Protocol of the Session on February 18, 2015

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grobien.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das dritte Hochschulreformgesetz in der ersten Lesung ist der Inhalt, über den wir hier gerade reden. Es ist schon bemerkenswert, wie zügig der Senat arbeiten kann, wenn er Dinge vor dem Ende der Legislaturperiode noch unbedingt durchsetzen möchte. Die in den letzten Jahren groß angekündigte Hochschulnovelle ist in der vorliegenden Form zu einer Mini-Novelle geworden, spart viele wichtige Sachverhalte und Themen aus und wird jetzt im Galopp von Rot-Grün beschlossen. Das Verfahren wirkt streckenweise etwas befremdlich.

Anfang Januar wurde der Entwurf den Institutionen und den öffentlichen Stellen, die zur Stellungnahme berechtigt sind, mit der Bitte um Rückäußerung in einer Bearbeitungsfrist von sage und schreibe 14 Tagen zugeleitet. Der Frage, wie die Hochschulen mit ihrem breiten Beteiligungssystem innerhalb ihrer Gremien eine sinnvolle Diskussion bewerkstelligen sollten, hat sich in der Wissenschaftsbehörde vielleicht keiner richtig gestellt. Also eine Basisdemokratie wie sie im Buche steht? In der letzten Woche dann die Senatsbefassung und direkt eine Woche darauf die erste Lesung. Die nächste Woche, auch sehr zügig, die Anhörung im Wissenschaftsausschuss und dann auch schon die zweite Lesung. Wenn an

dere Themen im Senat auch so zügig behandelt werden würden, hätten wir unter Umständen so manche Sorge weniger.

(Beifall bei der CDU)

Allerdings ist diese Geschwindigkeit in erster Linie auch dadurch möglich geworden, weil Sie sich beim Dritten Hochschulreformgesetz über alle Einwendungen einfach hinwegsetzten. Proteste der Dekane, Rektoren, des Hochschulverbands, das alles scheint nicht sonderlich zu beeindrucken. Ein rotgrünes Projekt, das Einigkeit im Senat demonstrieren soll, Einigkeit, die jedoch an so vielen anderen Stellen durchaus zu wünschen übrig lässt? In der Vorlage heißt es bereits im ersten Satz, dass es um die Umsetzung von Prüf- und Regelungsaufträgen der Bremischen Bürgerschaft geht. Dass Sie Ihren eigenen Prüfaufträgen zugestimmt haben, ist nun nicht weiter verwunderlich, gleichsam wird es Sie vermutlich nicht groß verwundern, dass wir bei unserer ablehnenden Haltung bleiben, denn unsere Bedenken, insbesondere gegenüber der gesetzlichen Verankerung der Zivilklausel und den von Ihnen angedachten Transparenzregeln, sind keineswegs ausgeräumt. Im Gegenteil, der große Widerstand aus der Wissenschaft und der Wirtschaft hat uns in unserer Position bestätigt! Wir unternehmen alle große Anstrengungen, den Transfer aus der Wissenschaft und der Wirtschaft zu fördern, und wir sind froh, dass es in Bremen zahlreiche Kooperationen und Partnerschaften zwischen der Universität, den Hochschulen und Unternehmen gibt. Die Drittmittelquote bei der Finanzierung der Hochschulen ist auch mit 30 Prozent enorm und erfreulich. Natürlich hat eine offene Gesellschaft Anspruch auf Transparenz und Offenheit, wie es die Senatorin – heute zu lesen im „Weser-Kurier“ – sagt. Wir sind auch für Transparenz, aber Grenzen der Offenlegungspflichten etwas ausgiebiger zu diskutieren, das muss ja wohl erlaubt sein. Sie täten gut daran, sich ernsthaft mit den unterschiedlichen Argumenten auseinanderzusetzen, statt einfach ein primär ideologisch gesteuertes Projekt durchzupeitschen. In der kommenden Woche tagt der Wissenschaftsausschuss mit der öffentlichen Anhörung. Wie schon beim Wissenschaftsplan 2020 darf man wahrscheinlich kurz seine Bedenken im Galopp vorstellen, Rot-Grün wird nicken, die Bedenken ignorieren und sich darüber hinwegsetzen. Wir sind ja erst in der ersten Lesung, und eine voll umfängliche, inhaltliche Auseinandersetzung und Debatte mit dem Gesetz wird mit den Erkenntnissen der Anhörungen ja im Rahmen der zweiten Lesung noch erfolgen. Aber eines ist für uns schon deutlich: Die Exzellenz der Bremer Hochschulen zu sichern und auszubauen, das geht mit diesem Gesetz sicher nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Einschränkungen der Forschungsfreiheit, die sogar verfassungsrechtlich bedenklich sind.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Quatsch!)

