Ich bin fest davon überzeugt, dass die Politik der Sache dienen muss und nicht bestehende Vorurteile gegenüber den Roma-Familien festigen sollte, um sie in die Ecke zu drängen.
Aus den genannten Gründen lehnen wir den CDUAntrag ab und bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen, damit wir die Integration in unserem Land besser fördern und die Willkommenskultur stärken können. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle klar, erstens, wir von BÜRGER IN WUT befürworten grundsätzlich die Personenfreizügigkeit in Europa, darin sind wir uns mit Ihnen einig. Sie ist eine der wichtigsten Errungenschaften der europäischen Verständigung. Ich darf daran erinnern, dass es diese Freizügigkeit schon einmal in Europa gab, nämlich vor dem Jahr 1914. Bis zum Ersten Weltkrieg brauch
ten Reisende nur dann einen Pass, wenn ihr Ziel Russland oder Spanien war, und das europäische Eisenbahnnetz war dichter als heute. Man lese das in Stefan Zweigs Erinnerungen „Die Welt von Gestern“ nach.
Zweitens: Integration ist ein hehres Ziel. Sie wird nach meiner Meinung gelingen, wenn Menschen zusammenkommen, die guten Willens sind, wenn der Rechtsstaat nicht ins Wanken gerät und wenn der soziale Frieden gesichert bleibt. Dazu braucht es fernab aller Gesetze, über die wir hier heute schon gesprochen haben, Prinzipien des Handelns. Darum ging es in der Bürgerschaft gestern in anderen Zusammenhängen. Ich darf folgendes in Erinnerung bringen: In der Debatte zur Energiefrage sagte etwa die Kollegin Frau Dr. Schierenbeck folgenden Satz, ich zitiere: „Immer neue Begehrlichkeiten werden geweckt, wenn man laufend Ausnahmen zulässt.“ Dieser Satz ließ mich aufhorchen. Die Kollegin Frau Dr. KappertGonther forderte in der Debatte über Förderungsmöglichkeiten für Behinderte, ich zitiere: „Keine Zersplitterung der Regelversorgung!“ Ich fand, auch das ist eine berechtigte Forderung.
Diese Prinzipien passen auch in unseren heutigen Zusammenhang. Keine Frage, die innereuropäische Immigration ist eine komplexe Angelegenheit. Wir sprechen über Zahlen, Daten, Fakten und interpretieren sie jeder in seine Art und gemäß seiner Weltanschauung. In der gleichen Weise sprechen wir über Hilfsmaßnahmen, Gesetze und Prinzipien. Ich gehe davon aus, dass unbeschadet dessen jedem Mitglied in diesem Hohen Hause an einem, wie es im erwähnten Dringlichkeitsantrag heißt, „verantwortungsvollen Umgang mit den Familien aus Bulgarien und Rumänien“ gelegen ist. Keine Partei, keine Fraktion hat das Monopol, für diese Menschen zu sprechen. Den Angriff auf Frau Kollegin Grönert, ihre Rede und den CDU-Antrag habe ich nicht verstanden, ich fand diesen Angriff unnötig.
Ich vertraue darauf, dass unsere Diskussion heute und zukünftig streitbar, versachlichend und zielführend sein wird. Nur das wäre, so glaube ich jedenfalls, im Sinne der Menschen, über die wir sprechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn der Eindruck richtig ist, dass wir uns alle einig sind, dass niemand etwas gegen Freizügigkeit hat und wir uns alle ohne Ausnahme dafür einsetzen, dann, finde ich, können wir auch davon ausgehen, dass diese Freizügigkeit nicht nur für Privilegierte und Reiche gilt, die nach Belieben in verschiedene europäische Länder reisen und sich dort niederlassen können, sondern für jeden Mann und jede Frau, auch für Menschen aus Bulgarien und Rumänien.
Die Frage ist: Stehen wir zu diesem Prinzip oder nicht, akzeptieren wir diese Menschen als Bürgerinnen und Bürger unserer europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft, oder stempeln wir sie als Menschen zweiter Klasse ab?
