Protocol of the Session on September 22, 2016

und Gründerinnenkultur in Bremen haben. Das ist einfach falsch!

(Abg. Frau Steiner [FDP]: Blödsinn! Das ist doch Quatsch!)

Nein, das steht da! Wenn man das liest, dann will man es herstellen, und wenn man es herstellen will, wird suggeriert, dass man es nicht hat. Insofern möchte ich – das habe ich in meinem ersten Beitrag schon an gekündigt – die bestehenden Angebote wie B.E.G.IN, Neusta oder weserwork würdigen. Dabei möchte ich nur die laufende Woche in Ihr Bewusstsein rücken. Heute ist in Bremen im Excellerator der SWB eine Open Pitch Night. Gestern war zu lesen, dass Merce des Benz Bremen und SWB Smart Tech Trophy 2016 ausrichten. Mit Mercedes Benz und SWB sind zwei der größten Arbeitgeber in der Region gemeinsam aktiv, um neuen Geschäftsideen rund um die Stadt der Zukunft Starthilfe zu geben. Ebenfalls war gestern zu lesen, dass das Bremische Startup-Unternehmen Sensosurf den bundesweiten Gründerwettbewerb Weconomy gewinnt. Ebenso war gestern über einen virtuellen Flug über Mars und Mond zu lesen. Eine neue Anwendung namens Bennet-Server sei in der Jacobs University konzipiert worden. Vorgestern stand ein großer Artikel in unserer regionalen Zeitung, in dem auf die „Höhle der Löwen“ hingewiesen wurde.

(Abg. Frau Steiner [FDP]: Immer diese Fernsehshow! Oh Mannomann!)

Papa Türk und Reishunger wurden als zwei Unter nehmen dargestellt, die in Bremen erfolgreich die Gründerinnen- und Gründerszene durchlebt haben.

(Beifall bei der SPD)

Gleiches gilt für Toby Rich oder Mexican Tears, die alle das Brutprogramm Bremens durchlaufen haben. In einem Fall gibt es sogar noch ein Mikrodarlehen, in einem weiteren Fall eine offene Unternehmens beteiligung, und in einem weiteren Fall liegt ein Antrag auf Landesinvestitionsförderung vor. Die vier Unternehmen waren in der „Höhle der Löwen“ und waren alle erfolgreich. Das sind mehr als fünf Prozent der Unternehmen, die sich dort dargestellt haben. Fünf Prozent ist doch eine gute Quote.

(Beifall SPD)

Vorgestern war zehnjähriges Bestehen von Bella donna, Gründerinnen- und Gründerkultur. Darauf gehen Sie in Ihren Anträgen gar nicht ein. Das müssen Sie doch auch einmal sehen. Oder nehmen wir den Artikel von heute, den Sie zitiert haben: Veranstal tungsreihe „Waschecht für Bremer Startup-Szene beleben und Ideen von Anfang an unterstützen“. Ich finde das Super.

Bremen ist ein sehr spannendes Pflaster, sagt Pa panouskas, der Geschäftsführer und Gründer der Hamburger Agentur Assassin Design. Ich habe das Gefühl, dass viele interessiert sind, aber dass es für sie noch nicht genügend Bühnen gibt. Eine weitere Bühne finde ich toll. Ich begrüße immer mehr Bühnen und immer mehr Aktivitäten. Selbst der Wirtschaftsrat Deutschland – zumindest ist bei mir diese Woche eine Einladung eingegangen – macht am 29. September eine Veranstaltung und fragt: Wie gründerfreundlich ist eigentlich Bremen? Ich kann nur empfehlen: Gehen Sie dieses Thema positiv an, denn wir haben eine super Gründerkultur.

(Beifall SPD)

Wir müssen darauf aufbauen. Wir müssen Mut ma chen, wir müssen Perspektiven aufzeigen, und wir müssen dazu beitragen, dass es diese Kultur gibt, und nicht über irgendwelche fadenscheinigen oder parteipolitisch motivierten Anträge diskutieren.

(Beifall SPD)

Meine Meinung ist ganz klar: Wir brauchen kein Startup-Culture-House, wie es die FDP fordert. Wir brauchen kein Gründerzentrum im Grünen im Techno logiepark, wie die CDU es fordert, wenn – ich mache eine Einschränkung – es keine privaten Initiatoren gibt, die das machen,

(Beifall bei der SPD)

wie zum Beispiel beim Betahouse in Hamburg, in Barcelona und in Berlin – in Köln ist es übrigens Pleite gegangen – oder wie zum Beispiel in der Fabrik in Berlin. Ich finde das super. Frau Steiner, wenn Sie sagen, Sie gründen hier demnächst ein StartupCulture-House, dann haben Sie mich an Ihrer Seite.