Eine hundertprozentige Transparenz auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit und der Aufbau weiterer bürokratischer Hemmnisse stehen nicht für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Exzellenz Bremischer Hochschulen. Deswegen lehnen wir den Entwurf auch ab! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen: Gestern Abend wurde das neue Jahrbuch der Universität vorgestellt. Auf der Veranstaltung war ich nach der Stadtbürgerschaft als einzige aus dem politischen Raum anwesend, und natürlich musste ich Fragen des Rektorats zum Thema Transparenz beantworten. Es ist ja hinlänglich auch öffentlich diskutiert worden, dass man das nicht so gern möchte. Ein Professor aus Stanford beteiligte sich auch an dem Gespräch und fragte, wo das Problem liege, Transparenz sei doch gut, Transparenz sei doch ganz normal, und es gebe sie doch überall.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Gleiches habe ich auf dem Empfang der Unifreunde Ende Januar erlebt. Die offiziellen Stellungnahmen sind das eine, und das andere sind die Gespräche mit den einzelnen Professorinnen und Professoren. Sehr häufig hört man dann ganz etwas anderes. Von daher kann man das Thema vielleicht wieder ein bisschen auf normalem Niveau diskutieren.

Worum geht es in diesem Dritten Hochschulreformgesetz? Es sind vier Punkte, die uns besonders wichtig sind, und zwar die Umsetzung der politischen Beschlüsse, nämlich die Ombudsperson, die Zivilklausel und die Transparenzregelung sowie die Verbesserung der Qualitätssicherung der Lehre. Das ist mit Beschlüssen aus den Jahren 2011, 2012 und 2014 hinterlegt. Das ist hinterlegt mit in den Jahren 2011, 2012 und 2014 hier im Parlament gefassten Beschlüssen, also alles nicht neu.

Wir haben selbstverständlich großes Interesse daran, dass Studierende ein hochwertiges Studium absolvieren können. Die Absolventenquote liegt bei uns bei 82 Prozent; so steht es im Benchmarkvergleich. Wir stehen insoweit auf Platz 5. Wir sind also sehr gut, wollen aber alles weiter optimieren, etwa durch ein Qualitätsmanagement in den Fachbereichen. Wir streben eine kontinuierliche Evaluation der Lehre an, wollen die Kompetenzen für das Zentrum für Lehrerbildung steigern und einiges andere mehr.

Im Übrigen gehört für uns die Einführung der Ombudsperson zur Qualitätssicherung dazu. Diese unabhängige und kompetente Ansprechpartnerin für Studierende und Promovierende soll auf Vorschlag der Studierenden im Akademischen Senat gewählt werden. Ihre zentrale Aufgabe ist es, mit Lehrenden, Promovierenden und Studierenden über etwaige schwerwiegende Probleme zu beraten. Gerade in Prüfungsphasen trauen sich Letztere oft nicht, sich an die entsprechenden Professoren und Professorinnen zu wenden. Jedenfalls ist es das, was bei uns immer aufschlägt.

(Abg. Frau G r o b i e n [CDU]: Ach Gott!)

Vielleicht ist das bei Ihnen nicht so, Frau Grobien. Vielleicht ist das Vertrauen in uns größer.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bin davon überzeugt, dass auch die Rektorate Interesse an dieser Qualitätssicherung haben und Schwachstellen ausfindig machen wollen. Insofern gehe ich davon aus, dass die Wahl einer Ombudsperson im Interesse sowohl der Studierenden als auch der Rektorate liegt.

