Protocol of the Session on December 15, 2016

Ich möchte Ihnen die Laune nicht verderben, keine Angst!

Ich kann mich noch gut an den Sanierungszeitraum in der Zeit der Großen Koalition von 1995 bis 2007 erinnern, Sie können davon ausgehen, dass ich auch für diesen Zeitraum Zahlen über das Wirtschafts wachstum, die Beschäftigungsentwicklung, die Ar beitslosenzahlen

(Zuruf Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü nen])

und die Verschuldung parat habe, Frau Dr. Schaefer.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, ich warte auf Ihre Antwort!)

Das ist ja fast wie bestellt!

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Und wie viel haben Sie davon getilgt?)

Ich gebe zu, Frau Dr. Schaefer, dass wir nicht so gut waren wie Ihre Finanzsenatorin. Wir haben in den zwölf Jahren mit unserer Regierungsbeteiligung nur gut vier Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen,

Ihre Finanzsenatorin bringt es auf sieben Milliarden Euro neuer Schulden. Ob das ein Erfolg oder Miss erfolg ist, werden am Ende die Menschen draußen entscheiden müssen, aber die Schuldenkönigin ist Ihre Finanzsenatorin, sehr geehrte Frau Dr. Schaefer!

(Beifall CDU, LKR – Zuruf Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen])

Das macht die Schulden nicht besser! Die CDUSchulden sind nicht besser als die Schulden von Frau Linnert. Ich sage nur, man muss nicht mit dem Zeigefinger auf andere zeigen. Ich kann mich an die Debatten in diesem Hause noch erinnern, in denen Frau Linnert für die Opposition erklärt hat, es sei ein Fehler, in unser Land zu investieren, wir hätten das ganze Geld in die Tilgung stecken müssen.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Meine Frage war, ob Sie in der Großen Koalition Schulden getilgt haben!)

Frau Linnert selbst will keinen einzigen Euro in die Tilgung stecken. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, auch bei den Grünen, sehr geehrte Frau Dr. Schaefer! So kann unser Land nicht weiter prosperieren.

(Beifall CDU, LKR)

Wie haben sich die Arbeitslosigkeit und die Beschäf tigung unter diesem Senat im Zeitraum von 2008 bis 2015 entwickelt? Die Beschäftigung ist im Bundesland Bremen wie im Bund auch um 6,8 Prozent gestiegen. Das ist eine gute Nachricht. Wir liegen also mitten im Bundestrend, und das finde ich gut. Ich sage aber auch, wir müssen ein bisschen aufpassen, weil wir gerade im letzten Jahr, nämlich im Jahr 2015, zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder einen Rückgang der Zahl der absolut Beschäftigten zu verzeichnen hatten. Damit will ich sagen, wir müssen auch in Zukunft – Wachstum ist kein Selbstzweck – dafür sorgen, dass das in unserem Land generierte Wachs tum bei den Menschen in Form von Arbeitsplätzen auch wirklich ankommt. Wir brauchen Wachstum und Beschäftigung für unser Bundesland, meine sehr verehrten Damen und Herren, und zwar auch in unserem eigenen Interesse, um den Menschen eine Perspektive zu geben, aber auch um unsere eigene Steuer- und Finanzkraft zu stärken,

(Abg. Frau Sprehe [SPD]: Deswegen Tilgung!)

müssen wir weiter auf ein Wachstum auch der Be schäftigung setzen.

(Beifall CDU)

Wie sieht es bei der Arbeitslosigkeit aus? Sehr ge ehrter Herr Bürgermeister Dr. Sieling, in den Jahren

von 2008 bis 2015 ist die Arbeitslosigkeit im Bund von 3,3 auf 2,8 Millionen gesunken, das sind rund 14,5 Prozent weniger Arbeitslose. Wie sieht es in unserem Land aus? Bei uns ist die Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum um 1,4 Prozent gestiegen. Deswegen sage ich, wir brauchen Wachstum, um Beschäftigung zu erzeugen, und wir müssen Beschäftigung erzeugen, aber in erster Linie doch auch, um den Bestand der Arbeitslosen, und hier insbesondere der Langzeitar beitslosen, abzubauen, ihnen menschliche Arbeitsver hältnisse und eine Perspektive zu bieten, an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Wir müssen dadurch auch unsere eigene Steuer- und Finanzkraft stärken, meine Damen und Herren. Es bleibt das vorrangige Ziel, ab dem Jahr 2020 auf Wachstum, Beschäftigung und Abbau der Arbeits losigkeit zu setzen. Das ist unsere Forderung als CDU-Bürgerschaftsfraktion.

