Protocol of the Session on June 16, 2016

(Zuruf Bündnis 90/Die Grünen: Was?)

Die Rolle der Wirtschaftsprüfer ist für ALFA ebenfalls nicht nachvollziehbar. Mitte März 2016 wurde dem Jahresabschluss inklusive Lagebericht von der KPMG ein uneingeschränktes Testat erteilt. Zwei Wochen später kommt die BaFin zu einem anderen Ergebnis. Wie kann das sein? Was sagen die Prüfer dazu? Ob dieses Hohe Haus dazu eine ehrliche Aussage bekommen wird, steht in den Sternen.

Werder Bremen konnte in dieser Saison den Abstieg verhindern. Das ist der Sport in Bremen. Ich frage mich politisch, wie lange Bremen noch ein eigenes Bundesland sein kann, wenn die politische Arbeit des Senats nur noch Kopfschütteln produziert. Ich zitiere Frau Bürgermeister Linnert: „Die Landesbank ist gesund und steht ohne Schiffskredite gut da.“

(Bürgermeisterin Linnert: Das stimmt auch!)

Dann frage ich mich: Wieso hat die Vorsitzende des Aufsichtsrats, Frau Bürgermeisterin Linnert, nicht dafür gesorgt, dass das Schiffsportfolio signifikant abgebaut wurde – und dies bereits nach Beginn der Finanzkrise? Tat sie das aus Unwissenheit oder wegen anderer Gründe? Wir werden das nicht beantwortet bekommen.

(Zuruf Bündnis 90/Die Grünen: Hat sie ja!)

Abschließend einige Worte zum Neubau der Landesbank: Wie kann ein Unternehmen, das jahrelang in der Krise ist, so einen aufwendigen Neubau für 50 Millionen Euro bauen? Wo waren da die bremsenden Worte der Bürgermeisterin? Leidtragende sind wie immer die Arbeitnehmer. Die Arbeitsplätze sind gefährdet, und es gehen 100 oder mehr Arbeitsplätze möglicherweise verloren. Mein Vorredner hat das schon erwähnt. Was sagen Sie diesen Menschen dann?

Fazit aus dieser Geschichte ist: Entweder waren Sie als zuständige Aufsichtsratsvorsitzende der Bremer Landesbank unfähig, das Desaster zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern, oder Sie haben schlichtweg die Öffentlichkeit getäuscht. Sie verschleudern unser Tafelsilber, Frau Linnert.

In beiden Fällen wäre der sofortige Rücktritt der Finanzsenatorin dringend geboten. Ich hoffe, dass

Bündnis 90/Die Grünen so viel politischen Anstand hat, den es immer von den anderen Parteien verlangt, die Senatorin zum Rücktritt zu bewegen. Somit könnte auch ein weiterer Vertrauensverlust bei den Bürgerinnen und Bürgern gestoppt werden.

Aber wie wird es weiter sein, und was bedeutet das für die Bremer Politik? – Leider wie immer ein „Weiter so“. – Vielen Dank!

(Beifall ALFA)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich meine Rede mit einem Eingeständnis beginnen. Ich bin keine gelernte Finanzexpertin. Ich habe keine Banklehre gemacht. Ich habe noch nie im Finanzsektor gearbeitet. Je mehr man sich mit dieser Materie beschäftigt, desto mehr bekommt man eine Ahnung, wie komplex heutzutage Finanzierungsmodelle sind und was dahintersteckt. Ich glaube, das geht nicht nur mir so, sondern das geht fast jeder Bürgerin und jedem Bürger so.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich habe mich damit beschäftigt. Daher wundere ich mich nicht mehr, dass es so etwas wie Finanzkrisen gibt. Man bekommt auf diese Art und Weise ein Verständnis dafür, wie fragil und wie schnelllebig der Finanzmarkt heute geworden ist. Das konnten wir in den vergangenen Wochen in Bremen hautnah erleben.

Die Bremer Landesbank, die heute mit Begriffen wie Ramsch in Zusammenhang gebracht wird, war bisher eine der wichtigsten und lukrativsten Beteiligungen Bremens, meine Damen und Herren. Sie war lukrativ, weil die Gewinnausschüttungen in schöner Regelmäßigkeit und in Millionenhöhe in den bremischen Haushalt geflossen sind und weil durch den Firmensitz in Bremen zusätzliches Steueraufkommen hier verblieben ist. Wir sprechen von rund 220 Millionen Euro in der Zeit von 2007 bis 2013.