Ich habe zumindest im zweiten Redebeitrag erwartet, Frau Grönert, dass Sie deutlicher auf diese Frage eingehen. Das ist der erste Schritt, bevor wir dieser Zielgruppe hier vor Ort auch Integrationsmaßnahmen anbieten.
Bremen hat – Herr Tuncel hat es auch gesagt – immer von der Einwanderung profitiert. Ich möchte nur zwei Beispiele nennen: Wie wäre die Situation bei Arbeitgebern wie Mercedes-Benz und der Flugzeugindustrie ohne Menschen aus Spanien, Portugal, Griechenland und der Türkei? Das sind wenige Beispiele, es gibt eine lange Liste. Es wurde auch von der aktuellen Studie berichtet, in der aufgezeigt wird, welche Länder Vorteile aus der Finanzkrise in den südeuropäischen und osteuropäischen Ländern ziehen, und danach ist zurzeit Deutschland Gewinner dieser Krise.
Meiner Ansicht nach benötigen wir Instrumente vor Ort, die die Entwicklungschancen der Familien, Kinder und Erwachsenen besser erfassen als bisher, damit wir viel schneller darauf reagieren können. Ansätze gibt es in Bremen, an der Universität Bremen gibt es Projekte, zum Beispiel ist „Lernen vor Ort“ ein gutes Beispiel, das im Stadtteil Gröpelingen ansetzt und versucht, die Eltern und alle Netzwerke einzubeziehen. Letzte Woche wurde ein Bericht vorgestellt, leider war von der CDU niemand anwesend.
Wie in anderen Bereichen der Integrationspolitik tun wir auch hier eine Menge – ich kann eine lange Liste der Projekte vor Ort nennen –, aber wir müssen und können besser werden, und unser Antrag knüpft hier an. Es ist kein defensives Verhalten, Frau Grönert, ich verstehe es nicht! In fast jeder Bürgerschaftssitzung diskutieren wir über Integration und Migrationsfragen. Es gibt durchgehend Initiativen zu diesen Themen, und es ist überhaupt nicht so, dass wir hier stehen und zusehen, aber ich denke, in dem Bereich der Beratung, der Migrationsberatungsstelle, ist es eine neue Zielgruppe vor Ort, und uns fehlen noch die Erfahrungen.
greifen, zum Beispiel benötigen wir ganz konkret Kultur- und Sprachmittler. In Gröpelingen haben wir sie, aber wir wollen, dass diesen Fragen viel stärker nachgegangen wird, damit die Kommunikation mit den Familien hergestellt wird, damit wir diese Zielgruppe aktivieren können und sie einen besseren Zugang zu unseren Einrichtungen bekommen, die wir auch in vielen Stadtteilen adäquat vorhalten.
Die Situation der Wohnbedingungen wurde von allen Seiten genannt. Ich denke, wir können nicht so schlimme Zustände hier vor Ort haben, aber ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen, dass keine Schadenfreude am Platze ist, wenn man feststellt, dass die nachhaltigsten Ausbeuter von Migranten manchmal selbst einen Migrationshintergrund haben.
Egal, wer das Opfer ist und egal, wer die Täter sind, gegen Mietwucher und Verletzungen der Menschenwürde durch Wohnung und Arbeit, von wem auch immer, muss vorgegangen werden, und das durch die Behörden.
Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht tatenlos zusehen, dass sich hier rassistische Klischees gegen Roma-Familien ausbreiten.
Wir müssen ihrer Vorbereitung und ihrer Verstetigung entgegenwirken! Wir müssen Projekte gegen Antiziganismus, aber auch allgemeine Antirassismusarbeit in den Schulen machen, das sind Inhalte unseres Antrags. Bei solchen Projekten müssen wir die Kooperation mit den zivilgesellschaftlichen Strukturen und die Zusammenarbeit mit Organisationen und engagierten Leuten suchen. Das machen wir im Hinblick auf Flüchtlinge vor. In jedem Stadtteil, in dem es Flüchtlingsheime gibt, gibt es runde Tische und Initiativen, die ganz eng zusammenarbeiten. Bezogen auf bulgarische und rumänische Einwanderer müssen wir das vielleicht sogar mit diesen Zielgruppen gemeinsam machen.
