Protocol of the Session on November 10, 2016

Gemäß § 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 19/680, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Herr Senator Mäurer, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU nicht mündlich wiederholen möchten.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürger schaft in Fraktionsstärke verlangen.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll.

Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Das Wort hat der Abgeordnete Hinners.

Wir sind auf Ihre Ausführungen gespannt.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier in der

Bürgerschaft häufiger die problematische Sicher heitslage im Land Bremen, insbesondere in einigen Stadtteilen, und die Gewalt- und Einbruchskriminali tät, aber auch, und zwar wie heute, die Terrorgefahr beraten.

Die CDU-Fraktion hat die Terrorgefahr zum Anlass genommen, zum Zustand und zur Entwicklung der Polizei in Bremen die vorliegende Große Anfrage an den Senat zu richten, denn, meine Damen und Her ren, für uns ist seit Längerem klar, dass die Anzahl der Polizeibeamten sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven nicht ausreicht, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ausreichend zu gewähr leisten. Das haben wir in der Bürgerschaft häufig thematisiert.

Meine Damen und Herren, die Bürgerschaft hat zwar beschlossen, die Anzahl der Mitarbeiter bei der Polizei Bremen auf 2 600 zu erhöhen, wie sieht es aber tatsächlich aus? Mit Stand vom Juni 2016, das ist der Sachstand der Senatsantwort, waren bei der Polizei 2 440 Mitarbeiter und in Bremerhaven 484 Mitarbeiter beschäftigt. Ich habe das einmal auf die Zahl der Beamten pro Einwohner umgerechnet, und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass in Bremen ein Beamter für 230 Einwohner zuständig ist und in Bremerhaven für 227 Einwohner. Ein Vergleich zu Hamburg: In Hamburg ist ein Beamter für 180 Ein wohner zuständig.

Bei der Betrachtung zwischen Bremen und Bremer haven muss berücksichtigt werden, dass von der Polizei Bremen Landesaufgaben für die Polizei Bre merhaven übernommen werden, wie zum Beispiel vom Landeskriminalamt oder der Bereitschaft- und der Wasserschutzpolizei.

Aus der Antwort des Senats vom 8. Juli 2016 geht hervor, dass erst im Jahr 2020 die Anzahl von 2 600 Mitarbeiter für Bremen erreicht werden kann. Meine Herren – es sind ja auch viele Damen da –,

(Abg. Frau Neumeyer [CDU]: Dass dir das einmal auffällt!)

meine Damen und Herren, aber nur dann, wenn 40,5 Stellen aus Mehreinnahmen refinanziert, 26 Stellen aus dem Flüchtlingskonzept und 40 Stellen aus dem Integrationskonzept finanziert werden kön nen. Notwendig ist weiterhin die Übernahme von zehn Mitarbeitern von der GeNo. Wir von der CDU stellen fest: Das ist realistisch betrachtet eine höchst unsichere Prognose!

Meine Damen und Herren, für uns als CDU-Fraktion ist das ein ungedeckter Scheck und damit ein unse riöses Vorhaben, mit dem der Senat versucht, den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, dass die Anzahl der Mitarbeiter bei der Polizei Bremen auf 2 600 erhöht werden wird. Diese Einschätzung wird auch dadurch bestätigt, dass der Senat in der Antwort auf die Frage drei der Großen Anfrage mitteilt, dass

die Einstellungszahlen für die Jahre 2017 bis 2020 noch nicht bekannt seien und unter dem Vorbehalt der Haushaltsplanung stünden. Insofern widerspricht sich der Senat in der Antwort auf die Frage fünf, wo es wörtlich heißt – ich zitiere –: „Die bisherigen Ein stellungsentscheidungen in den Bereichen Vollzug und Nichtvollzug werden dazu führen, dass diese Zielzahl in den nächsten Jahren auch tatsächlich erreicht wird.“ Gleichzeitig – ich wiederhole es noch einmal – wird in der Antwort auf die Frage drei aus geführt, dass es noch gar nicht bekannt sei, wie viele Beamte ab 2017 eingestellt werden könnten.

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion ist angesichts des unseriösen Finanzierungskonzeptes des Senats, insbesondere auch unter Berücksichti gung der Kritik des Stabilitätsrates hinsichtlich der Überschreitung der Verschuldungsgrenze schon im laufenden Haushalt, völlig unklar, wie der Senat das wichtige Ziel der 2 600 Mitarbeiter für die Polizei Bremen erreichen will.

