ist, das wir noch viel breiter betrachten müssen, als es nur auf die reinen medizinischen Angebote zu beschränken.
Gesundheit ist ein Menschenrecht, so sagt es die WHO, und das haben alle meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt, und ich finde es gut, dass wir uns hier auch so klar dazu bekennen. Wir müssen eine gute bedarfsgerechte medizinische, pflegerische und therapeutische Versorgung für die gesamte Bevölkerung sorgen, und zwar natürlich für alle Menschen, ob mit oder ohne Papiere.
Es ist deshalb sehr gut, dass Bremen frühzeitig die Initiative ergriffen hat, um die Gesundheitsversorgung für Benachteiligte, insbesondere für Papierlose und Asylsuchende, zu sichern. Rot-Grün hat schon im Jahr 2009 die humanitäre Sprechstunde, von der hier auch schon mehrfach die Rede war, eingerichtet. In Zusammenarbeit mit der Inneren Mission und dem Referat für Migration und Gesundheit werden regelmäßig ärztliche Sprechstunden für Menschen ohne Papiere, die eben keine Krankenversicherung haben, angeboten. An dieser Stelle müssen wir uns noch einmal bewusst machen – das ist auch schon bei den Vorrednern angeklungen –, dass die Ärztinnen und Ärzte dieses Angebot unentgeltlich aus reiner humanitärer Motivation bereitstellen. Es ist bewundernswert, dass wir solche Kolleginnen und Kollegen haben.
Die Zahl der Hilfesuchenden steigt, und es ist von hohem Wert, dass auch in den Krankenhäusern und Praxen niedergelassener Kollegen Menschen ohne Aufenthaltsdokumente unentgeltlich behandelt werden. Auf Dauer ist es natürlich keine Lösung. Die Lösung wird darin liegen, Menschen in Not leichter und schneller einen Aufenthaltsstatus zu geben.
Je restriktiver unsere Einwanderungsgesetze sind, desto mehr Papierlose wird es geben. Setzen wir uns gemeinsam für eine humanitäre Einwanderungspolitik ein!
In der zentralen Aufnahmestelle und in vielen Flüchtlingsunterkünften werden regelmäßige ärztliche Sprechstunden durchgeführt. Das ist eine Besonderheit in Bremen, andere Bundesländer lernen gerade von uns. Seit 20 Jahren bietet Bremen eine auf
Da die Probleme in den Krisengebieten sich immer weiter verschärfen, kommen immer mehr Menschen in Not zu uns, und so geraten auch die Kapazitäten der Sprechstunden arg an ihre Grenze und müssen ausgeweitet werden. Neue Stellen sind geschaffen worden, aber es ist sehr schwierig, genügend Ärztinnen und Ärzte zu finden, die diese Arbeit machen wollen. Dafür müssen wir natürlich noch eine Lösung finden.
Ich möchte Ihnen abschließend noch eine Bremer Besonderheit vorstellen. Frau Tuchel hat es angemerkt, wir haben in Bremen die Besonderheit, dass in Bremen alle Flüchtlinge durch einen Vertrag zwischen der AOK und dem Sozialressort eine ganz normale Versicherungskarte erhalten. Das sichert die freie Arztwahl, denn die Ärzte rechnen ganz normal mit der Kasse ab. Bei den Flüchtlingen entsteht auch das Gefühl, dass sie dazugehören, sie befinden sich in keiner besonderen Situation, sondern sie gehen ganz normal zum Arzt wie Sie und auch ich.
Derzeit finden bundesweite Verhandlungen statt, um dieses Modell flächendeckend einzuführen. An dieser Stelle kann man auch noch einmal festhalten, dass gesetzliche Krankenkassen ihren Solidarauftrag ernst nehmen, und ich finde, das ist gut so!
Ein abschließender Gedanke: Gerade für die Personengruppe der Flüchtlinge ist es absolut notwendig, die Angebote für psychotherapeutische Hilfen auszubauen, Refugio macht eine super Arbeit, ein großes Lob, aber die Kapazitäten reichen vorn und hinten nicht. Wir müssen auch die Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen verbessern. Wir brauchen mehr muttersprachliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten –
einen entsprechenden Antrag haben wir in die Bürgerschaft eingebracht –, denn ohne wird es nicht gehen. Eine gute gesundheitliche Versorgung ist ein Menschenrecht, tun wir alle gemeinsam etwas dafür! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kappert-Gonther, zwar können wir darauf warten, dass das Aufenthaltsrecht geändert wird, aber trotzdem gibt es die Möglichkeit, Papierlose mit dem anonymisierten Krankenschein nach SGB V zu versorgen, den Paragrafen habe ich gerade benannt. Es ist auch klar, dass die Krankenkassen dafür irgendwie die Kosten erstattet haben wollen, aber in anderen Bundesländern gelingt das. Wir hatten hier auch einmal versucht, die Anzahl der Papierlosen abzufragen, und so groß war die Gruppe nicht. Abgesehen davon, dass ihnen selbst eine gesundheitliche Versorgung zusteht, ist es auch im Sinne der Allgemeinheit sinnvoll, dass diese Menschen krankenversichert sind und sich auch regulär gegen Krankheiten behandeln lassen können.
