Protocol of the Session on November 9, 2011

Die alten Konzepte haben sich darauf beschränkt zu fragen, wie die Sicherheit in den Stadien organisiert ist. Da ist einiges geschehen, aber wir sehen inzwischen, dass wir das Thema anders anfassen müssen, weil es sich nicht mehr auf die Situation im Stadion reduziert, sondern wir haben große Probleme auf den Zuwegungen. Es begegnen sich Hooligans, Ultras auf den Wegen von Nord nach Süd und von

Ost nach West. Wir haben da in der Tat neue Herausforderungen. Ich glaube, die Bilder sind sehr eindeutig. Es besteht ein großer Handlungsbedarf, und wir müssen versuchen, das herunterzufahren.

Ich habe nicht nur in diesem Kreis dafür geworben, dass sich etwas verändert, sondern hier in Bremen auch ganz konkrete Dinge gemeinsam mit der Polizei entwickelt. Ich darf daran erinnern, dass wir große Veranstaltungen hatten, die eigentlich sehr schön hätten sein können, bei denen aber viele auch bereit waren, uns die Freude zu nehmen. Ich denke an den 3. Oktober, den Tag der Deutschen Einheit, an dem sich auch 1 000 Autonome hier versammelt haben, und zwar nicht, um zu feiern, das sage ich sehr deutlich. Wenn man dann einmal Bilanz zieht nach zwei, drei Jahren, dann muss ich sagen, unsere Einsatzstrategie ist aufgegangen.

Wir haben in diesem Bereich so gut wie keine verletzten Beamten. Es kann schon einmal passieren, dass ein bisschen Pfefferspray zurückkommt – das ist bei der Wetterlage in Bremen nicht auszuschließen –, aber ansonsten ist nichts passiert. Bei allen großen Aktionen in dieser Stadt, auch beim 1. Mai, bei den letzten Fußballspielen, ob HSV und anderen, haben wir es geschafft, indem wir sehr deutlich Stärke gezeigt haben, aber auch dadurch, dass wir auf die Gruppen zugegangen sind. Wir haben mit den HSV-Fans die Dinge vorbereitet. Vieles hat zu einer Deeskalation beigetragen. Ich denke, dass wir uns da auch bundesweit sehen lassen können, und das gilt auch mit dem Blick auf meinen Partner im Bereich Fußball. Wir machen das gemeinsam. Wir haben einen gemeinsamen Ausschuss, der diese Dinge berät. Bremen ist da auf einem ganz guten Weg.

Zur allgemeinen Lage noch einmal! Auch da warne ich vor Übertreibungen. Die Studie von Christian Pfeiffer zeigt sehr deutlich, dass es in den letzten Jahren einen massiven Anstieg gegeben hat, auch wenn ich mir die Zahlen für Bremen anschaue. Im Zeitraum von 2001 bis 2009 gab es einen Anstieg von 330 Fällen auf über 500, das war der Höchststand im Jahr 2009. Seitdem sind die Zahlen erfreulicherweise rückläufig. Wir haben nach dem Stand vom 31. Oktober dieses Jahres die Zahlen für Bremen ohne Bremerhaven, und da liegen wir bei 232 Delikten. Wenn man das hochrechnet, dann ist die Tendenz deutlich rückläufig.

Ich will hier nichts verniedlichen. Wir haben ein Problem, und jeder Übergriff ist ein Übergriff zu viel. Man muss aber auch bei der Wahrheit bleiben und in der Tat respektieren, dass diese Zahlen rückläufig sind. Trotzdem müssen wir daran arbeiten.

Wir beginnen nicht erst heute mit dieser Debatte. Wir haben auch eine ganze Reihe von weiteren Maßnahmen ergriffen, was die Ausstattung der Polizei angeht. Das Thema Schutzwesten und Einsatzstock haben wir diskutiert, wir haben neue Waffen angeschafft. Wir haben das Pfefferspray verbreitet, weil ich davon überzeugt bin, dass es durchaus von allen

Mitteln das harmloseste ist, das man einsetzen kann. Es führt zu den geringsten Verletzungen, und es hält Distanz. Das sind Dinge, die wir umgesetzt haben. Wir haben die Einsatzstrategien, das Training und die Schulungen überarbeitet. Wir wissen natürlich auch, dass es keinen Königsweg gibt. Diese Kollegen, die in Bremen-Nord getroffen wurden, sind erfahren. Ich kenne einen von ihnen persönlich, der vorher in Afghanistan gewesen ist. Er war dort Integrationsbeauftragter der Bremer Polizei: ein erfahrener, gestandener Polizeibeamter, der auch den multikulturellen Ansatz kennt und gelebt hat. Dennoch waren sie von dieser Gewalttätigkeit überrascht.