In Bremerhaven, meine Damen und Herren, sieht es nicht viel besser aus. Gegenwärtig gibt es dort 424 Polizeivollzugsbeamte und 60 Mitarbeiter im Nicht vollzug, zusammen also 484. Die Anzahl soll sich nach den Angaben des Senats auf die Frage zwei bis zum Jahr 2020 auf insgesamt 460 Beschäftigte sogar verringern. Für die CDU-Fraktion ist das angesichts der Kriminalitätslage und der Entwicklung in Bre merhaven absolut nicht nachvollziehbar,

(Beifall CDU)

denn dort werden auch aufgrund der Entwicklung der Kriminalitätslage ab 2020 mindestens 500 Be schäftigte benötigt.

In der Antwort auf die Große Anfrage weist der Senat darauf hin, welche Schwerpunkte in Zukunft in Bremen und Bremerhaven von der Polizei wahr genommen werden sollen, ohne allerdings darauf einzugehen, welche personellen Ressourcen dafür zusätzlich erforderlich sind beziehungsweise welche Aufgaben stattdessen zukünftig nicht mehr wahrge nommen werden können.

Sie wissen, auch das ist bereits in der Vergangen heit in der Bürgerschaft diskutiert worden, dass für die Polizei Bremen eine Strukturreform eingeleitet worden ist. Der Senator für Inneres möchte – das ist wahrscheinlich gar nicht mehr einzuhalten – bis Ende des Jahres Ergebnisse vorlegen. Wir von der CDU-Fraktion werden sehr kritisch darauf schauen, wie diese Ergebnisse aussehen, denn für uns ist völlig klar, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt und im Land, damit natürlich auch in Bremerhaven, absoluten Vorrang hat.

Eine Zentralisierung von Aufgaben – es gibt ja Anzei chen dafür, dass es in dieser Strukturreform zu einer Zentralisierung kommen könnte – kann natürlich auch dazu führen, dass in der Fläche weniger Polizei zur

Verfügung steht. Sollte das der Fall sein, erwarten wir natürlich vom Senator für Inneres, dass die Beiräte eingebunden und über die Vor- und Nachteile der Strukturreform informiert werden.

(Beifall CDU)

Ferner ist in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen worden, und zwar auch in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage, dass die Kooperation zwischen der Polizei in Bremen und in Bremerhaven verbessert werden soll. Das ist auch ein Dauerthema. Es ist sicherlich sinnvoll, ohne Frage, aber auch hier muss erst abgewartet werden, zu welchen Ergebnissen der Senat am Ende kommen wird.

Die CDU-Fraktion erwartet vom Senat, hier insbe sondere vom Senator für Inneres, die Polizeien in Bremen und Bremerhaven endlich zu befähigen, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Land Bremen ausreichend zu gewährleisten. – Vielen herz lichen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache es heute relativ kurz. Die Mitteilung des Senats verschafft uns einen sehr guten Überblick über die nackten Zahlen bei den Polizeibehörden im Land Bremen. Es handelt sich um eine technische Beantwortung technischer Fragestellungen. Man kann den Zahlen entnehmen, dass nur eine vergleichsweise langsame Steigerung für die nächsten Jahre zu erwarten ist.

Die Zielzahl von 2 600 wird erst im Jahr 2020 erreicht, das hat mein Kollege Hinners schon angeführt. Das finde ich nicht weniger bedauerlich als wahrscheinlich auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition, trotzdem lässt sich ein positiver Trend ablesen. Im Vergleich mag das ein kleiner Trost sein, tatsächlich freue ich mich aber über jede zusätzliche Polizistin und jeden zusätzlichen Polizisten in Bremen und Bremerhaven.

(Beifall SPD)

Wir müssen sehr genau darauf achten – da bin ich an Ihrer Seite –, dass wir die Zielzahl erreichen. Das, sehr geehrter Herr Hinners, sage ich Ihnen für die SPD-Fraktion zu, denn es ergibt gar keinen Sinn, irgendwelche Reformen durchzuführen, wenn wir im Jahr 2020 nicht genau diese Zielzahl erreichen. Genau darauf baut diese Polizeireform auf. Ich glaube, es kann nichts Schlimmeres passieren – der Fehler ist bereits im Jahr 2005 gemacht worden –, als eine Re form mit dem Ergebnis umzusetzen, ohne die Zielzahl

zu erreichen. Sie werden uns an Ihrer Seite haben, wenn es darum geht, sich in jedem Jahr die Zielzahl anzusehen. Nur durch eine hohe Einstellungszahl können wir am Ende diese Zielzahl erreichen.

Ich muss es noch einmal sagen: Es ist mir eigentlich ziemlich egal, wie wir die Finanzierung gestalten, die Hauptsache ist, es sind im Jahr 2020 2 600 aus finanzierte Stellen für Polizistinnen und Polizisten vorhanden! Ich glaube, das ist wichtig für uns, damit wir diese Reform zum Erfolg führen und es am Ende im Jahr 2020 mit 2 600 Polizisten zu einem guten Start kommt.

