Protocol of the Session on December 9, 2015

In der Debatte zum Bündnis für Wohnen – wenn ich es richtig in Erinnerung habe – hat entweder der Bürgermeister oder der Bausenator, aber auf jeden Fall einer der beiden einladenden Herren, gesagt, die Problematik dürfe nicht auseinanderdividiert werden, es gebe kein spezielles Programm für Menschen, die eine Zuflucht suchten, sondern die Problematik müsse im Rahmen einer Gesamtstrategie gelöst werden. Diese Auffassung teile ich, sie ist vollkommen richtig.

Aus der Antwort des Senats, die das Sozialressort erarbeitet hat, ergibt sich, dass der Senat bei Zwangsbelegungen nach wie vor anstrebt, auf dem Verhandlungsweg mit den Eigentümern Lösungen zu finden. Das, finde ich, ist absolut richtig. Das mag zwar ein Stück weit beschwerlich sein, aber der von der Sozialsenatorin bei einem Treffen in der Handwerkskammer mit Haus & Grund begonnene Dialog ist aus meiner Sicht der richtige Weg. Wenn wir sehen, dass wir hier in unserer Stadtgesellschaft für die Menschen schon einige Schritte vorangekommen sind, um dieses Bündnis zu erweitern, dann finde ich es absolut plausibel und richtig.

Zusammengefasst: Für mich ist es wichtig, dass das Angebot des Senats ernst genommen und dass es allen Fraktionen, allen Initiativen und allen Akteuren unterbreitet wird. Es sollten alle auf dem Wohnungsmarkt Tätige diskutieren. Wir sollten das aufnehmen, und ich finde, das von Ihnen Angesprochene gehört genau zu diesem Komplex.

Ich finde es auch sehr interessant, dass wir im Januar – wenn ich es richtig sehe – die vielen Facetten des Wohnungsbaus debattieren und Beschlüsse zu

fassen haben werden, und zwar im Zusammenhang mit den von Ihnen vorgetragenen Vorstellungen. Ich glaube, der Senat und die Koalition haben hier einen richtigen Aufschlag gemacht, und sie haben aufgezeigt, wie die Probleme bearbeitet werden können. – Ich bedanke mich!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bücking.

Zunächst, finde ich,

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Herr Präsident, meine Da- men und Herren!)

kann man zur Ehrenrettung von Frau Bernhard daran erinnern, dass die Große Anfrage aus dem September stammt und dass wir zu diesem Zeitpunkt in der Tat alle den Atem angehalten und uns gefragt haben, wie das Problem bearbeitet werden könne. Ich finde es in diesem Zusammenhang dann völlig legitim, danach zu fragen, ob alle erforderlichen Instrumente vorhanden sind.

Ich erinnere daran, dass wir bereits am 10. Oktober daraus die Schlussfolgerung gezogen und beschlossen haben, das bestehende Gesetz um das Instrument zu erweitern, dass wir Immobilienflächen, die größer als 300 Quadratmeter sind, beschlagnahmen können, wenn es unbedingt sein muss. Das ist der Stand der Dinge. Manchmal ist es nun leider so, dass die Antwort auf eine Große Anfrage nicht unbedingt mit der Entwicklung Schritt hält und dass ab einem gewissen Zeitpunkt mit einer gewissen Freiheit über ein Thema geredet werden kann.

In diesem Zusammenhang finde ich allerdings die Vermutungen interessant, die Frau Bernhard hier zum Thema konstruiert hat. Sie sagt: Wir haben einmal eine Unterbringung, Sie zitiert im Grunde genommen das Wort, das in den Unterlagen des Sozialressorts benutzt wird, wenn es darum geht, Plätze für die Unterbringung zu finden. Sie unterscheidet dann und sagt, das seien keine Wohnungen. Damit hat sie völlig recht. Sie schlussfolgert dann weiter und sagt, damit sei das Grundrecht auf Wohnen noch nicht erfüllt. In der Tat, dazwischen ist noch Luft, aber es ist auch keine Obdachlosigkeit. Bis jetzt – und das ist ein riesiger Verdienst des Senats und der Koalition – ist es in Bremen im Hinblick auf die Flüchtlinge gelungen, Obdachlosigkeit zu vermeiden, und das ist anderen Kommunen nicht gelungen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wer immer von Ihnen in einem Flüchtlingsheim oder in einem der Zelte gewesen ist, der weiß, dass dort keineswegs Zustände sind, mit denen man sich zu