Ich möchte aber noch einmal auf zwei Gruppen eingehen, die ich eben in meinem ersten Redebeitrag nicht erwähnt habe, und zwar die Asylsuchenden und die Geduldeten, denn die Gesundheitsversorgung Asylsuchender ist nach dem Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. An dieser Stelle muss ich noch einmal sagen, ich finde es bedauerlich, dass der Beschluss gefallen und das Sondergesetz in diesem Monat fortgeführt worden ist. Es gab auch keine große Verbesserung bei der Gesundheitsversorgung, denn das AsylbLG sieht insgesamt eigentlich nur eine Akutversorgung vor, chronische Krankheiten und Krankheitsprävention sind darin nicht enthalten. Es ist hier aber eben schon erwähnt worden, Bremen ist Vorreiter mit dem sogenannten Bremer Modell, nach dem alle Asylsuchenden eine Krankenkassenkarte bekommen, und das ist auch gut so, auch dass das jetzt in anderen Bundesländern übernommen wird.
Ich muss aber an dieser Stelle trotzdem noch einmal etwas Wasser in den Wein gießen, weil es auch um die Umsetzung dieses Bremer Modells geht, und da sieht es nämlich etwas anders aus, deswegen haben wir auch genauer nachgefragt. Wenn Behörden und Mitarbeiterinnen überlastet sind, kann eine gute Idee im Einzelfall auch scheitern. Weil wir die Klagen kennen, insbesondere aus der ZASt, auch die Versorgung von Hochschwangeren betreffend, die viel zu lange warten müssen, haben wir nach der personellen Situation in den Sozialzentren gefragt, und es ist so, dass es im Sozialzentrum Süd, wo die Menschen aus der ZASt versorgt werden, sehr lange Wartezeiten für einen Termin gibt. Auch die Bearbeitung von Meldungen bei der Krankenversicherung hat sich verzögert, und der Grund war eine extrem angespannte Personalsituation im Sozialzentrum Süd.
Der Senat hat jetzt nur die Personalvolumina für den Sozialdienst Erwachsene ohne die Kundenrelation angegeben. Daher sind die Zahlen natürlich wenig aussagekräftig, und wir sind ein bisschen verwun
dert, denn bei unserer Anfrage hinsichtlich der Casemanager konnte diese Frage korrekt beantwortet werden, aber trotzdem geht auch aus der Antwort des Senats hervor, dass im Sozialzentrum Süd immer noch zu wenig Personal ist, zumal es für die Versorgung der vielen Menschen in der Erstaufnahme zuständig ist.
Die Leistungsgewährung im Sozialamt ist außerdem nicht so unkompliziert, wie der Senat in der Antwort angibt. Personen, die noch keine Duldung erteilt bekommen haben, was teilweise, wie wir wissen, Monate dauern kann, bekommen nicht so ohne Weiteres eine Gesundheitsbehandlung bewilligt. Der Senat schreibt dazu auf Frage 20, dass bei Bedürftigkeit grundsätzlich die Hilfegewährung stattfindet. Nach unserer Kenntnis und auch nach Aussagen der Betreuer in der ZASt funktioniert das längst nicht so reibungslos.
Das Sozialamt prüft dann den Bedarf, das heißt, die erkrankte Person muss den Sachbearbeitenden im Sozialamt als Beweis für die Bedürftigkeit ihre Krankheit darlegen. Selbst wenn das geschieht, dauert es oft, weil die Leistungsberechtigung meistens erst dann anerkannt wird, wenn ein Paper vorliegt, und das widerspricht, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes und einem aufenthaltsunabhängigen Anspruch auf Gesundheitsversorgung. Ich finde, dass die Sozialsenatorin – das geht jetzt nicht an den Gesundheitssenator – hier klare Anweisungen zur Leistungsbewilligung geben soll, denn dass andere Behörden so langsam sind, dafür können ja die Betroffenen, die auf die Versorgung angewiesen sind, nichts.
Nur ganz kurz zum Abschluss zu den EU-Bürgern: Die EU-Bürger haben trotz anderslautender gesetzlicher Vorgaben leider oft keine Krankenversicherung, es ist daher unseres Erachtens richtig, dass die humanitäre Sprechstunde ausgeweitet wird. Die Clearingstelle wird bald aufgestockt, die Ausweitung der ärztlichen Sprechstunde stockt aber, und ich finde, das sollten wir hier bald in Angriff nehmen, denn im Winter nehmen erfahrungsgemäß auch die normalen Krankheiten zu. – Danke!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die umfangreiche Antwort des Senats auf die Anfrage der Fraktion DIE LINKE zeigt eines ganz besonders deutlich, finde ich: Dass die Gesundheitsversorgung ein wesentlicher Bestandteil der Integration der Migrantinnen und Migranten ist!
