Protocol of the Session on August 25, 2016

Mangelhafte Kontrolle der Millionensubvention für die Jacobs University Bremen Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 27. April 2016 (Neufassung der Drucksache 19/401 vom 25. April 2016) (Drucksache 19/410) Dazu Mitteilung des Senats vom 14. Juni 2016 (Drucksache 19/645) Wir verbinden hiermit: Sanierungsziele der Jacobs University effektiv kontrollieren Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 22. August 2016 (Drucksache 19/702) Dazu Änderungsantrag der Fraktion der FDP vom 24. August 2016 (Drucksache 19/714)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Siering.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 19/645, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Herr Staatsrat Siering, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürger schaft in Fraktionsstärke verlangen.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll.

Das ist der Fall.

Die gemeinsame Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben beantragt, dass die Subven tionen, die Zuschüsse, die Bremen an die Jacobs University bezahlt, und in diesem Zusammenhang auch der sogenannte trilaterale Vertrag aus dem Jahr 2013, besser kontrolliert werden, weil wir uns der Ansicht des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen angeschlossen haben, dass diese Kontrolle

bisher nicht in ausreichendem Maße stattgefunden hat. Ich empfehle dazu einen Blick in den Bericht des Rechnungshofs aus dem Jahr 2015, in dem aus geführt wird, woran der Rechnungshof das feststellt, unter anderem an der Tatsache, dass die dafür vor gesehene Stelle über Zeiten nicht besetzt war. Wenn also niemand da ist, der kontrolliert, dann kann man davon ausgehen, dass keine vernünftige Kontrolle stattfindet.

In diesem Zusammenhang wollen wir erstens diese Kontrolle verdichten, zweitens die parlamentarischen Gremien darin mit einbeziehen, da wir die Meinung vertreten, dass diese Kontrolle transparent gemacht werden muss. Ich werde im Folgenden begründen, warum wir uns nicht nur der Kritik des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen anschließen, sondern auch, weshalb wir Zweifel daran haben, dass das Ziel des sogenannten trilateralen Vertrags, nämlich eine betriebswirtschaftliche Sanierung der Jacobs University, in den nächsten zwei Jahren nur schwer oder gar nicht zu erreichen ist.

Wir blicken zurück. Seit die Jacobs University besteht, ist das Geschäftsmodell, einen privaten Kapitalstock zu haben und von den Zinsen den laufenden Betrieb zu finanzieren, zu keinem Zeitpunkt aufgegangen. Im Jahr 2013 war dann ein Punkt erreicht, an dem die Kritik an dieser Form von Unzulänglichkeit auch dieses Parlament erreicht hat. Dieses Parlament hat erkannt, wenn man jedes Jahr circa 50 Millionen Euro ausgibt und nur 30 Millionen Euro einnimmt, dass das auf die Dauer nicht gut gehen kann. Es verzehrt den Kapitalstock, macht Zuschüsse nötig, und es gibt dann eben keine vernünftige wirtschaftliche Situation für diese Universität.

Dann hat man gesagt, in Ordnung, da muss etwas geschehen. Dieser Ansicht hat sich unter anderem die Stiftung der Jacobs University angeschlossen und auch die Jacobs University selbst. Es wurde ein Vertrag geschlossen zwischen Bremen, der Stiftung der Jacobs University und der Jacobs University, mit dem man eine sogenannte Sanierungsvereinbarung getroffen und Ziele verabredet hat, wie man dann diesen Missstand, dass man eigentlich jedes Jahr circa 20 Millionen Euro Zuschüsse braucht, ändern will.

Es wurde auch ein klares Ziel festgelegt, dass im Jahr 2018, also in ungefähr knapp zwei Jahren, die Jacobs University mit ungefähr neun oder zehn Mil lionen Euro, je nachdem, wie der Schweizer Franken gerade steht, an Zuschüssen auskommen muss. Das heißt, man musste vom Jahr 2013 bis zum Jahr 2020 ein Defizit von 20 Millionen Euro auf zehn Millionen Euro reduzieren.

