Ganz so einfach ist die Gegenüberstellung an der Stelle ja auch nicht, es ist ja nicht so, dass hierbei ganz eindeutig die ökologische Faktoren auf der einen und die wirtschaftlichen Faktoren auf der anderen Seite stehen. Dabei fällt doch eigentlich auch auf, dass die ökonomischen Faktoren noch einmal anders betrachtet werden müssen.
Natürlich hat Bremerhaven Tiefenrestriktionen, von der Tide ist abhängig, wann die Schiffe einfahren können, aber auch der Hafen von Hamburg ist kein Tiefwasserhafen, und es gibt übrigens auch an der amerikanischen Ostküste keine Häfen ohne Tiefenrestriktionen. Dann tun Sie jetzt doch bitte nicht so, als ob dies der einzige Fall auf der Welt wäre, bei dem es Tiefenrestriktionen gäbe! Das ist vollkommen normal, und das muss auch an der Stelle mit bedacht werden.
Es gibt hier übrigens auch einen Tiefwasserhafen, nämlich den JadeWeserPort, und dabei komme ich noch einmal auf die mangelnde Kooperation zu sprechen, die ich eben schon erwähnt hatte. Genau da fällt doch auf, wo der Kern des Problems liegt und dass wir uns für einen Ausbau der Kooperation zwischen den norddeutschen Hafenstädten einsetzen müssen.
Natürlich gibt es dort zurzeit Kooperationen, und es ist richtig, im Koalitionsvertrag steht, dass diese Kooperation ausgebaut werden soll. Dann würde ich mir aber auch wünschen, genau in den konkreten Fra
gen weiterzukommen, in denen es darum geht, Umweltstandards auszugleichen und auch den Umschlag zu koordinieren, und nicht nur dort, wie man gemeinsam eine Müllentsorgung organisiert. An dieser Stelle wünsche ich mir dann auch das Engagement der Koalition.
Seien wir doch einmal ganz ehrlich: Eben wurde schon gesagt, dass wir auch mit den niedersächsischen Häfen konkurrieren, das ist richtig. Glauben Sie aber ernsthaft, wenn weiterhin Tiefenrestriktionen bestehen, dass dann kein Reeder mehr Hamburg – für Hamburg gilt Ähnliches – oder Bremerhaven anlaufen würde und dann stattdessen der gesamte Warenverkehr auf die Straße verlagert wird, der ungleich viel teurer ist?
Ja, genau! Rotterdam und Amsterdam sind sehr gute Beispiele, und auch Antwerpen! Diese beliefern nämlich das gesamte Gebiet den Rhein hinunter, weil das dann über den Binnenschiffsvertrag abgedeckt werden darf. Glauben Sie aber denn, dass sämtliche Waren, die östlich vom Rhein angeliefert werden, dann nur noch über den Landweg transportiert werden? Das ist vollkommen unrealistisch und nicht rentabel, und das wird auch nicht passieren.
Es gibt hier zwei verschiedene Rechtsprechungen. Es gibt einen europäischen Teil, der sich konkret auf die Umweltfragen, auf die Europäische Wasserrahmenrichtlinie bezieht. Ich bin auch froh darüber, dass es dort jetzt eine strengere Auslegung gibt und sich die Verschlechterung der Wasserqualität auf alle einzelnen Faktoren bezieht und nicht mehr auf übergeordnete Güteklassen. Auf der anderen Seite gibt es die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, bei der es schon vorab hieß, dass das Planfeststellungsverfahren in einer problematischen Situation ist, weil die gesamte Länge von 120 Kilometern betrachtet wurde anstatt die einzelnen Abschnitte getrennt voneinander.
Genau an der Stelle merken wir dann auch, wohin der Antrag geht und dass die CDU und die FDP diesen Antrag in dem Versuch stellen, eine Reanimation dieses Projekts vorzunehmen. Es geht ihnen weniger darum, hier einen wirklichen Beschluss herbeizuführen, sondern eher darum, eine Debatte zu führen, die darauf abzielt, noch anstehende rechtliche Beschlüsse vorwegzunehmen. Dazu gehe ich noch einmal auf die einzelnen Punkte ein!
Ihr erster Punkt in dem Antrag spricht sich aus für ein überwiegendes öffentliches Interesse. Als LINKE sehen wir es auch so, dass die Häfen und auch die
Arbeitsplätze im überwiegend öffentlichen Interesse liegen, aber bei einer weiteren Weservertiefung widersprechen wir Ihnen und sagen, sie ist nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse, der Stand des Ausbaus ist ausreichend. Von überwiegendem öffentlichen Interesse wäre jetzt eine weitere Kooperation und eine verstärkte Zusammenarbeit, da stimme ich Herrn Reinken zu, das betrifft den Symbolcharakter dieses Punktes.