(Beifall CDU – Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Wie soll das gehen? Wie soll das denn gehen?)

Jetzt brüllen Sie dazwischen: „Wie soll das gehen?“

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Brüllen überhaupt nicht!)

Es ist ganz einfach, man muss sich nur das anschau en, was das Grundgesetz in dem neuen Artikel 143 d vorsieht und wie es andere Länder machen. Herr Bürgermeister Dr. Sieling, Sie legen ja immer so viel Wert auf den Schulterschluss auch mit dem Saarland. Das finde ich gut, denn ich würde mir wünschen, dass unsere Sanierungspolitik genauso erfolgreich wäre wie die des Saarlandes. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie die Beschlüs se des Stabilitätsrates zu den Sanierungsverfahren nicht selbst gelesen haben, aber wenn Sie sich das einmal anschauen, dann stellen Sie zum Beispiel in der Bewertung durch den Stabilitätsrat, an dessen Sitzung unsere hochverehrte Finanzsenatorin ja auch teilgenommen hat, schon graduelle, nein, maßgebliche Unterschiede fest. Im Beschluss des Stabilitätsrates zum Sanierungs verfahren des Saarlands heißt es zum Beispiel – ich zitiere –: „Das Saarland hält an seinem bisherigen Sanierungskurs fest, den eine strikte Ausgabenbe grenzung kennzeichnet.“ Es heißt des Weiteren: „Die aktualisierte Sanierungsplanung sieht zwischen 2011 und 2016 einen jahresdurchschnittlichen Anstieg der Ausgaben um 0,8 Prozent vor, während die Einnah men jahresdurchschnittlich um 3,6 Prozent steigen.“ In dem gleichen Sanierungsbericht steht für unser Land Bremen ein Beleg für Ihre Haushalts- und Finanz politik, es heißt dort nämlich – Zitat –: „Unverändert besteht ein dringender Bedarf an nachhaltiger Kon solidierung.“ Meine Damen und Herren, ich sage es einmal so: Das ist ein blauer Brief XL. Warum ist das so? Sie haben es ja mit beschlossen, und Sie werden sich sicher etwas dabei gedacht haben.

(Bürgermeisterin Linnert: Ja, natürlich ich bin ja Mitglied in dem Gremium!)

Genau! In dem Bericht heißt es dann weiter: „Die aktualisierte Sanierungsplanung“ – als Vergleichszahl jetzt – „sieht für 2011 bis 2016 einen jahresdurch schnittlichen Zuwachs der Aufgaben um 3,3 Prozent vor.“ Also das Vierfache von dem, was für das Saarland ausgewiesen ist!. „Die Einnahmen steigen jahresdurch schnittlich um 4,5 Prozent.“ Also ein bisschen mehr als das Saarland. Meine Damen und Herren, wenn man unser Land sanieren will, dann geht es nicht – –.

(Bürgermeister Dr. Sieling: Ja, auch für die Flücht linge!)

Im Saarland leben auch Flüchtlinge, Herr Dr. Sieling! Im ganzen Land leben Flüchtlinge. Niedersachsen hat gerade einen Haushalt ohne Neuverschuldung und mit einer rot-grünen Regierung – es geht offensichtlich – aufgestellt. Schleswig-Holstein hat einen Haushalt ohne Neuverschuldung aufgestellt, Herr Dr. Sieling. Das einzige rot-grüne Bündnis in Deutschland, das die Sanierungspolitik nicht auf die Reihe bekommt, das ist unsere rot-grüne Regierung in Bremen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall CDU – Zurufe Abg. Gottschalk [SPD])

Herr Gottschalk, haben Sie es verstanden?

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, brauchen wir mehr als ein Eigenlob des Senats für seinen Verhandlungserfolg. Wir brauchen eine Pers pektive für unser Bundesland. Wir brauchen Wachs tum, wir brauchen Beschäftigung, wir brauchenden Abbau der Arbeitslosigkeit und der Schulden.

