Kommen wir nun zu den einzelnen Beschlusspunkten des Antrags! Ich zitiere: „Die sprachliche Integration der Flüchtlinge als Voraussetzung für gesellschaftliche und kulturelle Partizipation unter anderem dadurch sicherzustellen, dass die Volkshochschulen dem Bedarf entsprechende, zusätzliche Personalressourcen für Deutschkurse zugewiesen bekommen.“ Dieser Punkt ist von zentraler Bedeutung. Die Volkshochschule leistet hier sehr gute Arbeit, aber die personelle Ausstattung ist zu knapp bemessen. So entstehen viel längere Wartezeiten für Sprachkurse, teilweise bis zu einem Jahr, und das, obwohl wir alle wissen, wie wichtig es ist, von Anfang an die Möglichkeit zu erhalten, die Sprache zu lernen, um in Bremen richtig anzukommen.
Übrigens wird das Personalproblem vor allem auch durch die schlechte Vergütung der Honorarkräfte verschärft. So wird es für viele attraktiver, in die Schule oder in die Verwaltung in eine feste Anstellung zu wechseln, anstatt auf Honorarbasis diese wichtige Arbeit zu leisten. Gerade vor diesem Hintergrund sollte man endlich eine Erhöhung der Honorare fest ins Auge fassen, denn ein Honorar von 20 Euro bis 26 Euro brutto ist für die geleistete Arbeit einschließlich der Vor- und Nachbereitungszeit schlicht und ergreifend zu wenig.
Wir haben aber hier nicht nur ein Personal-, sondern auch ein Raumproblem. Die Volkshochschule braucht dringend neue Räumlichkeiten, um wirklich ausreichend Sprachkurse anbieten zu können. Auch an dieser Stelle ist es notwendig, dass der Senat nachjustiert.
Zu den Beschlusspunkten zwei und drei! Natürlich halten auch wir es für sinnvoll, weiterhin mit den Kulturschaffenden in Bremen in den Diskurs zu gehen, wie die Angebote für Geflüchtete geöffnet werden und wie sie selbst zu Kulturschaffenden in Bremen werden können. Ich möchte aber auch betonen, dass die Kulturschaffenden in Bremen da schon eine hervorragende Eigeninitiative gezeigt haben und selbstständig aktiv geworden sind, um ihre Einrichtungen für Geflüchtete zu öffnen.
Um nur wenige Beispiele zu nennen: Wir halten unter anderem Angebote wie den Tag der offenen Tür der Kunsthalle für sinnvoll, der für alle Menschen in Bremen offen war, ein niedrigschwelliges Angebot unterbreitet, aber explizit auch Geflüchtete in den Übergangswohnheimen angesprochen hat.
Oder die Musikschule Bremen, die jetzt mit einem internationalen Jugendchor beginnt, der für alle Kinder und Jugendlichen offen ist, aber genauso auch ausdrücklich mit verschiedensprachigen Flyern in den Flüchtlingsunterkünften wirbt!
Was will ich damit sagen? Angebote, die explizit offen für Geflüchtete sind, aber alle Menschen in Bremen ansprechen, sind für uns das geeignete Mittel, um Integration voranzutreiben und kulturelle Teilhabe nicht nur für Geflüchtete zu stärken.
Ich komme zum Schluss! Viele Angebote, die bisher von den Kulturschaffenden und den Initiativen gemacht wurden, funktionieren eben gerade nur, weil es solch ein ausgesprochen starkes ehrenamtliches Engagement gibt. Wenn diese Angebote aber auch mittelfristig weiter funktionieren sollen, dann gelingt das nur, wenn sie mit zusätzlichen finanziellen Mitteln auch unterfüttert sind, damit kulturelle Angebote und Deutschkurse auch wirklich zur Verfügung stehen.