Ich muss auch sagen, ich bin auch erfreut darüber, dass einer von ihnen nur ambulant behandelt werden musste und der andere nach zwei Tagen wieder nach Hause gehen konnte. Insofern bitte ich, nun auch dieses Thema nicht dadurch zu beschädigen, dass man eine Debatte führt, ob das nun ein versuchter Mord gewesen ist. Das führt in die Irre. Es ist gefährliche Körperverletzung, das ist für mich unstrittig, aber man sollte bei dieser Debatte auch sachlich bleiben. Wie geht es weiter? Im Grunde genommen so, wie ich angetreten bin! Wir werden dieses Thema im Dezember wieder bundesweit auf der nächsten Innenministerkonferenz diskutieren. Wir werden im Land Bremen schauen, wie wir in den einzelnen Deliktfeldern besser werden. Ich habe den Sportbereich angesprochen, in dem wir einiges entwickelt haben. Wir müssen uns mit den Problemen auseinandersetzen, die entstehen, wenn Massen zusammenkommen. Ich bin überzeugt davon, dass man bei einem Viertelfest zukünftig auch dafür sorgen sollte, dass dort keine Flaschen geworfen werden. Das kann man auch präventiv durchaus schon untersagen. Viele andere, weitere Maßnahmen sind möglich, die wir bereits gemeinsam angehen. Ich denke, wir sollten auch zum Abschluss der Wahrheit halber noch einmal Folgendes sagen: Diese Bremische Bürgerschaft wird die Zahl der Polizeibeamten nicht reduzieren. Es ist eine klare Ansage der Koalition, dass das Personal auf dem Stand dieses Jahres gehalten wird. Es gibt keine Kürzungen, und daran werden sich alle erinnern, wenn wir in die Haushaltsberatungen eintreten. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das geht doch gar nicht!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Recht herzlichen Dank, Herr Innensenator, dass Sie diesen Punkt noch einmal angesprochen haben, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

denn ich finde es ausgesprochen schade, gerade weil es, Herr Hinners, einen so breiten Konsens in dieser Frage gibt, dass es sich um ausgesprochen verwerfliche Angriffe auf die Polizei handelt und sie unsere Unterstützung verdient. Wenn ich milde wäre, würde ich sagen Ungenauigkeiten, Sie haben einfach Falschinformationen in dieser Debatte untergebracht. Weder die Bremer Polizei noch dieses Haus haben es verdient, dass man eine solch wichtige und ernsthafte Debatte auf ein solches Gleis führt, wie Sie es heute getan haben, Herr Hinners.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es ist auch merkwürdig: Herr Röwekamp, aber in letzter Zeit auch vermehrt Frau Piontkowski fordern öffentlich knallhartes Sparen, vor allen Dingen im öffentlichen Dienst, vor allen Dingen von der Koalition, und wir würden nichts an der Front des Sparens tun. Sie versuchen es bei Rot-Grün sozusagen von der Seite her, dass wir nicht genug Sparmaßnahmen und Einschnitte vornehmen, und dann kommen Sie einen Tag später und sagen, dass die, wie ich finde, sehr moderaten Sparmaßnahmen – die im Übrigen dazu führen werden, dass wir in den nächsten Jahren durch die Steigerung bei den Einstellungsjahrgängen, die wir unter Rot-Grün massiv erhöht haben, sogar mehr Polizeibeamte in bremischen Diensten haben werden – die Polizei kaputt machten. Sie müssen sich in Ihrer Fraktion einmal einigen, was nun sein soll: Soll Rot-Grün mehr oder weniger sparen?