Deswegen sagen wir als CDU-Fraktion: Unser Weg ist, ab dem Jahr 2020mit den 400 Millionen Euro die Schulden zu tilgen. Wir werden darüber hinaus die weiteren 87 Millionen Euro, die aus der Neuvertei lung des Steueraufkommens nach Bremen fließen werden, frei einsetzen können. Wir werden ab dem ersten Jahr Zinsersparnisse auf die neuen Schulden von 400 Millionen Euro bei durchschnittlich zurzeit rund drei Prozent von zwölf Millionen Euro kumu lativ haben. Das heißt, in zehn Jahren werden aus den zwölf Millionen Euro des ersten Jahres schon 120 Millionen Euro, und im Jahr 2030 wird Bremen damit 200 Millionen Euro mehr ausgeben können als im Jahr 2019 und trotzdem 400 Millionen Euro zur Schuldentilgung verwenden können. Ich halte das für den richtigen Weg, aber anders als Sie, Herr Bürgermeister Dr. Sieling, glaube ich, dass in unse rem Land kein Streit darüber notwendig ist, wer den schönsten Blumenladen besitzt.

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Verständigung darüber notwendig, auf welche Weise wir ab dem Jahr 2030 den Weg des Schuldenabbaus, Wachstums und

Beschäftigungszuwachses gemeinsam gehen wollen. Das ist das, was die Menschen von uns erwarten. Sie erwarten weder übertriebenes Eigenlob noch überzogene Kritik. Notwendig ist ein gemeinsamer Plan, und deswegen biete ich ihn heute für die CDUFraktion an. Lassen Sie uns gemeinsam die Zeit bis zum 31. Dezem ber 2019 nutzen, um ein gesamtgesellschaftlich getra genes, unter den politischen Parteien verständigtes, im Wege eines ehrlichen Kompromisses gefundenes Sanierungsprogramm für unser Land zu finden. Ich sage Ihnen zu – unabhängig von dem Ausgang der Wahlen im Jahr 2019 –, dass sowohl die CDUFraktion, aber auch die CDU-Partei bereit sind, mit den anderen demokratischen Parteien im Lande Bremen, mit den Kammern und Verbänden einen gemeinsamen Weg zu suchen und zu finden, der unser Land auf den Sanierungszeitraum in der Weise vorbereitet, dass uns ein gemeinsamer Erfolg beim Abbau von Schulden, beim Wachsen unserer Stadt und der Gerechtigkeit für die Menschen, die in ihren beiden Städten leben, auch gelingt. Wir sind dazu bereit. – Vielen Dank!

(Starker Beifall CDU, LKR)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Bevor ich auf einige Dinge eingehe, die Herr Röwekamp eben dargestellt hat, lassen Sie mich vielleicht auch etwas zu den Ergeb nissen sagen, die am 8. Dezember erzielt worden sind. Ich möchte voranstellen, weil deutlich werden muss, dass diese Vereinbarung für Bremen eine Verpflich tung bedeutet. Es ist nicht so, dass über Bremen Wohltaten ausgeschüttet worden sind, sondern dass Bremen Verpflichtungen eingegangen ist. Diese Verpflichtungen lauten: Bremen muss die Schul denbremse einhalten, Bremen muss die übermäßige Verschuldung abbauen, und Bremen muss oder kann von den 400 Millionen Euro Mittel zur Stärkung seiner Wirtschafts- und Finanzkraft einsetzen. Das sind die Verpflichtungen, die Bremen eingegan gen ist, und genau das ist ja der Streitpunkt, über den eben auch geredet worden ist. Die Frage ist doch, wie die 400 Millionen Euro jetzt eingesetzt werden sollen. Wenn auf der einen Seite gesagt wird, dass wir weitere Programme und weitere Maßnahmen brauchen, um die Wirtschafts- und Finanzkraft zu stärken, um die Beschäftigung zu stärken und Ar beitslosigkeit abzubauen, gleichzeitig aber gesagt wird, dass wir eine höhere Investitionsrate brauchen, aber die 400 Millionen Euro, die dafür zur Verfügung stehen können, nicht genutzt werden können, dann ist das für mich ein unauflösbarer Widerspruch,

(Beifall SPD)

weil es bedeutet, dass man sich der Möglichkeiten, die man hat, nicht bedient.