Wir hoffen, dass der Senat diesen Antrag der Regierungskoalition wirklich ernst nehmen und ihn auch finanziell untermauern wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben schon viele Debatten darüber geführt, wie viele Menschen sich um die Grundbedürfnisse von Menschen kümmern, die zu uns kommen, hierher geflüchtet sind und auf ein besseres Leben hoffen.
Sie kommen aus einem Leben in Eigenverantwortung und sind hier zunächst auf die Unterstützung durch den Staat angewiesen. Sie konnten eigenverantwortlich leben. Sie wollen es wieder, und dazu müssen wir sie befähigen, wir müssen ihnen die Möglichkeiten geben. Zum menschlichen Leben gehört mehr als nur die Befriedigung der Grundbedürfnisse. Kultur ist ein Teil davon. Wir leben alle in unseren unterschiedlichen Kulturkreisen mit all unseren unterschiedlichen Erlebnissen. Auf der anderen Seite wirkt die Kultur nachhaltig.
Ich konnte das erleben. Ich war im Jahr 2014 in Japan. Dort war vor knapp 100 Jahren eine Gruppe deutscher Kriegsgefangener interniert. Sie durften dort ihre Kultur leben. Sie haben ein Symphonieorchester gegründet und Beethovens neunte Sinfonie nachweislich erstmalig auf japanischem Boden aufgeführt. Das hat geprägt.
Warum erzähle ich das? Ich finde den Aspekt wichtig, dass wir nicht nur wollen, dass unsere Kultur den Menschen bekannt wird, die zu uns gekommen sind, sondern auch sie ihre Kultur leben und pflegen können, um zu schauen, was davon passt und was sie erhalten wollen, denn das prägt.
Es ist doch nicht so, dass unsere Kultur zwingend an allen Stellen besser ist, als die der anderen. An vielen Stellen, bei Werten ist es unzweifelhaft, verteidigen wir unsere Werte und stehen dort. Dies ist aber nicht für jeden Aspekt der Kultur zwingend.
Ich habe von Japan gesprochen. Es ist vielleicht nicht allen klar, aber es ist dort wie in Großbritannien: Die Menschen fahren dort für uns auf der völlig falschen Seite. Der Rechts- oder Linksverkehr ist lediglich der Ausdruck einer unterschiedlichen Kultur. Ich kann Ihnen sagen, wenn man sich an den Linksverkehr gewöhnt hat, dann funktioniert sogar beides.
Kunst und Kultur sind etwas Besonderes. Wir müssen sehen, dass nicht nur die Geflüchteten hier sind. Ich habe in einer anderen Debatte vorhin darauf hingewiesen, dass circa 30 Prozent Menschen bei uns leben, die einen Zuwanderungshintergrund haben. In den Grundschulen haben mehr als 50 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. Sie haben ihre eigene Kultur. Sie leben zu Hause nach ihrer eigenen Kultur. Sie haben ihre Erfahrungen.
Schauen Sie sich die Hochschule für Künste und die Studierenden an, die aus den unterschiedlichsten Ländern stammen, an. Manche sind nur zu uns gekommen, um zu studieren und anschließend in ihr Heimatland zurückzukehren. Andere bleiben bei uns, weil ihnen das Leben hier gefällt. Sie führen Ausstellungen und Konzerte durch und bereichern damit unsere Kunst- und Kulturszene. Ich möchte sie gar nicht missen, wenn ich beispielsweise an meine bulgarischen Freunde und an ihre Bilder, die wir bei ihnen
gekauft haben, denke. Es ist einfach ein Genuss zu sehen, auf welche Weise die Bremer Kunst- und Kulturszene bereichert wird und dass wir mit den Studierenden und den Künstlern gemeinsam in dieser Stadt leben, die zu uns gekommen sind.
Insofern ist die Kultur eine Chance, und dieser Antrag ist eine Chance! Es gilt, die Möglichkeiten zu nutzen.
