Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat so, dass nicht so ganz einleuchtet, was eigentlich in diesem Antrag die Dringlichkeit ausmacht. Die Entscheidung des EuGH ist ein
paar Tage her. Sie war lange erwartet, und für alle, die sich intensiver damit beschäftigt haben, war das Urteil des EuGH ja auch keine völlige Überraschung. Vieles hatte sich ja auch bereits in den Auflagenbeschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts angedeutet.
Der Antrag dient auch weniger dazu, sich auf die Ebene einer sachlichen Erörterung der durch das Urteil des EuGH aufgeworfenen Probleme zu begeben und mit der weiteren Befassung durch das Bundesverwaltungsgericht auseinanderzusetzen, sondern mehr dazu, Zweifel an der Koalitionsvereinbarung zu schüren, kaum dass der Senat gewählt ist, und ihn, kaum dass er gewählt ist, mit Unterstellungen und Forderungen zu überziehen, die davon ausgehen, dass er nicht zu seiner maritimen Verantwortung und nicht zu seiner Verantwortung für die Arbeitsplätze in Bremen steht. Das haben Sie ja sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Wir werden deshalb diesen Antrag ablehnen, weil er aus unserer Sicht erstens nicht geeignet ist, das komplexe Thema wirklich ausgiebig genug zu diskutieren, und weil er eben zweitens auch ein durchsichtiges Manöver ist, das einfach sagt: Seht her, hier sind wir, und der Senat versagt!
Der Koalitionsvertrag ist an dieser Stelle eindeutig, ich zitiere: „Unsere Häfen sind ein wichtiger Baustein für die Wirtschaftsentwicklung sowie des Arbeitsmarktes in Bremen und Bremerhaven und der gesamten Region, und so soll es bleiben. Wir stehen deshalb zur Funktion der bremischen Häfen als Universalhäfen.“
„Die seewärtige Erreichbarkeit der bremischen Häfen ist eine zentrale Voraussetzung für eine mittelfristige erfolgreiche Entwicklung der Hafen- und Logistikwirtschaft.“ Wo ist hier die Aussage, worauf gründet der Verdacht, der Senat kümmere sich nicht um das Thema maritime Wirtschaft und Logistikwirtschaft? Wenn Herr Professor Dr. Hilz sagt, Bremen und Bremerhaven – Sie haben es sehr stark auf Bremerhaven bezogen – seien eine Logistikdrehscheibe, dann kann ich nur sagen: Ja, und wer hat‘s erfunden? Es waren wir!
Wir waren es, die dafür gesorgt haben, dass insbesondere Bremerhaven zu einer Logistikdrehscheibe im Bereich Container- und Automobilumschlag wurde. Wir waren es, die dafür gesorgt haben, dass das GVZ in Bremen zu einer Logistikdrehscheibe wurde – –.
(Abg. Rohmeyer [CDU]: Ohne Autobahnanbindung! – Unruhe – Abg. Dr. Buhlert [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)
Ja, da haben Sie völlig recht, ohne bisher ausreichende Autobahnanbindung, die wir aber ja wohl noch gemeinsam im Laufe der nächsten Jahre erreichen werden!
Wir waren es im Übrigen auch, die sich als Bremer im Rahmen der norddeutschen Verantwortung am nächsten großen Schritt in der Logistik beteiligt haben, nämlich an der gemeinsamen Investition in den JadeWeserPort, die auch zum Thema Wirklichkeit in der Logistik und Zukunft der Logistik gehört. Es ist insofern eindeutig, dass wir hier in der Verantwortung sind und auch in der Verantwortung bleiben. Diese Festlegungen sind eindeutig.
Sehr geehrter Herr Reinken, ist Ihnen bekannt, dass die Häfen in Bremen in der Weimarer Republik von Hafensenator Apelt und nach dem Zweiten Weltkrieg von Hafensenator Apelt aufgebaut wurden, damit der Grundstein gelegt wurde und dass die ersten Container zu Zeiten von Georg Borttscheller nach Bremen gekommen sind, beide große liberale Senatoren?
Ja! Herzlichen Dank noch einmal für diese Belehrung! Ich erinnere mich daran, weil ich zu der Zeit selbst in einem Schifffahrtsbetrieb in der Lehre war und die Anfänge des Containerverkehrs und des LASH-Carrier-Verkehrs miterlebt habe, aber es war natürlich immer auch eine herausragende Leistung der Sozialdemokratie in Bremen, sich um diese Thematik zu kümmern.
Sie werden nicht darum herumkommen, dass die Investitionen in den CT 4 und die Automobillogistik insbesondere in die Regierungszeit der SPD gefallen sind.