friedengeben darf. Sie sind ein Notbehelf, und so heißen sie auch! Der Senat und die Koalition fassen deshalb Beschlüsse, um diese Form der Unterbringung zu überwinden. Es ist doch aber weltfremd, wenn man das ohne die Betrachtung der Möglichkeiten einfordert, denn es geht ja nur Schritt um Schritt. Jetzt geht es darum, die verbesserte Form der Unterbringung, der Behausung und des Wohnens zu ermöglichen.

(Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Ich bitte Sie, ganz kurz mit Ihrer Zwischenfrage zu warten, ich möchte meinen Gedanken zu Ende führen!

Wir sind nicht der Meinung, dass man mit den Mitteln der Zwangsbelegung und der Sicherstellung in dem von Ihnen beschriebenen Sinn Wohnraum organisieren kann, Frau Bernhard, also Wohnungen, wie sie im bürgerlichen Sinn allen zu wünschen sind, sondern damit kann man bestenfalls einen Baumarkt, eine Fabrikhalle oder eine Büroetage akquirieren, die man dann umbauen muss, damit sie als vorübergehende Unterkünfte geeignet ist, und um diese Fälle geht es. Wir können, finde ich, eher damit zufrieden sein, dass wir diese Instrumente noch nicht in Anspruch nehmen mussten, denn es geht doch gerade darum, alles dafür zu tun – und deswegen sind sie auch subsidiär anzuwenden –, das Problem auf anderen Wegen zu lösen. Das muss dringend gemacht werden, weil wir ein Interesse daran haben, kooperationsfähig zu bleiben,

(Glocke)

und zwar mit allen Immobilieneigentümern, mit allen Bauunternehmern und mit allen privaten Vermietern, die wir gerade dafür gewinnen wollen, auch auf dem Feld des Wohnungsmarkts die Integration gemeinsam zu organisieren. Wir sollten es deshalb um Gottes willen so lange wie möglich vermeiden. Wir setzten die Instrumente ein – und darauf können Sie sich verlassen –, wenn es unausweichlich ist. Sie sind auch ein Argument in den Verhandlungen, wenn es darauf ankommt.

(Glocke)

Herr Abgeordneter Bücking, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Leonidakis zu?

Mit dem größten Vergnügen!

Bitte, Frau Leonidakis!

Herr Kollege, Sie haben eben gesagt, der Senat tue alles, und die Situ

ation gebiete es, dass alles getan werde. Sind Sie bereit anzuerkennen, dass die Bürgerschaft durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, einen Beschluss zu fassen, nach dem es möglich gewesen wäre, Wohnungen unter 300 Quadratmetern zu beschlagnahmen, sodass früher Wohnraum zur Verfügung gestanden hätte?

Sind Sie weiterhin bereit anzuerkennen, dass das Bündnis „Refugees Welcome“ gerade letztes Wochenende auf leer stehende Wohnhäuser aufmerksam gemacht hat?

Sind Sie darüber hinaus bereit anzuerkennen, dass bis heute kein entsprechendes Wohnhaus beschlagnahmt worden ist, denn es gibt auch Häuser mit über 300 Quadratmetern Wohnfläche? Das Gesetz ist bisher noch nicht angewendet worden. Meines Wissens wurde bisher erst ein Mietvertrag unter Hinweis auf das Gesetz abgeschlossen. Können Sie dazu auch noch etwas sagen?