Ich finde, wir haben in den Koalitionsverhandlungen sehr ernsthaft über viele Tage eine Lösung gefunden, durch die gespart werden muss – wie überall –, dass dies aber nicht bei der Anzahl der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten geschehen soll, weil wir glauben, dass wir sie in den nächsten Jahren brauchen werden. Das ist eine sehr gute Lösung, und wer etwas anderes behauptet, der sagt die Unwahrheit. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Herr Abgeordneter Hinners, Sie haben keine Redezeit mehr. Es tut mir leid!

Sehr geehrte Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung der Bremischen Bürgerschaft bis 15.00 Uhr. Wir gehen jetzt gemeinsam zur Gedenkfeier in die Dechanatstraße zum Gedenken an die Opfer der Verbrechen der Reichspogromnacht.

Ich unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung 11.45 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 15.00 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich begrüße auf der Besuchertribüne recht herzlich Senioren und Seniorinnen der IG Metall, Soldaten der fünften Kompanie des Transportbataillons 165 aus Delmenhorst, Teilnehmer des Studienkurses Risiko- und Sicherheitsmanagement und des Feuerwehrkurses der Hochschule für Öffentliche Verwaltung sowie Mitglieder der ver.di-Gewerkschaftsjugend.

Seien Sie alle herzlich willkommen in unserem Haus!

(Beifall)

Gesetz zur Änderung des Bremischen Hafenbetriebsgesetzes

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 2. November 2011 (Drucksache 18/96) 1. Lesung

D a z u

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 8. November 2011

(Drucksache 18/108)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Gemäß Paragraf 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung findet in der ersten Lesung zunächst eine allgemeine Besprechung statt, danach folgt in der Regel die Einzelberatung. Ich schlage Ihnen jedoch vor, dass wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 18/108, mit in die allgemeine Aussprache einbeziehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir entsprechend verfahren.

Die allgemeine Aussprache ist eröffnet.

Als Erster erhält das Wort der Abgeordnete Schildt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Mit unserem vorgelegten Antrag der Fraktionen der SPD und der Grünen sollen Umschlag und Transport von Brennelementen über die bremischen Häfen unterbunden werden.“ Das war der Beginn meiner Rede im April 2011. Diese Rede ist an der Stelle noch genauso bündig wie im April, denn der heute von uns vorgelegte Dringlichkeitsantrag greift die Diskussion der vergangenen eineinhalb Jahre auf.

Wir hatten im Januar 2010 eine ausgiebige Debatte über Atomtransporte durch das Land Bremen, wir

hatten im November 2010 eine Debatte zum Thema „Transport von Kernbrennstoffen über das Land Bremen verhindern“. In der Fortführung dieser Debatte gab es eine Mitteilung des Senats, deren Ausgang oder Erweiterung das jetzt auch schon öffentlich kommunizierte Gutachten zur Beurteilung war, inwieweit Kernbrennstoffe über die bremischen Häfen transportiert werden können und der Gesetzgeber eine entsprechende Teilentwidmung der bremischen Häfen vornehmen kann.

Wir haben schon damals als SPD-Fraktion und in unserem Regierungsprogramm zum Ausdruck gebracht, dass wir alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten geprüft haben wollen, um den Transport von Kernbrennstoffen über die bremischen Häfen zu verhindern. Das jetzt vorliegende Gutachten greift diese Frage im Speziellen auf und kommt zu dem Schluss, dessen Bewertung wir uns mit dem Dringlichkeitsantrag heute anschließen: Der Landesgesetzgeber hat bei der Hafenwidmung beziehungsweise -entwidmung einen umfassenden Gestaltungsspielraum beziehungsweise eine Gesetzgebungkompetenz. Es ist rechtlich zulässig, eine Teilentwidmung des Hafens für den Umschlag von Kernbrennstoffen über bremische Häfen vorzunehmen. Wir haben damit alle entsprechenden Informationen bekommen. Durch das Gutachten haben wir attestiert bekommen, dass der Gesetzgeber hier Regelungskompetenz hat.