Ich komme zur Zivilklausel. Die Debatte darüber verstehe ich nicht ganz. Was steht in dem neuen Gesetz? „Die Hochschulen verfolgen in Forschung, Lehre und Studium ausschließlich friedliche Zwecke.“ Weiter heißt es dort: „Die Hochschulen geben sich... eine Zivilklausel.“ Es kommt also nicht zu einer großartigen Änderung, weil auch die Verfassung die Verfolgung friedlicher Zwecke vorgibt. Was machen wir? Wir setzen die grundgesetzlich garantierte Forschungsfreiheit mit der friedlichen Gestaltung unseres Gemeinwesens in Beziehung. Ich gehe davon aus, dass die Hochschulen das auch wollen, also hinter diesem Ziel stehen. Eine Zivilklausel, die sie sich laut Gesetz geben sollen, haben sie übrigens längst.

Ich komme zur Transparenz. Sie ist das Gebot unserer Zeit. Transparenz schützt die Forschungsfreiheit – davon sind wir zutiefst überzeugt – und liegt damit im eigenen Interesse der Wissenschaft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Transparenz ist wesentlich für die Verantwortung von Wissenschaft gegenüber der Gesellschaft. Hochschulen sind öffentliche Einrichtungen und werden im Wesentlichen mit Steuergeld finanziert. Drittelmittel nutzen immer auch die öffentliche Infrastruktur. Deshalb ist es nur legitim, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger fordern, nachvollziehbare Informationen darüber zu bekommen, wer im Wissenschaftsbereich mit welchen öffentlichen und privaten Mitteln welche Forschungstätigkeiten unternimmt. Diesem Wunsch wollen wir nachkommen. In diesem

Sinne wird demnächst auch das Informationsfreiheitsgesetz geändert.

Was passiert konkret? Künftig sollen Hochschulen in eine öffentlich zugängliche Forschungsdatenbank Inhalte und Zielsetzungen von Drittmittelprojekten, die Identität der Geldgeber, die Fördersumme und die Laufzeit der Projekte einstellen. Das ist in der Interessensabwägung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zielführend. Zu diesem Ergebnis ist auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages gekommen, übrigens noch zu der Zeit einer CDU-FDP-Regierung. Zudem sollen Drittmittelverträge ab einer Fördersumme von 5 000 Euro unter Wahrung schützenswerter gesetzlicher Belange veröffentlicht werden. Das ist kein Teufelswerk, sondern das macht auch das Pentagon.

Ich bin irritiert davon, dass die Hochschulen gegen die Transparenzregelungen Vorbehalte haben. Es hat angesichts der öffentlichen Äußerungen, die wir aus den Hochschulen vernehmen, den Anschein, dass sie sich eher den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen verpflichtet fühlen als den Interessen der Bürgerinnen und Bürger, von denen sie aber in Form von Steuergeld den Löwenanteil der Mittel für ihre Forschung erhalten. Ich gehe davon aus, dass sich das in der Anhörung, die in der nächsten Woche im Wissenschaftsausschuss stattfindet, alles aufklären lässt. Dann werden wir uns hier zur zweiten Lesung wieder treffen und über das Gesetz unter Auswertung der Ergebnisse der Anhörung entscheiden. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächsten rufe ich auf Herrn Staatsrat Kück.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht mehr auf allzu viele Inhalte eingehen. In der Debatte, die wir gerade erlebt haben, ist noch einmal ausführlich dargestellt worden, weshalb wir das Bremische Hochschulgesetz ändern wollen. Die Anhörung findet noch statt. Dieser Hinweis ist wichtig, Frau Grobien; denn wir wollen hören, wie sich die einzelnen Hochschulen dazu positionieren und welche Gründe genannt werden, bestimmte Regelungen nicht zu unterstützen. Andererseits ist es unsere Aufgabe, für die Akzeptanz der neuen Regelungen zu werben. Das kann auch in der Anhörung passieren. Danach wird es hier nochmals eine Debatte über das neue Bremische Hochschulgesetz geben. Ich kann nicht erkennen, warum es schädlich sein soll, dass Aufträge, die die Bremische Bürgerschaft in dieser Legislaturperiode erteilt hat, bis zu deren Ende abgearbeitet werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie, die Abgeordneten, haben dem Senat Aufträge erteilt, und das Ergebnis der Erledigung legen wir jetzt vor. Das hätte man vielleicht früher machen können, aber dem geht auch ein Diskussionsprozess voraus. Wenn Sie die Unterlagen aufmerksam gelesen haben, wissen Sie, dass wir den Hochschulen schon im vergangenen Sommer Grundzüge einer möglichen Novellierung mitgeteilt haben. Damit hatten die Hochschulen genug Zeit, in ihren Gremien darüber zu diskutieren.