(Beifall bei der SPD)

Das unterstütze ich, das finde ich total super. Die Initiative muss aber von Privaten ausgehen.

(Glocke)

Ich möchte es am Ende meiner Rede noch einmal sagen dürfen, Herr Präsident! – Wir müssen die gu ten bestehenden Strukturen noch besser vernetzen, vermarkten und würdigen. Nur so geht es. Es muss eine positiver Kultur entstehen, ein positives Klima, sonst bewirken wir das Gegenteil.

Ich mache ein Angebot an alle Fraktionen in diesem Haus. Die SPD-Fraktion hat eine Kleine Anfrage eingereicht und versucht gerade, ganz fundiert he rausarbeiten zu lassen, wie die Gründerszene hier im Moment ausschaut. Lassen Sie uns das bitte zur

Grundlage nehmen und vom gesamten Haus einen gemeinsamen Antrag einbringen, den wir gemeinsam beschließen. Lassen Sie uns gemeinsam vorangehen und das tun, was notwendig ist, um die Situation noch besser zu machen, als sie heute schon ist! – Vielen Dank!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kottisch, es ist natürlich erlaubt, Erfolge zu benennen. Aber es darf einem nicht den Blick dafür verstellen, ob es besser oder schlechter wird und ob es Schwierigkeiten gibt. Des halb werbe ich noch einmal dafür, dass wir genau hinschauen: Warum kann B.E.G.IN nicht sagen, ob die Beratungen, die durchgeführt wurden, Erfolg hatten? Warum können sie nicht sagen, ob es diese Unternehmen noch gibt? Das ist eine ganz einfache Maßnahme, und dort fange ich an zu denken: Das muss man zum Beispiel als Erstes ändern.

Zweitens. Ja, wir haben jetzt Wagniskapital im Rah men von EFRE beschlossen. Nun läuft aber die För derperiode schon den einen oder anderen Tag länger, und wir müssen zusehen, dass wir dieses Mittel an den Start bekommen und prüfen, welche Hürden es gibt, um an dieses Geld zu kommen. Das ist unsere Aufgabe. Es ist meines Erachtens die Pflicht der De putation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, und es ist die Pflicht des Wirtschaftssenators und unsere Pflicht als Parlamentarierinnen und Parlamentarier, zu über legen, wie wir durch staatlichen Eingriff Gründungen erleichtern und Hemmnisse beseitigen können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Zu dieser Frage habe ich mir einmal die verschie densten Vorschläge seitens der FDP angeschaut, insbesondere die Aspekte „Bürokratiefreies Jahr für Existenzgründer, Abschaffung der Mindestlohndo kumentationspflicht, monatliche Umsatzsteuervoran meldungspflicht soll ausgesetzt werden“. Ich halte das für den falschen Weg. Wenn ein Unternehmen mit vergleichsweise einfachen buchhalterischen und steuerlichen Verfahren Probleme hat, dann löst man diese nicht, indem man sie davon befreit, sondern indem man sie dafür qualifiziert.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb sind diese Vorschläge meines Erachtens falsch. Wir müssen darüber nachdenken: Ist an der einen oder anderen Stelle die Zumutung zu groß? Ich meine, nein. Ich weiß aber auch, dass ein einigerma ßen versierter Steuerberater einem Unternehmen

enorm helfen kann. Dort liegt unter Umständen der Hase im Pfeffer. Dort muss man schauen, wenn es Probleme gibt.

Den Vorschlag, das Wagniskapital steuerlich zu be günstigen, kann man überlegen. Es sind auch Vor schläge enthalten, dass Verlustvorträge von Exis tenzgründerinnen und Existenzgründern bei einem Eigentümerwechsel weitergeführt werden. In diesen beiden Bereichen können wir gern einmal genau hin schauen, welche Wirkung das eigentlich hat. Solche Gesetze sind jetzt, glaube ich, gerade in Vorbereitung, insbesondere zum Verlustvortrag, also dass der Ver lust, den ein Unternehmen in einem Jahr gemacht hat, wenn es zu einem Eigentümer- beziehungsweise Beteiligungswechsel kommt, weitergeführt werden soll. Bislang ist es offensichtlich nicht so.

Welche Wirkung hat es, wenn wir das machen? Unter Umständen basteln wir damit das nächste Steuerschlupfloch und einen Markt für solche Ver lustvorträge, wo sich Unternehmen gezielt in einen Existenzgründer, der einen Verlustvortrag hat, ein kaufen und anschließend wieder verkaufen. Hier müssen wir vorsichtig sein, deshalb werde ich diese Anträge nicht unterschreiben.