Für die SPD gibt es keinen Zweifel an der hohen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Bedeutung der Weser. Umso wichtiger ist für uns, dass der weitere Umgang mit der in der Tat etwas tiefer gehenden Problematik jenseits parteitaktischer Überlegungen erfolgt und die Interessen Bremens und Bremerhavens dabei im Blick behalten werden. Deswegen ist Ihr erster Beschlussvorschlag reine Symbolik, wenn man ihn einmal so liest, reine Symbolik, von der ich einfach nur sage, Herr Kollege Kastendiek, Sie sagen, jetzt müssten Taten folgen: Was ist denn jetzt die Folge? Was ist denn die Tat, die folgen soll? Sollen wir jetzt alle gemeinsam jenseits der rechtlichen Auseinandersetzung zu Spaten greifen und die Weser vertiefen? Das ist doch alles Rhetorik, was sie da anführen!
Zum zweiten Beschlussvorschlag: Ja, es gibt einen schwierigen Rechtsstreit, ausgehend von den Klagen des BUND. Man muss an der Stelle schon einmal sagen, dass offensichtlich die Argumente des BUND nicht einfach einmal so vom Tisch zu wischen waren, sondern Gegenstand ernsthafter Auseinandersetzungen sind. Diese sehr schwierige Auseinandersetzung wird man auch nicht über markige Parlamentsbeschlüsse lösen können. Klar ist doch, dass sich die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts deutlich für eine Trennung der Verfahren aussprechen, und das schafft in der Tat eine neue Lage, mit der man sich im Interesse Bremens und Bremerhavens auseinandersetzen muss.
Es gab sicher einmal gute Gründe dafür, ein gemeinsames Verfahren für die Außen- und die Unterweser einzuleiten, das fiel ja, glaube ich, noch in Ihre Zeit, als man es damals auf den Weg gebracht hat. Möglicherweise wäre es schon damals klug gewesen zu fragen, ob es hierzu noch unterschiedliche Gesichtspunkte für den gesamten Bereich gibt, jetzt macht es jedenfalls wahrscheinlich nach der Rechtsprechung des EuGH das Bundesverwaltungsgericht.
Beschlusspunkt drei zitiert den Planfeststellungsbeschluss vom 15. Juli 2011. Klar ist, dass der Planfeststellungsbeschluss in der vorliegenden Form nicht vollziehbar ist, das ist unsere Sicht auf die Dinge. Das ergibt sich aus unserer Sicht aus den rechtlichen Bewertungen des Bundesverwaltungsgerichts. Genau deshalb wurde ja der umfangreiche Prozess der Verfahrensheilung begonnen, und es ist auch nicht zu erwarten, dass die naturschutzfachlichen Hinweise der Fachgutachter durch Parlamentsbeschlüsse aus dem Verfahren katapultiert werden können. Insofern ist es auch immer sinnvoll, sich mit veränderten Sichtweisen auseinanderzusetzen und dann, wenn man so weit ist, im Verfahren konkrete Lösungen zu finden, das wird dann mehr sein als Sprechblasen.
Im letzten Beschlusspunkt wird der Senat aufgefordert, die Notwendigkeit der Fahrrinnenanpassung nicht weiter öffentlich infrage zu stellen. Ich kann mich an keine Äußerung des Senats erinnern, in der er die Notwendigkeit der Fahrrinnenanpassung öffentlich infrage gestellt hat. Auch das ist nur Rhetorik, und es zeigt, dass es nicht um die sachliche Begleitung eines schwierigen Prozesses geht, sondern eher um einen relativ plumpen Versuch, die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Ländern Niedersachsen und Bremen in Zweifel zu ziehen.
Selbstverständlich ist und bleibt die Weser die Lebensader für beide Bundesländer, und selbstverständlich muss beiden Ländern daran gelegen sein, eine ausgewogene Entwicklung unter Berücksichtigung der ökonomischen und ökologischen Fragen zu verfolgen. Wir sind dafür, in aller Ruhe die Ergebnisse der Arbeit der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzuwarten, bevor hier jetzt spekuliert und voreilig bewertet wird. Das Verfahren wird dauern, und das Parlament täte gut daran, nicht ständig neue Signale zu senden.
Die Signale, die wir mit dem Koalitionsvertrag gesendet haben, sind völlig richtig, und ich glaube, der Senat wird sich auch an diese Signale, die dort stehen, in den nächsten Monaten halten müssen.