Wenn das Parlament in der Vergangenheit die Diskussion so ausgiebig geführt hat, den Transport von Kernbrennstoffen über bremische Häfen zu verhindern, dann ist heute der Zeitpunkt gekommen, auf der Grundlage des Gutachtens zu sagen, ja, wir wollen, dass für die Kernbrennstoffe über bremische Häfen ein Transportverbot erlassen wird, indem wir heute die Gesetzesinitiative zur Widmung und zur Teilentwidmung genau für diesen Bereich einbringen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir widmen unseren Hafen als Universalhafen, um ihn – das ist der zweite Schritt nach der Widmung – dann für ganz spezielle Dinge zu entwidmen. Deswegen ist das politische Handeln der SPD-Fraktion zusammen mit dem Koalitionspartner der richtige Weg, um auf der Grundlage des Gutachtens auch politisch handeln zu können.

Mir ist bewusst, dass wir mit dem Vorschlag einer Widmung und einer Teilentwidmung für bestimmte Stoffe juristisches Neuland betreten. Ich glaube aber, dass die Diskussion um Kernbrennstoffe nicht nur im politischen Bereich richtigerweise so geführt wird wie in meiner Partei und meiner Fraktion, sondern es gibt auch in der Gesellschaft eine gleichrangige Diskussion, dass Kernbrennstoffe nicht über bremische Häfen transportiert werden sollen. Wir möchten hier heute dem politischen Willen und dem

Willen eines Teils der Bevölkerung nachkommen, indem wir das Hafenbetriebsgesetz in erster Lesung beschließen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mir ist bewusst, dass wir die Ersten sind, die dies für ihre Häfen so klar regeln möchten. Mir ist aber auch bewusst – darüber hat auch schon die Presse berichtet, weil es ja kein Geheimnis ist, dass auch in anderen Städten wie Cuxhaven, Wilhelmshaven, Emden, Rostock und Lübeck darüber nachgedacht wird oder auch konkrete Ratsbeschlüsse vorliegen –, durch welche Möglichkeiten die Verhinderung von Transporten von Kernbrennelementen über Häfen sichergestellt werden kann. Wir gießen das heute in einen Gesetzestext. Ich wiederhole, dass das für uns Neuland ist. Ich betone aber an dieser Stelle auch ausdrücklich und deutlich, dass wir uns weitere Entwidmungstatbestände für die bremischen Häfen nicht vorstellen können. Die Diskussion über den Transport von Kernbrennelementen ist so außergewöhnlich oder so von einer Debatte belastet, dass man sich vor dieser Thematik nicht wegducken kann. Weitere Stoffe oder Möglichkeiten auszuschließen, außer keine Kernbrennstoffe über die bremischen Häfen als den Universalhafen Bremen zu verschiffen, dafür sieht die SPD-Fraktion keinen Handlungsbedarf.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben verabredet, dass der heutige Antrag, der die Teilentwidmung der bremischen Häfen festschreibt, in erster Lesung zur Diskussion gestellt wird. Ich würde mich freuen, wenn die Opposition oder die Fraktion DIE LINKE diesem Antrag zustimmen könnte.

Zu dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE sagen wir, dass er an den Landeshafenausschuss und an die Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung und Energie überwiesen werden kann. Dies ist ja auch beabsichtigt, und ich stelle hiermit den Antrag dafür. Ich würde anregen, die Federführung beim Landeshafenausschuss anzusiedeln, dort kann vielleicht noch einmal ganz konkret die Debatte geführt werden.

Ich kann Ihnen aber schon jetzt sagen, Herr Kollege Rupp, dass der Gutachter sich auch der Frage gewidmet hat: Was kann man am Ende vorschlagen? Den Vorschlag, den Sie aufgegriffen haben, hat er für sich ausgeschlossen. In der Begutachtung der Diskussion des Transports von Kernbrennelementen kommt ganz klar zum Ausdruck, dass das, was meine Fraktion übernommen hat, der richtige Weg ist, um die Sicherheit zu bekommen, damit wir diese Teilentwidmung auch im Rahmen unserer gesetzmäßigen Zuständigkeit vornehmen können.

Wie es dann weitergeht, ob andere darüber klagen mögen, ist mir an dieser Stelle zwar wichtig – zumindest in meiner politischen Beurteilung – aber nicht für meine Entscheidung. Ich glaube, dass es nach den eineinhalb Jahren richtig ist, heute hier die Diskussion fortzuführen, keine Kernbrennstoffe über bremische Häfen zu transportieren. Ich bitte daher um eine breite Unterstützung des koalitionären Antrags. – Herzlichen Dank!