Der zweite Punkt Ihres Antrags bezieht sich auf Ihre Angst, dass ein neues Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird; aber nicht nur bei einem neuen, sondern auch bei einem ergänzenden Planfeststellungsverfahren von diesem Umfang kann davon ausgegangen werden, dass die Öffentlichkeit erneut beteiligt werden muss. Das heißt, es geht nicht um die Frage eines neuen oder ergänzenden Planfeststellungsverfahrens, sondern ob eine neue Beteiligung der Öffentlichkeit herbeigeführt werden muss. Ich bin mir sicher, dass das Gericht auch der Meinung ist, dass es hier eine neue Beteiligung der Öffentlichkeit geben muss, und deshalb halte ich diesen Punkt, gelinde gesagt, für irrelevant.
Punkt drei und vier Ihres Antrags bedeuten dann nur noch einmal Scheuklappen und Maulkorb; Scheuklappen dafür, dass man nicht nach links und rechts schaut, sondern nur der eigenen Argumentation folgt, egal, welche anderen Aspekte angebracht werden, ein Maulkorb, der den Grünen angelegt werden soll, dafür, dass sie sich zwar in den Koalitionsverhandlungen mit ihren pfiffigen Umweltzielen nicht durchgesetzt haben, aber jetzt noch einmal ein wenig Unterstützung von europäischer Ebene erhalten und dadurch jetzt gestärkt werden, um ihr Umweltbewusstsein stärker in den Vordergrund zu rücken.
Deshalb sage ich Ihnen, als Fraktion DIE LINKE lehnen wir Ihren Dringlichkeitsantrag in allen Punkten ab und fordern den Senat auf, sich verstärkt für die Kooperation einzusetzen und dieses Projekt zu begraben, das sowohl ökologisch als auch ökonomisch höchst fragwürdig ist. – Danke!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorab, Herr Kollege Janßen, ein Kompliment für diese gelungene Jünglings- und Ersttagsrede,
Es ist schon eine interessante Debatte, die wir hier verfolgen, denn auf der einen Seite wirft man uns mit dieser Initiative, diesem Antrag vor, man würde Entscheidungen schon vorwegnehmen, auf der anderen Seite jedoch machen Sie, Frau Dr. Schaefer, nichts anderes, Sie lassen nämlich das Verfahren nicht zu Ende kommen. Sie lassen nicht das Bundesverwaltungsgericht frei entscheiden, sondern für Ihre Fraktion haben Sie bereits entschieden. Sie haben gesagt, in Würdigung des Urteils des EuGH kommt für Sie die Vertiefung der Außen- und Unterweser nicht infrage, das ist die Kernaussage Ihrer Einlassungen in den vergangen Wochen.
Ich möchte einmal verdeutlichen, für uns als CDUFraktion – ich denke einmal, ähnlich denkt auch die FDP-Fraktion – ist das, was Sie hier gerade in Form eines juristischen Seminars zum Ausdruck gebracht haben in Bezug auf die Aspekte des Urteils des EuGH, doch überhaupt nichts Neues, Frau Dr. Schaefer. Es war allen Projekt- und Prozessbeteiligten bekannt – und das ist doch vollkommen klar, das negieren wir auch an keiner Stelle und auch in keinem Satz in unserem Antrag –, dass die Maßnahmen einen schwerwiegenden Eingriff im Bereich der Außen- und Unterweser bedeuten.
Alle Beteiligten – ähnliche Urteile in der Vergangenheit sind ja vergleichbar gelagert – müssen natürlich dafür Sorge tragen, dass solche Eingriffe zu kompensieren sind, wenn sich in der Abwägung Nachteile im ökologischen Bereich ergeben gegenüber dem zugrundeliegenden überwiegenden Interesse im wirtschaftlichen Bereich, den Interessen einer Gebietskörperschaft, dass natürlich dann solche Eingriffe zu kompensieren sind. Auch das ist nichts Neues, weil es sich wie ein roter Faden durch zahlreiche Urteile und Verfahrensschritte zieht. Also, Frau Dr. Schaefer, tun Sie doch bitte nicht so, als ob das, was Sie jetzt hier zitiert haben, für die Beteiligten, die sich in der Vergangenheit ansatzweise mit diesem Projekt auseinandergesetzt haben, irgendetwas Neues war! Nein, es ist nichts Neues, es ist altbekannt, was Sie hier zum Besten gegeben haben!
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sind Informationen, die Ihnen offensichtlich fehlen!)
Es ist auch klar, dass die Hürden hoch sind, und deswegen muss man deutlich zum Ausdruck bringen, was der EuGH zugelassen hat – das negieren Sie hier, da haben Sie schon Ihre Schlussfolgerungen gezogen –: Das Urteil des EuGH lässt es bei einer Abwägung auch zu, diese Maßnahme zu genehmigen, wenn
ein übergeordnetes öffentliches Interesse existiert und wenn die Nachteile ausgeglichen werden. Das ist die Kernaussage des Urteils des EuGH, und nicht die Sackgasse, die Sie hier gerade beschrieben haben.