Wichtig war die Bremer Landesbank – und ist sie auch noch –, weil die bremische Wirtschaft, insbesondere der Mittelstand, von der räumlichen Nähe der Bank zu Bremen profitiert hat. Die Bremer Landesbank war bisher somit auch ein wichtiger Ansprechpartner für die hiesigen Firmen und ein großer Arbeitgeber. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, das Ziel der Grünen ist vorrangig, die Beschäftigten der Bremer Landesbank im Land Bremen zu halten und die Arbeitsplätze zu sichern!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD – Zuruf Abg. Bensch [CDU])

Jetzt steht es heikel um die Bremer Landesbank, und das ist der Grund für die Aktuelle Stunde. Die Bremer Landesbank erwartet Wertberichtigungen in hoher und Verluste in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe. Als Gründe werden hierfür Credit Default Swaps – CDS – und Schiffsbeteiligungen angeführt. Zu den CDS wird laut Tagesschau die Bremer Landesbank zitiert, ich möchte es gern einmal vorlesen:

„Es ist zutreffend, dass die Bank 2006“ – also zur Zeit der Großen Koalition – „ein CDS-Portfolio in erheblicher Höhe in den Büchern hatte. Wir haben hieraus nie ein Geheimnis gemacht. Dieses Geschäft gehörte nicht zum Kerngeschäft der Bank. Auf Initiative von Herrn Dr. Kaulvers wurde daher eine eingehende Portfolioanalyse durchgeführt und in deren Folge in 2007 ein vollständiger Investmentstopp beschlossen. Das zu diesem Zeitpunkt bestehende Geschäft wurde sukzessive heruntergefahren. Der Bestand beläuft sich heute noch auf rund 250 Millionen Euro und wird bis zum Jahr 2018 vollständig abgebaut sein.“ So viel zu diesem CDS-Geschäft, das im Jahr 2007 gestoppt und heruntergefahren worden ist. Das Geschäft ist nicht vollständig heruntergefahren worden, und das ist jetzt ein Problem.

Es war lange auch – und vor allem auch unter der Großen Koalition – erklärtes Ziel, meine Damen und Herren von der CDU,

(Abg. Bensch [CDU]: Niemand hat Schuld!)

gerade auch als Hansestadt und maritimer Logistikstandort, Reedereien mit Schiffsbeteiligungen zu unterstützen. Ich war nun acht Jahre lang Mitglied der Wirtschaftsdeputation und des Hafenausschusses. Ich erinnere mich an so viele Debatten, in denen es um das Thema Logistik ging und es immer wieder so dargestellt worden ist: „Es gibt ein Wachstum im Logistikmarkt, es gibt ein Wachstum! Wir sind als Hafenstandort stolz!“ Ich habe mich damals immer wieder gefragt, und es ist auch einfach nicht möglich: Es kann kein exponenzielles Wachstum geben! Insofern fände ich es richtig, auch an einem Logistikstandort einmal eine Wachstumsdebatte zu führen, meine Damen und Herren.

Die Schiffsbeteiligungen wurden dieser Bank in Bremen am Ende zum Verhängnis. Durch die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, EZB, und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, über die Bewertung dieser Schiffsbeteiligungen geriet die Bremer Landesbank im Frühjahr dieses Jahres ins Trudeln. Es geht um schätzungsweise 400 bis 450 Millionen Euro, die der Bank im Jahr 2016 fehlen könnten.

Bremen, Herr Eckhoff kann als Haushaltsnotlageland nicht einspringen und müsste zudem bei einer Finanzstütze für die Bank mit einem Beihilfeverfahren durch die EU-Kommission rechnen. Sie haben es vorhin als Frage formuliert, Sie haben schon eine Reihe Fragen formuliert. Ich gehe davon aus, dass Sie dann einen

Untersuchungsausschuss fordern. Sie fordern ja nicht nur den Rücktritt, sondern Ihrer Pressekonferenz konnte man entnehmen, und das ist ja auch Ihr gutes Recht, dass Sie einen Untersuchungsausschuss einfordern – –. Aber das ist eine Erkenntnis, die im „Handelsblatt“, aus dem Sie vorhin zitiert haben, nachzu-lesen war.

Am Ende, das kann man heute sagen, waren die Auflagen der Bankenhüter für unsere kleine Landesbank zu hoch. Man darf bei aller politischen Diskussion aus Sicht der Grünen zu Recht die Frage stellen, ob diese Einordnung des Risikos von Schiffen eigentlich korrekt ist. Ein Schiff ist nämlich eine langfristige Investition und somit auch wieder perspektivisch in der Lage, in den Gewinnbereich zu segeln. Darum geht es heute aber nicht,

(Unruhe CDU, FDP – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Aber doch nicht bei den Überkapazitäten! Doch nicht bei dem Markt!)

denn das sind die sachlichen Hintergründe.