Letzte Bemerkung, weil Sie ja auch die Industrie angesprochen haben: Sie können sicher sein, dass die Sozialdemokraten in Bremen die Existenz bremischer Industriebetriebe genau im Auge hat und wir, bevor wir auch solche Regelungen treffen, das Ohr zumindest so weit an der Realität haben, Herr Kollege Kastendiek, dass wir uns auch mit dieser Frage – aber nicht öffentlich im Rahmen einer Parlamentssitzung, sondern so, wie es sich gehört, nämlich indem man es vernünftig untersucht – beschäftigt haben. Diese Gefahren, die Sie sehen, sehen wir gegenwärtig nicht. Wir stehen auch zu den Industriebetrieben, die sich im Bereich des Industriehafens angesiedelt haben, und wir sehen gegenwärtig nicht, dass durch unseren Koalitionsvertrag Konkurrenzvorteile oder Entwicklungsmöglichkeiten dort nicht berücksichtigt werden, da sind wir ziemlich sicher.
Im Koalitionsvertrag ist die Haltung Bremens gut beschrieben, und ich würde dringend empfehlen, das jetzt nicht nach Tagesform mit neuen Anträgen und neuen Beschlussfassungen zu interpretieren. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich gleich auf den Antrag der CDU und der FDP zu sprechen komme und dazu auch eine politische Bewertung vornehmen wer
de, lassen Sie mich zunächst noch einmal etwas zur Faktenlage sagen! Eben wurde schon richtig angesprochen, dass die jetzt geplante Weservertiefung ja nicht das erste Vorhaben dieser Art ist, denn seit dem Jahr 1880 wird die Weser stetig vertieft, immer weiter ausgebaut, und die Folgen dieser Weservertiefung sind ja auch bereits jetzt gut sichtbar.
Wenn gesagt wird, dass sie gut sichtbar sind, dann geht es nicht nur um die unmittelbaren Erkenntnisse, die wir auf den ersten Blick feststellen, sondern auch um Dinge, die erst auf den zweiten Blick deutlich werden, Frau Schaefer hatte es eben schon angesprochen: Die Fahrrinne wurde vertieft, die Strömungsgeschwindigkeit hat sich erhöht, auch die Salzfahne reicht durch den stärkeren Einfluss von Wasser weiter die Weser hinauf, der Tidenhub hat sich deutlich erhöht, und die weitere Befestigung und Kanalisierung ist auch allerorts sichtbar. Das betrifft auch den Hochwasserschutz und auch die Zuflüsse, zum Beispiel auch die Wümme, und das kann man nicht einfach wegdiskutieren.
Genau an der Stelle schließen auch die jetzigen Bauprojekte weiter an und hätten dort auch eine weitere Verschärfung der jetzigen Situation zur Folge, und dabei beziehe ich mich nicht nur auf ökologische Faktoren.
Natürlich bedeuten solche Eingriffe einen massiven Eingriff in die Ökosysteme und auch, dass die Versalzung des Wassers problematisch für die Landwirte ist, gerade auch in Niedersachsen. Natürlich bedeutet es auch, dass durch eine weitere Kanalisierung, Befestigung und Bebauung der Weserufer der Zugang zur Weser nicht nur für Anwohnerinnen und Anwohner, sondern auch für den touristischen Bereich erschwert wird. Das muss man bei solchen Fragen immer mit bedenken, ganz abgesehen von der weiteren Verschlickung nicht nur im Mündungsbereich, sondern auch in den Bereichen der Häfen und in den Seitenbereichen.
Auch das abfallende Niedrigwasser ist problematisch; auch darum geht es, nicht nur um die Hochwasserstände, sondern auch um die Niedrigwasserstände.
Es geht ja bei dem Projekt jetzt auch nicht darum, dass nur einmal für ein paar Wochen die Bagger auf der Weser unterwegs sind, denn wenn man eine Vertiefung vornimmt, dann muss diese auch regelmäßig durch Nachbesserungen aufrechterhalten werden. Die Sedimentierung nimmt durch eine höhere Strömungsgeschwindigkeit zu, und es müssen regelmäßig immer wieder Eingriffe in das Ökosystem stattfinden. Diese werden auch immer wieder finanziert durch die öffentliche Hand, in diesem Fall durch den Bund.
Was steht dann aber eigentlich hinter der Idee der Weservertiefung? Im Prinzip stehen hinter dem ganzen Problem die Konkurrenz der norddeutschen Hafenstädte und die Profitinteressen der Privatwirtschaft. Das muss man an der Stelle auch so benennen, und man muss dann auch überlegen, wie man damit umgehen kann.
Auf den ersten Blick haben wir also den Gegensatz von Ökologie auf der einen Seite und Ökonomie auf der anderen Seite, aber wir sollten über diesen Gegensatz mittlerweile schon anders diskutieren als noch vor einiger Zeit.
Wir müssen bei der Frage und bei diesem Gegensatz darüber sprechen, dass es unabsehbare Folgekosten gibt und die Politik die Verantwortung sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt hat, langfristige Entscheidungen zu treffen, und wenn dann immer von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit gesprochen wird, muss das auch an einer solchen Stelle wichtig sein und mitgedacht werden.