Jetzt hat man dazu gesagt, okay, wir reduzieren das Personal, wir erhöhen die Anzahl der Studentinnen und Studenten, und wir verringern die Anzahl von Rabatten auf Studiengebühren, und somit werden wir eine finanzielle Sanierung organisieren. Das erste Ziel, die Anzahl der Beschäftigten, insbesondere der

Professoren, die zu Beginn einmal bei eins zu zehn lag, also ein Professor auf zehn Studenten, hat man jetzt auf einen Professor für 16 Studenten geändert, was immer noch eine bessere Quote als im Kindergarten und vor allem an öffentlichen Universitäten ist. Man hat es geschafft, mehr Studentinnen und Studenten an die Hochschule zu bekommen, vor allem eine ausreichende Anzahl, damit die Finanzierung gesi chert ist. Davon ist man noch entfernt. Die Anzahl der Rabatte ist gesenkt. Es gibt ein paar Indizien, dass ein paar dieser Maßnahmen gegriffen haben.

Das Interessante am Plenum wie diesem ist, dass es nicht reicht, wenn einige Maßnahmen greifen, son dern eigentlich müssen alle Maßnahmen greifen. Ob jetzt alle Maßnahmen gegriffen haben, und ob es für das Jahr 2018 eine Chance gibt, das vernünftig zu gestalten, dazu empfehle ich den Geschäftsbericht 2015. Ich empfehle auch, diese Geschäftsberichte einmal zu vergleichen. So etwas haben wir gemacht. Ein erstes Indiz dafür, dass nicht alles so schön ist, wie man es immer glauben mag, findet sich gleich auf der ersten Seite. Ich zitiere aus dem Geschäftsbericht: „Das Jahresergebnis 2015 hat sich auf einen Über schuss von 3,5 Millionen Euro verbessert. Das ist eine starke Leistung.“ Dazu kann man zunächst einmal sagen: Ja, es ist eine starke Leistung. Dann stellt sich aber die Frage, von wem die Leistung stammt. Es ist nicht die Leistung der Jacobs Universität. Es ist die Leistung der Stiftung, die im Gegensatz zum letzten Jahr 24 Millionen Euro Zuschüsse in die Jacobs Uni versität gesteckt hat. Dann sind 3,5 Millionen Euro mehr als im vorherigen Jahr. Das Ergebnis ist nicht durch eigene Leistung oder durch Sanierung oder wunderbare Universitätsarbeit geleistet worden, sondern schlicht und ergreifend durch Zuschüsse. Das ist meines Erachtens zumindest Verschleierung von Tatsachen.

(Beifall DIE LINKE)

Schauen wir einmal hin, was 2018 sein wird und was eigentlich geplant war. Geplant war im Jahr 2013, da gibt es einen Strategieplan, einen Plan, in welchen Schritten man das Defizit abbauen will, nach dem im Jahr 2015 ein Defizit von 17 Millionen Euro hätte dastehen müssen. Das stand aber nicht da. Es gibt ein Defizit von 21,5 Millionen Euro. Das ist genauso viel wie in den letzten zehn Jahren im Schnitt auch. Es gibt keine Verbesserung der tatsächlichen betrieb lichen Situation. Deswegen zweifle ich daran, dass in den nächsten zwei Jahren in irgendeiner Weise dieser Strategieplan oder die Sanierung aufgeht. Ich bin ziemlich sicher, dass wir auch in zwei Jahren mit Defiziten in dieser Höhe umgehen müssen. Es kann sein, dass es nicht so ist. Wir müssen aber sicherstel len, dass es darauf hinausläuft, dass für das Jahr 2018 eine Lösung vorhanden ist.