Wenn Sie dann anfangen, Frau Dr. Schaefer, den Tiefwasserhafen in den Wettbewerb zu den stadtbremischen Hafengebieten zu stellen – ob es jetzt der Neustädter Hafen oder der Industriehafen ist –, dann muss ich dazu sagen, dass Sie von der Materie überhaupt keine Ahnung haben.
Es ist ein Rückfall in die Hafenpolitik von Manfred Schramm, eine pathologische Ignoranz von Fakten, die damals die Hafenpolitik geprägt hat.
Von einer Blockadehaltung hatten Sie sich in den letzten Jahren ein wenig wegorientiert, aber Sie scheinen jetzt wieder zurückzufallen, nicht anders kann man Ihre Aussage verstehen, dass der Tiefwasserhafen im Wettbewerb zum Industriehafen und zum Neustädter Hafen stehe. Verzeihung, wenn ich das so deutlich sage: Sie haben von der Materie keinen blassen Schimmer!
Der Tiefwasserhafen ist ein Hafen für Verkehre, die auch nicht Nordamerika anfahren, sondern es ist ein Tiefwasserhafen für die neue Generation von Containerschiffen mit einer Kapazität von 18 000 und 19 000 TEU und Tiefgängen, voll abgeladen, von 13 bis 14 Metern. Diese Schiffe kommen sowieso nie in das stadtbremische Gebiet, sie fahren es auch gar nicht an, weil es unwirtschaftlich wäre, und sie fahren übrigens auch nicht Nordamerika an, sondern werden primär in den Verkehren zwischen Asien und Europa eingesetzt. Deswegen hinkt der Vergleich, er passt einfach nicht, meine Damen und Herren, es ist ein Containerhafen.
Was haben wir in den stadtbremischen Häfen für eine Struktur der Verkehre? Es wird dort Massengut transportiert, zum Beispiel für die Stahlwerke. Ich empfehle Ihnen, Frau Dr. Schaefer, Ihren Blick einmal diesem Industriehafengebiet zu widmen! Kümmern Sie sich einmal darum, vereinbaren Sie einen Termin mit der ISH Bremen, und man wird Ihnen genau schildern, was dort in den Hafengebieten vor Ort passiert und womit 3 000 bis 4 000 Menschen durch ihre Arbeit ihr tägliches Brot verdienen.
Mich wundern auch die Aussagen der Fraktion DIE LINKE. Auf Ihrer Internetseite beschreiben Sie die schwierige wirtschaftliche Lage der Arbeitsmarktsituation in Bremerhaven, und ich gehe einmal davon aus, dass das auch für Bremen gilt. Was machen Sie hier? Sie halten eine Rede gegen diese Arbeitsplät
ze, gerade in dem niedrigen Lohnbereich, und Sie machen genau das Gegenteil von dem, wofür Sie sich am 11. Mai 2015 haben wählen lassen. Das ist unglaubwürdig!
Deswegen können Sie natürlich mit aller Rhetorik jetzt in die Beschlusspunkte – das haben wir ehrlicherweise auch nicht anders erwartet – das hineininterpretieren, was Sie wollen, entscheidend ist doch aber, Herr Reinken, und dazu haben Sie absolut kein Wort gesagt: Wie stehen Sie, wie steht die SPD-Fraktion zur Außen- und Unterweservertiefung?
In Ihren Worten fehlt die klare Aussage, ob Sie in Abwägung der Vor- und Nachteile diese beiden wichtigen Infrastrukturprojekte durchsetzen wollen. Genau diese Aussage haben Sie hier heute nicht getroffen, und genau das ist auch eine Aussage. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kastendiek, Old-School-Ideology, das fällt mir bei Ihrer Rede wirklich nur ein! Sie sagen, ich nähme eine Entscheidung vorweg. Nein! Aber ich nehme einen EuGH-Entscheid ernst und versuche, daraus Schlüsse zu ziehen, während Sie das komplett ignorieren!
Sie sagen, es gebe nichts Neues. Doch! Es gab eben am 2. Juli einen EuGH-Entscheid, und wenn Sie sagen, ich hätte hier ein juristisches Seminar gegeben, indem ich auf die Details eingegangen bin, die der EuGH nämlich in diesen Entscheid hineingeschrieben hat – dass es ein Verschlechterungsverbot gibt, dass es ein Verbesserungsgebot gibt, welches die Hürden für eine Ausnahmegenehmigung sind –, dann mache ich das, weil Sie mit keinem Wort darauf eingegangen sind und offensichtlich da auch noch ein paar Informationen brauchten.