Die Gesellschaft hat ein Anrecht darauf zu erfahren, woran in den Hochschulen mit dem Geld, das das Parlament bewilligt hat, geforscht wird. Das muss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deswegen finde ich es richtig, dass die Führung der im Gesetz näher beschriebenen Forschungsdatenbanken durch den Gesetzgeber vorgegeben wird. Entsprechende Regelungen gibt es in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Auch dort war das Argument zu hören, die Fähigkeit der Hochschulen, Drittmittel einzuwerben, werde enorm beeinträchtigt. Das ist dort kein Thema mehr. Selbstverständlich hat sich das, was befürchtet worden war, nicht eingestellt.

Wir konnten lesen, dass sich die Niedersächsische Landesregierung vor kurzem mit den dortigen Hochschulen zusammengesetzt hat, um zu Vereinbarungen zu gelangen, die vom Sinn her den Regelungen entsprechen, die wir in unserem Gesetz vorsehen und die von allen Hochschulen dort getragen werden. Das finde ich bemerkenswert. Warum soll das, was in Niedersachsen funktioniert, in Bremen nicht funktionieren?

Die entsprechenden Diskussionen können wir gern noch einmal im Ausschuss führen. Man hätte das auch im Informationsfreiheitsgesetz regeln können. Aber ich halte es für richtig, dass alle Fragen, die die Hochschulen unmittelbar berühren, im Bremischen Hochschulgesetz geregelt werden.

In der intensiven Diskussion über Zivilklausel, Ombudsperson und mehr Transparenz geht möglicherweise unter, dass in dem Gesetz auch Maßnahmen vorgesehen sind, die zur Verbesserung der Lehre beitragen, die Lehrerausbildung verbessern und ein ordnungsgemäßes Promotionsverfahren absichern sollen. Wir haben schon vor längerer Zeit über die Notwendigkeit diskutiert, dass Doktorandinnen und Doktoranden eine Versicherung an Eides statt abgeben, damit man sicher sein kann, dass die Dissertation vom Einreicher selbst erarbeitet worden ist.

Die Stärkung der Rolle des Zentrums für Lehrerbildung ist genau der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben im Übrigen – diese Anmerkung sei mir noch erlaubt – eine ganze Reihe von Forderungen, die durch die Landeskonferenz der Frauenbeauftragten formuliert worden sind, im Gesetz umgesetzt. Auch das kann sich sehen lassen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Alles in allem bin ich der Auffassung, dass der Senat Ihnen ein gutes Gesetz zur Beschlussfassung vorgelegt hat. Natürlich bedarf es der Erweiterung; Frau Vogt hat auf die entsprechende Notwendigkeit bezüglich des wissenschaftlichen Personals hingewiesen. Das sind Themen, die weiter bearbeitet werden müssen. Sie wissen, dass es im Bund insoweit vielleicht gesetzliche Änderungen geben wird, die wir berücksichtigen müssten. Im Übrigen wird mit den Gewerkschaften und den Kammern auch eine Diskussion über die Weiterentwicklung der Personalstruktur des wissenschaftlichen Mittelbaus geführt werden müssen.

Ich freue mich auf die Anhörung und die darauf folgende zweite Debatte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Dritte Hochschulreformgesetz, Drucksache 18/1736, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)