Ich will auch sagen, dass ich es als gutes Zeichen empfinde, dass aus der deutschen Politik – Bundesebene wie führenden Landesebenen – kein Name in diesen Panama-Papers aufgetaucht ist. Wir müssen uns häufig gegen Politikerschelte wehren, deshalb möchte ich deutlich sagen: Es ist ein positives Signal für unser Land, für Deutschland und die beteiligten Bundesländer, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Mein nächster Dank geht an Karoline Linnert, die uns in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses schnell deutlich gemacht hat, dass es zur Kanzlei Mossack Fonseca keinerlei Bezüge aus Bremen gibt, weder von den eigenen Betrieben noch von Bremen als Dienststelle noch von Beteiligungen des Landes. Auch dies ist ein gutes Zeichen für die Kultur in unserem Land.
Ich möchte zu diesem Thema noch etwas anderes sagen. Ich glaube, dass wir jetzt in einer Phase sind, wo wir die Diskussion versachlichen sollten. Nicht jede Auslandsbeteiligung ist automatisch eine Briefkastenfirma. In den letzten Tagen hat die SPD im Internet darunter leiden müssen. Gleich wurde gefragt: Haben Sie über Ihre Medien- und Verlagsbeteiligung, die ddvg, eventuell eine Briefkastenfirma in Hongkong?
Schnell konnte man nachlesen, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Firma gegründet wurde, um den Markt in China und Hongkong zu bearbeiten.
Nicht jede Briefkastenfirma, meine sehr verehrten Damen und Herren, dient automatisch der Verschleierung. Dafür gibt es gerade im Mittelstand Beispiele, der, wenn er sich aufmacht, Beteiligungen in neuen Ländern aufzubauen, meist klein anfängt.
Eine dritte Bemerkung muss erlaubt sein: Nicht jede Offshore-Firma ist automatisch durch Steuerflucht begründet. Gerade uns in einem Reedereistandort wie Bremen ist über Jahre die Praxis bekannt, dass man häufig Schiffe hat ausflaggen müssen, um bei den Personalkosten wettbewerbsfähig zu bleiben.
Vor diesem Hintergrund dient die Versachlichung der Diskussion auch dazu, dass wir uns der Frage stellen müssen, was zu tun ist. In erster Linie: Transparenz schaffen! Sie ist das A und O, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb wird es in Zukunft wichtig sein, dass die wahren Eigentümer von Auslandsbeteiligungen in einem Register, wie es jetzt vom Justizminister ins Gespräch gebracht wurde, veröffentlicht werden müssen. Mit Transparenz kann man Steuerflucht am besten bekämpfen.
In den letzten Jahren ist einiges dafür getan worden. Wir haben diverse internationale Kriterien geschaffen. Es gibt OECD-Standards und eine Reihe von bilateralen Steuerabkommen, Fiskalvereinbarungen, in denen man einheitliche Standards verabredet hat, die von mittlerweile 80 Ländern unterschrieben worden sind; knapp 20 wollen dem folgen. Ich denke, internationale Transparenz wird in den nächsten Jahren das A und O werden. Dort müssen wir mehr aufs Gaspedal drücken, es hilft nicht, nur ein Abkommen zu haben. Wenn es da ist, muss es auch gelebt, müssen entsprechende Informationen ausgetauscht werden.
Ich glaube, dass wir mit unserem Antrag eine gute Basis dafür gelegt haben. Es gibt mittlerweile eine Reihe weiterer Anträge, deshalb gerade mein Fehlstart, als ich zu früh zum Rednerpult gehen wollte. Ich hatte vergessen, dass zwei weitere Anträge aufgerufen werden. Mit ihnen werde ich mich in meinem zweiten Redebeitrag auseinandersetzen. – Ich bedanke mich herzlich für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Veröffentlichung der sogenannten Panama-Papiere hat ein Licht auf ein riesiges Schattenreich anonymer Briefkastenfirmen geworfen. Genau genommen ist es aber nur ein Lichtkegel, denn die Kanzlei Mossack Fonseca ist mit 300 000 gegründeten Briefkastenfirmen zwar der Marktführer bei dieser Art von Dienstleistung,
aber längst nicht der einzige Anbieter. Das Schattenreich der Briefkastenfirmen ist viel größer. Der amerikanische Ökonom und Rechtsanwalt James S. Henry hat akribisch untersucht, wie viel Vermögen in internationalen Offshore-Steueroasen verborgen wird – nicht investiert ist, sondern verborgen wird. Er kommt zu einem gigantischen Wert: zwischen 7,3 und 9,3 Billionen Euro. Um ein Gefühl dafür zu bekommen: Das entspricht dem, was die Bundesrepublik Deutschland als viertgrößte Wirtschaft der Welt in zwei bis drei Jahren insgesamt erwirtschaftet. Diesem parasitären System – darin sind wir uns sicherlich einig – muss das Wasser abgegraben werden. Die entscheidende Frage ist: Wie kann das am besten geschehen?