(Beifall DIE LINKE)

Wir müssen genau hinschauen, ob wir dadurch nicht wieder Dinge schaffen, die uns hinterher auf die Füße fallen. Ich bin überzeugt davon, dass man schauen muss: Gibt es eine Möglichkeit, wie wir in Bremen irgendeine Form von Startup- oder Gründer-Center unterstützen? Ob dafür der Lloydhof die richtige Adresse ist, muss man prüfen. Ich halte es für einen guten Ansatz, was dort getan wird. Ob man etwas Zusätzliches braucht, muss man genau prüfen, denn ein solches Gründerzentrum ist eben keine Beratungs stelle. Dort soll gearbeitet werden – mit verschiedenen Firmen und Disziplinen unterschiedlicher Art, und dort soll eine Form von Kreativität und Netzwerk entstehen, die es ohne ein solches Haus nicht geben würde. Deshalb hat so eine Idee durchaus Charme. Die Frage ist: Können und müssen wir das in Bremen unterstützen?

Was mir in diesem Zusammenhang schleierhaft ist, ist die Tatsache, dass wir auf der einen Seite mit Forderungen, insbesondere von der FDP, konfron tiert werden, was Bremen alles machen müsse, aber gleichzeitig die Mittel für die Wirtschaftsförderung in einem Haushaltsantrag halbiert werden. Das passt für mich irgendwie nicht ganz zusammen.

(Beifall DIE LINKE)

Drittens sind auch Forderungen enthalten – ich glau be, bei der CDU –, dass Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer in irgendeiner Weise Studentinnen und Studenten drängen sollen, Gründerinnen und Gründer zu werden. Das heißt, es sollen Zielzahlen

vereinbart werden. Mal im Ernst: Ich habe noch Erfahrungen mit einem Deutschland in Erinnerung, in dem man solche Dinge großartig vorangebracht hat. Wie soll zum Beispiel ein Germanistikprofes sor oder ein Soziologieprofessor solche Zielzahlen verwirklichen? Professorinnen und Professoren zu drängen, dass sie Studentinnen und Studenten in Gründungszusammenhänge schicken, halte ich für eine sehr abenteuerliche Idee.

(Beifall DIE LINKE)

An dieser Stelle ist eine Zielzahl völlig falsch. Des halb werden wir beide Anträge zunächst ablehnen. Ich hoffe aber, ich habe deutlich gemacht, dass es Einigkeit über das Ansinnen gibt, dass wir gemein sam über diese Frage nachdenken und auch einmal jenseits von Parteipolitik schauen müssen: Was gibt es eigentlich in Bremen, und was ist notwendig zu tun? Wir sollten das Angebot des Kollegen Kottisch aufnehmen und sagen: Wir setzen uns einmal hin und schauen, was jetzt zu tun ist. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Steiner.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich möchte auch auf die verschiedenen Wortbeiträge eingehen. Zunächst einmal zu Herrn Rupp: Ich finde, es ist eine gute Idee – darauf sind Sie ebenfalls eingegangen –, Gründern Zuschüsse zu gewähren. Das würden wir unterstüt zen, denn das Darlehen allein reicht offensichtlich nicht aus, um es attraktiv zu gestalten.

Ehrlich gesagt, nerven mich Ihre Angriffe wegen der Fernsehshow. Allen Ernstes: Das Ding hat einen langen Bart. Das tun Sie jedes Mal, und es geht mir tierisch auf die Nerven, denn Fakt ist: Diese Show schauen jede Woche über 2,5 Millionen Menschen. Dann haben Sie doch die Größe, diesen Erfolg einfach einmal anzuerkennen. Das zeichnet echte und gute Unternehmer auch aus.

(Beifall FDP)

Fakt ist, dass diese Show – Andreas Kottisch hat sie eben genannt – sehr viele tolle Bremer Unternehmer präsentiert hat: Mexican Tears, Bread Broth, Toby Rich, Papa Türk, TopDog und Freigeist. Sie sind auch bekannt geworden, weil sie diese Plattform hatten, und auch das war ein Erfolgskriterium. Fakt ist, dies bietet eine unheimlich große Chance, das Thema Existenzgründung in Deutschland bekannt zu machen.

Zu Herrn Fecker! Ich möchte mich bedanken. Ich finde es gut, dass Sie das Thema Scheitern als Chance aufgenommen haben, das finde ich super. Das haben

wir in unserem Beitrag nicht getan. Ich glaube, das ist ein entscheidender Beitrag, und es bedarf eines gesellschaftlichen Wandels, dass wir in Deutschland eine bessere Gründerkultur haben. Ich denke, gerade im traditionsreichen Bremen wird Scheitern noch viel härter bewertet als in manch einer anderen Region in Deutschland.

(Beifall FDP)

Zu Frau Bergmann! Ich finde es schade, dass Sie unseren Antrag ablehnen. Im Endeffekt gibt es sehr viele Überschneidungen. Es wäre schön, ein klares Bekenntnis pro Gründerkultur abzugeben. Das hätten wir uns gewünscht.