Warum müssen wir das tun? Wir müssen es tun, weil Bremen in der Summe nicht nur 164 Millionen Euro

Zuschüsse insgesamt in der ganzen Zeit der Jacobs Universität zugeschossen hat, sondern auch noch ein 50 Millionen Euro Kredit im Raum steht. Von dem sind bislang 2 Millionen Euro getilgt worden. Dieser Kredit ist um zehn Jahre verlängert worden. Das entspricht meines Erachtens nicht ganz den Bürgschaftsricht linien, die wir einmal mit der EU vereinbart haben. Es gibt andere Ansichten. Das wäre noch zu prüfen.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss in der ersten Runde! Mich treibt mehr um, wie ein Betrieb, der jährlich zwischen mindestens 10 Millionen Euro bis 20 Millionen Euro Defizit macht, jemals einen solchen Kredit zurück zahlen will und ob nicht irgendwann die Bürgschaft fällig wird und Bremen dafür einstehen muss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit für dieses Mal!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst ein paar Selbstverständlichkeiten betonen. Natür lich ist der trilaterale Vertrag zwischen der Freien Hansestadt Bremen, der Jacobs Universität und der Jacobs Foundation einzuhalten. Natürlich muss die Einhaltung dieses Vertrages sorgfältig über wacht und frühzeitig eingegriffen werden, wenn die Zielerreichung bedroht ist. Natürlich muss das Controlling sorgfältig und lückenlos dokumentiert werden. Natürlich müssen ausreichende personelle Kapazitäten für die Dokumentation des Controllings vorgehalten werden.

Tatsächlich hat es bei der Dokumentation Mängel gegeben. Das hat der Rechnungshof zu Recht kritisiert. Diese Mängel in der Dokumentation des Controllings sind inzwischen behoben. Das brauchen wir hier nicht noch einmal mit einem Extraanlauf zu beschließen. Herr Rupp, die Mängel in der Dokumentation be deuten zugleich nicht, dass es Mängel auch in der inhaltlichen Arbeit des Begleitausschusses und der inhaltlichen Arbeit der Staatsräte gegeben hat. Diese hat es nicht gegeben. Einen Nachweis, dass es sie gegeben habe, haben Sie hier nicht erbracht. Sie ha ben nur den Eindruck erweckt mit Ihrer Überschrift.

Vor allem aber gibt es keinen Anlass in der Entwick lung der Jacobs Universität, solche Mängel in der Entwicklung zu konstatieren. Die Jacobs Universität hatte in 2014 mit einer umfassenden Neuausrichtung von Studium, Lehre und Forschung begonnen. Das Ziel ist, ab dem Jahr 2018 mit einer jährlichen Zuwen dung von 10 Millionen Schweizer Franken durch die Foundation einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Bislang, Herr Rupp, ist festzustellen,

dass die geplanten Umsatzziele in den Jahren 2014 und 2015 erreicht worden sind.

(Beifall SPD)

Bislang ist festzustellen, dass die Kosten der Jacobs Universität gleichzeitig über einen Personalabbau und andere Maßnahmen deutlich gesenkt worden sind. Es ist festzustellen, dass die Jacobs Universi tät bei der Gewinnung neuer Studenten praktisch voll im Plan liegt, was vor dem Hintergrund einer Umstrukturierung des gesamten Betriebes, der da mit verbundenen Unruhen und damit verbundenen Imageschäden ein großer Erfolg ist, wenn er erreicht wird, und der strategisch auch bedeutsam ist und nicht so sehr aus dem Mittelbau kommt.