Ich möchte in meinem ersten Beitrag auf zwei Punkte eingehen, die das aufgreifen, was Jens Eckhoff angesprochen hat, aber die Probleme deutlicher zuspitzen. Der erste und wichtigste Ansatz ist, die Verschleierung von Unternehmensbesitz zu beseitigen. Dazu muss in jedem Land ein Transparenzregister geschaffen werden, in dem die wahren Eigentümer von Unternehmen eingetragen und offengelegt werden.
In genau diese Richtung zielt die vierte EU-Richtlinie zur Geldwäsche, die im vergangenen Jahr verabschiedet worden ist und 2017 in Kraft treten soll. Dieser richtige Ansatz aber – da liegt das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen – droht verwässert zu werden. Es gibt auch von deutscher Seite Bestrebungen, statt der wahren wirtschaftlichen Eigentümer, von denen Jens Eckhoff gesprochen hat, eine andere Angabe zu ermöglichen, nämlich die von Personen, die in der Leitung dieser Unternehmen sitzen und eben nicht die wahren Eigentümer sind. Wenn man das macht, ist abzusehen, dass man wieder ein Scheunentor für Scheindirektoren, Strohmänner und ein weiteres Verschleierungssystem öffnet, wie es bislang genutzt wird.
Wir fordern zugespitzt, dass im Transparenzregister die wahren wirtschaftlichen Eigentümer benannt werden müssen, also private Personen, denen diese Unternehmen letztlich gehören – egal, wie viele Trusts, Holdings oder sonstige Scheinfirmen dazwischengeschaltet sind.
Das Transparenzregister darf aber nicht selbst zu einem anonymen Konstrukt werden, in das nur einige Auserwählte Einblick haben. Es sollte öffentlich oder zumindest für Journalisten, Wissenschaftler und Nicht-Regierungsorganisationen zugänglich sein.
Die zweite Maßnahme, die Jens Eckhoff angesprochen hat, ist ein lückenloses internationales System des Datenaustausches zwischen Finanzbehörden. Ein
derartiges System wird derzeit aufgebaut, es wird einen automatischen Datenaustausch zu Kapitalerträgen, Kontoständen und Erlösen aus Veräußerungen geben. Dies wird ab 2017 ein Quantensprung in der Schaffung wahrer Transparenz sein. Bislang haben rund 80 Staaten unterschrieben, darunter auch eine Reihe von Steueroasen. Weitere wollen folgen, aber eine Reihe von Ländern verweigert sich nach wie vor – auch Panama.
Deshalb ist es richtig, dass weiter Druck ausgeübt und vor allem eine abgestimmte schwarze Liste von Staaten erstellt wird, die sich dem verweigern. Das muss dann auch mit Konsequenzen verbunden sein. Eine, die wir fordern, ist, dass deutsche und europäische Banken sowie ihre Niederlassungen im Ausland keine Geschäftsbeziehungen zu Firmen in Ländern unterhalten dürfen, die auf der schwarzen Liste stehen und nicht nachweislich Handels- oder Industrieunternehmen sind.
Wir müssen auch diejenigen ins Blickfeld heben, die diese Konstrukte überhaupt erst möglich machen: die Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Anwälte.
Auch sie sollten sich nicht an Steuersparmodellen mit Ländern auf der schwarzen Liste beteiligen dürfen.
Die dritte Maßnahme möchte ich zumindest kurz ansprechen: Wir müssen von Europa aus stark darauf hinwirken, dass sich die USA an diesem Austauschsystem beteiligen.
Bislang ist das ein einseitiger Austausch, obwohl die USA selbst in ihren Bundesstaaten einige der größten Steueroasen hat. Wir müssen dahin kommen, dass sie diese Standards übernehmen, das heißt vor allem, nicht nur Privatpersonen zu benennen, sondern insbesondere Firmen offenzulegen, hinter denen Privatpersonen stehen. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Enthüllungen der Panama-Papers haben das Zeug für gesellschaftlichen Sprengstoff. Die GeldwäscheIndustrie hat ein zweites Finanzsystem geschaffen,
das Mächtigen und Reichen erlaubt, sich Rechtstaat und Steuergerechtigkeit zu entziehen. Bei Otto Normalbürger muss der Eindruck entstehen, dass die Gesetze nicht für alle gleichermaßen gelten. Unsere gemeinsame Antwort kann nur lauten, Geldwäsche und Steuerflucht mit aller Konsequenz zu bekämpfen und dieses perfide Geld-Versteckspiel zulasten der Gesellschaft zu beenden, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich wegen des Ausmaßes den Beitrag des Kollegen Eckhoff aufgreifen. Den Respekt, den sich die Journalistinnen und Journalisten verdient haben, in diesem schwierigen, aber auch verdeckt arbeitenden und durchaus gefährlichen Bereich zu arbeiten und diese Vorgänge aufzudecken, kann man nicht oft genug ausdrücken.