Wenn sich dann die Frage nach Räumlichkeiten stellt: Ich weiß, dass zum Beispiel viele Kirchengemeinden und Moscheen in der Lage und willens sind, Räume zur Verfügung zu stellen, weitere Kurse und eine weitere Zusammenarbeit anzubieten. Wir müssen den Schritt vom Kümmern hin zum Ertüchtigen machen. Wir müssen die Leute dazu bringen, wieder ihre eigene Kultur zu leben und mit uns ihre Kultur zu leben.
Das bereichert uns und befähigt uns dazu, die Transkulturalität zu begreifen und unser Können entsprechend zu erweitern. Insofern werden wir natürlich zwingend einen kulturellen Wandel erleben, aber machen wir uns nichts vor, der Wandel ist permanent, und er war auch schon vorhanden. Ich glaube, so, wie wir in den Fünfzigerjahren in Deutschland gelebt haben, haben wir weder in den Siebzigerjahren, die ich schon miterleben durfte, noch in den Achtzigerjahren, noch heute gelebt.
Das Parlament hat ebenfalls einen kulturellen Wandel vollzogen, wenn man sich die Mitglieder dieses Hauses in den letzten Jahren anschaut. Scheuen wir uns also nicht vor dem Wandel, sondern nehmen ihn aktiv an, verteidigen unsere Werte und freuen uns auf ein spannendes Zusammenleben mit vielen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es tut uns leid, aber wir werden dem Antrag nicht zustimmen. Er ist die Verschwendung von bedrucktem Papier.
Meine Damen und Herren, was machen Sie mit diesem Antrag, den Sie im November vorgelegt haben? Sie schreiben etwas. Ihr Senat legt im Übrigen zwei Monate später ein Integrationskonzept vor, mit dem Sie bisher keinen Schritt weitergekommen sind.
Allein der Bereich des Spracherwerbs! In der Sache haben Sie völlig recht damit, dass die Volkshochschule gestärkt werden muss, aber – Entschuldigung, ich sage es einmal aus der Sicht der Opposition – Sie regieren, und Sie hätten schon lange etwas unternehmen können. Sie reden nur, Sie tun aber nichts! Das ist die Schwäche Ihres Antrags.
Im Integrationskonzept des Senats steht dann auch noch, dass ein Sprachgipfel durchgeführt werden soll. Wenn der Schneegipfel nicht schon am Anfang des Jahres die Schlagzeilen gefüllt hätte, dann wäre der Sprachgipfel sicherlich das Highlight gewesen. Tun Sie es einfach, meine Damen und Herren, stützen Sie die Volkshochschule, stärken Sie die Dozenten!
Wir können doch einmal, Frau Kappert-Gonther, das wäre doch viel schöner, darüber reden, aus welchen Gründen eigentlich Frau Senatorin Bogedan dem Kulturressort jetzt auch noch die Sprachdozenten für den Erwachsenenbereich aus der Volkshochschule stiehlt! Es kann doch nicht der Sinn der Sache sein, dass das eine Ressort dem anderen Ressort etwas wegnimmt. Schön für die Schüler, schade für die Erwachsenen! An der Volkshochschule fehlen künftig die Dozenten, weil Sie sich offensichtlich darum nicht gekümmert haben. Werden Sie doch einmal konkret!
(Beifall CDU – Abg. Frau Dr. Kappert-Gonther [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Das sind doch keine Marionet- ten!)
Dann der Aufruf gegenüber der Bremer Kulturszene! Meine Damen und Herren, bevor Sie sich überhaupt Gedanken gemacht haben, den vorliegenden Antrag zu formulieren, gab es bereits etliche Initiativen. Wenn es irgendwo ein Bemühen gibt, einen Austausch herstellen zu wollen, dann sind es die Künstler und Kulturschaffenden, denen Sie keinen Antrag und keinen Diskurs überstülpen müssen, denn sie fühlen sich von Ihnen eher belästigt.