Dabei geht es nicht nur um die rein medizinische Versorgung in Notfällen und Krankheiten, sondern es geht vor allem um das gesundheitliche Wohlbefinden dieser Menschen. Es geht um ihre psychosoziale Situation, es geht um die Aspekte der Lebensbedingungen, die Ernährung – meine Kollegin Frau Kappert-Gonther hat es genannt –, die Unterbringungssituation und viele andere Aspekte, die gesundheitsrelevant sind, relevant für die Gesundheit einer Bevölkerungsgruppe, die inzwischen rund ein Fünftel aller Menschen in Bremen und Bremerhaven umfasst.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern, das wurde auch von allen Beteiligten genannt, blicken wir auf eine langjährige Erfahrung im Umgang mit gesundheitlichen Fragen der Migrantinnen und Migranten zurück. Gesundheit für alle, das haben auch alle genannt, finde ich, hat in Bremen Tradition. Wir können uns freuen und alle gemeinsam fraktionsübergreifend auch stolz sein, dass Bremen in dieser Beziehung bisher so viel geleistet hat.
Bei manchen Fragen aber fallen die Antworten des Senats sehr kurz und knapp aus, relativ kurz, aber es ist auch ein Stück weit nachvollziehbar und verständlich, weil es nicht einfach ist, den Bedarf einer Personengruppe wie derjenigen der Papierlosen zu beziffern, zumal sie nicht nur in der humanitären Sprechstunde behandelt werden oder auch bei kooperierenden Ärzten und Ärztinnen, sondern sie werden auch direkt in Krankenhäusern und vielen Arztpraxen behandelt, ohne dass es sich in einer Statistik niederschlägt. Darüber hinaus ist es auch nicht möglich, dass man zum Beispiel Angehörigen einer Gruppe, die noch nicht im sozialen Sicherungssystem registriert und ohne Aufenthaltstitel sind, einen Krankenschein ausstellt. Das ist nicht möglich, zumindest bis heute nicht möglich.
(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: In Nieder- sachsen geht es, in Niedersachsen wird es gemacht! Seit Juni!)
Die personelle Ausstattung der Sozialdienste – darauf sind Sie, finde ich, sehr verkürzt eingegangen und haben nur das Problem genannt, aber diese Anfrage liegt einige Monate zurück – ist inzwischen verbessert worden. Man weiß, das ist wirklich meine tägliche Information, dass die Ausstellung von Chipkarten inzwischen wieder ungefähr zehn Tage bis zwei Wochen dauert, früher hat das drei Monate, sechs Wochen, acht Wochen gedauert, und inzwischen ist das durch Personalaufstockung verbessert worden.
die Informationen waren, dass in Bremerhaven manchmal Duldungen für einen Monat ausgestellt werden, und das kann uns natürlich nicht befriedigen, das ist nicht schön. Dank all unserer Bemühungen in Bremen bei den Kettenduldungen kommen wir auf eine niedrige Zahl, ich hoffe, dass diese Diskussion inzwischen auch Bremerhaven erreicht.
Refugio wurde auch genannt, nicht nur diese tolle Arbeit, die Refugio seit 25 Jahren macht, sondern ich denke, hier wurde auch in der Politik und der Verwaltung Anerkennung gefunden, sodass auch eine Aufstockung erfolgt ist, aber wie es vorhin von meiner Kollegin Frau Kappert-Gonther betont worden ist, möchte auch ich es extra benennen: Es reicht nicht aus, dass für Refugio aufgestockt wird. Wir brauchen eine Verbesserung der Regelversorgung in diesem Bereich,
sodass auch die Traumatisierungsfälle in unserer Regelversorgung einen Raum finden. Gerade angesichts des Anstiegs der Flüchtlingszahlen und auch der zwangsläufig zunehmenden Zahl von Patientinnen und Patienten, die traumatisiert sind, die retraumatisiert werden, die posttraumatisiert sind, müssen wir durch mehrsprachige verankerte Angebote, psychiatrische Versorgung, Gesundheitsversorgung und interkulturelle Öffnung im Gesundheitssystem noch konsequenter handeln. Wir haben das Thema vor einem Jahr bereits hier diskutiert.
Bezogen auf die Krankenversicherung – ich komme zum Schluss! macht es uns die aktuelle Rechtsprechung nicht leichter. Ich glaube, wir brauchen weiterhin mehr Informationen, mehr Vernetzungen und Öffentlichkeitsarbeit, damit dieses Problem mehr Aufmerksamkeit gewinnt und die Personen, die davon betroffen sind, die Möglichkeit bekommen, sich entsprechend dazu zu verhalten.
Der öffentliche Gesundheitsdienst in Bremen wird alles tun, um einen sozialen Schutz und den Gesundheitsschutz für diese Personen zu gewährleisten. Ich glaube, dass uns die EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien weiterhin beschäftigen werden, und zwar nicht nur in Bezug auf den Gesundheitsbereich, sondern auch in allen anderen Bereichen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!