Gern! Wir sind sehr damit einverstanden, dass bisher niemand auf die idiotische Idee gekommen ist, Wohnungen zu beschlagnahmen, denn das wäre der Situation nicht angemessen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

In Bremen sind 285 000 Wohnungen vorhanden. Die Eigentümer der Wohnungen müssen wir dafür gewinnen, einen Teil dieses Wohnraums an Flüchtlingsfamilien zu vermieten. Was glauben Sie denn, was auf der Jahreshauptversammlung von Haus & Grund passieren würde, wenn sich Senatorin Stahmann oder andere dabei erwischen ließen, nach einzelnen Wohnungen zu greifen? Das ist doch Kinderkram! Das ist doch weltfremd! Wer die Verantwortung hat, in drei Jahren 30 000 Menschen auf diesem Wohnungsmarkt unterbringen zu müssen, der kann nicht auf diese unsinnige Idee kommen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Herr Bücking, Ihre Redezeit ist lange abgelaufen. Bitte kommen Sie zum Schluss!

So kann es kommen.

Ach, das war der Schluss? – Gut, hervorragend!

(Heiterkeit)

Dann hat als nächste Rednerin die Abgeordnete Frau Steiner das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für uns liegt es auf der Hand, mit dieser Anfrage instrumentalisiert DIE LINKE das Un

terbringungsdilemma, um den Weg für weitere staatliche Zwangsmaßnahmen frei zu machen, um vor allem die Rechte des Einzelnen immer weiter einzuschränken.

(Beifall FDP, CDU)

Die Freien Demokraten werden sich jedenfalls weiterhin für den freiheitlichen Grundgedanken einsetzen und sind entschieden gegen die Beschlagnahme und Zwangsbelegung von privatem Eigentum. Das ist der völlig falsche Weg, den Sie einschlagen wollen. Glücklicherweise schützt das Grundgesetz das Eigentum. Diesem Grundsatz können Sie nicht widersprechen und ihn auch nicht einfach so wegwischen. Das wird nicht klappen.

Die Antwort zeigt jedenfalls, dass in den letzten Jahren sehr viele Versäumnisse im Bereich des Wohnungsbaus entstanden sind. Diese Versäumnisse sollen jetzt nach Ihrer Auffassung die Grundbesitzer ausbügeln, aber es gibt genügend andere Alternativen. Die vorliegende Liste des Senats über freie öffentliche Gebäude ist äußerst umfassend.

(Abg.Tuncel [DIE LINKE]: Welche?)

Da fragen wir uns schon, warum lieber Immobilienbestand verkauft wird, anstatt genau hinzuschauen, ob das eine oder andere Gebäude zur Unterbringung geeignet ist und dazu genutzt werden kann.

Nach eigenen Angaben des Senats sind in öffentlichen Gebäuden nach wie vor mehrere Tausend Quadratmeter Fläche frei, die noch nicht für die Flüchtlingsunterbringung geprüft worden sind, zum Beispiel etwas in Vegesack oder an der Adresse Osterhop 90. Wir hielten es für viel sinnvoller, genauer hinzuschauen, ob dort eine Unterbringung möglich wäre.

Das eigentliche Problem – da sind wir uns, glaube ich, einig – ist das mangelnde Wohnraumangebot in dieser Stadt. So kann es nicht weitergehen, sondern wir sollten endlich die Debatte beenden und anfangen, Wohnraum zu schaffen und das Bauen fördern.

(Beifall FDP)

Wir brauchen in der Stadt, in dem Land Bremen viel mehr Wohnraum, und das nicht allein geschaffen vom Staat, sondern auch von privaten Investoren. Deswegen gilt es nach wie vor für uns, Hürden abzubauen und Anreize für das Bauen zu schaffen, denn dann wissen wir nicht nur unsere eigenen Bürgerinnen und Bürger, sondern auch all die hilfsbedürftigen Menschen hier im Land gut unterzubringen.

(Beifall FDP)

Als Letztes dazu: Wir sehen es als einen guten und richtigen Weg an, lieber auf Kommunikation und auf

Lösungsorientierung zu setzen, als den Weg des Zwangs einzuschlagen. Deswegen begrüßen wir diesen Weg, der weiterhin so gegangen werden sollte. – Danke!