(Beifall SPD)

Sie haben eben auf die Polizeireform hingewiesen. Ich glaube, ich muss nicht mehr viel ergänzen. Wir beraten im Augenblick in den Begleitausschüssen. Es haben bereits zwei Treffen stattgefunden, am 6. Dezember ist das nächste Treffen, und dann werden uns wieder neue Erkenntnisse aus den Teilprojekten der Polizei Bremen mitgeteilt werden. Ich bin darauf sehr gespannt, welche neuen Diskussionsbedarfe und Diskussionsgrundlagen uns die Polizei nennt, denn machen wir uns nichts vor: Am Ende wird die eigentlich alles entscheidende Frage sein, wie die Polizei durch die Reform in den Regionen aussieht.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ergänzen: Die Polizei Bremen und natürlich auch die Polizei in Bremerhaven müssen an die modernen Verhältnisse einer Großstadt angepasst werden. Hier gibt es einen Gestaltungsspielraum, den wir zum Po sitiven nutzen können und sollten. Die Gelegenheit, als Abgeordnete dieses Hauses daran konstruktiv – ich betone: konstruktiv! – mitarbeiten zu können, empfinde ich als eine große Chance, auf die ich mich sehr freue. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Remkes.

Verehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir unterstützen die Große Anfrage der CDU vom 15. Juni 2016 vorbehaltlos. Die Ausführungen des Senats haben wir sehr aufmerksam gelesen, allein, uns fehlt der Glaube! Schöne Worte, tolle Versprechen, mit Zahlen unterlegt, die Zielsetzung wird aber wieder einmal verfehlt, adäquate Einstellungen werden nicht folgen. Es wird nicht reichen, nur für die Kriminellen ist es, bleibt es und wird es ein Fest werden.

Um es vorweg zu sagen, die Polizei ist für viele Bür ger sogar das Gesicht der inneren Sicherheit eines Landes, vor allem in einem Stadtstaat wie Bremen, in dem alles auf engstem Raum geschieht. Die Polizei zu schwächen – und das haben Sie laufend getan –

heißt, beim Bürger ein Gefühl der Unsicherheit bis hin zur Angst zu wecken, vor allem bei Frauen und älteren Menschen.

Sie sprechen von den Kernaufgaben der Polizei. Gibt es ein Papier diesbezüglich, eine Studie, Erläuterungen dazu? Uns interessiert eine Analyse des Ist-Zustands und nicht „Wir müssen!“, „Wir sollten!“ und „Wir werden!“. Im Grunde können wir jetzt alles Mög liche beschließen, am nächsten Tag wird, ohne das Parlament zu fragen, sowieso alles anders gemacht.

Sie ziehen Beamte von A ab und setzen sie bei B ein. Plötzlich heißt es, die Kapazitäten der Polizei würden durch die unbegleiteten Jugendlichen blockiert. Bremer Bürger hören in der Nacht durchgängig das Martinshorn der Polizei, in der Zeitung steht nichts. Zwischen veröffentlichter Statistik und erlebter Wirk lichkeit klafft eine riesige Lücke, eine Lücke, die Vertrauen zerstört.

Die Bewohner Bremens glauben Ihren Ausführungen nicht mehr. Das Einzige, was wir bisher konkret gehört haben, ist der Zusammenhang mit den Austragungen von Fußballspielen, die bis jetzt zum Teil wegen der Ausschreitungen mit Polizeihundertschaften beglei tet werden. Übrigens: Ist eigentlich die ausgestellte Rechnung vom DFB bezahlt worden, oder war das nur ein Wahlkampfgag?

(Abg. Senkal [SPD]: Ist doch Quatsch!)

Der Senat will bis zum Jahr 2020 die Polizei auf 2 600 Stellen aufstocken. Ich garantiere Ihnen, wir werden im Wahlkampfjahr 2018/2019 in diesem Hause die gleichen Debatten führen, und Sie werden wieder Ihre Statistiken ausbreiten, und es wird wieder nicht ausreichen!

Sie handeln kurzsichtig, ohne Umsicht und ohne Rücksicht auf die Bürger. Sie haben die Eignungs testkriterien für die Aufnahme in den Polizeidienst gesenkt. Sie haben das Image der Polizeiarbeit nach haltig beschädigt. Sie haben die Prävention außer Acht gelassen. Wie ist es sonst zu verstehen, dass nur ein Beamter für die organisierte Kriminalität der Clanfamilien zuständig ist?