Insgesamt ist deshalb festzustellen, dass die Jacobs Universität bislang auf dem richtigen Weg ist, in 2018 das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts nach Zuwendung der 10 Millionen Schweizer Franken zu erreichen. Natürlich bleibt es ein ambitioniertes Unterfangen. Natürlich gibt es beträchtliche Risiken, die auch in den Unterlagen enthalten sind. Es liegt aber keinerlei Nutzen darin, ständig auf diesen Ri siken herumzureiten. Diese ständige Negativkritik der LINKEN ist aus meiner Sicht reine politische Selbstbefriedigung.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU)

Sie bringt für dieses Projekt absolut gar nichts und ist allenfalls destruktiv. Es ist deshalb auch nicht zu erkennen, welcher Nutzen eigentlich darin liegen sollte, die unterjährigen Quartalsabschlüsse und die entsprechenden Prüfberichte den parlamentarischen Gremien zur Verfügung zu stellen. Lieber Herr Rupp, unsere parlamentarischen Gremien können diesen Prozess der Neuausrichtung der Jacobs Universität von hier nicht steuern. Sie können auch durch die Lektüre von Controlling-Abschlüssen und Prüfbe richten in der verbleibenden Zeit von eineinviertel Jahren dort nichts Nennenswertes mehr machen. Deshalb ist es eine reine symbolische Aktivität, die Sie hier fordern. Die halten wir für überflüssig und werden sie auch ablehnen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Aufgaben des engen Controllings liegen bei dem Begleitausschuss und bei den dort vertretenen Staats räten. Dort ist weiterhin auch die notwendige Arbeit zu leisten. Deshalb werden wir den Antrag als Ganzes ablehnen. Im Übrigen, Herr Rupp, frage ich mich einmal mehr, warum die LINKEN in Sachen Jacobs Universität eigentlich so einäugig unterwegs sind.

(Zuruf Abg. Frau Vogt [DIE LINKE])

Ja, die Jacobs Universität erhält bis 2017, Frau Vogt, hören Sie zu, jährlich 3 Millionen Euro. Die Ver

wendung muss deshalb überwacht werden. Diese Überwachung muss sorgfältig erfolgen.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Das können sie nicht! Es gibt keine Verwendungsnachweise für 2017!)

Diese 3 Millionen Euro sind aber, anders als Sie immer suggerieren, mitnichten einfach nur verlo rene Zuschüsse oder ein Minusgeschäft für Bremen sogar, wie Sie es immer darzustellen versuchen. An der Jacobs Universität studieren rund 1 100 junge Menschen aus über 90 Ländern. Sie wären nicht hier, wenn es die Jacobs Universität nicht gäbe. Gleiches gilt für einen beträchtlichen Teil der insgesamt fast 400 Beschäftigten in Bremen-Nord. Ich komme zum finanziellen Vorteil, Frau Vogt, und jetzt wird es interessant, und an der Stelle wäre es auch einmal wichtig, dass Sie zuhören.

Der finanzielle Vorteil jedes zusätzlichen Bürgers im Rahmen des Länderfinanzausgleichs liegt bei 4 000 Euro im Jahr. Allein 1 000 hier zusätzlich wohnende Studierende bedeuten deshalb schon 4 Millionen Euro mehr an zusätzlichen Einnahmen.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Wenn sie hier den ersten Wohnsitz haben!)

Hinzu kommt, die Studierenden und Beschäftigten geben zugleich auch noch Geld in Bremen aus. Ins gesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Zurufe der Abg. Frau Vogt [DIE LINKE])

beläuft sich der fiskalische Einnahmevorteil, Frau Vogt, pro Jahr auf circa 7,5 Millionen Euro, also auf mehr als das Doppelte des laufenden Zuschusses.

(Glocke)

Es ist also mitnichten so, dass das Land Bremen ohne die Zuschüsse an die Jacobs University drei Millionen Euro mehr hätte, die dann anderweitig ausgegeben werden könnten. Faktisch ist es so, dass Bremen drei Millionen weniger in der Kasse hätte, das müssen wir bemerken.

Deshalb, Herr Rupp, mein letztes Wort: Sie betonen ansonsten zu Recht stets die Bedeutung der fiska lischen Effekte von Ausgaben, das ist richtig. Man kann das aber nicht nur tun, wenn es einem politisch sehr gelegen kommt. Daher an Sie die Bitte, machen Sie bei der Jacobs University endlich einmal beide Augen auf. – Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)