Nur wenn wir entschlossen und glaubhaft handeln, können wir weiteres Misstrauen in den Staat, die Wirtschaft und die jeweiligen Führungskräfte verhindern. Der einzige Weg, diesen Steuersumpf trockenzulegen, führt über die Banken. Das FATCA-Abkommen in den USA wurde schon angesprochen. Wir müssen den Datenaustausch wesentlich umfangreicher gestalten, wenn man beim jetzigen Status überhaupt von einem Austausch und einer Wertigkeit der Daten, die man erhält, sprechen kann.
Das OECD-Abkommen wurde angesprochen. Es geht noch deutlich weiter als FATCA. Da sind wichtige Wege beschritten worden. Wir müssen auf nationaler Ebene Banken, die sich an dubiosen Geschäften beteiligen, sanktionieren. Aber machen wir uns nichts vor: Ein Staat allein ist gegen die globale GeldwäscheIndustrie machtlos. Die Offensive gegen Geldwäsche muss national, europäisch und global erfolgen. Nur so geht es auch dem stabilsten Briefkasten an das Fundament.
Wir Grünen sehen EU-Kommissionspräsident Juncker in der Pflicht, einen Aktionsplan gegen Geldwäsche und Briefkastenfirmen auf den Weg zu bringen. Wir würden uns wünschen, dass Deutschland seine führende Rolle in der G20 nutzt, um die Bekämpfung von Geldwäsche deutlich voranzubringen.
Aber – das gestatten Sie mir, Herr Kollege Eckhoff – die Panama-Papers deuten auch auf ein politisches Problem hin. Der Bundesminister der Finanzen hat die Probleme in diesem Bereich seit Jahren ignoriert. Es ist keine Neuigkeit, dass es Tausende von Briefkastenfirmen gibt. Seit Jahren ist auch bekannt, dass es diesbezüglich massive Defizite in Deutschland gibt. Financial Action Task Force, eine internationale Fachorganisation auf diesem Feld, hat 2012 und 2014 auf die massiven Defizite Deutschlands bei der Geldwäschebekämpfung hingewiesen. Das Bundes
kriminalamt, nun wirklich nicht im Verdacht, uns nahezustehen, hat mehrfach auf massive Probleme der Geldwäsche im Immobiliensektor hingewiesen. Minister Schäuble macht jetzt kurzfristig auf Aktionismus. Ein Zehn-Punkte-Plan, ein Gastbeitrag in der „Bild“-Zeitung – am Ende helfen uns keine Ankündigungen, sondern nur Taten, meine Damen und Herren.
Überhaupt, Minister Schäuble ist schon spannend. Arno Gottschalk hat auf das Transparenzregister hingewiesen, dessen Kommen jetzt durch den Bundesfinanzminister gelobt wird. Wenn man in der Historie zurückgeht und schaut, wer zu denen gehört, die das Transparenzregister bekämpft haben, und auch jetzt immer noch daran arbeitet, dass es nicht den Sinn und Zweck erfüllen kann, den wir uns wünschen, dann landet man bei demselben Herrn, der sich jetzt für das Transparenzregister feiern lässt. Viel heiße Luft aus meiner Sicht! Ich hätte mir ein früheres Handeln des Bundesfinanzministers gewünscht.
Über 350 000 Menschen haben eine Petition der europäischen Grünen-Fraktion unterzeichnet. Sie wollen, dass wir das Briefkastenunwesen wirksam bekämpfen und konkret etwas tun. Der Ansatzpunkt für die internationale Geldwäsche ist häufig unser Bankensystem. Ich glaube, dass wir, bei allen Bedenken, die es immer wieder gibt, gefordert sind, nicht nur Probleme zu beschreiben, sondern sie endlich auch zu lösen. Wir sind uns politisch einig, dass Transparenz das wichtigste Mittel hierfür ist, dass es Offenheit und eben keine Verschleierung braucht. Das Beste, das uns passieren kann, ist, dass wir, insbesondere auch im Bankensektor, diese Transparenz durchsetzen.
Die Finanzaufsichtsbehörde in Deutschland, BaFin, muss aus Grünen-Sicht neu aufgestellt werden. Wir wollen, dass sie sich dafür einsetzt, dass Banken eine Strafe zahlen müssen, wenn sie mit Unternehmen, mit Briefkastenfirmen aus Panama oder den Jungferninseln Geschäfte machen. So können wir es ökonomisch unattraktiv machen, dass man sich überhaupt in Schattengeschäfte hineinbegibt.
Bevor der Vorwurf erhoben wird: Mir geht es tatsächlich um Fälle, die Geldwäsche und Steuerbetrug im Ansatz haben, nicht um international agierende Firmen, die das alles rechtmäßig machen. Wir brauchen endlich eine schwarze Liste, auf der all die Länder stehen, die sich dem automatischen Austausch von Kontodaten verweigern. Wir müssen die Liste auch nutzen, um Geschäftsbeziehungen mit dort angesiedelten Banken zu unterbinden.