Bei allen diesen Ansätzen, das ist ein zentraler Punkt, muss jetzt aber der Bund stärker als bisher in die Pflicht genommen werden. Wir benötigen finanzielle Unterstützung, und in unserem Antrag schla
gen wir konkret die Bildung eines teilfinanzierten Fonds vor, sodass wir auch viel schneller im Gesundheitsbereich, beim Impfschutz und in vielen Fragen aktiv werden können.
Zu den Integrations- und den Sprachkursen möchte ich sagen, das ist richtig. Da 45 Prozent der EU-Bürger bisher teilgenommen haben, weiß man, dass sie das wollen, dass sie integrationswillig sind, Frau Grönert, aber einen Anspruch auf Integrationskurse zu haben, bedarf einer anderen rechtlichen Grundlage, und dafür stehen wir.
Wir lehnen Ihren Antrag ab, da unser Antrag viel besser ist. Ich bitte um Ihre Zustimmung! – Herzlichen Dank!
Nun begrüße ich ganz herzlich auf der Tribüne unter der Leitung von Herrn Ismail Sanli, Kreisrat des Kreises Cinar bei Diyarbakir, eine Delegation aus Diyarbakir.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Kollegin Frau Dr. Mohammadzadeh hat ja schon gesagt, welcher der bessere Antrag ist,
Ich würde gern noch aus arbeitsmarktpolitischer Sicht ein paar Aspekte hinzufügen! Im Februar hat Radio Bremen eine mehrteilige Reportage von Rainer Kahrs ausgestrahlt unter dem Titel „Zuflucht Bremerhaven“. Es war eine sehr sehenswürdige Reportage, und ich muss ganz ehrlich sagen, ich war zum Teil schockiert, welche Verhältnisse dort dargestellt wurden – es geht ja dort um Schicksale von Menschen aus Rumänien und Bulgarien, die hier Arbeit suchen, und das ist vor allen Dingen im Hafenbereich und in der Windenergie –, und es war wirklich ergreifend, was da auch letztendlich zutage getreten ist. Dort wird zu Hungerlöhnen schwere Arbeit verrichtet, Arbeitsschutzbedingungen sind zum Teil gar nicht vorhanden oder absolut unzureichend. Verletzungen hatten wir schon angesprochen, gesundheitlichen Bei
stand und Unterstützung gibt es kaum, dafür müssen die Menschen da in irgendeiner Weise selbst geradestehen. Die Stundenlöhne betragen ungefähr 5 Euro, es sind Tagelöhnerjobs.
Der Bereich Arbeit ist in dem ansonsten sehr akzeptablen Bericht, finde ich, an der Stelle etwas unterbelichtet, damit bin ich nicht zufrieden. Der beste Satz in dem Bericht – ich weiß nicht, ob er nicht dem Sozialressort zu verdanken ist – ist der zum Beratungsangebot und der Förderung von Selbsthilfe. Dort werden noch einmal die Dinge erwähnt, die eine Rolle spielen, und da geht es um die schwierige Wohnsituation, prekäre ausbeuterische Arbeitsbedingungen und die unzureichende finanzielle Situation der Familien.
Im Handlungskonzept gibt es dagegen kein Handlungsfeld Arbeit, das Handlungsfeld heißt „Schwarzarbeit/Illegale Beschäftigung“. Darin ist nicht von prekären und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen die Rede, sondern eben von Schwarzarbeit. Zuständig ist dafür nicht das Arbeitsressort, sondern die Senatorin für Finanzen, der Zoll und die Polizei. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich fände es als Wanderarbeiterin in einem anderen Land nicht gerade dienlich, wenn man sich an diese Institutionen wenden müsste, sondern da würde ich mir wirklich etwas anderes wünschen.
Diese ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse, die wir auf den Werften und bei den Windenergiefirmen haben – –. Arbeiter aus Bulgarien und Rumänien sind ja nicht illegal. Da werden Werkverträge zigmal weitervergeben an Subunternehmen und verschachtelt, und in dem Sinne kann man ja gar nicht sagen, dass es entrechtete Sklaven sind, die befreit werden müssen, sondern es sind – –. Es sind keine Schwarzarbeiter!