Ich rede eindeutig nicht in dem Sinne – das habe ich bei der letzten Debatte auch schon getan –, dass wir die gesamten 400 Millionen Euro jetzt nicht auch aufwenden müssten, um einen Schuldenabbau zu betreiben, das können wir nach der Vereinbarung ja ohnehin schon nicht mehr, aber wir müssen ein Gleichgewicht finden. Wenn wir auf der einen Seite die Wirtschaftskraft stärken wollen, um auf der anderen Seite nachhaltig und langfristig einen Schuldenabbau betreiben zu können, dann gehe ich davon aus, dass wir in der Situation, in der wir uns heute befinden und wahrscheinlich auch im Jahr 2020 befinden werden, in einem größeren Maß Mittel zur Stärkung der Wirtschaftskraft einsetzen müssen, als die CDU es sagt; sie sagt ja heute, es sei nichts von diesen 400 Millionen Euro zu nehmen.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, ich finde auch, man kann ja mit Zahlen immer so wunderbar spielen und auch damit spielen, Politikfelder gegeneinander auszu spielen und solche Berechnungen zu machen. Na türlich kann man auch die Bildungspolitik und die Politik im Kita-Bereich der rot-grünen Koalition als Spielerei bezeichnen, wie es eben getan wurde, aber man kann das nicht mit dieser Frage über die 400 Millionen Euro machen. Sie sind doch auch alle lange genug im Parlament, um zu wissen, wie man Schwerpunkte setzt, und das heißt doch, wenn man Gelder im Bereich der Stärkung der Wirtschaftskraft einsetzen will, dass man dann von diesen 400 Millionen Euro zum Beispiel das Geld im Bereich von Bau und Wirtschaft einsetzen würde, also die Eckwerte, die man dort hat, aus einem anderen Topf füllen, damit man im Bereich Kinder und Bildung dann auch mehr Geld zur Verfügung hat. Das ist eine Scheindebatte, die hier geführt wird.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde auch – ich gebe Herrn Röwekamp durchaus recht –, dass Lobhudelei uns allen nichts nützen kann und uns insgesamt nicht weiter bringt. Es bringt uns im Übrigen aber auch nicht weiter, hier Lobhudelei für den Bund zu betreiben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Allerdings akzeptiere ich sehr wohl, dass der Bund anerkannt hat, dass es hier darum geht, den Födera lismus in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern. Das ist eine Leistung, die er erbracht hat, und davor habe ich auch Respekt.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist und bleibt natürlich ein Kernthema, wie mit den Altschulden umgegangen wird. Ich mache keinen Hehl daraus zu sagen, dass ich nach wie vor nicht zufrieden bin mit dem, was dabei herausgekommen ist, und ich glaube auch nach wie vor, dass uns die ses Thema in der Bundesrepublik insgesamt noch einmal einholen wird und nicht vom Tisch ist. Im Augenblick sind wir aber in der Situation, dass wir mit dem umgehen müssen, was wir haben, und zwar abgewogen, nämlich Schuldenabbau einerseits und Stärkung der Wirtschaftskraft andererseits. Ich freue mich darüber, dass wir einen verlässlichen Rahmen bekommen werden, der Grundgesetzqualität haben wird, und das ist für Bremen, für den Födera lismus, ein großer Erfolg, weil er unsere rechtliche Position auch in Zukunft unabhängig von der jetzt gefundenen Regelung sichern wird. Ich glaube, dass die Verhandlungen, die geführt worden sind, selbstverständlich mit dem Auftakt vom 14. Oktober, so geführt werden mussten, dass zunächst einmal tatsächlich die Maximalpositionen gegeneinanderstehen. Keiner konnte erwarten, dass jeder diese Positionen durchsetzen können wird, und es macht auch keinen Sinn, dem Bürgermeister jetzt vorzuwerfen, er hätte sich dort nicht durchgesetzt, denn das würde ja bedeuten, wenn ein Verhandlungs partner eine Forderung aufstellt, dass man meint, das auch durchsetzen zu können. So laufen politische Prozesse aber ja nicht ab. Wer das hier behauptet, macht im Grunde genommen nichts anderes als eine Vernebelung dessen, wie Politik tatsächlich abläuft.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Man sucht den Kompromiss, und der Kompromiss, der gefunden worden ist, sichert die Handlungsfä higkeit und die Selbstständigkeit des Bundeslandes Bremen in seinen beiden Kommunen. Er ist ein gutes Ergebnis für Bremen, auf dem wir aufbauen können und müssen. Dabei möchte ich es zunächst einmal belassen. – Vielen Dank!

(Beifall SPD)