sitzung auszusetzen.
Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich Mitglieder des CDU-Kreisverbandes Bremerhaven und die beiden ehemaligen Abgeordneten Frau Tu czek und Herrn Pfahl.
Systematisches Versagen in der Bildungspolitik stoppen – „Sofortprogramm Bildung“ starten Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 29. November 2016 (Drucksache 19/852)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bildungssystem Bremens befindet sich – und das ist nichts Neues – in einer Krise, und zwar inzwischen in einer verfestig ten Krise. Es gibt fast keinen Tag, an dem Medien nicht darüber berichten, dass Kita- und Schulplätze fehlen, ausgebildetes Personal fehlt und Bremen regelmäßig bei allen Vergleichen das Schlusslicht ist. Zusammengefasst: Wir sagen inzwischen, dass man von einem systematischen Versagen Bremens in der Bildungspolitik sprechen muss. Ich will dies anhand einiger Beispiele näher ausführen.
In Bremen fehlen allein nach offiziellen Angaben 644 Betreuungsplätze im Bereich der Kindertages stätten, in Bremerhaven sind es 400 Plätze. Bei den offiziellen Zahlen muss man natürlich noch die inoffi ziellen Zahlen hinzurechnen, also die Kinder, die auf Wartelisten stehen, oder die Grundschulkinder, die am Nachmittag keinen Betreuungsplatz gefunden haben. Wenn man diese Zahlen zusammenrechnet, dann muss man in Bremen davon ausgehen, dass in Bremen zurzeit für circa 2 000 Kinder eine Kita- oder Hortbetreuung fehlt.
Für diese Kinder hat das Bildungsressort für das laufende Jahr jeden Versuch aufgegeben, eine Lö sung zu finden. Die Kinder und die Eltern werden im Augenblick alleingelassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es rächt sich jetzt die Ausbaupolitik im Kitabereich, die in den letzten Jahren ausschließlich den aktuellen Bedarf abgedeckt hat oder, wie es der Kollege Dr. Güldner hier anlässlich einer Auseinan dersetzung innerhalb der Koalition vor drei Jahren zusammenfasste: wir wissen, dass es die Bedarfe gibt, aber wir werden dort keine Kindertagesstätten einrichten, wo die Bedarfe nicht abgerufen werden.
Das sind natürlich die Stadtteile, in denen es am dringendsten nötig ist und in denen es im Augenblick keine Kitaplätze gibt, sodass die Kinder nicht betreut werden können, obwohl die Eltern Kitaplätze dringend benötigen, insbesondere dann, wenn sie auf Arbeits suche sind oder zum Beispiel auch Alleinerziehende.
Der Ausbau der Kitas wurde in abgehängten Stadttei len systematisch vernachlässigt, und diese Stadtteile stehen deshalb jetzt vor massiven Problemen. Die Notlage in der Kindertagesbetreuung trifft insbeson dere Blumenthal, Vegesack, Burglesum, aber auch Gröpelingen.
Bei dem Ausbau der Schulen sieht es zurzeit nicht besser aus. Der Senat verschläft auch hier den Punkt zum Handeln. Bereits zum kommenden Schuljahr werden in Gröpelingen 130 Kinder nicht versorgt sein. Der Senat ist offensichtlich – und das hat sich in dieser Woche herausgestellt – nicht in der Lage, eine Lösung zu präsentieren.
Ich muss an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass diese Situation nicht durch das Bildungsressort zu verantworten ist. Das Bildungsressort hat gehandelt, der zuständige Dezernent hat die Stadtteile bereist, und es ist eine Lösung gefunden worden. Der Senat hat am Dienstag allerdings nicht beschlossen. Das führt dazu, dass morgen eine Deputationssitzung stattfindet, in der wir die Kapazitätsverordnung für die ersten Klassen, die fünften Klassen und die Ober stufen nicht beschließen, obwohl direkt nach den Weihnachtsferien das Anmeldungsverfahren startet.
An dem Schulneubau für Gröpelingen kann es eigent lich keine Zweifel geben, denn die Zahlen wurden schon bis zum Jahr 2020/2021 prognostiziert. Der Staatsrat hat in der Bürgerschaftssitzung im Novem ber ausgeführt, dass in den kommenden Jahren vier bis fünf zusätzliche Klassen in Gröpelingen versorgt werden müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen sind danach die geburtenstarken Jahrgänge zu versorgen, und die sind hinzuzurechnen.
Ehrlich gesagt, ich war am Dienstag ziemlich fassungs los, als der Staatsrat in der Fragestunde auf meine Anfrage hin keine Lösung präsentieren konnte. Man konnte auch merken, dass es ihm dieses Mal sichtlich unangenehm war. Ich finde, es ist ein Unding, wenn der Senat insgesamt sagt, wir müssen den Bedarf einer Schule anhand der finanziellen Rahmenbedingungen ermitteln. Ich finde, das geht überhaupt nicht!