Ich habe das Gefühl, es geht eben gerade nicht um die sachliche Ebene, sondern Sie von der Opposition versuchen, aus der Krise der Landesbank politisches Kapital zu schlagen. Das mag vielleicht eine politische Strategie sein, aber eine seriöse Auseinandersetzung sieht meines Erachtens anders aus.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich sage ganz klar, für uns Grüne ist das wichtigste Ziel – und das kann ich nicht oft genug sagen –, dass möglichst viele Arbeitsplätze der Beschäftigten bei der BLB und der Standort in Bremen erhalten bleiben.

Die Landesbank hält in Bremen auch andere strategisch wichtige Beteiligungen für die Hansestadt. Sie ist unter anderem an der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, BLG, der Wohnungsbaugesellschaft BREBAU und der Bremischen Grundstücks-GmbH beteiligt. Auch daran müssen wir denken, wenn wir über die beiden Alternativen, die für die Bremer Landesbank bestehen, nämlich Verkauf oder ein sogenanntes Upstreaming, unter dem Blickwinkel, die für Bremen beste Lösung zu finden, erörtern.

Frau Steiner, über Sie konnte man bereits in der Presse lesen, dass Sie für sich das Ergebnis bereits kennen, nämlich den Verkauf. Ich glaube, Sie haben nicht daran gedacht, welche weiteren Folgen durch einen Verkauf entstehen würden.

Lassen Sie uns doch ruhig gemeinsam auf die Lage blicken! Jawohl, auch die Bremer Landesbank hat in Zeiten eines boomenden Schiffssektors in diesen Bereich investiert. Das ist ihr Geschäft, und das war damals auch vertretbar. Die Frage stellt sich jedoch, ob noch investiert wurde, als das Ende des Booms absehbar war.

Wie war es denn in der Zeit vor Rot-Grün? Der Landesbank-Chef, Herr Dr. Kaulvers, hat jüngst in einem Interview mit dem „Weser-Kurier“ erklärt – ich zitiere –: „Im Nachhinein betrachtet haben wir in den Jahren 2003 bis 2006 zu viel Schiffsfinanzierung gemacht.“ Also in der Regierungszeit der Großen Koalition! Wir fragen uns natürlich: Hat das damalige Aufsichtsratsmitglied Herr Perschau von der CDU das je problematisiert?

(Abg. Kastendiek [CDU]: Wer war denn da die Auf- sichtsratsvorsitzende? Haben Sie eigentlich nichts an- deres darauf?)

Herr Kastendiek, wissen Sie, Ihre Politik kenne ich auch! Ich schaue jeden Tag auf die leere Markthalle in Vegesack. An Ihrer Stelle würde ich jetzt einfach einmal kleine Brötchen backen!

(Zurufe CDU)

Ja, man kann es nicht oft genug sagen!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich kann auch noch das Haven Höövt erwähnen, das jetzt irgendeiner Firma in Panama gehört. Das gehört auch nicht zu einer soliden Finanzpolitik, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Frau Bürgermeisterin Karoline Linnert hat aus der Problematik dieser Schiffsbeteiligungen keinen Hehl gemacht. Sie hat das seit ihrem Antritt als Aufsichtsratsvorsitzende mehrfach, auch öffentlich, erklärt. Infolge der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 kam es aber auch zur Schifffahrtskrise, die bis heute andauert. Unter solchen Rahmenbedingungen das Schiffsportfolio wertschonend abzubauen, das ist alles andere als eine leichte Aufgabe. Die Alternative, die Kredite zu kündigen und zuzusehen, wie diese Schiffe zu Schrottpreisen verkauft werden und von neuen Besitzern dann mit extrem niedrigen Charterpreisen auf dem Markt angeboten werden, befeuert diese Abwärtsspirale. Es macht manchmal finanzpolitisch keinen Sinn, sich entsprechend zu verhalten.

Ich möchte jetzt auf Ihre Kritik, Herr Eckhoff, eingehen, die Sie an der Verhandlungsführung geübt haben. Es ist immer schön einfach, wenn niemand von uns an den Verhandlungen teilgenommen hat, hinterher zu sagen, wie man es alles anders und wie man es hätte besser machen können.

Bremen und die Bremer Landesbank, das muss man doch auch einmal fairerweise sagen, haben sich in keiner guten Ausgangslage befunden.

(Unruhe CDU – Glocke)

Liebe Kollegen, es ist eine ziemlich ernsthafte Debatte, und wir sollten der Debatte folgen!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Ja, wäre auch gut, wenn Sie so geführt werden würde!)

Das tue ich, Herr Röwekamp! Dass das bei Ihnen nicht so ankommt, das ist mir klar!