Protocol of the Session on February 24, 2016

Wir haben demgegenüber – auch das will ich betonen – durchaus gesagt, dass wir uns für öffentlich-rechtliche Mechanismen für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten aussprechen. Aus der Sicht der SPD macht es durchaus Sinn, dafür einen neuen Handelsgerichtshof auf internationaler Ebene zu etablieren, und zwar aus zwei Gründen. Wir müssen erstens davon wegkommen, dass, wie es heute der Fall ist, vor nationalen Gerichten und vor Schiedsgerichten pa

rallel geklagt wird, wie es beispielsweise Vattenfall im Fall des deutschen Atomausstiegs macht. Zweitens, auch das zeichnet sich ab: Je mehr Europa und Nordamerika zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum zusammenwachsen, desto mehr werden die unterschiedlichen Rechtssysteme aufeinanderprallen.

(Glocke)

Die transatlantischen Konflikte und Rechtsstreitigkeiten – das ist jedenfalls zu erwarten – werden absehbar zunehmen. Es dürfte deshalb besser sein, für deren Beilegung eine internationale Plattform zu schaffen, statt alles auf nationale Gerichte zu verlagern, die oftmals ohnehin überfordert sind oder wo dann Kohorten von Rechtsanwälten auftreten.

(Zuruf CDU: War das Kritik an Rechtsanwälten?)

Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen! – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach Menschenrechtsfragen in der Türkei unterhält sich die Bremische Bürgerschaft jetzt also über TTIP. Ich fühle mich da fachlich nicht so richtig auf der Höhe, denn ich habe den Vertragsentwurf nicht gelesen. Hat das einer von Ihnen getan? Ich gehe nicht davon aus! Die Qualität der bisherigen Beiträge untermauert das, denn außer Plattitüden haben wir nichts gehört.

Wir haben das Hohelied auf die freie Marktwirtschaft gehört. Wir haben Präferenzen zum Thema Planwirtschaft gehört. Wir haben jede Menge Halbwissen und Vorurteile gehört.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Was hören wir jetzt?)

Von Schiedsgerichten beispielsweise rückt die EU mittlerweile ab. Verhandlungsposition der EU ist mittlerweile, einen internationalen Investitionsgerichtshof einzuführen. Das Thema Verbraucher- und Umweltschutz ist nach meiner Information bereits in den Verhandlungen implementiert. Das heißt, TTIP wird offensichtlich Positionen beinhalten, die es den Staaten erlauben, Verordnungen und Regeln zu erlassen, die dem Allgemeinwohl dienen, wie Umweltschutz, Verbraucherschutz, Arbeitsschutz.

Den einzigen wirklich sinnvollen Punkt in dieser Debatte habe ich von Herrn Rupp gehört, der zu Recht angeprangert hat, dass das gesamte Vertragswerk komplett intransparent ist. Wir alle können es nicht sehen, können es nicht lesen, können es nicht reflek

tieren. Wir können es nicht mit unseren Fachleuten diskutieren. Das ist der eigentliche Punkt.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Weil Sie keine Fach- leute haben!)

Nein, nein! Wir sind ja nicht die FDP!

(Heiterkeit)

Es bleibt also die Forderung, diesen ganzen Prozess für alle Parlamentarier transparenter zu machen, nicht nur für die Bundestagsabgeordneten, nicht nur für die Europaparlamentarier.

Was die Diskussion hier heute angeht, erinnert sie mich so ein bisschen an einen Verein von Blinden, die sich über die Farben des Regenbogens unterhalten. Ich selbst weiß zwar, dass der Einäugige der König unter den Blinden ist, aber an dieser Stelle sehe auch ich nicht klar. Deswegen werde ich jetzt einen Kaffee trinken und mich bei der Abstimmung enthalten. – Vielen Dank!

(Beifall ALFA)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte da weitermachen, wo ich vorhin aufgehört habe, bei den Schiedsgerichten. Dazu haben wir festgestellt: Sinn dieser Schiedsgerichte ist, im Wesentlichen auf zukünftige entgangene Gewinne zu klagen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Jetzt hat Herr Dr. Hilz eine Frage.

(Glocke)

Herr Rupp, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Professor Dr. Hilz zu?

Selbstverständlich! Mit Fachleuten setze ich mich gern auseinander.

Bitte, Herr Professor Dr. Hilz!

Herr Rupp, vielen Dank, dass Sie endlich eine meiner Zwischenfragen zulassen! Ich frage Sie: Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass vor internationalen Schiedsgerichten 44 deutsche Unternehmen gegen ausländische Regierungen klagen, während nur drei ausländische Unternehmen gegen die deutsche Regierung klagen?

Ich habe die Zahlen gelesen, aber das ändert nichts an meiner Einschätzung zu der Frage: Wogegen und gegen was klagen sie eigentlich? Die Beispiele, die ich habe, machen mich unruhig.

(Beifall DIE LINKE)

Was mich auch unruhig macht, ist: Es dürfen deutsche Firmen bei Schiedsstellen im Ausland und ausländische Firmen gegen uns klagen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Es sind internatio- nale Stellen!)

Deutsche Unternehmen dürfen dann vor diesen Schiedsgerichten hier in Deutschland nicht klagen. Sie sind also schon einmal ausgegrenzt. Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertreter dürfen vor solchen Gerichten nicht klagen. Es dürfen nur ausländische Firmen in Deutschland klagen, wenn ihnen scheinbar Gewinne entgangen sind. Das finde ich zumindest zu kurz gedacht, wenn nicht fragwürdig.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Rupp, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu?

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Ich habe keine wei- tere Zwischenfrage! Ich wollte mich nur bedanken und mich dann wieder hinsetzen, wenn ich darf!)

Okay, dann dürfen Sie sich setzen!

(Heiterkeit)

Es wird also nicht dadurch besser, dass es das schon gibt. Die Einschätzung des Richterbundes, dass solche Institutionen schlicht überflüssig sind, teilen wir. Deswegen finden wir es auch richtig, wenn es sie nicht gibt.

Ich will noch eine Frage stellen, vielleicht auch an die FDP. Ich habe mir jetzt immer die Frage gestellt: Wie ist es eigentlich, wenn man Standards angleicht? Wenn wir zum Beispiel den Briten sagen würden: Wisst ihr was, wenn ihr auf der rechten Seite fahren würdet, hätten wir viel weniger Kosten, weil wir keine Rechtslenkerautos zu bauen bräuchten. An welcher Stelle entstehen jetzt mehr Arbeitsplätze? Rechtslenkerautos müssen konstruiert, umgesetzt, gebaut werden. Es braucht zusätzliche Ersatzteile.

(Abg. Gottschalk [SPD] meldet sich zu einer Zwischen- frage.)

In diesem Fall würden beim Bau eines Autos Kosten gesenkt, aber die Wahrscheinlichkeit, dass bei Stan

dardabsenkungen Arbeitsplätze verschwinden und nicht entstehen, halte ich persönlich für größer, als dass mehr Arbeitsplätze entstehen.

Herr Rupp, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gottschalk zu?

Selbstverständlich, Fachleuten höre ich immer gerne zu!

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Sie sollen aber nicht zu- hören, sondern antworten!)

Herr Rupp, Ihr Beispiel mit dem Verkehr ist sehr schön. Ich glaube, Sie haben das Verfahren in diesem Punkt auch noch nicht richtig verstanden.

(Heiterkeit)

Es soll eine Zwischenfrage sein!

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Meine Redezeit ist limitiert!)